Gustav Mahler kannte das Orchester wie kein anderer. Er hatte ganz genaue Klangvorstellungen und wusste, wie er sie den Instrumenten entlocken kann. Er war so perfektionistisch, dass er seine Werke immer wieder angepasst hat an die Bedingungen – an die Orte, und an die Orchester, die das Werk aufführen.
Was aber, wenn die Bedingungen so extrem sind, dass man keine Menschen in den Konzertsaal lassen darf? Wenn die Musiker und Musikerinnen auf der Bühne mehr Abstand brauchen und das Konzert maximal eine Stunde dauern soll? Geht Mahler ohne Orchester?
Gregor Meyer, der Leites des Gewandhauschores, hat Wege gefunden, Mahlers Lied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ aufzuführen. Mahler selbst schrieb zwei Fassungen, eine für Klavier und eine für Orchester, beide im Jahr 1901.
Mahler war ein Kosmopolit hat aber gleichzeitig immer wieder die Einsamkeit gesucht. Fürs Komponieren zog er sich in ein Häuschen in der Natur zurück. Dieses gespaltene Verhältnis zur Welt wird in dem Lied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ deutlich.
Für seine Interpretation in der Philippuskirche Leipzig hat Gregor Meyer die Klavierfassung als Grundlage genommen. Bei der Wahl der Orgelregister und Farben hatte er aber auch im Ohr, welche Instrumente Mahler in der Orchesterfassung einsetzt.
Ganz anders: die Bearbeitung für Chor a cappella von Clytus Gottwald. Hier sind die Orchesterstimmen auf den Chor aufgeteilt. Die solistische Stimme wird eingewoben und ist weniger vordergründig. Herausfordernd für den Chor ist vor allem, die Ruhe zu halten, die das sehr langsame Lied braucht.
Im Podcast erzählt Gregor Meyer, was die Essenz von Mahler ohne Orchester ist, und wie man in Lockdown-Zeiten ein 16-stimmiges Chorwerk einstudiert.