+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhaus zu Leipzig.+++
Ungarn, im Jahr 1918. Noch immer tobt der erste Weltkrieg. Das Ende der Doppelmonarchie Österreich-Ungarns steht kurz bevor. Der Komponist Béla Bartók liest in der Zeitung eine Geschichte, die ihn nicht mehr loslässt und die er vertonen will. Sie heißt: „Der wunderbare Mandarin“. Das klingt nach Märchen, doch die Handlung ist ganz und gar nicht märchenhaft.
Es geht um Prostitution, Mord, Sex und Gewalt. Heute klingt das fast wie ein Drehbuch-Skript für einen Sonntags-Tatort. Doch im Jahr 1918 ist diese Brutalität neu und stößt nicht gerade auf Zuspruch.
Die Uraufführung geht gründlich schief
Béla Bartók ist fasziniert von der Geschichte und beginnt im Juni 1918 mit der Vertonung. Das Ergebnis ist ein Ballett, das 1926 in Köln uraufgeführt wird. Doch das geht komplett nach hinten los. Einige Zuschauer verlassen während der Vorstellung Türen knallend den Saal. Andere tun ihre Empörung mit Pfiffen und Pfui-Rufen kund.
Babarischer Expressionismus
Der Theaterskandal geht auch am Kölner Oberbürgermeister nicht vorbei. Kein geringerer als Konrad Adenauer. Er verbietet weitere Aufführungen des wunderbaren Mandarin. Doch Béla Bartók will den Misserfolg nicht auf sich sitzen lassen. Er arbeitet das Stück in eine gekürzte Konzertfassung um. Nun sind es nicht mehr die Tänzer sondern die Instrumente, die die Charaktere verkörpern. Allen voran die Klarinette.
Mit der Konzertfassung hat Belá Bartók mehr Erfolg. Bis heute zählt der wunderbare Mandarin in vielen Häusern zum Konzertrepertoire. Dabei ist die Musik mindestens so blutrünstig wie die ihr zu Grunde liegende Handlung. Aber so ein bisschen Thriller kann dem Konzertbesuch ja nicht schaden.