John von Neumann: Mathe in allen Lebenslagen
Er ist vielleicht der umtriebigste Mathematiker aller Zeiten, mindestens jedoch des 20. Jahrhunderts: John von Neumann. In jedes mathematische Problem seiner Zeit steckt er seine Nase — und für so ziemlich alles, wo hinein er seine Nase steckt, findet er eine Lösung. Dabei sind seine Eltern zunächst dagegen, dass er Mathematiker wird. Erst als John von Neumann in Mathematik promoviert und kurz darauf bereits Arbeiten veröffentlicht, die international Anerkennung finden, akzeptieren seine Eltern schließlich seine Karriere in der Mathematik.
In den 1920er-Jahren verbringt von Neumann viel Zeit in Berlin — in der Uni, aber auch in Bars und Cafés. Er lernt die Arbeiten von Émile Borel kennen, einem französischen Mathematiker, der sich als Erstes mathematisch mit Spielen beschäftigt. Anhand von Poker schaut er sich oberflächlich an, wie Zufall und Geschicklichkeit das Spiel beeinflussen. Das inspiriert John von Neumann. Nicht nur diskutiert er mit Kollegen bis tief in die Nacht über Mathematik — er spielt auch viel Poker und versucht das Spiel mathematisch zu greifen. Im Jahr 1928 veröffentlicht er seinen Aufsatz „Zur Theorie der Gesellschaftsspiele“.
Es ist das Fundament seiner Spieltheorie. Er beschreibt, dass auch Spiele, die sich nicht mit rein rationaler Berechnung gewinnen lassen, auf mathematischen Strukturen basieren. Demian Nahuel Goos, Mathematiker
Foto: Chris Coe
Von der Poker-Idee zum Kriegswerkzeug
Im Jahr 1930 wird John von Neumann eine Gastprofessur an der Universität Princeton in den USA angeboten. In den USA lernt er den Ökonomen Oskar Morgenstern kennen. Morgenstern hatte von Neumanns Aufsatz gelesen und das Potenzial für die Ökonomie erkannt. Die beiden bündeln ihre Expertisen und es entsteht die Spieltheorie als ein mathematisches Modell aus ökonomischer Perspektive. Ihr gemeinsames Werk „Theory of Games and Economic Behavior“ erscheint 1944, als der Zweite Weltkrieg in vollem Gange ist.
Seit 1943 arbeitet John von Neumann im streng geheimen Manhattan-Projekt mit, einem militärischen Atomforschungsprojekt der USA. Das Ziel des Projekts ist es, eine Atombombe zu bauen, um gegen Deutschland und Japan gewappnet zu sein. Es gelingt dem Forschungsteam. John von Neumann schafft es unter anderem, Probleme bei der Entwicklung des Zünders mathematisch zu lösen.
Die USA arbeiten im Manhattan-Projekt mit Mathematikern zusammen, die bei der Entwicklung einer Bombardierungsstrategie helfen. Diese Strategie stützt sich auf den spieltheoretischen Ansatz von Oskar Morgenstern und John von Neumann. Manon Bischoff, Mathe-Redakteurin bei Spektrum der Wissenschaft
Foto: privat
Wie genau hat John von Neumann mithilfe der Spieltheorie abgewägt, welche Städte von Atombomben getroffen werden sollten? Was hat die Spieltheorie mit Sherlock Holmes zu tun? Und wie ist von Neumann eigentlich sonst so durchs Leben gegangen? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.
„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.