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St. Vincent ist zurück.
Foto: Zackery Michael

Keine Angst vor Hits

Getriebeschaden auf der A45

Arab Strap und PeterLicht schauen in die Abgründe der Gesellschaft, Blu DeTiger ist cool am Bass, es gibt Gitarrensounds aus dem Niger und Rostam nimmt uns mit auf einen Roadtrip ohne Kanten. Unser wöchentliches Musik-Update.

Neue Alben

Arab Strap – As Days Get Dark

Eigentlich hatten Aidan Moffat und Malcom Middleton von Arab Strap einen Schlussstrich gezogen. Nach ihrem sechsten Album „The Last Romance“ entschieden sich die beiden Schotten, ihre Band aufzulösen. Nach zehn Jahren unterbrachen sie ihre Trennung für eine ausverkaufte Tour und merkten dabei, dass es zwischen ihnen doch noch funkt. Nach drei Jahren Arbeit ist jetzt „As Days Get Dark“ entstanden, eine Platte, die die Wiederauferstehung der Band feiern soll. In ihren Worten ist es ein Album über Dunkelheit und Hoffnungslosigkeit, aber „in a fun way“. Lustig, weil Arab Strap darauf vor allem von ihrer eigenen Vergänglichkeit erzählen. „The Turning of our Bones“ handelt von Auferstehung und Sex, in „Another Clockwork Day“ masturbiert ein Mann, während seine Partnerin neben ihm schläft und in „Tear on Tour“ gesteht Moffat, dass er auch bei Kinderfilmen wie „Frozen“ weinen muss. Eine mächtiges Werk, das Post-Rock-Soundlandschaften erschafft und keine Mittelmäßigkeit zulässt.

PeterLicht – Beton und Ibuprofen

PeterLicht gilt als Lichtgestalt des deutschen Indie-Pops. Ganz wortwörtlich, weil man viele Jahre lang nicht wusste, wie der Autor und Songwriter aussieht. Und musikalisch, weil er über alles und nichts singt, wie bei seinem Elektropop-Hit „Das Lied vom Ende des Kapitalismus“ 2006. Eine Mischung aus kryptisch und direkt ist auch sein neues Album „Beton und Ibuprofen“, das ursprünglich mal „Society of Depression“ heißen sollte. Beide Namen passen perfekt, denn PeterLicht singt in jedem Lied von Katastrophen und Traurigkeit, die unsere Gesellschaft definieren. Die Platte ist „ein dunkel-schillerndes Meisterwerk vom und zum Zustand der Welt“ mit humorigen Rockeinlagen, wie in „Beton ist ein schweres Thema“ und kitschigen Kaugummi-Pop, wie in „…e-scooter deine Liebe“. Alles in allem will man PeterLicht dann aber doch nicht glauben, dass die Welt schon verloren ist.

Blu DeTiger – How Did We Get Here?

Erst mit 21 Jahren hat Blu DeTiger, die wirklich so heißt, jetzt ihre Debüt-EP veröffentlicht. Das liegt eigentlich im Rahmen einer normalen Musikerkarriere, aber für sie ist es tatsächlich etwas spät. Denn Blu DeTiger hat schon mit sieben Jahren angefangen Bass zu spielen. Danach wurde sie durch die Initiative „School of Rock“ gefördert, durfte früh im legendären New Yorker Club CBGB auftreten und spielte ihre gesamte Schulzeit lang in verschiedenen Bands. Seit sie siebzehn ist, legt sie fast jede Nacht als DJ auf und konnte dabei vor allem durch ihre Bass-Performances einiges an Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Richtig bekannt wurde DeTiger dann aber erst im letzten Jahr, als ihr Song „Figure It Out“ auf Tik-Tok Millionen mal geklickt wurde. Der befindet sich nun auch auf der „How Did We Get Here“-EP, die durchzogen ist von lässigen, tanzbaren Pop-Funk-Hits. Ganz klar im Vordergrund: Blu DeTigers verspielter Bass.

Neu auf der Playlist

St. Vincent – Pay Your Way in Pain

Annie Clark hat sich schon länger als eine der interessantesten Stimmen der alternativen Pop-Musik etabliert. 2007 brachte sie mit ihrem Soloprojekt St. Vincent ihr Debütalbum „Marry Me“ raus, das vor allem bei Kritikerinnen und Kritikern großen Anklang fand. Es folgten vier weitere stilistisch sehr vielseitige Platten, mit denen die Musikerin diverse Preise und Auszeichnungen – unter anderem zwei Grammys – abräumte. Mit der Single „Pay Your Way In Pain“ hat St. Vincent nun ihr sechstes Studio-Album „Daddy’s Home“ angekündigt. Musikalisch ist der Song vor allem von der Funk-Musik der 70er, die Annie Clark als Kind oft mit ihrem Vater gehört hat, inspiriert. Funky Gitarren-Geschredder, groovige Synthie-Bässe und St. Vincents beinahe manischer Gesangsstil setzen sich dabei zu einer schleppend-verschwitzen Art-Pop-Nummer zusammen.

Mdou Moctar – Tala Tannam

Mdou Moctar wird auch als der afrikanische Jimi Hendrix bezeichnet. Der nigrische Musiker mixt westliche Gitarrenmusik, vor allem die psychedelische Rockmusik der 70er Jahre mit der traditionellen Tuareg-Musik seiner Heimat. Sein Debütalbum „Anar“ hat sich 2008 über Handyspeicherkarten in Westafrika verbreitet und dem Musiker dort einige Berühmtheit eingebracht. Internationale Aufmerksamkeit erlangte Mdou Moctar dann mit seiner 2019 erschienenen Platte „Ilana: The Creator“. Nun hat der inzwischen beim US-Label Matador-Records gesignte Musiker sein neues Album „Afrique Victime“ angekündigt und als Vorgeschmack die Single „Tala Tannam“ (zu deutsch „deine Tränen“) gedroppt. Der Sound des Songs entzieht sich zunächst den Hörgewohnheiten der auf Lautstärke und Aufmerksamkeit hin produzierten westlichen Pop-Musik. Die repetitiven Percussion-Rhythmen, die filigranen Gitarren-Melodien und der eingängige, meditativ anmutende Gesang erzeugen aber schnell einen hypnotischen Sog.

Rostam – 4 Runner

Rostam Batmanglij ist vor allem als Gründungsmitglied der Indieband Vampire Weekend bekannt geworden. 2016 hat er die Band allerdings verlassen, um mehr Zeit für die Arbeit an seinen eigenen Songs zu haben. Die hat dann auch schnell Früchte getragen, im Juni wird bereits Rostams zweites Solo-Album „Changephobia“ erscheinen. Mit der ersten Single „4Runner“ liefert Rostam den Soundtrack für den nächsten Roadtrip mit den Besties (den wir hoffentlich alle bald wieder machen können). Der Song ist eine solide produzierte Indiepop-Reise entlang der sonnigen amerikanischen Westküste, dem allerdings ein bisschen die musikalischen Höhen und Tiefen fehlen.

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