Sie haben oft monatelange Martyrien hinter sich. Sie sind geflohen vor Krieg, Folter, Verfolgung. Sie haben mitunter enorme Summen bezahlt, um nach Europa zu kommen. Und wenn sie hier aufgegriffen werden, landen sie nicht selten sofort wieder in einer Zelle. Die Rede ist von Flüchtlingen, die ohne gültiges Asyl nach Deutschland kommen. Wurden die von den Behörden bei ihrer Einreise aufgegriffen, kamen viele von ihnen recht zeitnah gleich wieder in Abschiebehaft.
Seit Januar 2014 existiert die sogenannte Dublin III Verordnung. Sie regelt unter anderem die Abschiebehaft in Europa. Und spätestens seit dieser Zeit ist diese Praxis nicht zulässig. Das hat gestern der Bundesgerichtshof (BGH) beschlossen.
Erst vergangene Woche hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Abschiebehäftlinge nicht mehr zusammen mit gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht werden dürfen.
Abschiebehaft grundsätzlich reformieren oder beenden?
Das BGH-Urteil bedeutet zunächst einmal, dass alle diejenigen Abschiebehäftlinge, die unter die Dublin III Verordnung fallen, freigelassen werden können. Pro Asyl fordert, die Abschiebehaft generell zu beenden. Zumindest müssten bald konkrete Kriterien für „Fluchtgefahr“ vorgelegt werden.
Geklagt hatte ein Pakistaner, der aus Frankreich nach Deutschland gekommen war und vom Amtsgericht Saarbrücken zu Abschiebehaft veurteilt wurde. Dagegen legte er zunächst beim Landesgericht und dann beim Bundesgerichtshof Beschwerde ein.
Beide Urteile zu Abschiebehaft weisen in eine Richtung: der Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland ist rechtswidrig. Peter Fahlbusch ist Anwalt für Migrationsrecht und hat in den letzten Jahren mehr als 900 Abschiebehäftlinge vertreten. Er war an beiden Prozessen beteiligt und hat klare Vorstellungen darüber, was auf das BGH-Urteil folgen sollte.