Der erste Fluss, der vor Gericht gewann
Der Río Vilcabamba im Süden Ecuadors ist der erste Fluss, der vor Gericht zog und gewann. 2011 haben Eleanor Geer Huddle und ihr Mann Richard Frederick Wheeler stellvertretend für den Fluss gegen die Regierung der Provinz Loja geklagt. Der Grund dafür: die Verschmutzung des Gewässers durch Baumaterial, sodass das Grundstück des Ehepaars überflutet worden ist. Die Klage des Flusses war möglich wegen der „Rechte der Natur“, die in Ecuador gelten. Seit einer Verfassungsänderung 2008 schreibt das Land der gesamten Natur, also egal ob Flüssen, Wäldern oder Lagunen, eigene Rechte zu.
Rechte der Natur weltweit
Der Río Vilcabamba ist schon länger nicht mehr der einzige Fluss mit Personenstatus. In über 20 Länder gibt es mittlerweile einzelne „Rechte der Natur“. Ein Fluss, der nun als Rechtsperson gilt, hat 2017 besonders viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen: der Whanganui River in Neuseeland. Seit 140 Jahren kämpften Whanganui-Maori für den Fluss.
Naturverständnis beeinflusst Rechtsprechung
Die Whanganui-Maori verehren den Fluss: Sie sehen ihn als mythischen Vorfahren, also als Lebewesen an. Viele indigene Communitys haben ein anderes Verständnis von Natur, sie trennen Mensch und Natur nicht. Der sogenannte Mensch-Natur-Dualismus ist eine sehr westliche Vorstellung, die sich durch den Kolonialismus verbreitet hat. Doch das jeweilige Verständnis der Natur wirkt sich auch auf die Rechtsprechung aus und andersherum.
In der aktuellen Folge von „Mission Energiewende“ sprechen detektor.fm-Moderatorin Ina Lebedjew und detektor.fm-Redakteurin Lucia Junker darüber, wie und wo Flüsse vor Gericht ziehen können. Wie ein Gerichtsverfahren mit einem Fluss abläuft und was es mit den „Rechten der Natur“ auf sich hat, das beantwortet Andreas Gutmann. Er ist Rechtswissenschaftler und forscht an der Universität Kassel zu den Rechten der Natur.