Die Deutschen lieben ihr Feuerwerk. Rund 197 Millionen Euro haben Menschen im vergangenen Jahr hierzulande für Feuerwerkskörper ausgegeben. Das neue Jahr mit Raketen und Böllern zu begrüßen, ist damit so beliebt wie nie zuvor. Seit Jahren steht das Böllern zum Jahreswechsel aber auch in der Kritik. Im vergangenen Jahr sind in der Silvesternacht in Deutschland fünf Menschen bei Unfällen mit Böllern gestorben. Viele andere verletzten sich im Gesicht, an den Händen erlitten Brandwunden oder Schäden am Gehör. Silvester in Deutschland bedeutet, dass Menschen zu Schaden kommen, dass Einsatzkräfte nicht nur ausrücken, sondern auch angegriffen werden, dass Tiere verschreckt und traumatisiert werden und dass am Neujahrsmorgen haufenweise Müll liegen bleibt. Für die Umwelt hat die Silvesterknallerei auch solche Folgen, die nicht unbedingt auf den ersten Blick zu sehen sind. So wird die Luft durch Schadstoffe stark belastet. Die Luftqualität leidet erheblich. Wie schädlich ist also Silvester in Deutschland? Das schauen wir uns heute an. Ich bin Clara Fröhlich. Schön, dass ihr den Klima-Podcast von detektor.fm hört: Mission Energiewende. Der detektor.fm-Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Kooperation mit Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter mit Solarlösungen, intelligenter E-Mobilität und 100 % Ökostrom. Mehrere tausend Tonnen Feinstaub werden jedes Jahr durch Feuerwerk freigesetzt. Der Großteil davon an Neujahr. Wieso ist Feinstaub so gefährlich und welche anderen Faktoren tragen zur Luftverschmutzung bei? Damit hat sich meine Kollegin Alina Metz beschäftigt. Hallo Alina. Hallo Clara. Wenn wir von Luftverschmutzung reden, was gehört denn da alles dazu? Als erstes denkt man da vermutlich an die Schadstoffe, die durch den Verkehr entstehen. Das sind vor allem Stickoxide, also Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2). Die entstehen vor allem durch Verbrennung in Motoren, Heizungen und so weiter und verursachen unter anderem Smog, sauren Regen und Bodenerosion. Neben den Stickoxiden trägt Feinstaub in vielen Regionen zur Luftverschmutzung bei. Jetzt zum Jahreswechsel ist Feinstaub eines der Themen der Stunde. Was genau ist Feinstaub eigentlich nochmal? Bei Feinstaub gibt es verschiedene Größenklassen, also PM10, PM2.5 und Ultrafeinstaub, das ist PM1. Unterschiedliche Größenklassen bedeuten dabei, dass wir unterschiedliche Größen der Partikel haben. Achim Dittler vom Karlsruher Institut für Technologie leitet dort am Institut für mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik die Arbeitsgruppe Gaspartikelsysteme und beschäftigt sich intensiv mit Luftverschmutzung bzw. Luftreinhaltung. Und er erklärt noch einmal die genauen Unterschiede und welche Feinstaubart für uns am problematischsten ist. Ultrafeine Partikel, also Partikel kleiner als 100 Nanometer Durchmesser, finden sich im Ultrafeinstaub wieder. Partikel in der Kategorie PM2.5 haben 50 % Abschreitegrad des aerodynamischen Partikeldurchmessers von 2.5 Mikrometer. Das ist eine gestellte oder schwierige Diskussion oder Erklärung. Und damit sind es die lungengängigen Partikel. Und die PM10, wo es etwas gröbere Partikel sind, also 50 % der Partikel der Größe 10 Mikrometer, werden dort in die Bewertung mit einbezogen. Das ist dann der einatmbare Staub. Am kritischsten ist natürlich der lungengängige Staub bzw. die Ultrafeinen, weil die Ultrafeinen Partikel natürlich ganz tief in den Körper eindringen können. Neben der Größe, also der Frage, ob ich die Partikel einatmen kann oder nicht, spielt aber natürlich auch die chemische Zusammensetzung eine wichtige Rolle. Besonders gefährlich ist dabei Ruß, an dem gesundheitsschädliche Substanzen hängen können und der übrigens Sonnenlicht absorbiert und somit die Umgebung aufheizt. Das Einführen von Dieselpartikelfiltern Anfang der 2000er Jahre hat immerhin schon mal einen entscheidenden Teil dazu beigetragen, Ruß aus der Atemluft wegzubekommen. Aber er wird dennoch nach wie vor freigesetzt und zwar durch das Verwenden von Holzöfen. Dementsprechend ist gerade in Wohngebieten in den Abend- und Nachtstunden oft eine ziemlich hohe Luftverschmutzung messbar, so Achim Dittler. Wenn man heute im Wohngebiet misst, hat man tagsüber um die Mittagszeit herum die beste Luftqualität und in den Abendstunden extreme Luftverschmutzung. Beste Luftqualität bedeutet, dass man möglichst wenig lungengängigen Feinstaub in der Luft hat und möglichst wenig Schadgase. Möglichst wenig lungengängiger Feinstaub heißt ein Niveau unter 5 Mikrogramm pro Kubikmeter an PM2.5. Das ist schon etwas, was auch die WHO im Jahresmittel sagt, ist ein sehr guter Wert und der sollte als Richtlinie auch angestellt werden. Wenn wir jetzt in Wohngebiete schauen und dort messen, dann messen wir lungengängigen Feinstaub, insbesondere in der Heizperiode, also im Winterhalbjahr, zum Teil mit sehr extremen Ausschlägen. Da können Sie dann dreistellige Werte der Belastung der Atemluft haben, also über 100 Mikrogramm pro Kubikmeter PM2.5 sind da keine Seltenheit, die aber nur phasenweise auftreten. Jetzt stellt sich mir natürlich die Frage, wie viel Feinstaub denn genau freigesetzt wird. Laut dem Umweltbundesamt sind es im Jahr 2023 nur, also in Anführungszeichen, nur noch rund 8000 Tonnen gewesen. Am Ende ist natürlich jede Tonne Feinstaub zu viel. Feinstaub, aber man muss fairerweise dazu sagen, dass die PM2.5-Emissionen in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 50 Prozent zurückgegangen sind. Und inwiefern sind Raketen, Böller oder andere Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel da das Problem? Die machen auf jeden Fall schon einen großen Teil aus. Also jährlich werden rund 2050 Tonnen Feinstaub freigesetzt durch Feuerwerk und rund 1700 Tonnen davon zum Jahreswechsel, so das Umweltbundesamt. Dieses Hoch der Werte für die Luftverschmutzung bestätigt auch Achim Dittler. Wie lang das Hoch dann anhält, ist übrigens vom Wetter abhängig. Wenn wir uns den Jahreswechsel letztes Jahr anschauen, dann erinnern wir uns vielleicht noch daran, dass wir da eine Inversionswetterlage hatten, zumindest in Süddeutschland. Und dass dort in Süddeutschland sich den ganzen Neujahrstag über extreme Feinstaubkonzentrationen in der Atemluft befunden haben. Und das ist erst hier in Baden-Württemberg so späte Vormittagsstunden abgeklungen, sodass dann der Tagesmittelwert am 1. Januar vergleichsweise hoch war. Das muss aber nicht immer so sein. Wenn sie gute Ausbreitungsbedingungen hatten, wie das Jahr davor, also der 1.1. 24, da war Wind. Und da ist das Feuerwerk sehr schnell verweht worden oder der Feinstaub des Feuerwerks sehr schnell verweht worden. Perfekte Ausbreitungsbedingungen, das konnten sie am Tagesmittelwert dann in der Nachkommastelle ablesen. Jetzt habe ich aber eben gesagt, dass Silvester nicht immer das Hauptproblem ist. Tatsächlich ist es nämlich so, dass manchmal andere äußere Bedingungen zu einem erhöhten Tagesmittelwert führen können. Wir hatten dieses Jahr im Februar auch eine sehr ausgeprägte Inversionswetterlage und da war mancherorts der Tagesmittelwert viel höher als am Neujahr, weil eben Schadstoffe sich akkumuliert haben, aber nicht durch ein sehr großes Feuerwerks-Event, sondern eben langsam ist die Konzentration angestiegen, dadurch dass der Luftmassenaustausch nicht stattfand. Und das ist etwas, was viele Menschen dann falsch einschätzen, weil viele Menschen denken, das Feuerwerk, das muss ja schlimm sein. Ist es auch, ja, und hat ja auch noch viele weitere Aspekte. Aber die Tage mit der höchsten Belastung der Atemluftmittelung gegen Feinstaub sind nicht unbedingt immer an Neujahr. Bitte widmet eure Aufmerksamkeit doch kurz unserem Werbepartner. Ihr wollt 100 % Ökostrom? Dann wechselt jetzt zu Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostrom-Anbieter. Hier bekommt ihr Ökostrom aus Sonne und Wind, intelligente E-Mobilität und Solaranlagen für günstigen Strom vom eigenen Dach. Jetzt hat Achim Dittler es eben kurz angesprochen: Feuerwerk hat natürlich noch viele andere negative Aspekte für Menschen, Tiere und die Umwelt. So enthalten die Raketen und Böller oft Stoffe wie Chlor, Kupfer und vieles mehr, die in Boden und Wasser gelangen können und für Tiere und Umweltsysteme toxisch sind. Dazu kommt, dass Feuerwerkskörper für tausende Tonnen Müll sorgen und natürlich einen aktiven Einfluss auf Haus- und Wildtiere haben. So werden Tiere aus dem Winterschlaf gerissen und verlassen ihre Verstecke und Plätze. Ein Böllerverbot würde all das verhindern bzw. stark reduzieren. Wenn wir nochmal auf die Feinstaubbelastung und die Luftverschmutzung zurückkommen: Welche Lösungsansätze gibt es denn da, um die Werte so niedrig wie möglich zu halten? Achim Dittler betont ebenfalls, dass der erste Schritt nun sein sollte, die Quelle zu vermeiden. Muss ich ein zentrales Feuerwerk haben? Muss ich da noch Feinstaub freisetzen? Kann ich da mit Drohnen-Shows irgendwas machen, was emissionsfrei ist? Also gibt es Alternativen? Es gibt ja ganz viele Aspekte, wo man eigentlich sagen müsste, das ist nicht mehr zeitgemäß. Aber sie sehen es: Trotz dieser vielfältigen Aspekte gelingt es uns als Gesellschaft nicht zu sagen, naja, wir verändern uns, wir lassen das einfach sein, weil es halt doch für viele dazugehört. Das ist ein gesellschaftlicher Konsens. Da müssen wir sagen, okay, das ist dann eben so. Ist so ein Verbot aber nicht umsetzbar, aus welchen Gründen auch immer, bzw. lässt sich die Quelle eben nicht komplett vermeiden, dann ist es wichtig, diese zu reduzieren, sagt der Forscher. Das sei zum Beispiel in Wohngebieten möglich und das auch nicht nur aufs Jahresende bezogen. Das heißt ganz konkret: Neubaugebiete ohne Holzheizung gestalten, grillen draußen am besten mit Gas- oder Elektrogrill. Hat keiner ein Problem damit, wenn es anfängt mit Feststoffverbrennung oder so. Smoker und so Dinge, die sind natürlich in dicht besiedelten Wohngebieten problematisch. Aber auch dort kann man sagen, wenn man grillen möchte, grillt man halt mit Gasgrill oder Elektrogrill. Da hat keiner ein Problem damit. Das würde aber eine Verhaltensänderung bedingen oder voraussetzen, die man so heute in der Gesellschaft noch nicht durchgängig so sehen kann. Jetzt hast du vorhin gesagt, dass die Feinstaubbelastung in den vergangenen Jahren immer mehr zurückgegangen ist. Wird dieser Trend auch in Zukunft weitergehen? Wahrscheinlich schon. Also das Positive zuerst: Die Jahresmittelwerte sind sowohl für Feinstaub als auch für Stickstoffdioxid erstmals im Einklang mit den Vorgaben gesetzlicher Art. Im vergangenen Jahr wurden also erstmals deutschlandweit alle Luftschadstoff-Emissionsgrenzwerte eingehalten. Im Verkehrssektor gehen die Werte durch zusätzliche Vorgaben weiter zurück und auch die Holzofensituation hält sich in Grenzen, da die Belastung ja nur phasenweise ist. Wenn wir jetzt aber einmal in die Zukunft schauen, da gibt es schon konkrete Ziele. Und zwar will die EU ab 2030 die Luftqualitätsstandards ändern und neue Ziel- bzw. Grenzwerte definieren. Was auf den ersten Blick gut klingt, ist dem Experten des Karlsruher Instituts für Technologie zufolge jedoch nicht ausreichend. Zum einen bei lungengängigem Feinstaub wird die EU den Jahresmittelwert von heute 25 Mikrogramm pro Kubikmeter auf 10 absenken. Jetzt denken viele, das ist ja mehr als halbiert und das ist ja total toll. Aber letztlich, wenn sie sich die Daten anschauen, ist es nichts anderes als die Abbildung des heutigen Status Quo. Also wenn sie den Menschen mal klar machen, sie sind heute schon dort, wo sie eigentlich 2030 erst sein wollen und sie sind auf der alten WHO-Empfehlung, dann ist es bezüglich des lungengängigen Feinstaubs Augenwischerei, was da betrieben wird. Wenn man sich hingegen die Stickstoffdioxidbelastung anschaut, dann gibt es dort mehr Einsparpotenzial. Der Jahresmittelwert soll ebenfalls halbiert werden. Das ist in manchen Gegenden ebenfalls schon der Fall, vor allem aber an großen Verkehrsknoten noch nicht. Und wichtig ist dabei zu betonen: Nur weil wir in Deutschland die Ziele aktuell erreichen und die Grenzwerte einhalten, ist es nicht in allen EU-Ländern so. Dementsprechend ist es auf EU-Ebene sinnvoll, diese Werte zu setzen. Für Deutschland würde sich Achim Dittler jedoch strengere Maßnahmen wünschen. Wie steht es in Deutschland um die Feinstaubbelastung und Luftverschmutzung allgemein? Und wie viel macht Silvester wirklich aus? Das hat Achim Dittler vom Karlsruher Institut für Technologie beantwortet. Der Professor leitet dort am Institut für mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik die Arbeitsgruppe Gaspartikelsysteme und beschäftigt sich intensiv mit Luftreinhaltung. Ich danke dir für die Recherche und das Gespräch, Alina. Gerne. Und damit verabschieden wir uns von euch für dieses Jahr. Keine Sorge, im neuen Jahr sind wir natürlich auch wieder für euch am Start. Dann updatet euch wie gewohnt Ina Lebedjew bei Mission Energiewende. Wenn euch gefällt, was wir hier machen, dann abonniert diesen Podcast gerne auf der Plattform eurer Wahl und empfehlt uns weiter. Das hilft uns sehr. Die Produktion für diese Folge hatte Tim Schmutzler. Vielen Dank dafür. Die Redaktion lag bei Ina Lebedjew, die Moderation kam heute ausnahmsweise von mir, Clara Fröhlich. Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr und dass ihr entspannt und gesund durchkommt und sage Ciao. Mission Energiewende. Der detektor.fm-Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Kooperation mit Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter mit Solarlösungen, intelligenter E-Mobilität und 100 % Ökostrom.