Von der Band zum Konglomerat
Nach drei Jahrzehnten Bandgeschichte war es um Die Sterne fast geschehen. Langjährige Bandmitglieder stiegen aus, über zukünftigem Sterne-Output stand ein großes Fragezeichen. Wäre da nicht diese eine Konstante: Sänger Frank Spilker und sein unbändiger Drang, Diskurs und Groove in Einklang zu bringen.
Auch das zwölfte Album, selbstsicher mit „Die Sterne“ betitelt, steht dem in nichts nach und füllt die personellen Lücken mit einem Konglomerat an Wegbegleiter*innen. Siehe „Der Sommer in die Stadt wird fahren“. Jener Song, der eine besonders üppige Gästeliste auffährt.
Nile Rodgers lebt
Da wäre zum einen Carsten „Erobique“ Meyer, dessen locker aus dem Ärmel geschüttelte Keyboard-Hooks dem Song Rhythmus und Größe verleihen, ihn sogar ein bisschen Richtung Italopop schieben. Dazu tönt die die Sterne-übliche 70er-Discoästhetik, fast wie bei alten Gassenhauern der Marke „Trrrmmer“ und „Universal Tellerwäscher“.
Das ist mittlerweile ein zeitloses Design. Es hat ja schon mehrere Reinkarnationen des Genres gegeben, deswegen ist das gar nicht mehr so mit den Endsiebzigern konnotiert. Nile Rodgers lebt ja auch immer noch und spielt auf diversen Produktionen.
Man müsse bei solchen Produktionen aufpassen, dass man nicht zu sehr ins Klischee geht, sagt Frank Spilker, „aber Streicher gehören auf alle Fälle dazu“. Fündig geworden ist er im Kaiser Quartett – eins der wenigen klassischen Streichquartette, die ein Gefühl für Popmusik und Rhythmus haben. Das Gespür für die richtigen Einstellungen am Mischpult hatten letztendlich Mitglieder der Kölner Band Von Spar. „Unglaubliche Soundspezialisten“, so Frank Spilker.
Eskapismus aufbrechen
Nicht nur in Sachen Sound, sondern auch auf inhaltlicher Ebene spielt der Song mit dem Gedanken von „Dark Disco“. In der ersten Strophe heißt es: „Komm, lass uns feiern / Komm, lass uns tanzen […] Ich hasse dich / Und du hasst mich“.
Obwohl ich hier stehe und feiere, ist das Schlimme nicht weg. Das ist die Idee von Dark Disco, dass man das Leben draußen nicht verleugnet und dieses Eskapistische des klassischen Discosongs immer wieder gebrochen wird.
Alles wird gut
Der Refrain schlägt gleichwohl in eine optimistischere Kerbe. Der Sommer als Sehnsuchtsfantasie, die wie eine Prophezeiung über die Stadt hereinbricht.
Es geht um Hoffnung und darum, in Zeiten der Finsternis nicht den Glauben daran zu verlieren, dass sich das wieder ändern kann. So ein Gedanke springt einen an, weil die Zeiten in gewisser Weise finster sind, wenn man täglich die Zeitung aufmacht oder die News im Internet liest und denkt: Was ist da schon wieder passiert? Und die eine Möglichkeit zu reagieren, ist eben zu sagen, es wird schon wieder besser werden.
In dieser Folge von Tracks & Traces nimmt Frank Spilker den Song Spur für Spur auseinander. Von der ersten Idee auf einem E-Roller im kalten Berlin, über die Zusammenarbeit mit den vielen Mitmusiker*innen, bis zum schiefen Satzbau im Songtitel.
Tracks & Traces startet damit in die zweite Staffel. Ab sofort erscheint wieder jeden dritten Donnerstag im Monat eine neue Folge. Alle Folgen findet ihr hier.