Referendum: Der Wahltag
Am Ostersonntag hat die in der Türkei lebende Bevölkerung eine Wahl getroffen. Ob es eine ehrliche war, ist aber fraglich. Es wurde darüber abgestimmt, ob aus der Türkei ein Präsidialsystem werden soll. Im Vorfeld hatten bereits die Wahlberechtigen in Deutschland über das Referendum angestimmt.
Die Oppositionspartei, die pro-kurdische HDP, berichtet, Wahlbeobachter seien behindert worden. Insgesamt waren nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) 63 Beobachter aus 26 Ländern vor Ort.
Auch die Wahlbeobachter selbst sprechen von stundenlangen Abschirmungen durch die Polizei. Sollte das zutreffen, konnten sie in dieser Zeit schlicht ihren Job nicht machen – und das wirft Fragen auf. So sollen zum Beispiel Wahlzettel gezählt worden sein, die gar nicht gültig waren.
Keine Zeit zu verlieren
Erdoğan gibt sich unbeeindruckt von den Vorwürfen. Im Vorfeld hatte er zwar eher mit einer 60:40 Zustimmung zu seiner Idee gerechnet, doch ein Sieg ist Sieg. Egal, wie knapp das Ergebnis am Ende ist.
Erdoğans Euphorie zeigt sich aber nicht nur in den Reden, die er schwingt, sondern auch in seinem aufgeflammten Aktionismus. Die Wiedereinführung der Todesstrafe steht unter anderem ganz oben auf seiner Liste.
Insgesamt dürfte es nicht leichter werden für all jene, die mit „Nein“ gestimmt haben. Ihnen hat Erdoğan bereits Konsequenzen angedroht.
Der Ausnahmezustand wird zur Regel
Der Ausnahmezustand wurde bereits verlängert. Er besteht schon seit vergangenem Jahr und schaffte erst die Basis für die Abstimmung über ein Präsidialsystem. Durch den Ausnahmezustand sind Grundrechte wie die Versammlungs- und Pressefreiheit eingeschränkt.
Außerdem verfügt Erdoğan über das Recht, per Dekret zu regieren. Davon hat der Präsident auch einige Male Gebrauch gemacht. Zwar wurde ihm in der Folge bereits der Missbrauch seiner Machtbefugnisse vorgeworfen. Doch ändern dürfte all das wenig.
Über das Referendum und seine Aussagekraft hat detektor.fm-Moderatorin Carina Fron mit Johanna Roth von taz – der Tageszeitung gesprochen.