Ende November treffen sich einmal mehr die Staatschefs der Welt, um über die Zukunft des Klimas und über neue Klimaschutzziele zu verhandeln. Gleichzeitig arbeiten Wissenschaftler immer weiter daran, dieses komplexe wie lebenswichtige System zu verstehen. Während die Rolle der Regenwälder und der Meeresorganismen schon länger im Fokus der Forscher stehen, hat mittlerweile auch die Oberfläche der Weltmeere ihr Interesse geweckt.
Gelartige Substanz auf dem Meer
Denn dort lagert sich besonders bei ruhigem Wetter und Sonnenschein – die Forscher sprechen dann von stagnanten Bedingungen – eine gelartige Substanz ab: Der Oberflächenfilm der Meere, in der Fachsprache als sea-surface microlayer bezeichnet.
Dieser gelartige, ölige Film besteht zum Teil aus abgestorbenen Organismen und Stoffwechselprodukten der Meeresbewohner. Aber auch aus Staub und Plastikteilchen, wie jüngst unter anderem südkoreanische Forscher dokumentiert haben.
Wie eine Membran zwischen Meer und Atmosphäre
Interessant ist der Oberflächenfilm vor allem, weil sich seine Zusammensetzung und damit seine Eigenschaften stark vom Rest des Meereswassers unterscheiden. Als Membran spielt er eine Rolle beim Gasaustausch zwischen Meer und Atmosphäre. Zudem laufen in der nur wenige Mikrometer dünnen Schicht offensichtlich chemische Reaktionen ab, die so noch nie in der Natur beobachtet worden sind.
Eine aktuelle Untersuchung von Forschern der Universität Lyon und dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung um Hartmut Herrmann konnte feststellen, dass in dem Film das Spurengas Isopren chemisch synthetisiert wird. Isopren ist die Grundlage der Wolkenbildung. Es ist der Grundbaustein der Terpene, die als Wolkenbildungskeime dienen. Bis zu 3,5 Megatonnen des Gases stammen vermutlich aus dem Oberflächenfilm.
Darüber hinaus sammeln sich in diesem Oberflächenfilm auch weitere Kohlenstoffverbindungen, die aus dem Film in die Atmosphäre geschleudert werden. Einige davon, so eine aktuelle Publikation in Nature, führen zur Eiskeimbildung in hohen Schichten der Troposphäre, bekannt aus den gewaltigen Ambossen der Gewitterwolken.
Wo der Film überall auftritt, wie stark er ist und welche Teile der Ozeane er bedeckt, versuchen Forscher noch zu ergründen. Durch die starke Dynamik der Meeresoberfläche sind Kartierungen natürlich nicht möglich, Modelle zur Beschreibung des Phänomens voraussichtlich hochkomplex.
Über diese Forschungen und die neuen Fragen der Wissenschaft ans Meer berichtet Mike Sattler.
Redaktion: Mike Sattler