Aristoteles: Erfahrung schafft Wissen
Als Aristoteles im Jahr 384 vor unserer Zeitrechnung im antiken Griechenland zur Welt kommt, gibt es noch keine modernen Wissenschaften, keine Universitäten. Aristoteles‘ Vater ist Arzt und die Tradition verlangt, dass er sein medizinisches Wissen an seinen Sohn weitergibt, damit dieser in seine Fußstapfen tritt. Doch es kommt anders. Aristoteles‘ Vater stirbt früh, die Erziehung und Grundausbildung übernimmt ein Onkel oder Freund der Familie. Mit 17 Jahren geht Aristoteles von seinem Heimatort Stageira nach Athen — der damals mächstigste Stadtstaat Griechenlands. Sein Ziel: die Platonische Akademie.
Die Platonische Akademie ist eine Philosophenschule, die der berühmte Philosoph Platon gegründet hat. Nach dem Vorbild seines Lehrers Sokrates unterrichtet Platon an seiner Akademie seine philosophischen Überzeugungen, die wir heute Ideenlehre nennen. Aristoteles ist wissbegegierig. Er saugt alles auf, macht sich aber auch seine eigenen Gedanken und kommt irgendwann zu einem eigenen Schluss. Nicht in den von Platon propagierten immateriellen Ideen ist die Wahrheit zu finden, sondern: „Erfahrung ist der Anfang aller Kunst und jedes Wissens.“ Diese philosophischen Differenzen zwischen Platon und Aristoteles, die der Renaissance-Künstler Raffael in seinem Fresko „Die Schule von Athen“ dargestellt hat, führen schließlich zum Bruch zwischen den beiden Philosophen.
Mathematik als Sprache
Auch die Vorstellungen davon, was eigentlich Mathematik ist, gehen bei Platon und Aristoteles auseinander. Während Platon glaubt, Mathematiker seien so etwas wie Erforscher einer abstrakten, immateriellen Welt, die für sich genommen existiert, ist Aristoteles der Ansicht, Mathematik sei von den Menschen als eine Art Sprache erfunden worden, um unsere Welt zu beschreiben.
Die Grundlagen der Logik nach Aristoteles — der Satz der Identität, der Satz vom Widerspruch, der Satz vom ausgeschlossenen Dritten — gelten bis heute. Was sagen sie über die Existenz von Einhörnern aus? Und was sagt es über Aristoteles aus, dass Platon ihn mit einem bockigen Fohlen verglichen hat? Und wie kann eigentlich eine Freundschaft zwischen zwei Philosophen funktionieren, die grundverschiedene Philosophien vertreten? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.
„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.