Michael Atiyah: Vorreiter und Vorbild
Sein ganzes Leben hat Michael Atiyah der Mathematik und später auch der Physik gewidmet. Obwohl er 1929 in London zur Welt kommt, wächst er als Sohn eines libanesischen Schriftstellers und Diplomaten im Sudan, im Libanon und in Ägypten auf und geht dort auch zur Schule. Er ist ein guter Schüler, vor allem im Mathe-Unterricht zeigt sich seine Begabung. Seine Eltern unterstützen ihn, sodass er 1949 an der renommierten Universität in Cambridge ein Mathe-Studium beginnen kann. Dort gehört er zu einer neuen Generation an Mathematikerinnen und Mathematikern: Statt sich mit den Grundlagen der Mathematik zu beschäftigen, wie etwa Georg Cantor, Ernst Zermelo und Kurt Gödel, will Michael Atiyah sich auf praktische Probleme konzentrieren — und ist sehr erfolgreich.
Mit 39 Jahren wird Michael Atiyah mit der Fields-Medaille geehrt, mit 54 Jahren wird er für seine herausragenden Beiträge zur Mathematik von Queen Elizabeth zum Ritter geschlagen und mit 65 Jahren wird ihm und seinem Kollegen Isadore Singer der Abelpreis verliehen. Atiyah gilt als einer der einflussreichsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts und ist gern gesehener Gast auf wissenschaftlichen Konferenzen. Im Jahr 2013 findet erstmals das Heidelberg Laureate Forum (HLF) statt, ein Networking-Event für Forschende aus der Mathematik und Informatik, das junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit älteren Kolleginnen und Kollegen, Preisträgerinnen und Preisträgern zusammenbringt. Michael Atiyah ist seit der ersten Ausgabe als Redner mit dabei — bis zu seinem Tod im Jahr 2019 insgesamt sechsmal. Er hat große Freude daran, mit jungen Mathematikerinnen und Mathematikern ins Gespräch zu kommen, ihre Forschung zu diskutieren, sie zu inspirieren und zu ermutigen.
Sein letzter Auftritt auf dem HLF im Jahr 2018 bleibt vielen besonders in Erinnerung, denn Atiyah macht im Vorfeld mit einer sensationellen Ankündigung von sich reden: Er werde einen „simplen Beweis“ für die Riemannsche Vermutung präsentieren, sagt er.
Im Vorfeld, während und im Nachgang des Vortrags entbrennt online eine Diskussion: Ist es dem 89-jährigen Mathematiker zuzutrauen, auf seine alten Tage eines der größten offenen Probleme der Mathematik zu lösen? Viele Menschen äußern sich skeptisch.
Brückenbauer zwischen Mathematik und Physik
Für Michael Atiyah ist Mathematik viel mehr als graue Theorie. Er will praktische Probleme lösen, über den Tellerrand hinausschauen, Verbindungen schaffen. Eine seiner größten Errungenschaften, die er gemeinsam mit dem amerikanischen Mathematiker Isadore Singer erarbeitet hat, ist das Atiyah-Singer-Indextheorem. Das Indextheorem hilft dabei, Differentialgleichungen zu lösen, die es zum Beispiel braucht, um in der Physik Bewegungen von Objekten zu beschreiben. So lässt sich mit Differentialgleichungen etwa bestimmen, wie viele Elektronen in einem Material beweglich sind, was wiederum Aufschluss darüber gibt, wie gut das Material Strom leitet.
Wie gelingt es diesmal, Donuts und Brezeln in die Podcast-Folge zu integrieren, um die Mathematik zu erklären? (Und warum eigentlich immer Gebäck? Wir wissen es nicht!) Wie geht der Vortrag von Atiyah auf dem Heidelberg Laureate Forum 2018 aus — und was sind die Reaktionen? Wie hat Manon den Vortrag vor Ort wahrgenommen und wie hat Demian den Mathematiker Michael Atiyah persönlich erlebt? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.
„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.