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Ben Gibbard und Tycho
Foto: Rachel Demy, Misha Vladimirskiy

Keine Angst vor Hits

Die Faust in der Tasche

Nick Murphy ist wieder Chet Faker und tanzt die Traurigkeit weg. Tycho hat sich mit Benjamin Gibbard zusammen getan, um den Planeten zu retten und Christin Nichols rutscht beinahe die Hand aus. Außerdem reden wir mit Milky Chance über die Klimabilanz von Konzerten.

Neue Alben & EPs

Chet Faker – Hotel Surrender

Eigentlich wollte Nick Murphy für immer Nick Murphy bleiben und seinen Musiker-Alias Chet Faker nach „Built on Glass“ (2014) hinter sich lassen. Nach zwei melancholischen Electronica-Soul Platten hat der Australier allerdings gemerkt: Eigentlich ist Chet Faker viel mehr Nick Murphy als andersherum. Er löste sich von seinen eigenen Genre-Erwartungen und fand in der Pandemie neue Freude am Musikmachen. „Hotel Surrender“ soll eine Art Massentherapie sein, für alle, die die Hoffnung verloren haben. Die Freude und Leichtigkeit hört man in jedem Song der Platte. Mal sexy und groovy wie in „Feel Good“, mal schwungvoll mit Klavier wie in „Get High“. Trotz der ganzen Positivität ist „Hotel Surrender“ aber nie belanglos und so ein bisschen Spaß hat noch niemandem geschadet.

Wavves – Hideway

Wer sich gerne an den Pop-Punk der 2000er zurück erinnert, der kommt beim siebten Album von Wavves voll auf seine Kosten. Die Gruppe um Sänger Nathan Williams haut ordentlich rein, mit vielen Indie-Hymnen und sehr viel Energie. Das würde man beim Titel der Platte „Hideway“ erst gar nicht vermuten, der im Gegensatz zu „You’re Welcome“ (2017) weniger selbstbewusst daher kommt. So geht es auf dem neuen Album vor allem um das Älterwerden in einer chaotischen Welt, auf der das Leben zunehmend schwerer wird. Wavves Sound ist trotzdem genauso vital wie immer und auch wenn ihr Post-Punk immer noch funktioniert, ist „Hideway“ immer dann am stärksten, wenn sie etwas Neues ausprobieren. Wie im Song „The Blame“, der ziemlich nach Cowboystiefeln klingt oder wie im sanften „Sinking Feeling“.

Eliza Shaddad – The Woman You Want

Eliza Shaddad ist in sieben Ländern aufgewachsen, ist die Tochter einer sudanesischen Astrophysikerin und eines schottischen Diplomaten und hat Psychologie und Jazz studiert. Mittlerweile lebt sie aber mit ihrem Mann und Produzenten Ben Jackson in einem Dorf im britischen Cornwall. Dort ist, pandemiebedingt, auch ihr zweites Album „The Woman You Want“ entstanden. Eigentlich waren die Aufnahmen im Londoner Studio mit großer Bandbesetzung geplant. Die Lösung: Streicher und Gitarrensounds kamen über das Internet und der Rest wurde quasi im Schlafzimmer produziert. Herausgekommen sind neun Folk-Pop Songs. Eliza Shaddad nennt ihre Musik allerdings „Ethereal Grunge“ – himmlischen Grunge. Das passt in der zweiten Hälte der Albums besonders gut, wenn sie große, cineastische Sounds mit ihrer vielschichtigen Stimme veredelt. Inklusive Wellenrauschen, wie in „Waiting Game“ und der arabischen Laute Ood, wie in „Blossom“. Ein bisschen mehr Spielereien hätten gern sein dürfen, aber hin und wieder lässt „The Woman You Want“ einen atemlos zurück.

Neu auf der Playlist

ÄTNA x MEUTE – Weirdo

Synthesizer und Blaskapelle – dass das durchaus eine reizvolle Kombination sein kann, beweisen das Dresdner Synthie-Pop Duo ÄTNA und die Hamburger Analog-Techno-Kapelle MEUTE. Kennengelernt haben sich die beiden Acts 2019 auf dem Appletree Garden Festival und nun für die Single „Weirdo“ erstmals zusammengearbeitet. „I’m a weirdo“ ist dabei nicht nur das lyrische Mantra des Songs, auch der Sound lässt eine ordentliche Portion an verspielter Merkwürdigkeit durchblicken. Inéz Schaefers effektbeladene Stimme – quasi ÄTNAs Signature-Sound – wechselt gekonnt zwischen Gwen Stefaniesquen Sprechgesang-Einlagen und eingängigen Hooklines. Dazu liefern MEUTE mit Posaunen, Trompeten und Percussions einen so treibenden wie hypnotischen Beat.

Tycho & Benjamin Gibbard – Only Love

Eine weitere hochkarätige Kollaboration kommt diese Woche vom Produzenten und Ambient Musiker Tycho und Benjamin Gibbard, den man vor allem als Sänger der Indie-Bands Death Cab for Cutie und The Postal Service kennt. Das Ergebnis der Zusammenarbeit heißt „Only Love“ und klingt wie ein Sonnenaufgang über der Kalifornischen Küste. Der Track war ursprünglich als Instrumentalstück geplant, ergab für Tycho aber erst mit Ben Gibbards charakteristischem Gesang wirklich Sinn. Und tatsächlich fließen Tychos warme elektronische Instrumentalproduktion und Gibbards Stimme so mühelos und organisch ineinander, als hätten sie schon immer darauf gewartet, endlich zusammenzufinden. „Only love will save this place“ ist die positive Message des Songs und beschert einem zumindest knapp fünf Minuten lang einen kleinen inneren Sonnenaufgang.

Christin Nichols – Today I Choose Violence

„Für eine attraktive Frau bist du echt ganz clever“ oder „denk mal drüber nach, was du für Signale sendest, wenn du dich so anziehst“ –  wer dachte, dass solche Kommentare im Jahr 2021 der Vergangenheit angehören, muss leider enttäuscht werden. Im Song „Today I Choose Violence“ arbeitet sich Christin Nichols musikalisch am A – Z ignoranter Chauvi-Sprüche ab. Alle Macho-Dulli-Kommentare, die die Musikerin und Schauspielerin im Song verarbeitet, hat sie dabei ihrem eigenen Alltag entnommen. Ein Alltag, der wohlgemerkt nicht im Dinkelsdorfer Schützenverein stattfindet, sondern in der vermeintlich so progressiven Berliner Musik- und Theater-Welt. Bass und Gitarrenriffs von Le Tigre-mäßiger Rotzigkeit runden die songgewordene Kampfansage an das Patriarchat musikalisch ab.

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