Es ist das Jahr 1895. In Deutschland treibt Wilhelm II. die Industrialisierung voran. Der 34-jährige Gustav Mahler hat kaum Zeit, sich mit dem Weltgeschehen auseinanderzusetzen. Er dirigiert unzählige Konzerte und gilt als anerkannter Dirigent in Europa.
In den Sommermonaten zieht er sich zurück in sein Haus im österreichischen Steinbach am Attersee. In völliger Abgeschiedenheit und Ruhe arbeitet er hier an seiner dritten Sinfonie. Mit über anderthalb Stunden Spielzeit wird es sein längstes Werk.
Mahler verfolgt mit den sechs Sätzen der Sinfonie einen großen Plan, eine Art kosmische Hierarchie. Angefangen bei lebloser Materie, über Blumen, Tiere, dem Mensch, bishin zur göttlichen Liebe.
Ein Kanbenchor singt Bim-Bam
Auch musikalisch schöpft Mahler aus dem Vollen. Die Besetzung sieht sogar einen Knabenchor vor. Der imitiert im fünften Satz ein Glockenläuten. Im ersten Moment wirkt das fast ein bisschen banal. Im Wechselspiel mit dem Orchester und der Solistin, die um die Vergebung der Sünden bittet, erschließt sich aber ein größeres Bild.
Mahler und die Frauen
Mahler arbeitet in dem Haus in den Bergen extrem effektiv. Doch bei all der Schreibwut: so ganz abschotten will er sich dann doch nicht. Er geht Wandern, besucht Freunde oder unternimmt etwas mit seiner Begleitung.
Überhaupt: die Frauen! Eine gute Freundin hat er in den Bergen dabei, einer anderen schreibt er in Briefen lebhaft von seine Schaffensphasen. Da ist offensichtlich mehr gegangen als nur so ein künstlerisches Partnerschaftsverhältnis.
Was mir die Liebe erzählt
Seinen Bekannten erzählt Mahler oft, er stehe unter Schreibzwang. Wer weiß, vielleicht ist es ja auch die Liebe, die Mahler antreibt zur gigantischen 3. Sinfonie, die mit einem ausufernden letzten Satz endet. Mit der letzte und höchsten Stufe seiner kosmischen Hierarchie. Ursprünglich sollte die den Titel tragen: „Was mir die Liebe erzählt“.