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Bild: Zenzen | Shutterstock
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Geschichten aus der Mathematik | Ernst Zermelo

Der Beef um die Basics

Indem Ernst Zermelo eine neue Ordnungsregel in der Mathematik einführt, löst er ein riesiges Problem der Mengenlehre – und entfacht gleichzeitig die größte Debatte, die es in der Mathe-Community je gegeben hat.

Mit dem Kopf durch die Wand: Ernst Zermelo

Im Jahr 1871 kommt Ernst Zermelo als Sohn eines Gymnasialprofessors in Berlin zur Welt. Er wächst behütet im Deutschen Kaiserreich auf, besucht das Gymnasium, studiert Mathematik in Berlin, Halle an der Saale und Freiburg und hat mit gerade einmal 28 Jahren bereits seinen Doktor in der Tasche. Dann beschließt er, nach Göttingen zu gehen, das damalige Zentrum des mathematischen Weltgeschehens. Er überzeugt durch sein großes mathematisches Talent, seinen Ehrgeiz und seine humorvolle, forsche Art. Wenn Zermelo aneckt, macht er sich nichts daraus — ob der Grund nun eine Neckerei in der Uni ist oder seine Forschung.

Es macht Zermelo Spaß, zu provozieren. Er teilt gerne aus — aber unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten hat das, was er sagt, auch immer Hand und Fuß.

Demian Nahuel Goos, Mathematiker

Demian Nahuel Goos, MathematikerFoto: Chris Coe

Zermelos Arbeit ist stark beeinflusst vom berühmten Mathematiker David Hilbert, der ebenfalls an der Universität Göttingen forscht und lehrt. Im Jahr 1900 hält Hilbert auf dem Internationalen Kongress der Mathematiker in Paris einen Vortrag über die zukünftigen Probleme der Mathematik. Als größtes Problem sieht er offene Fragen der Mengenlehre — und setzt seinen Kollegen Ernst Zermelo darauf an. Vier Jahre später hat Zermelo eine Lösung gefunden, die er in einem kurzen Paper veröffentlicht. Er hat kurzum eine neue Ordnungsregel eingeführt: das Auswahlaxiom.

Das Auswahlaxiom besagt: Wenn wir mehrere Mengen haben, dann dürfen wir aus jeder Menge ein Element auswählen. Das ist, wie wenn ich in der Bäckerei stehe, eine Auswahl von Kuchen und Torten haben will und sage: Ich hätte gern ein Stück von allem.

Manon Bischoff, Mathe-Redakteurin bei Spektrum der Wissenschaft

Manon Bischoff, Mathe-Redakteurin bei Spektrum der WissenschaftFoto: privat

Die größte Debatte der Mathematik

Die neue Regel von Zermelo löst zwar ein großes Problem der Mengenlehre, aber sie hat auch zur Folge, dass paradoxe Situationen in der Mathematik auftauchen. Und das stößt vielen in der Mathematik übel auf. Obwohl Zermelo seine Lösung beweisen kann, spaltet sie die mathematische Community in zwei Lager. Auf der einen Seite wird er für seine geniale Entdeckung gefeiert und daraufhin an der Uni Göttingen zum Professor ernannt. Auf der anderen Seite wirft man ihm vor, dass sein Beweis nicht gültig sein könne. Hilbert, Herausgeber einer mathematischen Fachzeitschrift, lässt Zermelos Kritiker zu Wort kommen. Mit etwas zeitlichem Abstand reagiert Zermelo ausführlich auf die Zweifler — und nimmt in süffisantem Ton jede einzelne Kritik auseinander.

Was hat Zermelos Kritiker so sehr an der neuen Ordnungsregel gestört? Was sind die Folgen des Auswahlaxioms für die Mathematik und rein theoretisch für Rumkugeln? Und was ist der Grund dafür, dass Zermelo irgendwann die Lust verloren hat, mathematische Paper zu veröffentlichen? Das besprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.

„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.

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