Spektrum Podcast live! Das gab es neulich, Mitte September, beim Beats and Bones Podcast Festival. Da sind wir zusammen mit vielen anderen Kolleginnen und Kollegen von anderen Wissenschaftspodcasts live auf der Bühne im Berliner Naturkundemuseum gewesen, zwischen diesen Saurier-Skeletten, vor vielen hundert Menschen im Publikum. Und unser Thema an dem Abend war die geheimnisvolle dunkle Energie – vielleicht das größte Rätsel des gesamten Weltalls. Und daran wollen wir euch natürlich auch teilhaben lassen. Diesmal also beim Spektrum Podcast in dieser Woche der Live-Mitschnitt vom Beats and Bones Podcast Festival. Mein Name ist Max Zimmer. Schön, dass ihr dabei seid. Spektrum der Wissenschaft – der Podcast von detektor.fm. Schön, dass ihr alle so zahlreich da seid in diesem unglaublichen Saal. Wir sind ganz froh, dass wir in dieser Kulisse mit euch und für euch sprechen können. Mein Name ist Max Zimmer, ich hoste den Spektrum Podcast und neben mir ist einer, der sehr, sehr oft zu Gast ist. Und meistens, wenn er zu Gast ist, ist das Weltall nicht weit. Und ja, Mike Zeitz hier! Noch mal Applaus vielleicht für Mike. Danke, danke! So, und Mike hat eine Eigenschaft, treue Hörerinnen und Hörer werden es wissen: Er hat oft passende Socken zum Thema an. Und ich würde gerne mit der Frage einsteigen: Mike, ist das heute auch so? Natürlich! Heute habe ich Socken an, auf denen Sterne und Galaxien zu sehen sind, weil es um die ganz großen Strukturen im Weltall geht. Um die geht es! Wer den Timetable so ein bisschen studiert hat, wird es vielleicht gesehen haben: Wir haben 20 Minuten, und da haben wir uns gedacht: 20 Minuten? Okay, dann gehen wir direkt an das allergrößte Rätsel des Universums ran. Das kann man 20 Minuten easy abhandeln. Wir wollen über etwas sprechen, was das Universum ausmacht, was es prägt, was unser Verständnis davon prägt, nämlich die sogenannte dunkle Energie. Und um vielleicht zu verstehen, was das ist, müssen wir ganz vorne anfangen, in diesem Fall wörtlich, nämlich beim Urknall. Mike, was muss man denn über den Urknall wissen, um zu verstehen, worüber wir heute reden? Ja, der Urknall war ja der Beginn von Raum und Zeit überhaupt, vor 13,8 Milliarden Jahren, also ein ganzes Stück schon her. Und beim Urknall war die gesamte Energie des Universums auf einen winzigen Punkt konzentriert. Und dieser Punkt ist explodiert. Aus der ganzen Energie wurde langsam Materie, kleine Inhomogenitäten, die dann später zu Gaswolken wurden, zu Sternen, zu Galaxien, die wir heute beobachten. Und diese Entwicklung, die wurde so vor 100 Jahren etwa entdeckt von Edwin Hubble. Galaxien fliegen irgendwie immer noch alle voneinander weg. Das liegt daran, dass dieser Schwung vom Urknall immer noch in den Galaxien quasi steckt. Und damals hat man sich gefragt: Gut, alles zieht sich ja gegenseitig an. Durch die Massenanziehung müsste sich dieser Schwung dann nicht irgendwie ausbremsen? Das hat man untersucht. Müsste sich das nicht alles irgendwie verlangsamen, diese Ausdehnung? Und hat das genaue Gegenteil gefunden. Das war völlig überraschend. Keiner hatte eine Erklärung. Aber deswegen sitzen wir heute hier. Die dunkle Energie, das ist diese Kraft, die dahinter steckt. Ja, genau. Also man muss vielleicht noch mal sagen, man weiß schon lange, dass das Universum sich immer weiter ausdehnt, aber dass es das auch immer schneller tut, das weiß man erst so seit den 1990er Jahren. Und Mike, vielleicht kannst du noch mal erklären, warum das auch eine Revolution war, das rauszufinden. Also in den 1990er Jahren hat man sich Supernovae angeguckt. Supernova, das sind explodierende Sterne. Und man hat spezielle Supernovae angeschaut, die immer mit der gleichen Helligkeit explodieren. Und wenn man so eine Supernova in einer fernen Galaxie hat, dann weiß man genau, die explodiert absolut gesehen so hell und dann kann man auf die Distanz schließen. Und damals war die Technik dann endlich so weit, dass man das machen konnte bei sehr, sehr fernen Galaxien. Und dann wollte man vermessen, wie diese Expansion sich langsam verlangsamt im Laufe der Zeit, im Laufe der Entfernung. Und man hat eben das Gegenteil rausgefunden und niemand hat irgendeine Erklärung dafür gehabt. Also man hat das Gegenteil entdeckt: Alles fliegt immer schneller voneinander weg. Und die große Revolution war eben, dass das niemand so richtig auf dem Plan hatte. Also wir sehen diesen Effekt, aber wir können ihn überhaupt nicht erklären. Und das ist jetzt seit einem guten Vierteljahrhundert so. Und schauen wir mal, ob sich das ändert. Und also hinter diesem Phänomen soll diese dunkle Energie stecken. Erst mal vom Wording her: Markenname, kommunikationstechnisch Supername, Meganame, dunkle Energie. Warum heißt die so und was glaubt man, verbirgt sich dahinter? Ganz kreativ! Sie heißt so, weil man nicht weiß, was es ist. Also dunkel steht für das, was wir nicht wissen. Und was dahinter steckt? Ja, man hat so diverse Theorien. Es könnte irgendwie so eine Energie des leeren Raums sein, die als Kraft auf alles wirkt, was im leeren Raum sich befindet. Man weiß es aber wirklich nicht. Also wir messen die Auswirkung. Wir sehen, da ist irgendwas, wir wissen aber nicht, was es ist. Und wir haben nicht mal eine ordentliche Erklärung, was es eigentlich sein könnte, weil jede theoretische Herleitung funktioniert alles irgendwie nicht. Und trotzdem ist es aber, wie so oft in der Kosmologie auch so: Wir arbeiten trotzdem damit, obwohl wir eigentlich keine Ahnung haben, was es so richtig sein soll. Ja. Und man muss auch sagen, überraschenderweise funktioniert es mathematisch total gut. Also in unser mathematisches Konzept vom Weltall passt die dunkle Energie relativ gut rein. Und da muss ich jetzt mal einen kleinen Ausflug in die allgemeine Relativitätstheorie machen. Es ist gar nicht so kompliziert. Also du hast in der Relativitätstheorie, die Einstein damals aufgestellt hat, auf der einen Seite hast du Massen und Energie und auf der anderen Seite hast du die Raumzeit, die Struktur, das Gefüge von Raum und Zeit. Und die Relativitätstheorie verknüpft die beiden und sagt: Masse und Energie, die verkrümmen die Raumzeit. Und umgekehrt, die verkrümmte Raumzeit schreibt Masse und Energie quasi vor, wie die sich verhalten sollen. Und das kannst du hier im Sonnensystem machen, überall wo du Massen hast. Das kannst du aber auch für das ganze Universum machen. Das heißt, du kannst mit der Relativitätstheorie wunderbare Kosmologie betreiben. Und das hat Einstein damals auch schon gemacht. Und Einstein war Anhänger eines statischen Universums. Damals, das war noch bevor man den Urknall entdeckt hat, dachte man, das Universum ist unveränderlich. Und um dieses Gleichgewicht zwischen Masse, Energie und Raumzeitkrümmung auszutarieren, hat Einstein eine kosmologische Konstante eingeführt. Damit konnte er das im Gleichgewicht halten, dass das Universum sich nicht weiter ausgedehnt hat. War Unsinn, wie wir dann mit dem Urknall wussten. Aber diese kosmologische Konstante nimmt man jetzt heran, um die dunkle Energie da einzufügen. Und das funktioniert wunderbar. Also mathematisch gesehen haben wir keine Probleme mit der dunklen Energie. Aber physikalisch halt: Wir haben nur sehr, sehr vage Erklärungsansätze. Wir wissen nicht, was die dunkle Energie ist. Und das Problem ist auch: Wir können sie nicht wirklich messen. Also wir können nicht irgendwie in einem Teilchenbeschleuniger Teilchen der dunklen Energie finden. Wir können kein Laborexperiment machen. Wir können nur irgendwo ins Universum schauen und hoffen, dass wir da Hinweise darüber finden, wie die dunkle Energie sich verhält, wie sie sich auf die Galaxien auswirkt, auf die Strukturen im Universum, die die Galaxien bilden. Man kann bis zurück zum Nachhall des Urknalls, zum Nachleuchten im kosmischen Mikrowellenhintergrund schauen und in diesen Strukturen versuchen, irgendwas zu erkennen, wie die dunkle Energie da gewirkt hat. Und das ist das große Projekt der modernen Kosmologie, dass man da so ein bisschen vermisst und schaut: Ja, wie können wir da auf die dunkle Energie zurückschließen? Man führt das dann in Computersimulationen ein, kann aus den Computersimulationen dann so einen Wert für die kosmologische Konstante rausholen. Das funktioniert alles irgendwie ganz gut, aber es ändert leider nichts daran, dass wir überhaupt nicht wissen, was dunkle Energie ist, dass wir das überhaupt nicht begreifen können. Also nur Zwischenfazit: Wir müssen festhalten, die sollte da sein. Es würde Sinn ergeben, wenn sie da ist. Aber wir wissen weder wie sie aussieht, noch können wir sie messen. Genau, wir sehen nur die Auswirkungen. Wir sehen nur die Auswirkungen, das ist wichtig. Und weil wir diese Auswirkungen sehen, arbeiten wir eben damit, wie wir gerade gehört haben. Und jetzt, das ist auch der Anlass, warum wir heute nochmal über dieses Thema sprechen wollen: Gibt es so erste Stimmen, die sagen: Leute, vielleicht ist das ein Trugbild. Vielleicht ist das gar nicht so. Vielleicht sind wir, wenn man so will, kosmischen Illusionen auf den Leim gegangen die ganzen letzten Jahre. Und ja, Mike, erst mal: Was sind deren Argumente? Wie kommen die Leute darauf? Und wie kam es überhaupt dazu, dass sich jetzt solche Stimmen mehren? Also ich habe ja gerade erzählt, es gibt sehr, sehr viele Beobachtungen, die zu dieser dunklen Energie passen, wo man auch Modelle entwickeln kann, dass das alles irgendwie sich zusammenfügt. Aber es gibt auch einige Beobachtungen und jetzt auch gerade aus den letzten Jahren, die nicht mehr so richtig gut dazu passen. Also es gibt zwei große Punkte, wo die Kosmologie keine Ahnung hat, wo diese Unklarheiten herkommen. Das erste, das ist die sogenannte Hubble-Spannung. Also man kann eine Hubble-Konstante berechnen, die hat schon damals Edwin Hubble vor 100 Jahren so ähnlich berechnet. Man guckt einfach, wie fliegen die Galaxien von uns weg? Wie beschleunigt sich das? Und kann das im nahen und fernen Universum gucken, wie da diese Expansionsrate ist. Und diese Expansionsrate, wenn man sie im nahen Universum berechnet, ist eine andere als wenn man sie im fernen Universum sieht. Und eigentlich sollte die Wirkung der dunklen Energie, wenn es eine Konstante ist, ja überall gleich sein. Und diese Hubble-Spannung, die lässt sich nicht so richtig auflösen. Im Gegenteil: Je genauer man misst, desto klarer scheint sie zu sein. Also irgendwie scheint da was komisch zu sein bei dem, was in den kosmischen Strukturen sich versteckt. Das ist das eine. Das andere, der zweite Grund, warum es vielleicht keine dunkle Energie geben könnte, ist noch ein viel fundamentalerer. Das Universum ist klumpig. Also um es ein bisschen wissenschaftlicher auszudrücken: Wir haben Grundannahmen für das Universum, für die Kosmologie. Wir haben ein kosmologisches Prinzip. Und das sagt: Das Universum ist einerseits homogen und andererseits isotrop. Das bedeutet: Egal, wo ich mich im Universum hinstelle, egal in welche Richtung ich gucke, ich sehe mehr oder weniger immer das Gleiche. Also alles ist irgendwie homogen und die Richtung macht keinen Unterschied. Man kann es ein bisschen mit einem Kuchenteig vergleichen. Man hat verschiedene Zutaten im Universum: Man hat Zucker, Salz, Mehl, mischt das alles zusammen, rührt gut durch. Und wenn man das macht, dann kann man die Einstein-Gleichung stark vereinfachen. Weil normalerweise müsstest du ja jede einzelne Masse im Weltraum dir angucken, wie die die Raumzeit verkrümmt. Wenn du das alles gut durchrührst, dann hast du quasi so eine Flüssigkeit und die kannst du dann viel einfacher beschreiben. Da gibt es dann Friedmann-Gleichungen, heißen die. Und damit kann man dann wunderbar Kosmologie machen. Das ist das kosmologische Prinzip: Das Weltall ist nicht klumpig. Das Problem ist, man findet solche Klumpen inzwischen. Also es gibt immer bessere Durchmusterungskampagnen. Man macht Bilder von großen Strukturen im Weltall und man sieht in diesen Strukturen, da sind Klumpen drin, die wir nicht erklären können. Also über Milliarden von Lichtjahren spannen sich Bögen von Galaxien, die rein statistisch da nicht sein sollten. Und jetzt kann man sagen: Okay, es gibt ja auch Leute, die im Lotto gewinnen. Also Statistik ist immer so eine Sache, aber man kann Computersimulationen machen und gucken: Wie oft kommt so was vor? Und es kommt irgendwie nicht häufig genug vor, dass man diese ganzen Beobachtungen, die man macht, damit erklären könnte. Und wenn diese Grundannahmen der Kosmologie schon falsch sind, dann könnte eben auch die dunkle Energie, die auf diesen Grundannahmen basiert, ein Scheineffekt sein, könnte gar nicht existieren. Und das ist ein großes Problem. Ja, man muss das vielleicht auch nochmal verdeutlichen. Also wenn man jetzt sagt, man arbeitet seit mehr als 25 Jahren mit dieser dunklen Energie und die würde es jetzt plötzlich einfach nicht geben, können wir gleich auch nochmal ein bisschen drauf eingehen. Das würde einem wirklich oder vielen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten und forschen, den Boden unter den Füßen wegziehen. Da können wir gleich nochmal ein bisschen drauf eingehen. Jetzt mal angenommen, das war alles falsch und es gibt die dunkle Energie nicht. Welche alternativen Erklärungen gibt es denn für diese Sachen, die wir ja offensichtlich wahrnehmen? Es gibt zum Glück jede Menge alternative Erklärungen. Die Frage ist, welche stimmt? Also ich persönlich finde eine ganz cool. Die nennt sich Timescape-Modell. Timescape, das kommt vom Begriff der Landscape, also analog zu einer Landschaft. Haben wir eine Landschaft in der Zeit. Mit Timescape eine Landschaft in der Zeit. Das entsteht dadurch, dass Massen sich gegenseitig anziehen im Universum. Und das sorgt dafür, dass im Lauf der kosmologischen Entwicklung die Galaxien alle sich zu Filamenten, nennt man das, zusammenballen. Das ist so ein kleines Netzwerk aus Galaxien, was überall durchs Universum sich spannt. Und zwischen diesen Fäden, diesen Filamenten des Netzwerks, sind große Hohlräume, Voids nennt man die. Und Timescape sagt jetzt: Entlang dieser Landschaft der Filamente verhält sich die Zeit anders als in diesen Hohlräumen. Und jetzt muss ich nochmal auf die allgemeine Relativitätstheorie kommen. Einstein hat ja gesagt: Zeit ist relativ. Und das bedeutet: In der Nähe von großen Massen vergeht Zeit langsamer, als wenn du keine Gravitation um dich herum hast. Und das heißt: In diesen Filamenten vergeht die Zeit langsamer und in den Voids, in den großen Hohlräumen dazwischen, vergeht sie viel schneller. Und wenn du jetzt von uns aus, wo die Zeit langsam vergeht, auf eine ferne Galaxie guckst, dann siehst du diese ferne Galaxie mit einer unglaublichen Beschleunigung. Aber vielleicht siehst du auch einfach nur, dass in dem Raum dazwischen enorm viel Zeit vergangen ist. Viel mehr Zeit, als du eigentlich dachtest. Deswegen hältst du das Ganze, diesen Effekt, für eine Beschleunigung. Aber tatsächlich ist das einfach nur eine schneller vergangene Zeit, die durch die Inhomogenität im Kosmos kommt und nicht irgendeine komische dunkle Energie. Das ist ein Modell, das wurde so 2007, glaube ich, das erste Mal vorgeschlagen. Und jetzt zuletzt, mit neueren Messkampagnen, gab es da wieder ein bisschen Wirbel drum, weil diese neueren Messkampagnen dieses Modell so ein bisschen zu stützen scheinen. Aber das ist eben nur ein Modell von sehr, sehr vielen. Aber also Nachfrage dazu: Welche Probleme löst das dann? Probleme, die wir mit der dunklen Energie zum Beispiel haben? Naja, ein Problem, was es lösen kann, ist, dass es in verschiedenen Regionen des Kosmos verschiedene Ausdehnungen gibt. Einfach, weil in verschiedenen Regionen ja auch die Zeit anders verläuft. Und zum anderen wird es das Problem der dunklen Energie lösen. Die bräuchten wir gar nicht mehr, wenn das so stimmt. Wenn das so stimmt. Okay, also das Timescape-Modell, ein Modell einer Landschaft in der Zeit, wenn man so will, ist eine alternative Erklärung. Und du hast gesagt, es gibt noch andere. Jede Menge andere. Also ein großer Zoo von anderen Möglichkeiten wäre, dass wir gar nicht richtig verstehen, wie die Schwerkraft eigentlich funktioniert. Also es könnte ja sein, dass Einsteins Gleichungen, wie sich Masse, Energie und Raumzeit gegenseitig beeinflussen, dass die davon abhängen, auf welchen Skalen man guckt. Also dass es noch irgendwie was Kleines gibt, was in die Gravitation reinwirkt, was wir aber hier auf der Erde so mit unseren Experimenten nicht messen können. Und da gibt es sehr, sehr viele alternative Schwerkrafttheorien. Ist natürlich extrem schwer, das zu beweisen. Viele wurden schon ausgeschlossen, aber es gibt eben auch noch viele, die irgendwie noch eine Rolle spielen. Und es gibt auch ganz wilde Theorien mit irgendwelchen Extradimensionen. Da spielt dann die Stringtheorie rein. Also das ist ein total wilder Zoo von alternativen Theorien. Und da muss man halt gucken, welche passt am besten zu den Daten und welche kann gegen das Standardmodell. Und das muss ich nochmal betonen: Die meisten Daten sprechen für das Standardmodell. Welches dieser Alternativmodelle kann dagegen bestehen? Aber alle Sachen, die du jetzt gerade noch so erwähnt hast, das sind jetzt nicht irgendwelche verrückten Dinge, die ein Forscher oder eine Forscherin in irgendeinem abgelegenen Labor irgendwo in Hintertutzingen macht. Manchmal schon. Manchmal schon, okay. Aber in den meisten Fällen sind das tatsächlich wirklich seriöse Annahmen. Also es gibt auch Crackpot- Theorien, irgendwelche seltsamen Sachen. Davon gibt es hunderttausende, die kriege ich jede Woche ins Postfach. Aber die allermeisten, die ich so nenne, das sind tatsächlich seriöse Annahmen. Also wir haben die dunkle Energie, die uns lange geholfen hat, bestimmte Sachen zu erklären, aber wir haben sie auch nicht richtig verstanden. Und wir haben jetzt alternative Ansätze genannt. Was machen wir denn jetzt? Also wie können wir dieses Rätsel lösen? Ganz einfache Antwort: Wir messen, messen, messen! Das machen Physiker total gern. Und wir gucken im Weltraum. Das Weltall ist verdammt groß. Also wir haben hunderte Milliarden Galaxien im beobachtbaren Universum. Das ist eine irrsinnige Zahl. Also ich verdeutliche mir das häufig mit dem Bild von einem Stecknadelkopf. Du nimmst einen Stecknadelkopf, so ein paar Millimeter groß, hältst den auf Armlänge. Und auf der Fläche dieses Stecknadelkopfes, wenn du in den Himmel guckst, sind tausende Galaxien. So, und dann hast du eine Menge Arbeit, wenn du versuchst, das gesamte Universum um uns herum zu kartieren und zu gucken, welche Galaxie ist in welchem Abstand von uns und wie kann man die Entwicklung des Kosmos anhand dieser 3D-Karte des Universums nachvollziehen. Das ist verdammt viel Arbeit. Aber da gibt es tatsächlich schon einige Projekte. Also in den letzten Jahren sind da gerade ein paar große Teleskope ans Netz gegangen, auf dem Erdboden, im Weltraum. Also es gibt eins, das läuft schon seit 2021: DESI, nennt sich das Dark Energy Spectroscopic Instrument. Also es macht spektroskopische Aufnahmen von Galaxien. Und anhand von denen kannst du gucken: Wie bewegt sich so eine Galaxie im Universum? Wo ist die und wie bewegt die sich relativ zu anderen? Und die haben immerhin das Ziel, 35 Millionen Galaxien abzubilden. Das ist schon eine ganze Menge. Und die sind jetzt gerade so in der Hälfte ihrer Messzeit. Also da kommt noch ein bisschen was. Und dann gibt es noch ein Weltraumteleskop von der Europäischen Weltraumagentur, Euclid, nennt sich das. Das ist jetzt vorletztes Jahr gestartet und das soll eine Milliarde Galaxien abbilden. Und das hat auch das erklärte Ziel, dieses Weltraumteleskops, die Mission, dass man die dunkle Energie genauer vermisst. Dann hätten wir schon mal eine Milliarde Galaxien. Und jetzt ist gerade dieses Jahr das Vera Rubin Observatorium in Chile ans Netz gegangen und das nimmt jetzt gerade die ersten Bilder auf. Und das soll in zehn Jahren 20 Milliarden Galaxien verfolgen. Also es gibt einige große Messkampagnen. Und wenn die NASA ihre Budgetprobleme bewältigt, bekommt, startet in zwei Jahren vielleicht auch noch mal ein anderes Teleskop, ähnlich wie das Euclid, was dann auch noch mal eine Milliarde aufnimmt. Also es gibt Messkampagnen und die messen jetzt so bis Jahrzehntes Ende, also so bis Ende 2030 tragen die ihre Daten zusammen. Und dann haben wir hoffentlich einige Dutzend Milliarden Galaxien in unserer 3D-Karte des Kosmos und können anhand dieser 3D-Karte nachvollziehen, wie die dunkle Energie sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. Und vielleicht lernen wir dann entweder: Es gibt die dunkle Energie nicht oder wir finden irgendwie raus, was es ist, wenn wir genauer sehen, wie sie sich auswirkt. Also wir sind einer Lösung zumindest auf der Spur. Und den Zeitraum, den du gerade genannt hast, jetzt irgendwie noch mal 20, 25 Jahre, ist ja in kosmischen Sphären auch wirklich kurz. Von daher bewegen wir uns irgendwie möglicherweise auf eine Antwort zu. Kann natürlich auch sein, dass wir noch mal was ganz anderes rausfinden. Ja, die dunkle Energie gibt es jetzt erst so in unserer Vorstellung seit 25 Jahren und da kann man auch mal zehn Jahre warten auf eine Lösung. Absolut, Mike. Ich würde dich gerne zum Abschluss noch kurz fragen, weil vielleicht der eine oder die andere sich auch ein bisschen gefragt hat: Was hat das mit mir zu tun? Welche Konsequenzen hätte es denn, wenn es die dunkle Energie gar nicht gibt? Also warum ist dieses Thema nicht nur für Forschende spannend, sondern eben auch für unser aller Verständnis von der Welt, wenn man so will? Also zum einen geht es natürlich um die Zukunft des Universums. Das ist ja schon mal für viele recht interessant. Also wir werden das Ende des Universums wahrscheinlich nicht mehr miterleben, hoffentlich. Aber es ist ja schon mal ein Wert an sich, dass wir wissen, wie das Universum funktioniert. Aber es geht ja auch darum, dass wir mit Hinweisen auf die dunkle Energie oder darauf, dass es sie vielleicht nicht gibt, auch Lücken in unseren generellen physikalischen Theorien aufdecken könnten. Also wenn die Schwerkraft anders funktioniert, als wir das dachten, dann kann es ja auch sein, dass beispielsweise so eine Quantengravitation, um noch mal ein Stichwort einzuwerfen – also das ist ja eines der größten Projekte der modernen Physik – die Gravitation, die Schwerkraft, deren Gesetze, die auf großen Skalen wirken, mit der Quantenmechanik, mit dem ganz, ganz Kleinen, zu vereinen. Und wenn die Schwerkraft anders funktioniert, als wir das denken, dann könnte der Weg zu einer Quantengravitation auch ein ganz anderer sein, als wir das denken. Vielleicht wird er dadurch erst eröffnet, wenn wir herausfinden, was die dunkle Energie ist oder dass es sie eben nicht gibt. Also so auch ganz fundamentale physikalische Fragen jenseits der Kosmologie können wir durch so ein besseres Weltmodell schon besser beantworten. Noch mal: Bisher sind diese ganzen Alternativen sehr, sehr spekulativ, aber das ist letztlich eine Win- Win-Situation. Also diese Außenseitertheorien, wenn man die ernst nimmt, dann kriegen wir entweder eine Revolution, in dem sich eine bestätigt, oder wir bestätigen unser bisheriges Weltmodell. Und das ist ja auch schon ein Wert an sich. Also letztlich: Die dunkle Energie macht zwei Drittel der gesamten Energie des Universums aus. Und ich bin ja als Wissenschaftler so auf dem Standpunkt: Je mehr wir von etwas wissen, desto schöner ist die Sache hinterher. Also wenn wir etwas verstehen und es mit dem Wissen angucken, darüber, wie es funktioniert, dann ist es doch irgendwie schöner, vielfältiger. Und wir verstehen zwei Drittel der Energie des Universums nicht. Und wenn wir die jetzt verstehen, dann ist die Welt doch gleich ein ganzes Stück schöner. Absolut! Das würde ich auch als schönes Schlusswort nehmen. Je mehr wir von etwas wissen, desto schöner ist es. Danke an euch alle für die Aufmerksamkeit, dass ihr da wart. Und wir würden euch gerne noch an zwei Kollegen und Kolleginnen von uns weiterleiten, nämlich später um 22 Uhr 05 im Veranstaltungssaal, der andere Podcast von Spektrum der Wissenschaft, nämlich die großen Fragen der Wissenschaft. Das sind unsere Kollegen Katharina Menne und Carsten Könnecker. Und die unterhalten sich mit einer Informatikerin über die Frage, ob KI uns irgendwann alle überflügeln wird. Also ganz anderes Thema, aber auch super spannend. Geht da gerne hin. Und ja, von uns beim Spektrum Podcast glaube ich, war es das für heute. Vielen, vielen Dank, Maik. Danke dir und danke euch allen und danke dem Team. Schönen Abend euch allen. Vielen Dank! Spektrum der Wissenschaft – der Podcast von detektor.fm.