Erinnert ihr euch noch an euren 19. Geburtstag? Ich weiß noch, ich hab mich ziemlich erwachsen gefühlt. Ich stand kurz vorm Abi, die Welt schien mir verheißungsvoll offen zu stehen. Aber ich hatte noch einige Fragezeichen im Kopf. Ich wusste noch gar nicht, wie ich überhaupt weitermache. So geht’s sicher einigen mit 19 Jahren, aber andere gründen da schon ihre erste Firma. So auch Jael Meier, mittlerweile 25. Damit scheint sie dem Klischee der arbeitsscheuen Gen Z so ein bisschen zu widersprechen. Wie sie tickt, diese neue Generation Unternehmerinnen und Unternehmer, das erfahrt ihr heute. Ich bin Jessi Jus. Hi! Jael Meier ist 25, hat mit 19 schon eine Agentur gegründet und lebt heute als Unternehmerin, Autorin und Rednerin in der Schweiz. Man könnte sagen, mit 19, da hat man doch noch gar keine Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt. Da muss man sich erstmal beweisen. Man muss zeigen, dass man Verantwortung übernehmen kann. Wie soll man da schon eine erfolgreiche Firma gründen? Dass Jael bei der Gründung ihrer Firma aber so jung war, hat sie sich komplett zunutze gemacht. Denn was Jael in ihrem Alter sicher weiß: Sie versteht, wie ihre Generation tickt. Ihre Agentur SIEM berät deshalb Konzerne wie Weleda, Zalando oder Porsche dabei, junge Leute zwischen 15 und 19 Jahren besser zu verstehen. Nicht nur als Kundinnen und Kunden, sondern auch als wertvolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Meinem Kollegen Christian Bollert erklärt Jael Meier im Brand1 Podcast, warum die Gen Z nach mehr Verantwortung strebt und wie sich Generationenkonflikte in einem Unternehmen mit einem Reverse Mentoring Programm beheben lassen können. Dann bleiben wir doch beim Thema Verantwortung. Du hast es ja auch schon angesprochen, dass viele das wollen aus der Gen Z, dass das ein Thema ist, was viele irgendwie interessiert und was sie auch gleichzeitig an vielen klassischen Unternehmen vielleicht auch abschreckt. Wie passt das denn zusammen mit dem bisherigen Alltag, wo es ja doch oft so ist, dass man irgendwo reinkommt, dann ist man irgendwie Junior, dann lernt man ein bisschen was, dann kann man vielleicht mal Senior werden und so weiter. Also man braucht einfach viele, viele Jahre, um aufzusteigen. Das scheint ja nicht zusammenzupassen. Ja, man sieht es auch in Zahlen, dass das nicht mehr ist, was junge Leute wollen. Was nicht nur gut ist, aber junge Menschen heute wollen möglichst schnell, möglichst viel erreichen. Und viele Unternehmen oder vielleicht auch grundsätzlich die Wirtschaft, die bremst uns aus. Und das führt dazu, dass man nicht das volle Potenzial als Wirtschaft, als Gesellschaft erreichen kann. Also ich denke, diesen Drang, nach Verantwortung zu übernehmen, sollte man fördern. Und es muss jetzt ja auch nicht bedeuten, dass direkt ein 18-Jähriger CEO werden will von einem Unternehmen oder werden sollte, sondern dass man früh jemanden mit einbezieht, eine Entwicklungsmöglichkeit auch in einem Unternehmen aufzeigt. Weil das ist, wie man dann auch Bindung zu einem Unternehmen schafft, Motivation schafft. Und viele auch große Unternehmen tun das leider noch viel zu selten, weil sie zu sehr in starren Strukturen hocken und eben junge Menschen gar nicht genug fördern. Was ja vielleicht da auch eine Rolle spielen kann, ist, ich sage mal, die Gesamtbelegschaft. Wenn ich natürlich noch viele Leute habe, die um die 50 oder um die 60 sind, die wollen ja auch Verantwortung übernehmen und die sagen dann vielleicht: „Na, Moment mal, ich bin ja auch schon seit 30 Jahren hier.“ Das kann ja durchaus auch zu internen Konflikten führen. Das ist tatsächlich ein großes Problem. Also wir merken auch in unserer Arbeit mit Unternehmen, dass dieses Unverständnis füreinander eine riesige Hürde darstellt für eigentlich dann sehr gute Zusammenarbeit, die dann maßgeblich entscheidend ist auch für Erfolg. Und da gibt es verschiedene Tools, wie man das zum Beispiel auch überbrücken kann, wie man eben mehr Verständnis schaffen kann. Und ein Beispiel ist Reverse Mentoring. Was heißt Reverse Mentoring? Reverse Mentoring bedeutet eigentlich, dass eine sehr erfahrene Person, die vielleicht älter ist, und eine junge Person sich gegenseitig mentoren. Also es ist nicht nur die ältere Person der Mentor oder die Mentorin, sondern auch der junge Mensch. Und so bringt man sich gegenseitig weiter, weil eben junge Leute unglaublich viel Wissen und auch Erfahrung in den Themen mitbringen, die sie haben, obwohl sie jung sind oder vielleicht sogar weil sie jung sind. Am Ende ist es aber ja eigentlich, wenn man ganz ehrlich ist, so ein gegenseitiges Zuhören, so ein One on One. Genau, das ist es. Es ist ein One on One. Und ich mache das zum Beispiel auch persönlich mit Tina Müller. Das ist die CEO von Weleda. Sie hat gerade die Challenge, dass sie Weleda als Marke verjüngen und relevant bei jungen Menschen machen will. Und da helfe ich ihr mit meinen Inputs aus meiner täglichen Arbeit. Und sie wiederum bringt mir bei, wie man eine Firma aus Management- Sicht verjüngt. Und so können wir gegenseitig unglaublich viel voneinander lernen. Oder Joe macht das mit dem General Manager von Zalando aktuell. Und so gibt es aber auch andere Formen wie Reverse Mentoring, die man in Unternehmen intern umsetzen kann. Das tun wir zum Beispiel bei Procter Gamble oder der Stadtsparkasse Düsseldorf, wo wirklich die ganze Belegschaft voneinander lernt und in einem Matching-Prozess wirklich herausfindet, wer zu einem passen könnte, von wem man was lernen könnte und das dann auch regelmäßig über einen langen Zeitraum hinweg tun. Und das führt dazu, dass sich die Mitarbeitenden motiviert fühlen, verstanden fühlen, dass eben die Zusammenarbeit besser wird. Und es führt auch zu unglaublich viel Wertschätzung, besonders bei jungen Leuten, die dann eben gehört werden, was sie sich bis jetzt vielleicht nicht so gewohnt waren. Was ist denn bei dir persönlich vielleicht so die größte Erkenntnis gewesen in den Gesprächen mit Tina Müller? Du musst ja jetzt nichts Konkretes sagen, aber was hat dich da am meisten überrascht? Also jetzt inhaltlich habe ich einfach unglaublich viel gelernt, weil oft ist es ja diese Art von Erfahrung, die kann man nicht in der Schule lernen oder nicht in der Uni lernen, sondern das lernt man, wenn man arbeitet und eben mit Menschen spricht, die sehr viel Erfahrung mitbringen. Und ich glaube auch grundsätzlich bei Reverse Mentoring ist es genau das, wovon wir hören, dass die Leute am meisten profitieren, eben diesen Verständnis füreinander, das zuvor vielleicht nicht da war, weil einfach viel zu wenig miteinander geredet und einander zugehört wird. Und das ist ein Problem, das sehe ich in der Gesellschaft und in der ganzen Wirtschaft. Darum setzen wir uns ja auch seit unserer Gründung dafür ein, dass eben mehr mit jungen Menschen geredet wird und nicht nur über uns. Das heißt, das Zuhören ist tatsächlich so ein zentrales Problem oder anders, ist vielleicht ein Fehler, den viele Unternehmen im Jahr 2025 immer noch nicht gut machen. Ja, auf jeden Fall. Ich glaube auch, in einem ersten Schritt muss man ja überhaupt verstehen, dass diese Unterschiede bestehen, dass man eben nicht mehr versteht, was zum Beispiel jetzt bei jungen Generationen so los ist. Und dann muss die Offenheit dafür da sein, dass man daran was ändert. Und oft merken wir, kommt das wirklich von oben in Unternehmen. Also dass eine neue CEO zum Beispiel in ein Unternehmen kommt, merkt: „Wir haben ein Problem, 30 Prozent unserer Belegschaft fällt uns weg in den nächsten zehn Jahren. Wir müssen da was ändern.“ Oder wir merken: „Unsere Kunden und Kundinnen, die sterben uns bald weg. Wir müssen was ändern.“ Und so eigentlich diesen Wandel oder diese Transformation im Unternehmen vorantreibt. Und da ist das Thema Verjüngung und eben relevant werden bei jungen Zielgruppen einfach ein Teil dieser großen Transformation, aber ein wichtiger Teil. Da könnte man ja jetzt aber auch zynisch sagen: „Naja, aber das hilft dir auch nichts, wenn der CEO dann mit dir irgendwie oder mit Joe spricht, sondern da müssen ja eigentlich mal die Mitarbeitenden ins Gespräch kommen.“ Ja, das Tolle ist ja, dass das auch dann getan wird. Also zum Beispiel auch bei Weleda haben sie auch ein internes Reverse Mentoring eingeführt, weil eben gesehen wurde, dass das erstens sehr viel bringt und auch, weil die Belegschaft dann Interesse daran gezeigt hat. Und das Bild, das es dann trotzdem auf die ganze Belegschaft bringt, ist, dass die CEO von diesem großen Unternehmen eben bereit ist, auch jungen Menschen zuzuhören, was für unglaublich viel Wertschätzung sorgt. Jael Meyer habt ihr hier gerade gehört. Die FATS hat sie vor drei Jahren als die Stimme der Gen Z bezeichnet. Die Unternehmerin ist zu Gast im Brand1 Podcast und erklärt, warum Unternehmen von jungen ArbeitnehmerInnen nur profitieren können und wie ihre Agentur dahingehend berät. Der Brand1 Podcast, eine Kooperation mit dem Wirtschaftsmagazin, hat gerade einen Themenschwerpunkt. Es geht darum, wie junge Menschen über Wirtschaft denken und reden. Welche Themen sind da besonders relevant? Welche Veränderungen möchten junge Menschen vorantreiben und welche Lösungen sehen sie für bestehende Herausforderungen in Wirtschaft, Wirtschaftspolitik und der Arbeitswelt? Ihr könnt euch Folgen dazu schon anhören, mit Carla Reemsma von Fridays for Future oder mit Ole Niemohn vom linken Wirtschaftspodcast „Wohlstand für alle“. Ich verlinke euch den Podcast in den Show Notes und da findet ihr dann natürlich auch die Folge mit Jael Meyer und könnt sie in voller Länge nochmal nachhören. Das war’s von mir für heute. Ich freue mich, dass ihr zugehört habt und in einer Woche findet ihr hier eine neue Podcast-Folge. Diese hier wurde produziert von Tim Schmutzler und ich bin Jessi Wuth. Ciao, bis zum nächsten Mal! Detektive Action. Zurück zum Thema.