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Saitenwechsel: Mendelssohns Reformationssinfonie

Ein dickes Tier mit Borsten

Mit der Reformationssinfonie will Felix Mendelssohn Bartholdy sein Glaubensbekenntnis ablegen. Doch von Anfang an klappt nichts, was er sich für das Werk vorgenommen hat. Eine Geschichte über Scheitern, Selbstkritik und ein „dickes Tier mit Borsten“.

+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhaus zu Leipzig.+++


in Kooperation mit dem Gewandhaus

in Kooperation mit dem Gewandhaus

Die Geschichte der Sinfonie beginnt im Sommer 1829 in London. Mendelssohn hat hier gerade eine äußerst erfolgreiche Konzertsaison absolviert. Nach der Spielzeit begibt er sich mit seinem Freund Carl Klingemann auf Wanderschaft. Reist durch Schottland und zieht dann alleine weiter nach Wales, wo er bei einem Bergwerkbetreiber wohnt.

Mendelssohn erkundet Bleiminen. Ausgerechnet hier unten, 500 Fuß unter der Erde, kommen ihm die ersten Ideen zu einer göttlichen Musik.

Der Soundtrack der Reformation

Mendelssohn stammt aus einer jüdischen Familie. Seine Eltern haben ihn christlich taufen lassen und sind später selbst zum Christentum konvertiert. Mit der Reformationssinfonie will er sein Glaubensbekenntnis ablegen. Er beschäftigt sich mit dem Gedankengut der Reformation und bedient sich bei Martin Luther. Zitiert Text und Melodie eines seiner Kirchenlieder. Die Sinfonie gipfelt in dem Choral: „Ein feste Burg ist unser Gott“.

Seinem Freund Carl Klingemann schreibt er im April 1830 in einem Brief:

Ich wollte, Du kanntest meine neue Symphonie. Wenn ich wiederkomme, dirigiere ich sie doch uns zum Spass; der erste Satz ist ein dickes Tier mit Borsten, als Medizin gegen schwache Magen zu empfehlen.

Ein veredeltes Abflussrohr

Mendelssohn experimentiert gern mit Bassinstrumenten. Wie viele Komponisten zu der Zeit sucht er nach einem kräftigen Instrument, das er als Bass der Bläser verwenden kann. Fündig wird er bei der Ophikleide.

David Cribb - spielt im Gewandhausorchester bei Mendelssohn einen Ophikleiden-Nachbau

spielt im Gewandhausorchester bei Mendelssohn einen Ophikleiden-Nachbau
Eine Ophikleide sieht aus wie ein Fagott, nur aus Blech und hat Klappen statt Ventile. Sie war damals das tiefste Blechblasinstrument. Ich sage immer: veredeltes Abflussrohr. Es hat einen sehr eigenen, persönlichen Klang.David Cribb

Mendelssohns Reformationssinfonie steht von Anfnag an unter keinem guten Stern. Die Uraufführung in Berlin zum 300. Jahrestag des Augsburger Bekenntnisses kommt nicht zustande, für einen Termin in Leipzig werden die Partitur-Kopien nicht rechzeitig fertig und in Paris stellen sich die Musiker quer – nicht ihr Geschmack.

Doch Mendelssohns größter Kritiker ist er selbst. Der Hass auf sein eigenes Schaffen geht so weit, dass er die Reformationssinfonie am liebsten verbrannt hätte. Erst 20 Jahre nach seinem Tod erscheint sie im Druck.

Ann-Katrin Zimmermann - Gewandhaus-Dramaturgin

Gewandhaus-Dramaturgin
Die Sinfonie ist schon ein borstig-garstiges Monstrum. Technisch sehr anspruchsvoll. Das wird ihm seitens der Kritik immer wieder aufs Brot geschmiert, dass das doch arg viel Kontrapunkt sei, was er da produziert hat.Ann-Katrin Zimmermann

Das Werk lebt

Mendelssohn war ein Perfektionist. Hinterfragte seine Werke immer wieder und war selten zufrieden. Permanent hat er Partituren überarbeitet, teilweise kurz bevor sie in Druck gingen. „Für ihn war ein Werk etwas lebendiges, das nie zu einem Abschluss gelangt“, sagt Gewandhaus-Dramaturgin Ann-Katrin Zimmermann.

Er sei kein Vollender, sondern ein Schöpfer, der etwas in Gang setzt mit seinem Werk. Etwas, das auch heute noch weiterlebt in den zahlreichen Aufführungen der Reformationssinfonie.

Saitenwechsel – Felix Mendelssohn Bartholdy 5. Sinfonie 07:14

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