Nicht alle Partybekanntschaften enden so produktiv wie die von Amelia Rivas und Christian Pinchbeck – ihre gemeinsame Leidenschaft für Musik setzen sie prompt in Songs um. Amelia hatte eine ganze Reihe angefangene Stücke in der Schublade liegen, und als die beiden sich wenig später bei Christian trafen, nahmen sie gleich vier Songs in einer Nacht auf.
Amelia schreibt schon Songtexte, seit sie Teenager war und hat seither notizblöckeweise Texte gesammelt – eine Menge Ausgangsmaterial also für das frisch gegründete Projekt „Elephant“. Allerdings hatte sie noch nie vorher gesungen und wollte eigentlich auch gar nicht damit anfangen. Mittlerweile hat Amelia diese Scheu allerdings komplett überwunden.
Mittlerweile liebe ich es, zu singen – obwohl ich nie gedacht hätte, dass ich das jemals in einer Band tun würde. Ich entwickle mich auch immer noch weiter, je länger ich das mache und kann meine Stimme jetzt besser kontrollieren und auch mehr variieren.
Das Zusammentreffen mit Christian gab Amelia das Selbstvertrauen, dass sie tatsächlich Songs nicht nur für sich, sondern auch für ein Publikum schreiben – und singen – könnte. Die allerersten Aufnahmen von Elephant sind in Christians Wohnung entstanden und an dieser Low-Fi-Herangehensweise hat sich bis heute nicht viel geändert. Viele Stücke auf dem Album haben sich aus spontanen Ideen entwickelt. Wenn sie und Christian damit anfangen würden, bei jedem Song vorher darüber zu diskutieren, wie er klingen soll, sagt Amelia, würde am Ende nichts dabei herauskommen – dafür seien ihre Vorstellungen zu unterschiedlich.
Würden wir vorher alles durchplanen, würde das vermutlich im Streit enden. Ich will nämlich immer alles total reduziert und einfach, während Christian am liebsten immer alles Mögliche dabei haben will, Saxophon, Engel… egal. Da muss man eine Balance finden. Aber wenn wir einfach loslegen, entwickelt sich meistens ganz von selbst ein Song.
Auch wenn die Arbeitsweise von Elephant von außen betrachtet stellenweise vielleicht ein bisschen planlos wirkt, führt sie offenbar zu einer Menge Rohmaterial. Die Trackliste für „Sky Swimming“ war allein deshalb eine Herausforderung für die beiden, weil sie mehr als 100 Songs zur Auswahl hatten. Damit könnte man leicht ein zweites Album füllen, sagt Amelia – auch wenn nicht jeder Song in seiner ursprünglichen Form ihrer eigenen strengen Kritik standhalten würde.
Wir nehmen immer total viel auf, selbst wenn einige Songs dann noch sehr ungeschliffen sind. Aber so hört man noch die Anfänge und wie sich ein Stück entwickelt. Manchmal hilft es, da reinhören zu können, wenn man etwas verändern oder nochmal von vorne anfangen will.
Einer der ersten Songs, den Amelia und Christian gemeinsam aufgenommen haben, war „Torn Tongues”, atmosphärisch ein ziemlich düsteres und seltsames Stück, wie die Sängerin selbst zugibt. Inspiration dafür war ein Albtraum, den sie immer wieder hatte.
Genau an Songs wie diesem zeigt sich nicht nur das besondere Talent von Elephant, Stimmungen perfekt in eine musikalische Idee zu übersetzen und diese dann auch noch im Text zu spiegeln. Der Song ist auch ein gutes Beispiel für den Zufallsfaktor, der bei den Aufnahmen immer wieder eine entscheidende Rolle spielte. Hier sind es die „zerrissenen Zungen“, die sich am Ende von „Torn Tongues“ in einem rückwärts abgespielten Songfragment wiederfinden – auch das ein ganz spontaner Einfall, erinnert sich Amelia.
Wir haben die Aufnahme irgendwann einfach mal rückwärts laufen lassen und es klang wie ein eigenständiger Song. Ich hab sogar versucht, das rückwärts zu singen, damit wir das so live spielen können, das war allerdings eine blöde Idee. Aber auf das Album musste es unbedingt so drauf.
Die vielen experimentellen Elemente auf “Sky Swimming” machen es für die beiden Musikern nicht einfach, die Songs in spielbare Live-Versionen zu übertragen. Elephant haben sehr viel herumprobiert, um so nah wie möglich am Original zu bleiben – auch wenn es mit dem live Rückwärtssingen vermutlich nichts wird.
Wir haben ewig am Küchentisch gesessen und überlegt, wer was spielen könnte. Jetzt verfeinern wir das noch im Proberaum. Man kann aber einfach nicht alles so umsetzen, wie es auf dem Album klingt. Das will ich auch gar nicht, dafür kann man sich ja die Platte anhören. Wir suchen uns jetzt die Elemente heraus, die wir am meisten mögen und konzentrieren uns darauf.
Letztlich mussten Elephant an vielen Stellen kapitulieren – es lässt sich eben nicht alles genau wie im Studio umsetzen. Der Kompromiss für Konzerte ist, dass es einen dritten Menschen auf der Bühne geben wird, der zusätzlich Keyboard spielt. Irgendwann würden sie auch gern mal mit einem kompletten Orchester spielen. Aber für das Songwriting bleibt es beim Zweier-Kern von Elephant, sagt Amelia – weil das einfach funktioniert. Genug Material für das nächste Album liegt auf jeden Fall schon in der Schublade.