Wir stellen ja in den aktuellen Episoden dieses Podcasts hier die Frage, wie junge Menschen über Wirtschaft denken, schreiben und sprechen. In der letzten Ausgabe habe ich ja schon gestanden, dass ich mit über 40 auf jeden Fall nicht mehr zu den jungen Leuten gehöre. Muss ja vielleicht auch gar nicht sein. Und genau deshalb suchen wir uns Menschen, die dichter dran sind. So wie vergangene Woche zum Beispiel Carla Reemsma von Fridays for Future. Und genau da machen wir in dieser Episode auch weiter. Christian Bollert ist mein Name und das ist der Name unseres gemeinsamen Podcasts: Der Brandeins Podcast – Wirtschaft anders denken. Jede Woche bei detektor.fm. Es mag euch wahrscheinlich nicht überraschen, dass wir und ich davon überzeugt sind, dass Podcasts ein Ort für spannende wirtschaftliche Gedanken und Positionen sind. Und genau deshalb haben wir natürlich auch geschaut, wer da so originelle Anstöße liefert. Seit sechs Jahren ist Wohlstand für alle definitiv so ein Podcast, der genau das verspricht und auch liefert. Das geht schon beim Namen los: Das Zitat eines Konservativen und dann eine eher progressive Perspektive auf Geld und Wirtschaft. Seit 2019 produzieren Wolfgang M. Schmidt und Ole Nymonen den Podcast Wohlstand für alle. Und man kann die beiden auch auf YouTube sehen. Und ich spreche in dieser Episode mit Ole darüber, warum Linke sich mit Wirtschaft beschäftigen sollten und welche Kritik er und sein Co-Moderator an Wirtschaft und dem Reden darüber haben. Ich sage Hallo Ole und herzlich willkommen im Brandeins Podcast. Guten Tag und vielen Dank für die Einladung. Ihr macht ja, wenn man das so sagen darf, einen progressiven Podcast und zitiert im Titel aber das Sachbuch dieses doch sehr konservativen CDU-Politikers und ehemaligen Bundeskanzlers Ludwig Erhard von 1957. Ich nehme mal an, das ist kein Zufall. Nein, es war so, dass wir uns gefragt haben, wie soll man den Podcast nennen. Und mein Podcast-Kollege Wolfgang M. Schmidt kam mit dieser Idee daher: Man könnte es doch Wohlstand für alle nennen. Dieser Slogan ist zwar vielen bekannt durch Ludwig Erhard, natürlich, ist aber eigentlich deutlich älter. Es gab in den 20er Jahren tatsächlich auch Linke, die diesen Slogan im Munde geführt haben. Und wir fanden, dass es doch eigentlich eine schöne Sache ist. Man nimmt diesen Slogan, der von einigen, auch von Konservativen benutzt wurde, und deutet ihn dann um, weil es natürlich das ist, worum es uns geht: dass alle ein gutes Leben führen können. Einerseits materiell erfüllt, aber natürlich auch – und das ist ein ökonomisch sehr bedeutsames Thema – dass sie auch genug Lebenszeit übrig haben am Ende des Tages. Dann reisen wir doch vielleicht gedanklich wirklich nochmal so ein bisschen zurück hinter den russischen Angriffskrieg, Corona-Pandemie, ins Jahr 2019, als ihr angefangen habt. Gab es damals irgendwie einen Auslöser für den Podcast bei euch? Für uns war es so, dass wir gesehen haben, dass innerhalb der politischen Linken es große Uneinigkeiten gibt, wie man sich verhalten soll, wie man versuchen soll, linke Politik zu machen und damit Menschen zu erreichen. Und es gab eigentlich immer gerade innerhalb der deutschen Linkspartei diese Zweiteilung. Es gab auf der einen Seite die Leute, die gesagt haben, wir müssen mehr über Ökonomie sprechen. Und auf der anderen Seite gab es dann eher die identitätspolitisch Motivierten. Und was uns aufgefallen ist, ist nämlich, dass auch diejenigen, die immer gesagt haben, wir müssen mehr über Ökonomie reden, über die Arbeiterklasse etc., dass sie das nie gemacht haben. Die haben sich immer nur in diesen Kleinkram, in diesen innerlinken Debatten verloren, aber das wirtschaftliche Selbst kaum thematisiert. Und das hat uns gestört. Und dann haben wir gesagt, gut, dann versuchen wir doch mal selbst einen linken Wirtschaftspodcast zu machen, um erstmal uns selbst, aber dann auch anderen Leuten zu erklären, was ökonomisch so passiert und wie unterschiedlich man über Wirtschaft nachdenken kann. Habt ihr über die Jahre dann verstanden, warum es davor so wenig thematisiert worden ist? Ich glaube, erstmal ein Grund dafür ist, dass es auch wirklich wenige Menschen gibt, die sich mit ökonomischen Themen gut auskennen. Und das nicht nur innerhalb der Linken, sondern das ist eigentlich ein weit verbreitetes Phänomen, dass man ganz oft über Wirtschaft spricht, aber gar nicht so genau weiß, worum geht es da. Ich mag zum Beispiel es mich manchmal in so etwas technokratischere Sachen einzuarbeiten. Also wenn zum Beispiel in der Tagesschau gesagt wird, der Leitzins wird gesenkt, dann wird das mit einer totalen Selbstverständlichkeit gesagt. Ich bin mir unsicher, ob zum Beispiel der durchschnittliche Tagesschau-Moderator das wirklich erklären könnte, was das heißt. Und ich bin noch deutlich unsicherer, ob ein Zuschauer wirklich weiß, was das heißt, wie die Transmissionsmechanismen der Geldpolitik funktionieren. Und das ist etwas, was mich gestört hat: diese Selbstverständlichkeit, mit der über ökonomisch gesprochen wird. Aber oftmals hat man den Eindruck, viele wissen gar nicht, was da los ist. Und bei mir ist es ja genauso: ich weiß vieles auch nicht. Und deshalb versuche ich, es mir zu erklären und dann versuche ich, es auch anderen zu erklären. Und ich glaube, das ist auch der Grund, warum es auch unter Linken dann da wenig fachkundige Angebote gab, weil es eben immer Arbeit bedeutet, sich in bestimmte Themen einzuarbeiten, um zu wissen, warum die ökonomische Gegenwart aussieht, wie sie aussieht. Habt ihr denn, als ihr gestartet seid, auch bewusst darüber nachgedacht, gezielt junge Leute anzusprechen mit dem Medium Podcast beispielsweise? Oder ist euch das eigentlich Wurscht gewesen? Wolfgang war ja schon vorher im Netz aktiv und hatte eine gewisse Bekanntheit erlangt, dadurch, dass er ideologiekritische Filmanalysen gemacht hat. Und dementsprechend war es dann relativ naheliegend, Podcaster zu werden. Ich selbst kam gerade vom Fernsehen. Also ich hatte eine Ausbildung gemacht beim Rundfunk Berlin-Brandenburg, hatte als freier Mitarbeiter im Schnitt gearbeitet. Und dementsprechend war dieses Mediale für uns beide naheliegend, dass man jetzt also nicht beispielsweise schreibt. Klar, ist auch ein Medium, sondern dass man wirklich sagt, wir nehmen dieses bestimmte Medium Podcast und auch Videopodcast auf YouTube, um möglichst junge Leute zu erreichen. Und die Idee war natürlich auch, das vom Tonfall her zu tun. Also ja, der Podcast ist jetzt kein Blabber-Podcast, sondern der ist schon relativ streng durchstrukturiert. In jeder Folge versuchen wir, ein Thema zu erläutern und zu erklären. Aber trotzdem ist immer diese Idee im Hinterkopf: Wir haben ein Publikum, das noch keine Ahnung vielleicht von dem Gegenstand hat. Und wir wussten das vor kurzem vielleicht auch nicht unbedingt so viel darüber. Und wir versuchen das, was wir uns selbst beigebracht haben, anderen zu vermitteln, indem wir dann eben tatsächlich ökonomisch redliche Literatur wahrnehmen. Aber wie du sagst, es ist vielleicht so, dass viele Leute eher jung sind. Aber es könnte ja auch für den von dir angesprochenen Tagesschau-Moderator vielleicht ganz interessant sein, nochmal zu erfahren, wie das mit dem Leitzins eigentlich ist. Also ihr habt ja eigentlich ein umfassenderes Bild von eurer Zielgruppe, oder? Natürlich, klar. Aber es ist schon so, dass man eine gewisse Zielgruppe durchaus merkt. Es sind so knappe drei Viertel unserer Hörer zwischen 16 und 30 Jahren, glaube ich, wenn ich es jetzt gerade richtig im Kopf habe. So circa zwei Drittel davon wiederum männlich. Also es gibt schon eine bestimmte Zielgruppe, die dominant ist. Aber ich sag mal so, uns hören pro Woche 40.000 bis 50.000 Leute. Das heißt, auch die Minderheit ist dann natürlich immer noch eine ziemlich große Anzahl Menschen. Und die nehmen wir natürlich genauso gerne mit wie die Jüngeren. Würdest du denn sagen, dass die Jüngeren, die da so eure Kernzielgruppe sind, dass die einen besonderen Blick auf Wirtschaft haben? Genau darum dreht sich es ja auch in den Folgen, die wir hier gerade im Brandeins Podcast diskutieren. Nun, zumindest haben sie auf jeden Fall sehr dringliche Nöte. Das ist ja ganz klar. Also wenn wir über die sozialen Schieflagen der Gegenwart sprechen, beispielsweise über die Wohnungsnot, dann ist das etwas, was ganz besonders junge Leute betrifft, weil sie oftmals noch kein richtiges Erwerbseinkommen haben. Entweder sind sie noch in der Ausbildung und bekommen nur eine Ausbildungsvergütung oder sie sind im Studium und bekommen BAföG und können davon mit Ach und Krach ein WG-Zimmer bezahlen. Das heißt, das sind einfach die Nöte, die junge Leute haben. Und ich glaube, deshalb sind die dann auch interessiert an einer linken Perspektive, die versucht aufzuzeigen, wie anders die Welt sein könnte. Jetzt gibt es ja auch gerade unter jungen Leuten so ein paar, die sagen: Na ja, Moment mal, links und rechts, das sind doch veraltete Kategorien, damit müssen wir uns nicht mehr beschäftigen. Dem würdest du aber wahrscheinlich widersprechen? Doch, ja klar, dem würde ich auf jeden Fall widersprechen. Einerseits gesellschaftspolitisch glaube ich, ist das ziemlich klar. Also da stand die politische Linke immer für Liberalisierung, für Antidiskriminierung etc. Also vieles, was wir heute als selbstverständlich wahrnehmen an gesellschaftspolitischer Liberalität oder hoffentlich als selbstverständlich wahrnehmen, wurde oftmals von Linken erkämpft. Also egal, ob es jetzt die Frauenbewegung war oder ob das die Gleichstellung von Homosexuellen war. Es war immer so, dass dort Linke historisch gesehen an der Speerspitze des Fortschritts waren, würde ich jetzt mal behaupten. Also die waren da schon ziemlich dominant. Und auch ökonomisch gesehen gibt es da natürlich ganz klare Unterschiede. Also die politische Linke versucht im besten Fall eine Politik zu machen, die der Arbeiterschaft nützt oder die sogar den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit aufhebt, die also wirklich eine andere Gesellschaft anstrebt, was rechts natürlich genau umgekehrt ist. Die wollen diese Gesellschaft erhalten, die kapitalistische Gesellschaft und sind dann zum Beispiel bereit, dafür auch permanent Angriffe zum Beispiel gegen den Sozialstaat, gegen das Rentenniveau und so weiter zu fahren, um dafür zu sorgen, dass zum Beispiel Deutschland als Kapitalstandort attraktiv bleibt. Ole Nymon vom Podcast Wohlstand für alle im Gespräch hier beim Podcast Radiodetektor.fm. Und hier geht es gleich weiter. Ole, dann gucken wir doch mal tatsächlich ein bisschen auf die Theorieebene. Ihr habt in diversen Interviews immer auch wieder betont, dass ihr ein Gegengewicht zu neoliberalen Ökonomen sein wollt. Warum braucht es denn das aus eurer Perspektive? Nun, wir haben eigentlich in Deutschland keine nennenswerte Arbeiterbewegung mehr. Also die Idee, dass Arbeiter ihre eigenen Interessen in die Hand nehmen, die scheint wie aus der Zeit gefallen. Man hat über viele Jahre hinweg gesehen, dass die Mitglieder in Gewerkschaften schwinden und Leute, die sogar darüber hinaus gehen wollen und die vielleicht sogar ganz anders wirtschaften wollen, die sind noch stärker marginalisiert. Und das ist dann sicherlich auch der Grund, warum wir diesen Podcast gemacht haben, weil als ökonomischer Sachverstand eigentlich in den Medien immer nur Leute auftauchen, die der Meinung sind, man muss mal wieder bei den Ärmsten knapsen, man muss gucken, dass die Lohnerhöhungen nicht zu hoch ausfallen und so weiter. Also meiner Meinung nach Propagandisten des Kapitals. Und wir sind dann gewissermaßen das Gegenstück dazu und versuchen, das ein bisschen gerade zu biegen. Da würden jetzt aber wahrscheinlich die Propagandisten des Kapitals sagen: Na ja, eine Arbeiterschaft gibt es doch auch gar nicht mehr 2025. Dem würde ich auf jeden Fall widersprechen. Also es gibt immer noch viele Millionen Menschen in Deutschland, die abhängig sind von Lohnarbeit. Und das ist erst mal das, was ich damit meine. Also diese Vorstellung, ein Arbeiter ist nur der, der in einem schmutzigen Overall Autos zusammenschraubt oder im Bergwerk Kohle abbaut oder so, das halte ich für Unsinn. Sondern erst mal mit Arbeiter meinen wir diejenigen, die selbst nicht in der Lage sind, sich zu ernähren, die über keine Mittel verfügen, um selbst über die Runden zu kommen und die deshalb auf Lohnarbeit angewiesen sind. Also die, die dazu arbeiten, andere, nämlich diejenigen, die über Kapital verfügen, reicher zu machen. Das sind erst mal die, die ich Arbeiter nenne. Und das ist immer noch ein Schicksal, das einen Großteil der Bevölkerung in Deutschland betrifft. Klar, es gibt auch noch andere Fälle. Es gibt Selbstständige beispielsweise, es gibt Staatsbeamte. Aber ein Großteil der Bevölkerung verfügt nicht über eigenes Kapital, verfügt also nicht über die Möglichkeit, sich selbst über Wasser zu halten und ist dafür auf einen Lohn angewiesen. Und muss sich dann da auch rumschlagen auf dem Markt und notfalls jeden noch so schlecht bezahlten Job annehmen, um über die Runden zu kommen, weil ansonsten der Staat einen beispielsweise aus sozialstaatlichen Leistungen rauswirft. Stichwort: rumschlagen. Du hast vorhin, ich sag mal, so eure Kernzielgruppe beschrieben, dass die beispielsweise mit der Wohnungsnot sehr strugglen und damit viel zu tun haben und vermutlich sich auch für diese Themen sehr interessieren. Welche Aspekte von Wirtschaft sind denn aus deiner Sicht, ich sag jetzt mal, im Namen eurer Hörerinnen und Hörer unterrepräsentiert? Also worüber müssten wir eigentlich diskutieren? Ich glaube, einerseits muss man darüber sprechen, über das Thema Wohnen. Andererseits halt wirklich das, was diese Gesellschaft – ich habe das eben ein bisschen versucht zu skizzieren – so alles mit sich bringt. Also es ist eine Gesellschaft, in der gearbeitet wird, um die Reichen reicher zu machen. Das ist der Ausgangspunkt eines jeden kapitalistischen Wirtschaftens. Also investiert wird natürlich nur, wenn sich irgendwer davon einen Profit verspricht. Und die Politiker und die Ökonomen sagen, es ist Krise, wenn kein Wachstum entsteht. Das heißt, offenkundig dient diese gesamte Wirtschaft nur dazu, die Reichen reicher zu machen. Das ist der Zweck dieses Wirtschaftens. Und das erzeugt unglaublich viele Verrücktheiten. Zum Beispiel, dass die einen unter Brücken schlafen, während die anderen sich ihr drittes Feriendomizil fertigstellen lassen. Dass die einen in überfüllten Bussen oder Bahnen zur Arbeit fahren, während die anderen in dicken SUVs durch die Gegend brettern. Ja, da könnte man jetzt noch 100 andere Beispiele nennen. Oder eine weitere Verrücktheit dieser Gesellschaft: Wenn für den Profit und nicht für den Bedarf produziert wird, dann ist es so, dass unglaublich viele wichtige Bedürfnisse unbefriedigt bleiben, obwohl sie befriedigt werden könnten. Ich mache das mal beispielhaft fest: Jeder will was ordentliches essen. Und es gibt unzählige Menschen in Deutschland, die stellen sich an der Tafel an, weil die nicht genug Geld haben, um ordentlich zu essen. Gleichzeitig werden auf der anderen Seite Unmengen an Lebensmitteln verschrottet, die eigentlich noch gut wären. Warum? Weil sie Privateigentum derer sind, die es herstellen bzw. verkaufen. Da ist es also so, dass Mittel, mit denen man Bedürfnisse befriedigen könnte, lieber verschrottet werden, als dass man sie Menschen zufügt, die sie gut gebrauchen könnten, aber kein Geld haben. Noch so ein Wahnsinn dieser Gesellschaft. Und all diese Verrücktheiten versuche ich unter anderem mit dem Podcast herauszuarbeiten, um junge Leute da ein bisschen zu agitieren. Es geht uns aber jetzt nicht nur ums Politische, sondern wir sind auch an anderen Sachen interessiert. Nicht nur daran, dass man immer so einen politischen Impetus hat, sondern ich bin zum Beispiel wirtschaftshistorisch interessiert. Und da ich jetzt auch eine Zeit lang hier in den Vereinigten Staaten bin, habe ich jetzt gerade eine kleine Reihe angestiftet zur Wirtschaftsgeschichte der Vereinigten Staaten. Wir sind an ökonomischer Dogmengeschichte interessiert. Da lesen wir von Adam Smith über Marx bis Hayek alles, egal ob liberal oder sozialistisch oder sonst irgendwas. Also die Idee ist jetzt, zusätzlich zu diesem Politischen, was natürlich eine große Rolle spielt, dass man auch eine gewisse Allgemeinbildung schafft. Und ich glaube, auch für Leute, die nicht links sind und die unsere gesellschaftlichen Zielvorstellungen nicht teilen, sind viele dieser Folgen trotzdem hörenswert. In der letzten Folge haben wir darüber gesprochen, wie Ende des 18. Jahrhunderts Hamilton gegen Madison & Co. die Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten versucht hat zu beeinflussen. Und ich glaube, das ist wahrscheinlich für alle interessant. Auf jeden Fall. Und was man ja definitiv sagen kann, ist, dass die Welt auch deutlich komplexer geworden ist in den letzten Jahren. Wenn du die USA ansprichst, ist das sicher ein ganz gutes Beispiel. Donald Trump zum Beispiel, der hat sich ja gerne oder geriert sich ja so als Fan des freien Marktes. Und alles wird sozusagen vom freien Markt geregelt. Gleichzeitig verstaatlicht er aber Unternehmen, wie jetzt zuletzt Intel, und wird dann dafür von progressiven Leuten wie Bernie Sanders oder so gefeiert. Das heißt, es verschwimmt auch alles so ein bisschen. Ja gut, ich weiß jetzt gar nicht, wie viel da wirklich die Leute an einem Donald Trump feiern. Interessant finde ich tatsächlich was anderes. Und zwar, was ich zum Beispiel spannend finde bei Trump, ist ja, dass er eigentlich gerade etwas anderes macht, was viele Linke immer gefordert hatten. Es gibt ja die MMTiler, die also versuchen, quasi die Unabhängigkeit der Zentralbank anzugreifen, um staatliche Investitionen zu ermöglichen. Da ist es zum Beispiel sehr bemerkenswert, als Phänomen, dass Donald Trump das jetzt eigentlich auch versucht. Also was Linke immer gefordert haben, dass Donald Trump das jetzt macht, wenn auch natürlich mit sehr anderen Zielsetzungen. Also Trump will damit die Zinspolitik beeinflussen, um für einen Boom zu sorgen vor den Midterms und um wahrscheinlich selbst nochmal ein paar Geschenke verteilen zu können vor den Midterms. Aber es ist dennoch bemerkenswert, natürlich, wie ein Rezept, das lange Zeit von Linken empfohlen wurde und von rechts immer gegeißelt wurde, jetzt auf einmal vom rechten Rand übernommen wird. Ja, das ist schon etwas Verrücktes. Ja, und so weit müssen wir da auch gar nicht gucken. Ich sag nur: Schuldeninvestitionen wurden auch in Deutschland lange irgendwie gegeißelt von den Konservativen, und Friedrich Merz macht jetzt das größte Schuldenpaket der Geschichte. Exakt, aber eben dann zu völlig anderen Zwecken, als die Linken es immer gefordert haben. Und das ist dann auch wieder so ein Wahnsinn dieser Gesellschaft, wie ich es eben schon formuliert habe. Also dass man von politischer linker Seite aus immer wieder gesagt hat: Ja, man kann doch Schulden machen. Es ist doch rein theoretisch möglich, sinnvolle Dinge zu finanzieren. Das hat man in der Vergangenheit auch gemacht. Das kann man auch heute tun, dass man für sinnvolle Zwecke Geld, also letztlich Geld druckt. Das ist ja: Schulden machen ist ja ein bisschen wie Geld drucken. Aber die Idee dahinter ist, dass sich das dann irgendwann rentiert, dass man zum Beispiel sagt, es wird in grüne Energie investiert und irgendwann ist es so viel billiger, dass es dann quasi sich gleich wieder gelohnt hat. Und das hat man über Jahre hinweg für unmöglich erklärt von konservativer Seite aus und macht nun genau das, um die Remilitarisierung Deutschlands voranzutreiben. Also ja, da werden gewissermaßen die linken Rezepte, für die Linke, jahrelang ausgelacht worden sind, werden nun übernommen zu wirklich gar nicht linken Zwecken. Und so ist es natürlich mit Donald Trump in Wahrheit auch. Der hat damit keine progressiven Ideen im Sinne. Ole Nymon hier im Brandeins Podcast und wir sind gleich wieder da. Ole, kommen wir doch vielleicht mal zu eurem Podcast als Wirtschaftseinheit, also ein bisschen runtergesoomt. Wie erwirtschaftet ihr denn Einnahmen? Ja, das war lange Zeit über so, dass das über freiwillige Zuwendungen der Hörerschaft lief. Dass wir also gesagt haben: Okay, wer möchte, kann, aber niemand muss. Und dafür gibt es den gesamten Content quasi kostenlos online. Bei YouTube haben wir noch ein bisschen Werbegeld eingenommen, aber das ist nicht viel. Also bei YouTube als Videopodcast kriegst du natürlich ein bisschen Geld, aber das sind wirklich eher Kleckerbeträge. Und irgendwann, dann so ein Jahr nach Beginn der Inflation vor ein paar Jahren, haben wir gemerkt: Ui, das sieht langsam schlecht aus. Da haben wir wirklich gemerkt: Okay, die Inflation macht sich geltend bei den Leuten. Die fragen sich, wo können wir einsparen? Und da ist natürlich eine freiwillige Überweisung an einen Podcast ja natürlich das Erste, wo die Leute einsparen. Ist ja auch sehr verständlich. Und dann haben wir gesagt: Okay, wir packen einen Teil des Contents hinter eine Paywall. Das heißt also, wir haben alle unsere regulären Folgen weiterhin online. Einmal die Woche sprechen wir wie gehabt kostenlos über Wirtschaft. Aber wir machen ein zusätzliches Format, in dem wir Hörerfragen beantworten. Und wir haben ein Format, in dem wir über Literatur sprechen. Da geht es dann um Literatur, die in irgendeiner Form mit Ökonomie zu tun hat. Das kann ein Rant sein, ja, The Fountainhead oder Atlas Shrugged haben wir beides schon gelesen. Es kann Thomas Mann sein mit den Buddenbrooks, mit einer Kaufmannsfamilie. Es kann alles Mögliche sein. Caroline Wahl, stimmt. Caroline Wahl haben wir jetzt gelesen. Das hat natürlich auch viel Interesse dann hervorgerufen. Wir haben es sogar in einem Wikipedia-Artikel zwischenzeitlich geschafft, also von Caroline Wahl mit unserer Kritik an ihrem Buch. Ich weiß nicht, ob das dort immer noch zu finden ist, aber das fand ich einigermaßen lustig. Und das ist jetzt quasi das Fundament, auf dem der Podcast steht. Und ich meine, wir sind ja aber auch noch daneben tätig als Autoren. Wir machen beide auch Vorträge zu unterschiedlichen Themen. Das sind manchmal ökonomische, aber auch politische Themen, die wir dort verhandeln, wo wir natürlich auch Honorare nehmen. Und davon leben wir. Und ist der Podcast dafür auch, ich sag mal, gleichzeitig so ein bisschen ein Aufmerksamkeitsmoment, dass ihr dadurch sozusagen auch vielleicht ein bisschen besser gesehen werdet? Auf jeden Fall. Also der Podcast ist ein Aushängeschild, damit man dann auch zum Beispiel zu Vorträgen eingeladen wird. Und dass insbesondere Studigruppen, die hören uns gerne zu. Ich habe ja schon gesagt, viele junge Leute, natürlich auch viele, die gerade selbst studieren. Und die laden uns dann öfters ein. Und dementsprechend ist es dann eine Win-Win-Situation. Die haben uns vor Ort und können mit uns diskutieren. Und wir nehmen dafür ein Honorar und leben davon. Ich weiß, dass uns hier auch logischerweise viele Leute zuhören, die selber über Podcasts nachdenken, die möglicherweise auch Podcasts machen. Du hast angesprochen, dass ihr diese, ich sag mal, Sonder-Content-Folgen macht. Und das ist ja manchmal auch so ein bisschen so eine kleine Falle, dass man sagt, wir machen dann für unsere Hörerschaft nochmal extra Content. Macht sich aber extra Arbeit, auch die dann, na ja, eben manchmal nicht ausreichend finanziert wird. Aber für euch funktioniert das Modell? Ja, aber du hast schon gesagt, das ist Arbeit. Und natürlich, es ist wirklich Arbeit. Also einmal die Woche einen Podcast vorbereiten, der irgendwie Gehalt haben soll, ist schon anspruchsvoll. Und wenn man dann zusätzlich noch zweimal im Monat was aufnimmt, dann ist es schon ziemlich häufig, dass man vor dem Mikro sitzt oder schneidet oder Sachen hochlädt. Dazu kommt natürlich auch die deutsche Bürokratie. Einer der wenigen Punkte, wo ich Liberale doch ganz gut verstehen kann mittlerweile, ist die deutsche Bürokratie. Selbst als Personengesellschaft, als GbR, die wir sind, hat man da wirklich schon einiges zu erledigen. Also ja, es ist eine Heidenmenge Arbeit und es geht nur über Beständigkeit. Und selbst dann ist es natürlich eine Sache von Talent, von Glück, aber auch ganz viel, ob man wirklich das Publikum erreicht oder ob man einfach nur in den leeren Raum reinsendet und es nie schafft, davon in irgendeiner Form zu leben. Das läuft sehr unterschiedlich. Aber Beständigkeit ist, glaube ich, schon eines der größten Geheimnisse. Also das ist etwas, was mein Podcastpartner ja schon vorher wusste. Der hat ja vorher schon ins Netz gesendet und der wusste halt, man muss wirklich jede Woche dabei bleiben, sonst geht das nicht. Man kann da nicht sagen: Ach, jetzt machen wir mal sechs Wochen Sommerpause oder so, sondern da muss man dann schon den Hintern hochkriegen. Kontinuität ist da wichtig, höre ich daraus. Gibt es was, was dich in all den Jahren seit 2019… Irgendwie hat mich an der Arbeit an dem Podcast am meisten überrascht, dass es sowohl theoretische Erkenntnisse als auch Einsichten zum Podcast machen gibt. Ach, ich glaube, theoretisch ist es so, dass man im Laufe der Zeit seine Ansichten ganz viel ändert. Man sagt ja immer, je älter man wird, desto konservativer wird man. Bei mir ist das eher umgekehrt, muss ich gestehen. Also bei mir geht es eher in die andere Richtung, je älter ich werde. Das heißt, du warst konservativ mit 20 und gehst in Richtung 40. Also umgedreht, sozusagen, wie im klassischen Bild. Eher vom linksliberalen, mit dem Sozialismus, sage ich mal, oder am Sozialismus Interessierten, bis hin zu jemandem, der sich schon einfach als Sozialist und Marxist versteht. Das ist schon eine Entwicklung, die ich vollzogen habe im Laufe der Jahre. Was sich sehr stark sicherlich bei mir geändert hat, ist die Auseinandersetzung mit vielen Dingen. Das sind, glaube ich, auch Entwicklungen, die man dem Podcast anmerkt. Also, wer sich ältere Folgen anhört, merkt, dass das staatstragender ist, dass da mehr sich in den Staat reindenken ist, als es heutzutage zum Beispiel der Fall ist, wo man heute deutlich kritischer gegenüber Staat und Kapital ist, als man das vielleicht vor einigen Jahren war. Und ich glaube, das ist ja auch normal, dass, wenn man sechs Jahre lang sendet, dass man dann im Laufe der Zeit auch seine Anschauungen ändert. Und wahrscheinlich sind diese Podcasts ein ganz guter Indikator dafür, wie ich im Laufe der Zeit mein Denken geändert habe. Hältst du denn diese Utopie oder die Vorstellung, sagen wir mal so, von Wohlstand für alle, wie du ja ganz gut beschrieben hast, die es ja sowohl von links als auch von rechts gab, für realistisch? Wenn man sie nicht für realistisch hält, wird man ja irgendwo verrückt. Und ich glaube, da würden mir ja auch viele Liberale und Konservative zustimmen. Also viele Liberale und Konservative haben ja auch die Idee vom Wohlstand für alle und sind halt der Meinung, dass das passiert, indem in einem extrem langsamen, langwierigen Prozess auch die ärmeren Teile der Weltbevölkerung in den Weltmarkt integriert und dort irgendwie wettbewerbsfähig und erfolgreich werden. Und das sehe ich eher nicht so passieren. Und ich glaube da auch auf meine Art und Weise dran. Dazu braucht es dann natürlich auch andere Vorstellungen von dem, was Wohlstand bedeutet. Also beispielsweise ist klar, es können nicht alle weltweit so leben, wie das der durchschnittliche Deutsche derzeit tut. Eine andere Frage ist ja, will man das überhaupt? Ich kann ja mal ein Beispiel geben: Es ist sicherlich nicht ökologisch machbar, dass jeder Mensch weltweit mit einem eigenen Pkw durch die Gegend fährt. Stellt sich natürlich auch ein bisschen die Frage, ist das überhaupt wünschenswert? Ich finde nicht. Ich bin ein Stadtmensch. Ich bin in Berlin aufgewachsen und lebe jetzt mittlerweile in Leipzig. Ich bin großer Freund von ÖPNV und ich brauche fast nie, außer man will mal was umziehen oder so, ich brauche fast nie ein eigenes Auto. Da würde ich zum Beispiel sagen, okay, diese Form von Wohlstand, wie man ihn in Deutschland versteht, der ist nicht verallgemeinerbar auf die ganze Menschheit. Aber vielleicht ist es auch ganz gut so. Vielleicht ist es sinnvoll, wenn Weltregionen, die bislang noch nicht diesen ökonomischen Erfolg hatten, wenn die in Zukunft wachsen, dass sie dann auf andere Arten und Weise wachsen. Und das könnte dann ökologischer und tatsächlich auch besser für die Menschen sein. Denn ehrlich gesagt finde ich das Leben in Städten voller Autos grässlich. Ich war kürzlich in Los Angeles und es ist die Hölle. Es gibt keinen funktionierenden ÖPNV und du brauchst überall für Strecken von 30 Minuten anderthalb Stunden, weil alle sich gegenseitig im Weg und im Stau stehen. Das ist nicht das, was ich mir unter Wohlstand vorstelle. Und von daher würde ich sagen, ein bescheidener Wohlstand, der sicherlich anders ist als das, was heutzutage im Westen als Wohlstand gilt, ist möglich für alle. Ole Nymon vom Podcast Wohlstand für alle aus den USA im Brand 1 Podcast von detektor.fm. Und ich sage vielen Dank dass du dich auch für uns nochmal hinter das Mikro gesetzt hast. Ja, ich danke euch. Vielen Dank für die anregenden Fragen. Und wir setzen diese kleine Serie zu Ende. Wir schauen mit jungen Perspektiven auf Wirtschaft in der kommenden Woche fort. Dafür bin ich dann mit Maurice Hüfgen vom YouTube-Kanal Geld für die Welt verabredet. Und all unsere Episoden findet ihr in eurer Lieblings- Podcast-App und natürlich auch auf der Webseite und in der App von detektor.fm. Hört gern auch mal in unsere beiden Livestreams rein, denn ich zum Beispiel habe in der Vorbereitung dieses Gesprächs hier den Musikstream gehört. Ideal, um sich zu konzentrieren und nebenbei gute, handverlesene Musik zu entdecken. Sonntags beispielsweise ist detektor.fm entspannt besonders beliebt bei den Hörerinnen und Hörern, weil wir da auch aus meiner Sicht den perfekten Soundtrack für einen entspannten Tag im Bett, am Frühstückstisch oder wo auch immer liefern. Die nächste Folge dieses Podcasts hier gibt es dann, wie seit Jahren schon, am Freitag und darauf ist wirklich Verlass. Ich würde mich freuen, wenn ihr dann auch wieder hier reinhört. In diesem Sinne gern bis dahin. Der Brandeins Podcast – Wirtschaft anders denken. Jede Woche bei detektor.fm. Der Brandeins Podcast wird produziert vom Podcastradio detektor.fm. Redaktion: Stefan Ziegert, Katja Stamm und Gerolf Mayer in Zusammenarbeit mit Frank Dahlmann vom Brandeins Magazin. Moderation: Christian Bollert.