Wächter, Übersetzende, Gestaltende und Sinnstiftende – das sind die vier Rollen, die uns Menschen bei der Zusammenarbeit mit künstlichen Intelligenzen möglicherweise übrig bleiben. Davon gehen zumindest viele Forschende momentan aus. Und wir nähern uns in dieser Episode mal diesen Rollen und der Frage, wie jede und jeder von uns herausfinden kann, ob die eigene Arbeit durch KI ersetzt wird. Der Gestaltende und Übersetzer in diesem Podcast, das bin weiterhin ich, Christian, und wir sehen uns in einer vielversprechenden Episode. Der Brand1 Podcast – Wirtschaft anders denken. Jede Woche bei detektor.fm. Das große Thema des Brand1 Magazins im November und damit auch hier im Podcast sind Irr- und Umwege. Wenn es um künstliche Intelligenzen geht, gibt es ja auch durchaus einige da draußen, die denken, dass das ein Irrweg ist und mindestens, dass die KI-Blase bald mal platzen muss. Und dann gibt es natürlich die anderen, die darin die größte Revolution der Arbeitswelt sehen seit der Erfindung der Computer. Wir schauen in dieser Ausgabe einmal sehr genau auf das Verhältnis von KI zu unserer Arbeit. Denn wir fragen uns, wie konkret KI unseren Arbeitsalltag verändern kann und was das für die Sicherheit unserer jeweiligen Expertise bedeutet. Frank Wolf ist Wirtschaftsingenieur, hat bei der Unternehmensberatung Accenture und beim IT-Dienstleister T-Systems gearbeitet und vor allem 2014 mit Staffbase in Chemnitz das erste ostdeutsche Unicorn mitgegründet. Staffbase ist eine Cloud Plattform für die interne Unternehmenskommunikation. Im vergangenen Jahr hat Frank Wolf das Sachbuch „The Narrative Age“ veröffentlicht und beschäftigt sich darin damit, wie KI die Wissensarbeit verändern wird. Und deshalb freue ich mich jetzt, mit ihm eine gute halbe Stunde über KI in der Arbeitswelt nachdenken zu können. Und ich sage: Hallo und herzlich willkommen im Brand1 Podcast. Hallo Frank! Hallo Christian! Schön, dass ich hier bin. Steigen wir doch mal direkt mit der zentralen Frage ein, vielleicht für viele Leute jedenfalls: Wie erkenne ich denn, ob mein eigener Job durch KI gefährdet ist? Ja, da gibt es ganz viele Herangehensweisen, und ich glaube, das hat man in der Brand1 gesehen und in vielen anderen Magazinen. Die Frage ist: Ist man in einem Job, wo man sehr wiederholende Tätigkeiten macht, Wissensarbeit macht, macht man viel mit seinen Händen und so weiter? Was uns so alle ein bisschen überrascht hat an dieser KI-Revolution ist ja, dass diese KI gar nicht so – also die ist auch rational, aber die ist auch irgendwie sehr kreativ. Das ist das eine. Und das andere ist, dass es irgendwie dann doch Leute betrifft, wo man gedacht hat, dass die nicht am Band stehen oder durch Roboter ersetzt werden, sondern die bis jetzt in den Laptop reingeschaut haben und die etwas gemacht haben, was wir bis jetzt als Wissensarbeit bezeichnet haben. Und das ist eigentlich das Spannende, dass es gar nicht mehr so schwarz und weiß ist, wie sicher bin ich oder nicht, sondern dass die Grenzen dazwischen sehr viel verschwommener geworden sind. Und das ist die Diskussion, die man da führen kann. Und ich denke, da werden wir heute auch mal ein bisschen tiefer reingehen. Machen wir das mal. Also schwarz und weiß ist eigentlich ein ganz schönes Bild. Wie kriegen wir das denn raus, wie grau es denn eigentlich ist? Weil wir haben ja lange gedacht oder viele Leute haben das lange gedacht, auch natürlich hier in Brand1, Artikel beispielsweise, dass Wissensarbeitende selber fast nicht gefährdet sind. Aber du sagst, nee, muss man aufpassen. Also welche Jobs sind denn doch gefährdet? Naja, du kannst erst mal drauf schauen und sagen, wenn jemand Wissensarbeit macht, und bis jetzt in unserer Gesellschaft wurde man Wissensarbeit, hat man oft gedacht, naja, das ist jemand, der vielleicht vor einem Laptop sitzt oder vor einem Computer an einem Schreibtisch sitzt. Aber wenn wir mal ehrlich sind und genau hinschauen, dann ist Wissensarbeit ja vor allen Dingen etwas, das durchaus im Kern sehr kreativ ist. Also ein Prozess, der nicht jeden Tag immer das Gleiche macht, sondern wo es darum geht, neue Dinge, neues Wissen zu kombinieren, um die Ecke zu denken, intellektuell neue Dinge zu schaffen. Und an vielen Stellen ist das, was wir heute zum Beispiel auch mit unseren Computern machen, sind sehr wiederkehrende Dinge. Ich muss Rechnungen freigeben, Prozesse steuern. Und das sind Dinge, die eine künstliche Intelligenz doch sehr gut analysieren kann und sehr gut wiederholende Muster entdecken kann. Und das geht so weit in Bereiche, die bis jetzt klar Wissensarbeit gewesen wären, wie zum Beispiel unser Rechtssystem, also ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin. Aber es ist halt ein Bereich, der unglaublich gut dokumentiert ist. Also dort habe ich ja alle Gesetze, die aufgeschrieben sind, alle Urteile, die jemals zu diesen Gesetzen an Gerichten geschrieben wurden oder die gefallen sind, sind aufgeschrieben. Also ich habe die komplette Wissensbasis da für diesen Bereich. Und an der Stelle zeigt sich ja heute schon, dass künstliche Intelligenz da sehr, sehr gut Dinge vereinfachen kann, verbessern kann. Es gibt mittlerweile auch Studien, dass die relativ klar auf dem Level ist, was ein Anwalt an vielen Stellen dort kann und an Ergebnissen hat. Und damit kommen wir dahin, dass man als erstes mal sagen kann: Wenn der Bereich, in dem ich arbeite, relativ gut dokumentiert ist, also meist könnte man ganz platt sagen, in Daten oder schriftlich niedergelegt ist, dann ist das schon mal ein Hinweis, dass es ganz viel Daten für künstliche Intelligenz gibt zu lernen, was es heute ist, was ich tue, und diese Muster zu erkennen und die zumindest auf einem sehr guten qualitativen Niveau immer wieder auch auszuführen. Das heißt, wenn man das ein bisschen weiter zu Ende denkt, du hast Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte angesprochen. Also sobald dieser Korpus da ist, Gesetze, Regeln und so weiter, würde beispielsweise auch für Steuerberaterinnen und Steuerberater gelten. Würde an der Stelle genauso gelten. Und das ist, was jetzt sehr überraschend ist für viele und was sozusagen das Begeisternde an dieser künstlichen Intelligenz ist, eben weil sie diese ganzen Inhalte verstanden hat. Man würde in so einem Modell davon sprechen, dass es sozusagen parametrisiertes Wissen ist. Also ich habe dann jetzt alle Steuergesetze gelesen, ich habe die ganzen Fälle gelesen. Ist es eben jetzt auch möglich, dieser KI einen neuen Fall zu geben und sagen: Du weißt jetzt alles, und jetzt kommt dieser neue Fall. Folgendes ist der Sachverhalt, hier ist noch mehr Kontext dazu, und die KI kann dann hingehen und sogenannt kontextbasiert Schlussfolgerungen ziehen. Also die schafft es, von der bestehenden Wissensinsel aus wirklich auch neue Zusammenhänge zu ziehen und die zu meistern. Und das ist schon ein echt großer Schritt, und der führt eben dazu, dass wir wirklich da schrittweise auch gerade in solchen Feldern Menschen mehr und mehr ersetzbar werden. Dann sagen wir mal, das ist das eine Ende der Skala. Leicht überschaubare Korpora, um das mal so zusammenzufassen, wo man Dinge eben zusammenfassen kann und auch daraus Muster ableiten kann und so weiter und so fort. Ich kann mir vorstellen, Excel-Tabellen bearbeiten oder so. Was ist wahrscheinlich auch ähnlich? Was ist denn das andere Ende der Skala? Also wo bin ich relativ sicher? Also die ganz platten Sachen sind erst mal Dinge, die man noch nach wie vor mit seinem Körper tut, also mit seinen Händen. Wenn man in der Altenpflege ist, wenn ich ein Klempner bin und Elektriker und viele Handwerke, die man heute sieht, sind relativ klar noch weit davon entfernt, weil es eine unglaubliche große Bandbreite an verschiedenen Dingen benötigt. Also nicht nur von Wissen oder von Können an der Stelle, aber tatsächlich auch mechanischen Themen. Die Bereiche, die relativ sicher sind, sind Bereiche, wo Menschen Dinge können, die die KI heute und auf absehbare Zeit erst mal nicht übernehmen kann. Also niemand wird sich heute hinstellen und sagen: Das ist sicher für die nächsten 50 Jahre. Wir sehen gerade die Geschwindigkeit, in der das geht. Da passiert sehr viel in jedem Jahr. Aber was klar ist: Wir brauchen irgendwie so ein Thema, wo Menschen Verantwortung übernehmen und auch die letzte Entscheidung treffen. Ist etwas gut oder schlecht? Wir brauchen den Menschen in der Rolle, der sagt: Ich stehe in der realen Welt, zum Beispiel so etwas wie Journalismus. Ich stehe in der realen Welt, ich sehe Dinge, ich kann die zurücknehmen, ich kann die der KI sagen, und dann kann die KI etwas damit tun. Ich brauche den Menschen in seiner ganz kreativen Form, um ganz neues Wissen zu kombinieren. Das kann die KI heute überraschenderweise noch gar nicht so gut. Und natürlich brauche ich den Menschen auch in seiner Form, dass er sagt: Was ist der Sinn? Was ist das Ziel des Lebens? Was machen wir gerade in diesem Projekt, in diesem Unternehmen oder in dieser Organisation? Ich brauche also den Menschen als jemand, dem man auch folgt und der andere führt und als Vorbild da agiert. Das kann die KI heute auch nicht, sagt Frank Wolf. Autor des Sachbuchs „The Narrative Age“ im Gespräch beim Podcast Radio detektor.fm. Und wir sprechen in dieser Episode noch weiter über künstliche Intelligenzen und vor allen Dingen auch über mögliche Rollen und Lösungen für uns als Menschen. Frank, wir vermuten heute, dass wir ganz gut sagen können, welche Tätigkeiten also von KI ersetzt werden. Wir haben ja gerade auch schon so ein bisschen geguckt, was könnte das sein. Was uns deutlich schwerer fällt, offensichtlich, ist die Prognose neuer Aufgaben, also die sich noch entwickeln und damit möglicherweise ja auch neuer Jobs. Warum ist das eigentlich so kompliziert? Das ist eine spannende Frage. Du könntest das auch die Finanzmärkte oder andere fragen. Es sind so viele Dinge, die da zusammenkommen. Wenn man über die Zukunft nachdenkt und über zukünftige Szenarien nachdenkt, da kommen technische Entwicklungen da rein, da kommen Kulturthemen da rein, da kommen auch Gegenströmungen in der Gesellschaft dazu. Also die Komplexität, denke ich, ist einfach so groß. Das eine, was man sagen kann, die Regel, die ich sehr mag, die hat ein Zukunftswissenschaftler gesagt, der heißt Roy Amara, und das ist auch bekannt unter Amaras Gesetz. Der sagt, wir tendieren dazu, Technologien und neue Innovationen am Anfang zu überschätzen, kurzfristig zu überschätzen und langfristig zu unterschätzen. Und ich denke, das ist etwas, was wir bei der KI jetzt genauso auch sehen werden. Was langfristig hier passieren wird, wird nach Stand der Dinge – und am Anfang hat man gesagt, das ist sehr übertrieben. Aber ich denke, das ist das, was wir im Internet gesehen haben, dass wir, was wir mit der mobilen Revolution gesehen haben, komplett übertreffen. Und wie sich das dann am Ende auswirkt und wer da die Gewinner sind, wer die Verlierer sind, ist etwas, worüber wir jetzt reden können und was sehr spannend ist. Aber wir werden von Jahr zu Jahr sehen, dass da sehr viele Überraschungen passieren. Ich habe es ja auch ganz am Anfang vom Podcast angesprochen. Es gibt so diese vier Rollen, die künftig möglicherweise als grobe Orientierung für uns alle dann irgendwie bleiben: Wächter, Übersetzende, Gestaltende und Sinnstiftende. Fangen wir mal mit den Wächtern an. Was machen die? Die Wächter sind – und diese vier Rollen sind jetzt – wir fangen eher gerade von unten an, ohne diese Rollen jetzt zu bewerten zu wollen. Aber die ganz praktische Sache ist ja, man kann sich, wenn man die Industrialisierung anschaut, kann man sich einfach fragen: Vor 100 Jahren, wie sah da eine Fabrik aus? Da waren Hunderte oder Tausende Arbeitende, die viele dieser manuellen Tätigkeiten gemacht haben und dann weniger, die das überwacht haben. Und heute in einer Fabrik, die sehr modern ist, gibt es in so einer riesigen Halle eine Handvoll Menschen, die das nur noch überwachen und bei Dingen da einschreiten und wichtige, kritische Entscheidungen dann treffen und die umsetzen. Und genauso wird das in Zukunft auch mit der Wissensarbeit sein. Und wir sehen das heute schon in der Softwareentwicklung und anderen Themen, wo viele Menschen Dinge sagen wie: Bei mir laufen jetzt parallel 10, 20 Agenten, die bestimmte Dinge tun. Ich überwache nur noch. Und das ist auch diese ganze Idee des Agents, des Agenten als KI. Der tut Dinge selbst, der entscheidet auch Dinge selbst. Und ich als Mensch bin eher in dieser Rolle, dass ich sage: Ich schaue mir die Ergebnisse an, gebe Feedback, kombiniere das vielleicht mit anderen Dingen, stoße andere Prozesse an. Und man kann sich also vorstellen, der Wächter wird jemand sein, wenige Menschen werden über viele hundert oder tausend KI-Agenten wachen. Und das kann in jedem Bereich sein: in der Energiewirtschaft, in der Produktion, also in produzierenden Unternehmen, im Verkehrswesen und so weiter und so fort. Also diese Rolle wird es geben. Natürlich wird der Wächter selber wieder Hilfsmittel haben, Software haben und das alles tun können. Aber das wird weiter ein Thema sein, was wir über die nächsten Jahre oder Jahrzehnte ganz klar sehen. Das habe ich ganz gut verstanden. Was ist denn dann aber die Rolle des Übersetzenden? Die Rolle des Übersetzenden ist davon insofern abgegrenzt, dass das, was der Wächter da tut und was man jetzt an Dingen aufbaut oder generiert, sind ja Dinge, die man erst mal ins Leben rufen muss. Also man muss ja sagen: Okay, was passiert in der Welt? Was sind Entwicklungen? Was für eine Fabrik wollen wir bauen, zum Beispiel? Oder was für Verkehrssysteme wollen wir zum Einsatz bringen? Und das ist derjenige, der jetzt das nimmt, was in der realen Welt ist und sagt: Dafür bräuchten wir folgende KI-Agenten, dafür bräuchten wir folgende Infrastruktur, der also diese Dinge, die in der realen Welt sind, in irgendeiner Weise der KI beibringt. Und das sind ja Dinge, die sich weiter auch entwickeln werden. Und das sind Dinge, die sozusagen eher konzeptioneller sind. Und dort wird es auch einen Übergang geben. Also der Übersetzer ist eher jemand, der Dinge auch schafft, kontinuierlich in die Welt schaut und das zurückgibt und dort KI-Bots schafft oder Techniken zur Anwendung bringt. Das Laufende wäre dann: Was möchte ich übernehmen? Also eher so eine Art Schnittstelle zwischen, ich sage mal, KI-Assistenten und echten Menschen. Genau. Und das Wichtige ist jetzt nicht, dass wir da jetzt alle so in ein Thema uns reindenken und sagen: Der wird nur in der Fabrik gebaut. Ich habe vorhin schon gesagt, also Übersetzer ist für mich eben auch ein Übersetzer können auch bestimmte Menschen sein in der Beratung, die für eine Industrie sich spezialisiert haben und die zum Beispiel Unternehmen helfen, für ihre Industrie zu verstehen: Was sind die richtigen Bots für mich? Welche Prozesse kann ich wie automatisieren? Wo kann KI helfen? Wo ist die Grenze dazu? Etc. Also das sind diese Übersetzerrollen, die sehen wir oder die gab es ja schon lange auch im Bereich der digitalen Transformation und man wird die auch weiterhin sehen für die KI. Jetzt würde ich natürlich als Journalist sagen: Moment mal, ich bin doch nicht nur Übersetzer, ich bin auch Gestalter. Was ist denn dann der Unterschied zu den Gestaltenden? Also das ist insofern nochmal ein spezieller Punkt, weil da geht es vor allen Dingen darum, wirklich auch neues Wissen zu generieren in der Welt. Und da geht es darum, einfach wissenschaftliche Erkenntnisse voranzutreiben. Und natürlich, wenn man sich jetzt unsere Märkte anschaut, da ist ganz viel Hoffnung, dass KI das ganz stark beschleunigt, was sie an einigen Stellen auch schon anfängt zu tun. Aber was man jetzt auch sagen kann: GPT ist fast drei Jahre jetzt im Markt, dass man gedacht hätte, dass da mehr noch GPT jetzt schon eigene wissenschaftliche Paper schreibt und sagt: Ich habe alles Wissen der Welt jetzt gesehen. Und übrigens, diese mathematische Formel, die ist neu, die hat noch niemand erfunden, aber ich kann die euch jetzt sagen, weil ich weiter gedacht habe. Und das hat GPT so noch nicht gemacht. Also diese Kreativität, dieses um die Ecke denken, das ist etwas, was KI gerade noch nicht so sehr zeigt. Was schon passiert, und da gab es auch eine sehr interessante Diskussion von OpenAI, der ist, glaube ich, Vice President of Science, der dort reinschaut und sagt: Wie kann das Modell eigentlich Wissenschaftlern helfen, besser zu agieren? Und die haben eine Umfrage gemacht. Und wo hat denn das Modell schon geholfen? Und die Quintessenz war so ein bisschen: Selber ist da gar nicht so viel wissenschaftlicher Fortschritt im Modell. Die Sache ist einfach, dass Wissenschaftler viel schneller forschen können. Also die können statt früher einer oder zwei Forschungsfragen pro Monat, können die jetzt plötzlich 20 stellen, weil sie mit dem Modell Dinge schneller simulieren können, Dinge schneller anstoßen können, Software entwickeln können und so weiter und so fort. Aber im Kern bleibt der Mensch der Kreative. Und dasselbe gilt für andere Bereiche, für die ganze Kreativbranche, die gerade sehr leidet. Also die Agenturen, die früher natürlich Dinge gemacht haben wie Medien generieren, das KI jetzt macht. Also wer in Zukunft kreativ ist, wer um die Ecke denken kann, diese Geistesblitze, auf die wird es weiter ankommen. Und ich persönlich, muss ich sagen, das ist ein Bereich, da hoffe ich sehr, dass die Menschen der KI ganz, ganz lange noch voraus sind. Ja, und es ist schon interessant oder mindestens spannend, dass du wirklich so weit gehst und sagst: Naja, Moment mal, also da ist echt kaum oder gar kein echter Durchbruch bisher auf wissenschaftlicher Ebene durch die KI entstanden. Also diese Angst kann man wirklich so ein bisschen zurückschrauben. Naja, zumindest wenn man die letzten drei Jahre anschaut. Und wenn man sich anschaut, wie die Modelle funktionieren, ist das gut erklärbar. Also was ist denn jetzt GPT-5 als KI-Modell? Das ist ja ein Durchschnitt des gesamten existierenden Wissens der Welt. Also in diesem Modell ist dieses Wissen, was wir heute haben, schon komplett drin. Und was jetzt offensichtlich – also was dieses Modell jetzt nicht gut kann, ist daraus zu sagen, was völlig Neues daraus geboren wäre. Sondern wenn ich dieses Wissen abfrage in einer Form, dass ich sage: Gib mir mal den – ich sage jetzt mal ein ganz plattes Beispiel – was ist die beste Kartoffelsuppe? Dann würde das Modell sagen: Ich habe ungefähr 3000 Kartoffelsuppenrezepte gelesen, und hier ist das beste Rezept. Aber es kommt nicht mit einer vollkommen neuen Art bis jetzt, wo man sagt: Wie könnte man was mit einer Kartoffel machen? Was ist jetzt – ich hoffe, jeder kann das Beispiel einordnen. Also das macht es bis jetzt nicht. Aber ich denke, wir werden das in Zukunft schon auch sehen. Das sagt Frank Wolf. Wir sprechen mit ihm über Kartoffelsuppe und KI hier im Podcast. Und gleich sprechen wir noch über die vierte Kategorie, über die wir noch gar nicht gesprochen haben, nämlich die Sinnstiftenden. Frank, drei haben wir jetzt schon besprochen. Wir hatten die Wächter, die Übersetzenden und die Gestaltenden. Und du meinst, es fehlt eigentlich neben den dreien noch eine vierte Kategorie, die Sinnstiftenden. Was zur Hölle sollen die denn machen? Naja, die Diskussion kommt ein bisschen auch aus dem Hintergrund, in dem ich mich sonst bewege. Wir reden ja viel mit Menschen in der internen Kommunikation oder in der Kommunikation. Da geht es ganz viel darum, anderen Menschen zu erklären: Wie ist die Strategie oder Vision eines Unternehmens? Wo wollen wir hin? Warum? Was ist dein Anteil daran? Und so weiter und so fort. Und als Teil dessen kommt immer mal die Frage: Könnte eine KI denn eine Führungskraft heute sein? Es gibt den einen oder anderen, der das schon mal gehört hat, dass es Startups gibt, wo der CEO jetzt JGPT ist und macht alle Entscheidungen. Und die Frage ist: Könnte KI das? Und vielleicht aus der Perspektive dessen, Informationen schnell zu verarbeiten, vielleicht auf Basis von bestimmten Werten und zu einer Vision oder Strategie dann Entscheidungen zu treffen? Ja, aber die Frage ist: Das ist doch nicht die einzige Rolle, die eine Führungskraft heute hat. Und das Wichtigste ist ja, dass da jemand ist, mit dem ich mich identifizieren kann, dem ich folge, weil er oder sie mir ihre Vision von einer anderen Zukunft erklärt. Und ich sage: Ja, die gefällt mir. Das ist etwas, wo ich dabei sein will, und ich will meinen Beitrag dazu leisten. Und dann folge ich der Person im ersten Schritt. Und das ist das Wichtige, diese Identifikation zu schaffen. Und nach Stand der Dinge ist die KI nicht in der Lage, das zu tun. Also schon aus ganz praktischen Gründen, weil es einfach ja nur ein Tool ist in dem Kontext. Und da hilft es auch nicht, dass das große Versprechen ist ja gerade bei diesen Führungsaufgaben, dass die KI objektiv ist, ganz schnell, ganz individualisiert und so. Das hilft nicht, um diese Leerstelle zu füllen. Das hilft an der Stelle überhaupt nicht. Und vielleicht an der Stelle nochmal ein Hinweis: Ich war vor einigen Wochen bei einer Konferenz für Personalverantwortliche in Paris. Das ist die größte in Europa. Da war ein Professor ganz am Ende, der da nochmal zum Thema KI im Personalwesen gesprochen hat. Der hat eine sehr interessante Sache gesagt, die fand ich gut. Das war so ein Appell. Und er hat gesagt: Bitte hört auf, die KI zu vermenschlichen. Bitte denkt darüber nach. Das ist eine Technologie. Es ist ein Tool. Wenn ihr mit den Menschen darüber sprecht, sagt bitte nicht Dinge wie: Das ist dein neuer Kollege, der jetzt kommt. Weil in dem Moment gibt der KI ja eine Rolle oder Narrativ, aber man wertet auch die Menschen, die heute da sind, sozusagen auf diese Ebene ab und sagt: Wir betrachten das. Diesen Agenten ist jetzt dein Kollege. Und das fand ich einen sehr, sehr guten Punkt. Und der spielt für mich auch da rein in dieses Thema Sinnstiftung und Führung und diese klare Abgrenzung. Es ist ein Tool, das uns helfen kann, das uns an vielen Stellen sehr, sehr viel weiterbringen kann. Aber es ist eben kein Mensch und es wird auch in langer Zukunft niemand sein, dem man an der Stelle folgen möchte. Könnte man jetzt ein bisschen flapsig sagen: Okay, für Führungskräfte ist also das gar nicht so gefährlich. Das kann ein gutes Tool sein, was sie irgendwie nutzen, um vielleicht noch effektiver zu sein. Aber sie sind selber nicht gefährdet. Wenn man jetzt auf die andere Skala guckt, jetzt mal rein in der Hierarchieebene, dann ist es ja schon so, dass gerade Jobs, die klassischerweise eher Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger gemacht haben, doch jetzt von KI, von Tools erledigt werden können oder große Teile davon. Stimmt diese Beobachtung oder ist das ein Fehlschluss? Also aktuell scheint die zu stimmen. Da sind ja auch Zahlen dahin, und es ist so ein bisschen Ratlosigkeit, ob das jetzt ein aktueller, einfach ein Phänomen ist, ob sich das auflöst oder nicht. Ich würde an der Stelle gerne nochmal einen anderen Aspekt in die Diskussion werfen und gerade auch Richtung Berufseinsteiger oder eigentlich jeden oder jede, die sich gerade darüber fragt: Also ist KI für mich bedrohlich oder nicht? Und der Aspekt, ich habe dem schon lange gedacht, aber ich will das nicht jetzt komplett mir zuordnen. Einer der OpenAI-Mitgründer oder der im Gründungsteam war, der Andrej Karpaty, der auch da lange bei Tesla war, AI-Verantwortlicher war, der hat das vor kurzem mal so schön auf den Punkt gebracht, dass er gesagt hat: Die zentrale Fähigkeit in diesem KI-Zeitalter, als Mensch davon zu profitieren, ist für ihn etwas, das er Agency nennt. Das ist jetzt so ein englisches Wort. Wenn man das ins Deutsche übersetzen würde, würde man sagen: Handlungsfähigkeit oder auch dieses Thema Selbstwirksamkeit. Also bin ich jemand, der seine Umwelt grundsätzlich als etwas betrachtet, das man durch eigene Aktionen verändern kann, wo man selber aktiv werden kann, oder fühle ich mich sehr als Produkt der Umstände, in denen ich bin? Also meine Umwelt macht Dinge mit mir oder ich mache Dinge mit meiner Umwelt. Und ich denke, das ist wirklich so eine ganz, ganz zentrale Sichtweise, wie man damit umgehen kann. Meine These oder Theorie an der Stelle wäre: Gerade wenn ich Berufseinsteiger bin, aber auch in jeder anderen Rolle, auch wenn ich in einer Managementrolle bin, auch wenn ich heute in einer Rolle bin, die massiv gefährdet ist, also wenn ich irgendwo in einem Unternehmen bis jetzt nur Inhalte produziere oder nur Dinge schreibe oder nur Bilder als Illustrator erstelle. Es wird den größten Unterschied machen, ob ich in der Lage bin, daraus das Thema Handlungsfähigkeit für mich zu erkennen und zu sagen: Ich weiß, was ich kann. Ich habe sehr viel Kreativität und ich nutze KI jetzt ganz, ganz intensiv und aktiv, um das, was ich bis jetzt kann, zehnmal mehr, zehnmal besser und in breiterer Wirkung zu tun. Und ich glaube, darauf wird es ganz massiv ankommen. Die Spitze oder die Extremspitze davon ist diese Aussage, die ich selber auch absolut unterschreiben würde: Der eine Job, von dem wir heute wissen, dass die KI ihn niemals ersetzen wird, ist der des Unternehmers oder der Unternehmerin. Du kannst dir jedes zukünftige Szenario vorstellen, wo ein Mensch irgendwann hingehen kann und sagen kann: Ich habe eine Idee, ich möchte etwas tun. Und vielleicht macht man das in zehn oder zwanzig Jahren mit tausenden KI-Agenten. Aber im Kern ist der Mensch der Handlungsfähige, der aktiv wird und sagt: Ich habe eine Idee und ich tue jetzt das. Das finde ich für mich ein sehr schönes und auch sehr positives zukünftiges Bild davon, wie man als Mensch grundsätzlich daran gehen kann. Und wenn ich jetzt im Vergleich dazu zurückziehe und eher sage: Ich verschließe die Augen und hoffe, dass es irgendwie an mir vorbeigeht. Aber wie schaffen wir es denn? Denn ich glaube, die Gefahr auf der anderen Seite ist ja schon auch da, dass man gerade diese Selbstwirksamkeit eben nicht erlangt und dass man vielleicht das Gefühl hat: Ich muss gar nicht mehr so selber nachdenken und irgendwie Dinge starten oder so, weil das können ja die Agenten vielleicht auch für mich machen. Wie schaffe ich es denn, aus dieser Lethargie, die möglicherweise auch viele Menschen betrifft, rauszukommen? Also ich kann an der Stelle so ein bisschen auf meine Perspektive zurückkommen. Ich habe relativ von Anfang an mit ChatGPT und mit anderen KI-Tools gearbeitet. Bei mir ist es jetzt nach drei Jahren wirklich so, dass ich meinen Arbeitsablauf komplett umgestellt habe. Das heißt, wenn ich das ganz praktisch beschreiben müsste: Bei jeder, fast jeder Aktion, die ich tagsüber mache, und das kann sein, ich muss jetzt eine Präsentation machen, ich muss eine E-Mail schreiben, ich muss irgendwas tun, die startet bei mir damit, dass ich ChatGPT starte und ChatGPT erzähle, was ich jetzt machen möchte. Ich schreibe es nicht mehr. Ich habe noch nie gerne an der Tastatur geschrieben. Ich spreche nur noch und gebe relativ viel Kontext. Ich kann das mittlerweile sehr gut, dass ich sage: Hey, das ist die Ausgangssituation, das ist passiert. Ich gebe dir mal die wichtigsten Dinge, die du wissen musst. Ich möchte von dir jetzt folgende Dinge schrittweise haben: Was du darüber denkst, wie du das einschätzen würdest, was sind Vorschläge, und dann diskutieren wir weiter. Also es ist an der Stelle richtig. Also diese Frage verlerne ich selber dabei bestimmte Dinge. Ja, ich werde einen Schritt Stück weit verlernen, wie ich selber schreibe. Und wer das weiß: Ich habe zwei Bücher geschrieben. Ich weiß, dass man beim Schreiben viel denkt. Schreiben erzeugt ganz viel Klarheit, das ist klar. Aber ich merke, dass dieser Prozess auch sehr viel Klarheit bei mir erzeugt, an bestimmten Stellen noch viel schneller geht und die Resultate noch besser für mich sind. Also es ist jetzt so, dass tatsächlich die KI an bestimmten Dingen uns fauler machen wird und Dinge, die wir verlernen werden. Aber wir werden auch neue Dinge lernen, mit denen umzugehen. Das ist jetzt meine sehr positive Sicht auf die Dinge. Aber ich denke, wie mit vielen anderen Technologien, die am Ende sich durchgesetzt haben, ist hier auch ein Moment, wo man sich als Mensch anpassen und weiterentwickeln kann. Frank Wolf von Starbase hier im brand eins Podcast. Ich sage vielen Dank für das Gespräch. Vielen Dank. Und ehrlicherweise, ich habe jetzt Lust auf Kartoffelsuppe. Und vermutlich habt ihr euch auch schon mal die Frage gestellt, nicht wie die nächste Kartoffelsuppe aussieht, sondern ob euer Job oder eure Tätigkeiten von KI bedroht sind. Ich finde, dieses Gespräch hat mir persönlich jedenfalls noch mal geholfen, die Zusammenhänge zu sehen und durchaus auch zu differenzieren, die berühmten Grautöne zu finden, wie es ganz am Anfang ja auch hieß. Das schätze ich persönlich so an meiner Arbeit hier als Podcaster, und dass ich das jede Woche machen darf, mit anderen Menschen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen zu diskutieren, das ist tatsächlich ein Privileg. Und hoffentlich bleibt das auch noch eine ganze Weile. Wenn ihr dieses Gefühl beim Hören auch teilt, dann würde mich das natürlich enorm freuen, denn für euch machen wir das ja hier, diesen Podcast. Sollte dem also so sein, dann teilt ihn doch gern. Teilt diese Episode mit Menschen, für die sie vielleicht auch besonders interessant ist. Und dann hilft es uns auch, wenn ihr das weitersagt, wenn ihr das im Freundes-, im Bekannten- oder im beruflichen Kollegenkreis irgendwie macht. Und es hilft uns auch, wenn ihr beispielsweise bei Apple Podcasts oder bei Spotify uns fünf Sterne da lasst, denn das macht wirklich in der Tat einen echten Unterschied. Kommenden Freitag erscheint hier dann bereits die nächste Episode. Bis dahin danke ich euch für die Aufmerksamkeit. Ich danke auch im Voraus allen, die weiter verteilen oder weiter sagen, dass es diesen Podcast gibt. Und ich freue mich, wenn wir uns dann nächste Woche Freitag hier im Podcast wiederhören. In diesem Sinne, bis dahin. Der brand eins Podcast: Wirtschaft anders denken. Jede Woche bei detektor.fm. Der brand eins Podcast wird produziert vom Podcast Radio detektor.fm. Redaktion: Stefan Ziegert, Katja Stamm und Gerolf Mayer, in Zusammenarbeit mit Frank Dahlmann vom brand eins Magazin. Moderation: Christian Bollert.