+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++
Für Christen steht Karfreitag im Zeichen der Trauer. Sie gedenken dem Leiden und Sterben Jesu Christi. Und den passenden Soundtrack dazu hat Johann Sebastian Bach geschrieben.
Die Matthäus-Passion ist ein monumentales Werk mit fast schon größenwahnsinnigen Dimensionen: Zwei Orchester, zwei Chöre, Solisten, gut drei Stunden Aufführungsdauer. Es ist nicht nur Bachs Meisterstück, es ist ein Gipfelpunkt abendländischer Kultur.
Keine Museumsmusik
Man könne dieses Werk nur mit großer Demut und Bewunderung erleben, sagt Gotthold Schwarz, der aktuelle und damit 17. Thomaskantor nach Bach. Was sich Bach an selber Stelle vor knapp 300 Jahren ausgedacht hat, führt Schwarz mit dem Gewandhausorchester und dem Thomanerchor auch in diesem Jahr zu Ostern wieder in der Leipziger Thomaskirche auf. Doch wie bringt man heute einem Knabenchor diese alte Musik und diese antiquierte Sprache mit ihrer religiösen Inbrunst nahe?
Nicht nur für fromme Christen
Die Nähe zum Glauben ist in unserer modernen Gesellschaft allerdings eine andere. Die Geistlichen werden auch in diesem Jahr am Karfreitag auf spärlich besetzte Kirchenbänke blicken. Umso verblüffender ist es, dass Kirchen und Konzertsäle überall da zum Bersten gefüllt sind, wo die Matthäus-Passion erklingt. Und diese Musik begeistert nicht nur fromme Christen.
Zugänglich und komplex
Bachs Aufgabe als Thomaskantor war es, Gebrauchsmusik für den Gottesdienst abzuliefern. Geniale künstlerische Leistungen waren da gar nicht erwünscht. Die Besucher der Gottesdienste waren meist einfache, fromme Leute. Mit der ausufernden Matthäus-Passion ist Bach zwar etwas über das Ziel hinausgeschossen, hat aber das Kunststück fertiggebracht, ein zugängliches und zugleich höchst komplexes Werk zu schaffen.
Zu Bachs Zeiten gerät die Matthäus-Passion zunächst in Vergessenheit. 300 Jahre später gehört sie fest zum Konzertrepertoire und vor allem zum Osterfest. In einer Zeit, in der die Menschen weit weniger bibelfest sind als noch im 18. Jahrhundert. Mit dieser Leidensgeschichte mitfiebern kann man eben auch, ohne gläubig zu sein. Und dank des bekannten Spoilers mit der Wiederauferstehung gibt ja eigentlich ein Happy End.