Hier ist der Antritt der Fahrrad Podcast auf detektor.fm mit der 4. September Ausgabe 2025. Mein Name ist Gerolf Meyer und ich begrüße euch zu dieser Ausgabe. Am Anfang möchte ich euch danken für euer Feedback. Da ist einiges gekommen und das freut uns sehr. Mich freut, dass das Bild vom Westfalenstadion für einige ganz gut funktioniert. Mich freut, dass auch die kleinen Pyrenäengeschichten ganz gut anzukommen scheinen. Und mich freut auch, wenn wir technische Hinweise bekommen. Zum Beispiel von Sebastian, der uns noch mal geschrieben hat zum Ladestrom am Rad, über den wir ja gesprochen haben, anhand dieser beiden neuen Gravel Bikes, die da von den großen Versendern erschienen sind und die die Ladeinfrastruktur integriert haben. Sebastian weist darauf hin, dass man grundsätzlich ein Handy nicht an einem Nabendynamo laden kann, weil der einen Wechselstrom erzeugt und das Handy, das braucht einen Gleichstrom. Und bei der Spannung gibt es auch noch Unterschiede. Man braucht also zwingend diesen Umwandler und idealerweise ist das ein Pufferakku. Und damit hat er natürlich ganz recht. Und falls das nicht klar geworden ist, will ich das hier nochmal nachreichen. Sebastian nutzt übrigens einen Forums- Lader, also so ein externes Ladegerät, seit acht Jahren und er findet, das ist ein Vorteil. Das kann natürlich auch sein, dass man sagt, ich will das gar nicht alles in meinem Rad integriert haben. Jetzt hat man halt die Auswahl. Und Auswahl habe ich natürlich auch, wenn ich mir hier überlege, wie ich in so ein Thema einsteige, wie ich in einen Podcast einsteige. Und auch wenn es naheliegt, an meinem eigenen Erleben, will ich nicht noch mit der nächsten Pyrenäen-Geschichte um die Ecke kommen. Aber ich will euch mitnehmen auf eine andere Reise, auf eine andere Fahrt aus dem Jahr 2012. Und die zählt sicher zu meinen eindrücklichsten Erlebnissen, die ich so bisher auf dem Rad gehabt habe. Denn 2012 bin ich mit demselben Rad, mit dem ich auch über die Pyrenäen gefahren bin, neulich die amerikanische Westküste runter gesegelt. Und ich bin dabei immer wieder ins küstennahe Gebirge abgebogen, in die sogenannten Cascades. Ich bin in Vancouver gestartet, also noch in Kanada, bin dann über die Grenze in die USA bis Seattle noch relativ küstennah gefahren. Aber dort habe ich es dann wissen wollen und ich habe mir den Baby Shoe Pass vorgenommen. Der Baby Shoe Pass liegt auf 1321 Meter Höhe. Und auf der Fahrt dorthin und dorthinunter ist mir bewusst geworden, wie anders diese Landschaft und diese Infrastruktur dort ausgeprägt sind, gesehen durch meine europäische Brille. Denn diese Auffahrt auf dem Baby Shoe Pass beginnt in einem kleinen Ort namens Randall und sie führt dann über 50 Kilometer bergauf. Zuerst auf Asphalt, dann auf Schotter, und der ist teilweise auch gröber und von so Bremswellen durchzogen. Und dort hat mich besonders beeindruckt, dass es hinter Randall, hinter dieser letzten Ortschaft, bis zum Pass keine weitere Ortschaft gibt. 50 Kilometer klettern, das ging natürlich nicht die ganze Zeit total steil dahin, aber es kommt eben keine Ortschaft mehr. Ich erinnere mich an diese Einsamkeit in diesem Anstieg, an die Stille in dieser Weite und an dieses Gefühl, dass dort im amerikanischen Nordwesten die Verhältnisse für mich irgendwie umgekehrt gewesen sind. Denn ich bin normalerweise in West- und Mitteleuropa unterwegs und da habe ich oft den Eindruck, in ziemlich dicht von Infrastruktur durchzogenen Gebieten unterwegs zu sein. Und wenn es andere Gebiete gibt, in denen sowas wie Natur vorherrscht, dann sind das meistens Schutzgebiete. Das ist also dann eher die Ausnahme. Im Pacific Northwest, also dort rund um den Baby Shoe Pass, da hat sich das anders angefühlt, nämlich irgendwie umgekehrt. Die gefühlte Wildnis schien dort fast überall zu sein und nur diese kleine Piste, auf der ich mich langsam fortbewegt habe, ist für mich als Radtourist vorgesehen gewesen. Und dieser Eindruck, auf so eine spannende Art ausgesetzt zu sein, der ist dabei noch durch den großen Waldbrand verstärkt worden, der ganz in der Nähe gelodert hat. Und den habe ich in der Nähe des Passes vor allem gerochen. Und da ist dann sogar noch Asche durch die Luft geflogen und so ein kleines weißes Stück in der Form eines kleinen Zweiges ist sogar ganz langsam und leise auf meinem Arm gelandet. Vielleicht hat auch darum der Fahrer des einzigen Pick-ups, der mich auf der ganzen Fahrt überholt hat, neben mir gehalten und mich gefragt, ob er mich mitnehmen soll. Und zu seiner Verwunderung habe ich das freundlich abgelehnt, denn ich wollte ja den Baby Shoe Pass aus eigener Kraft erreichen. Und außerdem hatten mir auch die Leute vom Forest Service in Randall gesagt, dass die Fahrt safe sein würde. Das ist sie auch gewesen. Ich bin dann irgendwann in so einer erhabenen Stille am Scheitelpunkt angekommen, an diesem Schild, wo draufsteht Baby Shoe Pass. Die Dämmerung hat da schon begonnen und ich habe gemerkt, wie leicht man sich angesichts dieser Dimensionen dort verschätzen kann. Zum nächsten Ort sind es von dort nämlich auch nochmal ungefähr 40 Kilometer gewesen. Da war auch noch ein Gegenanstieg eingebaut. Und ich erinnere mich an das Gefühl, als ich nach 90 Kilometern endlich in Trout Lake angekommen bin. Laut Wikipedia haben 2020 dort ganze 672 Menschen gewohnt. Das ist also ein relativ kleiner Ort und zwischen Randall und Trout Lake bin ich durch nichts als Wälder gefahren. Ich habe die Aussicht auf die Cascades gehabt, mit dem majestätischen Mount Adams. Dieser Feuergeruch lag in der Luft und es ist eben auch sogar Asche auf mir gelandet. Und als ich dort angekommen bin in Trout Lake, da stand dort ein Haufen Helikopter der Firefighters, die dort auf dem Trout Lake Airport auf ihren Einsatz gewartet haben, denn die haben das große Feuer bekämpft. Das alles zusammengenommen ist für mich ein Wahnsinnstag gewesen auf dem Rad. Eigentlich mein erster Tag allein dort in der gefühlten Wildnis des Pacific Northwest. Und dass die nicht nur für mich inspirierend ist, sondern auch und noch viel mehr für andere Menschen, darum geht es in diesem Beitrag. Und ihr habt euch das bestimmt schon gedacht: Wir sprechen in diesem Podcast einmal im Jahr mit Jan Heine aus dem Pacific Northwest. Genauer gesagt aus Seattle. Das ist gar nicht so weit entfernt vom Baby Shoe Pass. Denn dort sitzt Jans Magazin Bicycle Quarterly und seine Firma Rene Herse Cycles. Die haben sich vor allem mit Reifen einen Namen gemacht. Ich spreche in diesem Beitrag mal wieder mit Jan über diese Reifen und ich frage ihn einerseits ganz grundsätzlich, warum und wie er Reifen herstellen lässt und was es dabei zu beachten gilt. Und es geht auch darum, wie er aktuelle Trends am Reifen- und Fahrradmarkt aus seiner Sicht bewertet und wie eine kleine Firma wie seine mit den zusätzlichen Zöllen umgeht, die die Produkte seit diesem Jahr teurer machen. Wir bleiben also im Pacific Northwest und ich wünsche euch viel Spaß mit diesem Beitrag. Einmal im Jahr sprechen wir in diesem Fahrrad Podcast mit Jan Heine aus Seattle. Denn Jan ist Gründer und Herausgeber der Zeitschrift Bicycle Quarterly und verschafft damit seit über 20 Jahren schönen und schnellen Multifunktionsfahrrädern mehr Öffentlichkeit. Und er ist auch Gründer und Eigentümer der Marke Rene Herse Cycles, die verschiedene Komponenten, Zubehör und manchmal auch Rahmensets für diese Fahrräder anbietet. Am bekanntesten ist Rene Herse Cycles wahrscheinlich für das Reifenprogramm. Und um Reifen und wie die eigentlich gebaut werden, geht es in diesem Gespräch. Ich sage Hallo nach Seattle. Hallo Jan. Hallo Gerolf. Jan, stellen wir uns mal vor, du hättest jetzt gerade verbundene Augen und ich könnte hier so durch die Leitung bis zu dir nach Seattle so durchgreifen und ich würde dir irgendeinen Reifen aus eurem Programm in die Hand geben. Würdest du den erkennen? Ja. Also ich würde schon erkennen, dass es unserer ist. Wenn du einen Reifen von der Konkurrenz geben würdest, auf jeden Fall könnte ich sagen, das ist unserer. Ich kann dir auch sagen, welche Reifenkarkasse es ist, ob es ein Extra Light ist oder ein Standard oder ein Endurance oder Endurance Plus. Natürlich kann ich dir sagen, ob der Stollen hat oder nicht. Bei der Breite weiß ich nicht, ob ich wirklich einen 38er und einen 35er zum Beispiel unterscheiden kann. Den 44er schon, weil der wieder anders aufgebaut ist. Im Prinzip schon. Okay, also eine begründete Vermutung, sagt man dann, glaube ich. Genau. Worauf würdest du am meisten achten? Welche Eigenschaft würdest du am meisten schließen aus der Reifenkarkasse, wie sich der Reifen anfühlt in der Hand? Okay, also dann wollen wir mal schauen in diesem Gespräch, um ein bisschen besser zu verstehen, wie so eine Karkasse zum Beispiel, also welche Funktion die in einem Reifen hat, welche Rolle die bei der Entwicklung so eines Reifens spielt. Ich habe es in der Anmoderation gesagt, du hast vor über 20 Jahren eine Zeitschrift gegründet, die ist ziemlich einflussreich in ihrem Bereich. Also ich glaube, wer sich mit Randonneuren beschäftigt, der kommt früher oder später nicht an dieser Zeitschrift vorbei: Bicycle Quarterly, früher Vintage Bicycle Quarterly. Und nun wisst man ja, wenn man eine Zeitschrift macht, da hat man eigentlich schon richtig viel zu tun. Du hast dich aber trotzdem irgendwann entschlossen, auch noch Reifenproduzent zu werden. Wie ist denn diese Idee entstanden? Ja, das lag einfach daran, wir haben hier in den Cascade Mountains die alten Bergpässe erkundet, die halt auf Schotterstraßen erschlossen werden. Und wir haben gemerkt, das war also um die Jahrtausendwende, lange her, ne? Ne, nicht ganz, also ich glaube 20 Jahre oder so. Und wir haben halt gemerkt, dass es kein Material gab dafür. Damals gab es keine Gravelbikes. Damals gab es Rennräder oder Mountainbikes. Und das Rennrad war natürlich auf der Fahrt in die Berge ganz toll, aber wenn es dann zum Schotter kam, sah es halt nicht so toll aus. Mit 25 mm Reifen kann man auf Schotterstraßen fahren, aber man fährt halt vorsichtig. Und bergunter, ja, macht es keinen Spaß. Das Mountainbike hingegen war einfach zu langsam, war nicht geeignet für die langen Strecken, die man hier zurücklegen muss. Du warst ja auch mal hier, du hast ja gesehen, wie das hier bei uns aussieht. Ja, das sieht natürlich beneidenswert bei dir aus. Aber es ist ja ein Unterschied, dazwischen festzustellen, okay, es gibt hier einen Fahrertyp und für den habe ich nicht so wirklich die Reifen. Und dann zu sagen, okay, wenn es die nicht gibt, bin ich halt derjenige, der das hier so machen kann. Und dann bist du hier mit einem Team anleihert, dass es diese Reifen gibt. Was hat da den Ausschlag gegeben? Ja, ganz einfach. Wir haben mit allen Leuten in der Industrie geredet und haben gesagt, wir brauchen breite Reifen, aber keine breiten Reifen für Stadträder, keine breiten Reifen für Mountainbikes, sondern breite Reifen für Rennräder, also für Allroadbikes, für Gravelbikes. Und die Industrie hat gesagt, das ist Quatsch, das kauft keiner und das geht auch gar nicht, das kann man gar nicht machen. Und naja gut, du weißt ja, wie es ist. Wenn es nicht geht, dann überlegt man sich, vielleicht geht es doch. Ja, und du hast eben angesprochen, ich war ja auch schon mal bei euch. Das erste Mal ist eine ganze Weile her. Da haben wir auch schon über Reifen gesprochen und du hast mich auch mit zwei Reifen ausgestattet. Da gab es aber noch gar nicht Rene Herse oder Compass, wie die Marke vorher hieß. Das waren noch andere von der kleinen japanischen Marke, glaube ich, von Grandbois. Also die gab es schon. Mit denen warst du dann aber nicht zufrieden, oder warum hast du gesagt, die waren die einzigen, die auf unsere Vorschläge hin dann eben Reifen gemacht haben? Die wollten eigentlich nur Reifen für klassische Fahrräder machen und wir haben gesagt, das ist toll, aber können wir auch welche machen für was Moderneres, nicht nur für irgendwelche 70er Jahre französischen Räder oder so. Und wie immer ist es natürlich dann so, wenn man andere, wie soll man sagen, wenn man andere Zielpunkte hat, dann sieht das Produkt halt auch anders aus. Und irgendwo haben wir uns dann gesagt, wir müssen das alleine machen, weil wir einfach andere Ideen hatten und mehr Leistung wollten. Wir wollten schnellere Reifen, wir wollten breitere Reifen, all diese Dinge. Und da haben wir uns dann entschlossen, das selber zu machen, anstatt in Zusammenarbeit mit Partnern, die halt eine andere Philosophie hatten. Und wenn man sowas startet, dann steckt man ja noch nicht so genau drin oder macht sich ja aber trotzdem irgendeine Art Vorstellung, wie das so sein könnte, wie man einen Reifen entwickelt. Wie hast du dir das damals vorgestellt, was es dazu braucht und an wen hast du dich da gewandt? Naja, durch die Tätigkeit mit der Zeitschrift kannte ich natürlich viele Leute in der Industrie und wusste, mit wem man da sprechen musste. Ich hatte auch vorher schon als Übersetzer und technischer Schreiber für viele Fahrradfirmen gearbeitet und kannte daher also auch viele Leute. Und die Beziehungen sind natürlich wichtig, wenn du jemanden anrufen kannst und sagst, hör mal, wie ist das denn mit so einem Reifen? Und er sagt dann, ja, da musst du auf dies achten oder das achten und so weiter und so fort. Und setz dich dann eben auch, wenn du Glück hast, mit den richtigen Leuten in Verbindung. Und dann sind wir halt nach Japan gefahren und haben mit den Reifenherstellern dort gesprochen und haben eben gesagt, ja, so was kann man da machen. Und dann haben die Ingenieure gesagt, gut, wir können das machen. Und wir haben gesagt, ja, das sieht ja schon ganz gut aus, können wir noch und so weiter und so fort. Ja, okay. Also die richtigen Leute sind welche, die schon sozusagen im Reifenbusiness drin sind. Warum Japan? Weil Japan, wie soll man sagen, hat einfach eine Kultur von hochwertiger Produktion, die aber bezahlbar ist. Und das sieht man ja bei japanischen Autos, die zumindest hier in den USA die populärsten sind und so. Und eben auch eine lange Erfahrung. Das Personal wechselt nicht so häufig wie in anderen Ländern. Das heißt, du kannst halt mit Leuten sprechen, die sagen, okay, das haben wir vor 20 Jahren schon mal probiert, als die ersten Mountainbikes aufkamen. Und das hat nicht funktioniert. Deshalb machen wir es besser, so, anstatt dass du eben mit Leuten zusammenarbeitest, die selber genau so viel wissen wie du. Ja, okay. Mir ist gar nicht bewusst, dass japanische Autos immer noch die beliebtesten sind in den USA. Also ich kenne mich damit nicht so aus. Ich höre so ein Geräusch ab und zu im Hintergrund. Das sind auch Autos, die bei dir in der Gegend rumfahren, oder? Nur dass wir das hier beim Zuhören einordnen können, was das ist. Ja, das sind Autos. Fahrräder kommen auch vorbei. Das ist ja auch das Schöne. Jetzt stelle ich mir vor, Jan, um die Jahrtausendwende ist in Japan bei den richtigen Leuten, also bei den Leuten, die dort Reifen bauen, welche Schritte muss Jan gehen, um seine Idee umzusetzen? Was muss man machen? Wie entwickelt man einen Reifen? Ja, also als erstes muss man sich überlegen, was man für einen Reifen haben will. Soll der ein Hochleistungsreifen sein? Soll der ein Reifen sein, der stabil ist? Oder wenn du beides haben willst, was für einen Preis willst du akzeptieren? Das ist immer das große Problem. Es ist gar nicht so schwierig, einen ganz tollen Reifen zu machen, aber der wird natürlich sehr teuer. Und ja, daraus kannst du dann dir überlegen, was du für eine Karkasse verwendest. Die Karkasse ist also das Gewebe, das der Träger praktisch des Reifens ist, auf den oben der Profilgummi draufkommt. An den Seiten kommt Gummi drauf, um das Abrieb fester zu machen. Der Reifenwulst kommt unten dran. Und die Sachen musst du eben auch alle überlegen. Was für ein Gummi verwendest du? Was für ein Profil verwendest du? Wie dick machst du es? Wie viel Gummi kommt auf die Seitenwände? Was für ein Wulst machst du? Soll der für tubeless sein? Soll der nicht tubeless sein? Soll der Reifen faltbar sein oder nicht? Heute sind es eigentlich alle faltbar. Das sind so die Gedanken. Und jeweils ist natürlich dabei auch immer der Kostenpunkt eine große Sache, gerade in der Industrie. Und da haben sich die ganzen Zulieferer bei uns immer gewundert, weil bei uns die Kosten praktisch hinten anstehen. Wir sagen, wir wollen einen Reifen haben, der das und das und das und weiter. Und dann kommen die meist zurück und sagen, ja, wir können das so machen oder wir können es 3 oder 5 % billiger machen, wenn wir stattdessen das verwenden. Und wir sagen dann immer, nee, nee, die 3 % nehmen wir nicht und die 5 % nehmen wir nicht, sondern wir machen den Reifen so, wie wir wollen. Und wir haben eben den Vorteil, dass wir als kleine Firma sehr geringe Verwaltungskosten, Werbekosten, all diese Sachen haben. Und daher praktisch vom Kaufpreis, den der Kunde im Laden zahlt, ein viel größerer Anteil auf die Produktion des Reifens gehen kann als bei großen Firmen, die halt Sekretäre rumlaufen haben und Teams sponsern und Werbung machen und so weiter. Du hast gesagt, wir wollen das und das und das. Und du hast auch vorhin gesagt, ihr wolltet was, was es noch nicht gegeben hat. Eventuell weiß man das schon. Wir sprechen auch nicht das mal über Reifen, aber lasst es uns nochmal auf den Punkt bringen. Was ist die neue Kombination an Eigenschaften gewesen, die es so noch nicht gegeben hat, die ihr dann also dort in Auftrag gegeben habt? Ja, also genau. Ja, die Revolution war eigentlich, als wir angefangen haben, für Bicycle Quarterly die Reifen zu testen und festgestellt haben, dass die alte Meinung, dass ein höherer Luftdruck den Reifen schneller laufen lässt, zwar auf dem Prüfstand so ist, aber auf der Straße halt nicht, weil auf der Straße die Vibrationen so viel Energie kosten, dass sich das gegenseitig aufhebt. Und daraus haben wir halt geschlossen, dass man andere Reifen machen konnte. Früher hatte man die Wahl, man macht einen schnellen Reifen mit einer sehr geschmeidigen Karkasse, aber der kann nicht sehr breit sein, weil der Reifendruck bei schmalen Reifen besser von der Karkasse aufgenommen wird als bei breiten Reifen. Das heißt, ein breiter Reifen hat immer niedrigeren Druck. Und früher dachte man eben, dass der Reifendruck der Hauptbestandteil der Performance sei. Also wenn du schneller fahren willst, einfach mehr Luft rein, alles andere ist nicht so wichtig. Und ein breiter Reifen war deshalb ein schwerer Reifen, ein stabiler Reifen, ein Reifen für ein Stadtfahrrad vielleicht, ein Mountainbike oder so. Und als wir dann festgestellt haben, dass wir den hohen Luftdruck nicht brauchen, da tat sich eine neue Welt auf. Da haben wir gesehen, okay, wir können eine geschmeidige Karkasse nehmen, einen breiten Reifen machen und den einfach mit niedrigem Druck fahren. Früher hat man gedacht, also wenn du nicht sieben oder acht Bar reinhaust, dann läuft der Reifen langsam. Aber wir haben halt festgestellt, drei Bar reicht, zwei Bar reicht. Und mit dieser Kenntnis sind wir halt dann zu den Lieferanten gegangen und die haben gesagt, so ungefähr. Und die haben gesagt, ja, was passiert denn, wenn wir jetzt eine Karkasse nehmen vom Hochleistungsrennreifen und daraus einen 42 mm breiten Reifen machen? Da haben die gesagt, ja, das geht, aber dann hast du halt einen maximalen Luftdruck von, ich weiß nicht, was, viereinhalb Bar oder so was, statt sieben oder acht Bar. Und dann haben wir gesagt, das ist okay, machen wir. Ich sage, ja gut, dann können wir das machen. Und die haben zwar sich ein bisschen gewundert, die haben gesagt, ja, für was ist denn so ein Reifen da? Ist der für ein Reiserad oder ein Stadtrad oder was? Und ich sage, nee, nee, das ist für ein Rennrad, das auf Schotterstraßen fährt. Was? Und dann haben wir gesagt, ja, wir nehmen die Reifen ab, so ungefähr, macht euch keine Gedanken. Ja, und nun ist das, wenn wir jetzt 2025 darüber sprechen, ist das ja ein anderer Kontext als der, in dem ihr damals gewesen seid. Weil wenn man heute sagt, okay, ein Rennrad mit breiten Reifen, das ist heute ja längst nicht mehr so was Neues, wie es damals gewesen ist. Nee, heute natürlich nicht. Und das ist eigentlich das, was mich am meisten gewundert hat, weil dass die Industrie das aufgegriffen hat. Weil am Anfang haben die Leute halt gelacht und haben gesagt, ja, die Leute bei Rene Herse, die spinnen ja, die sagen selbst bei der Tour de France ist das Maximum. Und heute ja, da lachen wir natürlich, weil jeder weiß, dass kein Mensch mehr auf der Tour de France mit fünf Rekordern spielt. 25 mm breiten Reifen fährt schon gar nicht, 23 oder 20, was die Leute damals eben auf ihren Rennrennern hatten. Aber damals war das eben völlig revolutionär. Und ja, wir haben halt den ersten Reifen gemacht, damals. Ich glaube, das war der Reifen, den du auf meinem Fahrrad damals schon gesehen hattest, der Baby Shoe Pass 650b, damals 42 mm. Und haben den halt getestet. Und das Problem ist natürlich bei dieser ganzen Entwicklung ist, du kannst keine Prototypen machen, weil du musst halt eine Reifenform machen. Das ist ein Riesenmetallteil, wo in die Negativform des Reifens drin ist. Und wenn der Reifen hergestellt wird, brauchst du halt die Form, sonst kannst du keinen Reifen machen. Was kostet die Form? Wahrscheinlich mehr als ein Jahresverdienst für die meisten Leute. Das heißt, es ist so teuer, wenn du dich irrst und sagst, die Form ist nichts. Ja, an der Stelle habe ich aber so quasi ein logisches Problem. Also du hast es eben Revolution genannt. Mir fallen da jetzt mehrere Namen ein, ihr natürlich und noch andere. Also neu, schon genannt in anderen Zusammenhängen. Josh Portner, der damals bei SIP war, wo an verschiedenen Stellen in der Industrie so Leute quasi das ausgelotet haben, wie breit kann das werden. Aber du hast eben gesagt, du bist überrascht gewesen, dass der Markt das angenommen hat. Aber wenn du so viel Geld investierst in so eine Form, die also über ein Jahresgehalt, was auch immer das konkret ist, kostet, eigentlich musst du doch mit dem Erfolg gerechnet haben. Ja, deshalb haben wir eben auch bei den Randonneur Fahrrädern angefangen, weil da hatten wir ja über Bicycle Quarterly schon ein ziemliches Publikum für. Habt ihr euch euren Markt geschaffen mit dem Magazin? Genau, da haben wir uns so ziemlich unseren Markt geschaffen. Und die 700c Sachen für die Gravel Bikes, das kam dann eben erst später, als wir gesehen haben, gut, es gibt eben da doch einen Bedarf. Und ja, dann haben wir uns also langsam vorgetastet. Ich will noch mit dir später im Gespräch zu dem kommen, was wir heute so am Markt sehen, aber noch ganz kurz dort bleiben, wo wir eben schon gewesen sind. Oder nee, eigentlich ein bisschen zeitloser. Kannst du sagen, in dieser Phase der Entwicklung, also Idee, Materialien bestimmen, irgendwie das Geld für die Form zusammenkratzen oder vielleicht auch nicht, vielleicht ist die Kasse auch gut gefüllt, aber das dann auch. Ja, wer weiß. Es wurde ja angenommen vom Markt. Ja, in Fahrradzeitungen, da kommt man leicht zum Reichtum. Ja, gut, ich wollte es jetzt einfach so. Kannst du sagen, was der kritischste Punkt oder die kritischsten Punkte in dieser Entwicklung sind? Denn das ist ja kein Automatismus. Also ich denke mir so, das kann ja auch schief gehen. Wenn es nur einen kritischen Punkt gibt, dann nennen wir den. Wenn es drei gibt, dann nennen wir die. Der erste ist die Idee. Ohne die Idee kannst du überhaupt nichts machen. Und eben die Idee, dass man Rennradreifen mit 42 mm Breite machen würde und könnte, das war eigentlich der ausschlaggebende Punkt. Und wenn du dann die Idee hast, dann kriegst du das auch irgendwie hin. Der zweite Punkt ist, ja, den richtigen Zulieferer zu finden. Das ist das andere Schwierige, weil du musst eben sehen, dass du jemanden hast, der auch die Erfahrung hat, das umsetzen zu können. Dass du nicht jemanden hast, der jetzt sagt, ja, wir können das. Und dann guckst du dir die Karkassen an, die sie bisher verwendet haben, und das sind alles irgendwelche schweren Karkassen. Und die Maschinen, die sie haben, da reißen die leichten Karkassen dann vielleicht durch. Oder es gibt andere Probleme. Also das Problem ist eben, du kannst nicht in jeder Fabrik jeden Reifen herstellen. Ja, aber die beiden Sachen hast du ja schon gehabt. Du hast die Idee ja schon gehabt und du hast ja schon gesagt, du hast die richtigen Leute gefragt, die mit der Fabrik. In diesem Prozess brauchst du die richtigen Leute, die die Grundstoffe in die Maschine reinlegen. Musst du an irgendeinem Punkt auf die richtige Temperatur und den richtigen Druck achten. Musst du beim Profil besonders aufpassen. Ja, also da gibt es natürlich eine Arbeitsteilung. Der Zulieferer, das sind Reifenspezialisten. Denen brauche ich nicht zu sagen, welche Temperatur ihrer Maschine eingestellt wird. Das ist deren Sache. Aber die kommen halt zu mir und sagen: „Also, so ein Reifen mit so einer feinen Karkasse, der ist halt etwas anfälliger. Geht das denn überhaupt?“ Und da müssen wir dann eben überlegen, geht das oder geht das nicht. Und was wir dann festgestellt haben, bei dem niedrigen Druck, bei dem wir fahren, geht das. Wenn du natürlich jetzt so eine Karkasse auf, sagen wir mal, 5 oder 6 bar aufpumpen würdest, dann kriegst du Probleme, weil der Druck von innen so groß ist, dass es halt wie beim Luftballon ist: Wenn du den ganz doll aufbläst, dann platzt der, sobald er nur irgendwas berührt. Und wenn du den halt ein bisschen schlapper aufbläst, sozusagen, dann kannst du mit dem machen, was du willst, ohne dass der jetzt platzt. Und so ist es bei den Reifenkarkassen eben auch. Und da war eben keine Erfahrung seitens der Zulieferer. Und da mussten wir eben erstens ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten und dann eben auch selber testen. Und es ist natürlich dann so, es ist nicht ganz so extrem, wie es vielleicht sich am Anfang anhört. Wenn du jetzt deine Form hast, kannst du immer noch die Karkasse ändern. Das heißt, du kannst sagen: „Okay, wenn die Karkasse jetzt vielleicht zu anfällig ist, kannst du eine stabilere reintun oder so, weißt du? Also das ist nicht das Problem. Es gibt es ja bei uns auch ein Extra Light, ein Standard, ein Endurance und ein Endurance Plus, die alle aus der gleichen Form kommen. Also das gleiche Modell gibt es mit vier verschiedenen Karkassen, die eben verschiedene Leistungseigenschaften haben und eben auch verschiedene Widerstandsfähigkeit. Ja, jetzt habt ihr dann ein sehr breites Programm, also mit drei Laufradgrößen, mit vielen verschiedenen Breiten, mit vielen verschiedenen Profilen und diesen verschiedenen Karkassen auch. Also du hast es eben genannt, es sind vier verschiedene Karkassen. Ganz kurz gefragt: Rechnet sich das für euch? Weißt du, manchmal frage ich mich, weil wir halt viele Sachen machen, weil wir einfach selber die brauchen für unsere Räder. Das waren die ersten Reifen. Wir haben das nicht gemacht, weil sich das rechnet, sondern wir haben uns gesagt: „Okay, wir wollen die Reifen haben. Wir brauchen die, und es gibt sicher andere, die die auch brauchen, sodass wir keinen großen Verlust machen. Aber wenn du jetzt irgendwelche Kalkulationen aus der normalen Wirtschaft ansetzen würdest, weiß ich nicht. Ich bin da kein Spezialist. Also ich habe ja Geologie studiert und war Wissenschaftler. Also was wirst du so ungefähr? Rechnet sich das ja gut. Ich meine, wir machen keinen Verlust, sonst gäbe es uns nicht. Eben, also man kann es auch andersrum fragen. Man kann sagen: „Wie rechnet sich das?“ Weil das sind ja schon sehr viele Varianten. Und wenn ich das jetzt hochrechne mit dem Jahresgehalt für die verschiedenen Formen, da kommt halt schon was zusammen. Ist das quasi so eine, ich glaube, man nennt das Mischkalkulation? Also ich bin auch kein Wirtschafts-Super-Experte. Zwei Nicht-Wirtschaftsexperten unterhalten sich über Kalkulationen. Aber ist es so, dass quasi das Volumenmodell eine Querfinanzierung zum Superspezial mit einem ganz spitzen Einsatzbereich macht und quasi diesen anderen Reifen subventioniert? Ist es so? Ja, auf jeden Fall. Und die andere Sache ist eben, wie ich gesagt habe, wir sind eine Firma, die halt sehr effizient arbeitet. Also wir haben fast kein, was auf Englisch Overhead heißt, also Verwaltungskosten und so ein Kram, weißt du? Wir organisieren unser Lager eben auch so, dass es immer voll ist. Also, weißt du, nicht dass jetzt da ein Platz ist, wo wir sagen können: „Wir haben jetzt keine Reifen, da ist das Regal leer“, sondern das rotiert alles und so. Damit sind unsere Mieten niedrig. Bei uns gibt es keine Sekretärin und so weiter. Und insofern geht es. Und wie du eben sagst, die Mischkalkulation, auf jeden Fall. Und ja, da gibt es eben manche Modelle, die sind beliebter, andere, die weniger beliebt sind. Kannst du sagen, was der? Manche Modelle gibt es fast nur, weil wir sie brauchen. Ja, zum Beispiel der Elk Pass, das ist unser schmalster. Das ist, glaube ich, der leichteste Reifen der Welt im Augenblick. Fast 180 Gramm oder sowas. Und das ist einfach, weil der 26 Zoll ist. Damit ist er relativ klein und 30 Millimeter oder so breit. Und den gibt es eigentlich nur, weil Natsuko hier, meine Partnerin, sowohl in der Firma als auch im Leben, die hat halt ein ganz tolles Fahrrad sich bauen lassen in Japan. Und damals waren halt die nicht so breiten Reifen populär. Und sie zieht eigentlich auch die schmaleren Reifen vor, weil das Rad halt wendiger ist mit den schmalen Reifen. Und sie fuhr damit. So damals gab es irgendwie hier von Pasella Panaracer nicht schlecht, aber halt doch ein, ja, wie soll man sagen, ein Durchschnittsreifen vielleicht. Und da haben wir uns halt gesagt: „Ja, also wir müssen für dein Fahrrad, für dein Lieblingsfahrrad einen Reifen machen.“ Und haben halt da eben gesehen, dass wir das gemacht haben. Ja, im Endeffekt hat er sich gar nicht so schlecht verkauft, weil es halt nichts anderes gibt in dem Bereich. Jan, ich muss dich enttäuschen. Also es gibt Bahnreifen, die leichter sind als der Elk Pass. Also wir wären zumindest angegeben mit so um die 125 Gramm. Aber vielleicht geht es ja auch nicht darum, den leichtesten Reifen der Welt zu bauen. Du hast aber vorhin schon oder jetzt mehrmals eure Produzenten erwähnt. Und wenn man so ein bisschen guckt, was so die Leute reden und schreiben und sagen auch zu euren Reifen, dann sagen die manchmal: „Okay, die Reifen von Jan, die werden einfach bei Paneracer hergestellt. Die sind anders gelabelt und sind viel teurer. Aber eigentlich sind es nur Paneracer.“ Was sagst du denen? Ja, zwei Sachen hast du angesprochen. Sprechen wir erstmal über die Zulieferer. Am Anfang haben wir mit Paneracer zusammengearbeitet. Im Augenblick gibt es mehrere Zulieferer, die wir haben, weil wir für jedes Projekt eben die Firmen nehmen, die am besten dafür geeignet sind. Bei den Reifen gibt es halt auch verschiedene Zulieferer. Bei den Kurbeln kann ich dir das am besten sagen. Zum Beispiel, unsere Kurbeln werden in einer Firma geschmiedet, in der zweiten Firma CNC bearbeitet, in der dritten Firma poliert und die Kettenblätter kommen aus der vierten Firma. Und die Schrauben aus der fünften Firma. Und die werden dann alle bei uns hier in Seattle zusammengesetzt zu den Kurbeln. Wir machen das eben, weil wir die besten Schrauben und Kettenblätter haben wollen. Wir wollen die besten Schmiedeteile haben, aber wir wollen auch die beste CNC-Verarbeitung haben. Und ja, gut, es gibt es sicher manchmal. Zum Beispiel, wenn du auf die Taipei Bike Week gehst, da siehst du viele Produzenten, die sagen: „Wir haben hier ein Rücklicht, wir haben hier eine Kurbel, wir haben hier einen Reifen und wir können euer Logo da drauf setzen und fertig.“ Und deshalb siehst du manchmal das gleiche Produkt in Europa unter einem Namen und in den USA unter einem anderen Namen, weil das halt unterschiedliche Exklusivverträge sind. Aber das ist eigentlich nicht, wie wir arbeiten, sondern wir machen eigentlich nur Sachen, die es noch nicht gibt. Und die mögen zwar aus der gleichen Fabrik kommen wie andere Teile, aber das hat ja nicht viel zu sagen. Ich meine, unsere Kurbeln wurden eine Zeit lang geschmiedet in einer Fabrik, die auch Ducati Motorradteile schmiedete. Aber deshalb waren noch lange nicht unsere Kurbeln und Ducati Motorradteile identisch. Also kommen die Kurbeln aus Italien? Nee, die kommen aus Taiwan. Ja, war ein kleiner Scherz. Wir waren ja bei den Reifen, aber ich bin mir sicher, du kennst das auch, dass Leute das sagen. Da darf man sich nicht drüber ärgern über solche Sachen. Ich wollte nur wissen, was du dazu sagst. Die Spezifikation der Reifen ist anders. Das ist so, wie ich meine, vielleicht das beste Beispiel ist der Autobau. Zum Beispiel, die Automatikgetriebe für alle Autos kommen aus zwei oder drei Fabriken: Eine in Deutschland, eine in Korea und ich glaube eine in Japan. Aber kein Mensch sagt, dass das Getriebe von einem Porsche 911er das gleiche ist wie von einem Lieferwagen oder einem kleinen Wagen. Da gibt es Spezialisten, die das machen. Und bei den Reifen ist es im Endeffekt auch so. Auch die großen Namen, wie eine berühmte italienische Firma, die stellen ihre Fahrradreifen auch nicht selber her, sondern arbeiten auch mit den Zulieferern. Aber kein Mensch würde sagen, ein Renner-Reifen und ein Pirelli-Reifen ist jetzt der gleiche, weil die aus der gleichen Firma kommen. Die Maschinen sind so groß, die sind so aufwendig. Auch das Know-how ist so aufwendig, dass das nur an wenigen Stellen gemacht wird. Weil im Endeffekt der Markt für hochwertige Fahrradreifen eben dann doch nicht so groß ist. Pirelli hat für die ganz hochwertigen Reifen eine eigene Produktion in Italien. Die Frage kann man ja auch andersrum stellen: Wie verhindere ich denn, also wenn ich so wie du keine eigene Reifenfabrik besitze, wie verhindere ich denn, wenn ich dort gerade so etwas Neues mache, jetzt sei es mit Paneracer oder sei es mit einem anderen Hersteller, wie sichere ich das vertraglich ab oder wie macht ihr das? Oh ja, natürlich, das ist ganz klar abgesichert. Und im Endeffekt muss man eben auch mit Zulieferern arbeiten, denen man vertrauen kann. Ich meine, das hat es ja eine Zeit lang gegeben, dass es plötzlich irgendwelche hochwertigen Carbon Rahmen gab, die No-Name waren, aber genauso wie von einer großen Firma, weil eben der Zulieferer statt 2000 Stück 3000 Stück gebaut hat und 1000 Stück auf eigene Faust verkauft hat oder so. Und das ist eben, wenn man die Zulieferer immer wechselt und immer nur zu den Billigsten geht, dann kriegt man halt sowas. Aber wir haben halt langjährige Beziehungen zu unseren Zulieferern und das baut auf Gegenseitigkeit. Also da hat man eben auch Vertrauen. Ja, zumal, wenn man so ein bisschen drüber nachdenkt und sich ein bisschen umhört, was eure Reifen anbelangt, scheint es mir so zu sein, dass alle Leute sich eigentlich darauf einigen können, dass die ein sehr angenehmes, fluffiges, wolkiges Abrollen haben, was auch immer man für Worte jetzt dafür findet. Also sehr komfortabel und auch schnell. Ich glaube, das kann man denen allen zusprechen. Sie haben eine sehr schöne Optik, auf jeden Fall. Was aber viele Leute auch sagen, ist, die sind schwierig zu montieren, schwieriger als andere und teilweise auch empfindlich. Kennst du das auch, dass dir das gesagt wird? Ja, natürlich. Und ich meine, da ist auch ein bisschen was Wahres dran. Natürlich sind alle Hochleistungsteile etwas empfindlicher. Wenn du jetzt einen super leichten Carbonrenner nimmst und damit durch den Wald bretterst, bricht der vielleicht auch durch. Aber deshalb haben wir ja auch die vier verschiedenen Karkassen. Wir haben also den Extra Light. Das ist also wirklich wie ein Rennreifen im Profibereich. Also im Prinzip ist das die Karkasse von einem Profischlauchreifen. Dann haben wir den Standard. Der ist ein bisschen stabiler und ein bisschen preisgünstiger auch. Der Endurance, würde ich sagen, ist immer noch einer der schnellsten Reifen, aber eben sehr, sehr pannensicher. Das ist eigentlich der, den unsere ganzen Gravel Racer einsetzen. Und der Endurance Plus ist im Prinzip der stabilste Reifen, den du finden kannst, außer vielleicht im Downhill-Mountain Bike-Bereich. Das ist etwas, was du sonst nicht findest, eben auch wegen der Kosten. Unser Zulieferer kommt auch immer zu uns und sagt: „Die Preise sind schon wieder angestiegen für die Materialien, die da reingehen. Wir können das vielleicht ändern, die Spezifikationen, dann ist er aber nicht mehr ganz so stabil.“ Wir sagen dann immer: „Nee, wir ändern die Spezifikationen nicht.“ Und mit der Montage ist eben auch so, ein Extra Light ist natürlich ein bisschen anspruchsvoller, weil er eben so flexibel ist. Da kann es, wenn du eine tubeless Felge hast, eben leicht vorkommen, dass irgendwo der Reifen noch auf der, also nicht im Felgenbett in der Mitte sitzt, sondern auf dieser Stufe am Reifen. Und dann ist er natürlich schwer zu montieren. Aber eigentlich, wenn du eine ordentlich gemachte Felge hast und die richtige Montage, dann kannst du alle unsere Reifen von Hand montieren und demontieren. Ich habe da mal ein Video gemacht, um das zu zeigen. Und im Endeffekt ist es halt so, im Internet findest du viele Leute, die viel sagen. Und egal welche Firma, gerade wenn es eine hochwertige Firma ist, wirst du immer Leute finden, denen das nicht passt. Hier in den USA gibt es immer Leute, die sagen, dass ein Chevrolet viel mehr PS hat als ein Porsche und ein Drittel zu viel kostet. Und ja, dann sollen die halt kaufen. Man könnte ja auch verbunden, dass, sag ich mal, größere Hersteller auch auf einen anderen Markt zielen und vielleicht mehr noch in dieser Abwägung der Eigenschaften eines Reifens sagen: „Okay, der muss jetzt noch leichter zu montieren sein und ist vielleicht nicht ganz so fluffig, hat vielleicht ein bisschen mehr Material.“ Also vielleicht ist das ja auch dadurch, dass man es halt nicht nur im Internet, sondern auch so im Gespräch mit Leuten so trifft. Die sagen alle, wie gesagt, die Reifen fahren sich richtig gut. Also auf mich wirkt es so von außen, als wäre das eine bewusste Entscheidung. Wir nehmen das in Kauf, weil Oh ja, auf jeden Fall. Ich meine, das ist ganz sicher so, weil wir ja auch im Prinzip, der Kunde kauft ja keinen Renaissance Reifen durch Zufall, sagen wir mal so. Der weiß ja, was er kauft. Du gehst nicht in den Laden und sagst: „Ja, so ungefähr gucken wir mal, welche Reifen es gibt und der ist im Angebot, dann nehmen wir halt den oder so.“ Und dann kaufst du ja einen Renaissance-Reifen, weil du auch einen Renaissance-Reifen haben willst. Und damit können wir eigentlich davon ausgehen, dass die Leute ein bisschen mehr Kenntnisse haben, ein bisschen mehr auch Wissen, ja, wie du sagst, was sie wollen. Und da haben wir eben auch den Luxus, wenn man so sagen will, dass wir zum Beispiel bei einem Extra Light, wie du sagst, eine bisschen leichtere Karkasse machen können. Eine Karkasse, die vielleicht nicht ganz so stabil ist, vielleicht ein bisschen schwieriger bei der Montage ist. Aber andererseits, ich meine, ich bin mit dem Ding Unbound XL gefahren in den Flint Hills of Kansas. Also das sind die, wie sagt man auf Deutsch, die Obsidian Flint. Ich muss immer an Flintsteine denken. Ja, Flintsteine, genau. Ohne Probleme. Das hängt eben auch davon ab, wie du selber fährst. Es gibt halt manche Leute, die brettern halt auf jeden Stein drauf und andere, die gucken ein bisschen, wo die größten Steine liegen und fahren drumherum. Und deshalb haben wir eben auch die verschiedenen Karkassen, weil zum Beispiel ein Rennfahrer wie Ted King oder Brennan Wirtz, der hier US-Champion war, der wiegt erst mal 85 Kilo, der hat 500 Watt aufs Hinterrad und fährt in einem Pulk, wo er nicht sehen kann, wo er überhaupt hinfährt. Wenn du da in der großen Gruppe mit 35 oder 40 Stundenkilometern über die Schotterstrecke jagst, da brauchst du halt einen anderen Reifen. Ja, jetzt stelle ich mir vor, vielleicht hört das Gespräch hier jemand, der die René Rs Reifen noch gar nicht kennt und gerade ein neues Fahrrad kaufen will und schaut nach, bei welchen Herstellern es eure Reifen gibt. Und da muss man schon ziemlich genau suchen, um da Hersteller zu finden. Also dieses sogenannte OEM-Geschäft, dieses Erstausstattergeschäft, seid ihr da irgendwo dabei? Also beim OEM-Geschäft sind wir nicht dabei, weil da geht es ja nur um den Preis. Da wird um jeden Cent gefeilscht. Und deshalb sind ja auch unsere Zulieferer immer verwundert, wenn wir sagen: „Nee, nee, das ist kein Problem, das kostet halt 5 Prozent mehr. Aber wenn es halt mehr Leistung bietet oder mehr Pannensicherheit oder ein besseres Fahrgefühl oder mehr Grip in den Kurven, dann nehmen wir den höheren Preis in Kauf. Und das ist halt, wenn du OEM machen willst, da ist es egal, was für ein Fahrzeug du kaufst. Wenn man ein Fahrgefühl der Reifen hat, da geht es darum: Kostet der so viel oder kostet der drei Cent mehr? Und das kommt für uns nicht in Frage. Aber im Endeffekt ist es dann eben so, die meisten Leute, wenn sie dann neue Reifen brauchen oder häufig ich meine, für mich ist es so, sowohl beim Fahrrad als auch beim Auto, wenn ich ein gebrauchtes Auto kaufe, das erste, was ausgetauscht wird, sind die Reifen. Und beim Fahrrad halt so auch. Ja, aber es gibt ein paar kleine Hersteller, glaube ich, bei denen man Räder mit euren Reifen bekommt oder? Ja, natürlich, so mehr im Custom-Bereich oder so, wo die Räder halt nach Maß zusammengestellt werden. Mason in England zum Beispiel, glaube ich, bietet unsere Reifen an als Option. Oder wenn du halt zum Beispiel bei Fern in Berlin oder so ein Fahrrad dir kaufst, ja, das wird fast immer mit unseren Reifen ausgestattet, weil ja, das sind halt kleine Hersteller, die können das machen. Und da ist es eben auch so, da wird nicht um jeden Cent gefeilscht. Und da macht es dann auch Spaß. Ich muss sagen, ich habe auch keine Lust, ja, diese ganzen geschäftlichen Sachen sind eigentlich nicht das, was mir liegt. Das hast du auch hier schon gehört. Ich rede viel lieber über irgendwelche Reifenentwicklungen oder Karkassen oder die Fahrten, die ich mit den Reifen mache, als über irgendwelche Kalkulationen. Ja, ich lasse dich mit den Kalkulationen auch in Ruhe und will nochmal zu einem anderen Punkt kommen. Du hast am Anfang gesagt, mit dem Babyshoe Pass habt ihr eigentlich angefangen. Also 650B, 42 Millimeter breit, damals wirklich eine Neuheit. Und auch 650B ist dann immer populärer geworden, ist teilweise am Mountainbike, war das dann die Größe, abgelöst inzwischen durch 29 oder hat sich auch, glaube ich, mit 29 so ein bisschen den Ball hin und her gespielt. Jetzt gibt es 650B so im Bergabradsport beim Mountainbike so als Hinterrad bei manchen Rädern. Und ansonsten, so in diesem Allroad Bereich ist es, ich weiß nicht, ob Rückzug das richtige Wort ist, aber du weißt, was ich meine. Es gibt immer weniger. Es scheint mir immer weniger Räder auch zu geben. Damit beobachtest du das auch und wie findest du das? Ja, das ist ganz klar. Und das liegt daran, dass eben immer noch dieser Glaube existiert, dass ein größeres Laufrad schneller rollt. Das heißt, du hältst es für ein Irrtum? Ja, also das ist ganz klar ein Irrtum, weil die Leute eben vergessen, dass der Reifen die Bodenunebenheiten absorbiert, weil er Luft drin hat. Also im Prinzip, der Reifen, wenn du dir den anguckst von der Seite, ist der unten flach, der ist ja nicht rund. Und was wichtig ist, wie leicht der Reifen diese Unebenheiten absorbieren kann, ohne das Fahrrad und das Laufrad hochzuheben. Wenn du ein altes Rad von einer alten Kutsche oder sowas, keine Luftbereifung, anguckst, nur ein alter Leiterwagen oder sowas, der holpert wirklich über jede Unebenheit rüber. Und da sind eben große Räder auch besser. Deshalb hatten diese alten Kutschen in den Westernfilmen wirklich auch riesige Räder. Also die Hinterräder waren halt 1,80 m oder so im Durchmesser und das war wirklich schneller. Aber beim luftgefüllten Reifen macht die Größe, zumindest im Gravel- und Allroad-Bereich, keinen Unterschied, sondern was da eben wichtiger ist, wie breit der Reifen ist und wie geschmeidig der ist. Aber natürlich, größer ist besser, das ist leicht verständlich. Gerade hier in den USA ist es ja auch sowieso immer, wie soll man sagen, die größeren Portionen werden immer bevorzugt. Da kann man auch nicht gegen ankämpfen. Im Endeffekt bieten wir halt alle Reifengrößen an und der Kunde kann sich halt entscheiden, was er will. Ja, ich hätte noch eine andere These, hochgestochen gesprochen dazu. Weil wir sehen diese Entwicklung hin zu größeren Laufraddurchmessern, breiteren Reifen, die sehen wir ja an vielen Stellen. Also es ist gerade so die Gravel-Saison, in der eigentlich so Cross-Country-Reifen gefahren werden. Also 50 mm Breite reicht dann auch nicht mehr, sondern es wird breiter. Es gibt sogar noch ein neues Maß, 750c, das ausprobiert, diskutiert wird. Und da könnte man natürlich sagen, auf der einen Seite: „Okay, die Leute laufen oder fahren diesem Bild von größer ist besser hinterher.“ Vielleicht unterschätzt man damit die Leute aber auch ein bisschen. Vielleicht, und das wäre meine These, ist dieses schnelle Rennenfahren, du hast vorhin die Geschwindigkeiten genannt und Impulgfahren, vielleicht kommt es auf Eigenschaften eines kleineren Laufrades wie einem 650b, also eine gewisse Wendigkeit. Vielleicht kommt es darauf gar nicht so an, dass beim schnellen, ich will nicht sagen, geradeaus fahren, aber doch schon schnellen Strecke machen mit weniger engen Kurven, dass ich da einfach auf größere Reifen auch gehen kann. Ja, auf jeden Fall würde ich sagen, das ist ja immer so, wenn die Unterschiede relativ klein sind. Wenn es wirklich ein riesen Unterschied wäre, dann würden natürlich die Leute sagen, also wie du sagst, die großen Laufräder sind zu fachstabil und so. Aber gerade mit den modernen Carbonfelgen und so ist es ja so, hast du ja auch wieder eine ganze Menge Gewicht weggenommen. Und im Endeffekt ist es so, wenn mich jemand jetzt dazu zwingen würde, nur noch 700c Räder zu fahren, wäre ich nicht traurig. Ja, was hältst du von 750c? Na ja, da wird es halt ein bisschen schwierig mit dem ganzen Fahrradbau, weil der Hinterbau wird lang. Vorne kriegst du halt Probleme, dass der Reifen gegen deine Füße stößt, wenn du eine enge Kurve fährst. Der Rahmen baut sehr hoch, also wenn du nicht ein Riese bist, dann wird es halt schwierig, ein Fahrrad rumzubauen. Das ist ja auch einer der Vorteile der kleineren Laufräder, dass du halt breitere Reifen unterbringen kannst im Rahmen, ohne jetzt allzu viel Spagat zu machen. Im Mountainbike-Bereich haben wir 32 Zoll inzwischen als Prototypen. Geht dein Urteil da in eine ähnliche Richtung? Im Mountainbike kenne ich mich nicht so aus, also da will ich nichts zu sagen, weil im Endeffekt irgendwelche Hypothesen aufstellen kann jeder. Aber im Prinzip geht es ja darum, was in der Praxis funktioniert. Und das ist ja auch einer der Gründe, warum wir mit Radprofis zusammenarbeiten und warum ich auch selber Rennen fahre und so, damit man wirklich auch seine Hypothesen in der Real World, also in der Realität testen und belegen kann. Weil ich meine, es ist ja schön und gut, wenn ich sage: „Auf dem Prüfstand oder in unseren Berechnungen oder in unseren Simulationen läuft dieser Reifen besser.“ Aber im Endeffekt ist es ja so, wo es darauf ankommt, wie es wirklich draußen im Gelände oder auf der Schotterstraße oder auf der Terstraße ist. Und da kenne ich mich beim Mountainbike halt nicht so aus. Unsere Spezialität ist eben die Straße, Schotterstraße und solche Sachen. Ja, da kommen wir mal noch zu einer anderen Art von Real World. Seattle, wo eure Firma sitzt, ist in den USA. In den USA gibt es Zölle. Unter einer neuen Regierung werden Zölle als Mittel der Politik eingesetzt. Und du hast im April und Mai zwei lange Artikel dazu veröffentlicht auf eurem Blog, welche Auswirkungen Zölle auf so kleinere und mittlere Hersteller haben könnten oder haben werden. Und die Artikel klangen nicht besonders optimistisch. Also es ging um Preissteigerungen, um Verfügbarkeitsprobleme, um generelle Unübersichtlichkeiten, Richtung Chaos und auch um die Frage, welche oder wie viele amerikanische Firmen auch pleite gehen werden. Wie ist die Situation inzwischen für euch? Vor welche Probleme stellt euch das? Ja, das große Problem haben wir ja vorher schon angesprochen. Es gibt ja nur ein paar Zulieferer. Also ich würde sagen, bei Hochleistungsfahrradreifen weniger als ein Dutzend auf der ganzen Welt. Das heißt also, der Markt ist zu klein um jetzt in jedem Land eine eigene Fabrik aufzubauen. Wenn du jetzt irgendwas brauchst, was halt in jedem Supermarkt ist oder so, dann, obwohl da natürlich auch wieder Probleme gibt. Die Amerikaner haben gedacht, sie könnten. Alle Hawaii-Kaffee trinken, aber Hawaii baut gar nicht so viel Kaffee an. Überraschung! Ich kann nicht einfach sagen, ich kaufe mir einen Ofen und ein paar Maschinen und mache das. Im Endeffekt ist es so, die Zölle sind am Ende nicht so hoch gekommen, wie man ursprünglich angedroht hatte. Im Prinzip ist es halt so, als wenn die Mehrwertsteuer um 15 Prozent erhöht worden wäre. Ein bisschen problematischer ist es für den Export. Für eine kleine Firma wie uns ist es halt am sinnvollsten, das gesamte Lager für die ganze Welt an einem Ort zu haben, damit wir nicht jetzt noch Lagerhäuser woanders mieten müssen und Leute einstellen müssen und all diese Sachen. Aber natürlich, Sachen in den USA zu importieren, um sie dann wieder zu exportieren, ist im Augenblick nicht so gut, weil die 15 Prozent Zölle, die draufkommen von Japan, oder 20 Prozent von Taiwan oder 15 Prozent von der EU, nicht zurückerstattet werden, wenn du es wieder exportierst. Und da haben wir halt eine Menge Zeit drauf verbringen müssen, Lösungen zu finden, damit wir das vermeiden, damit eben nicht weltweit für alle Kunden die Preise in die Höhe gehen. Ausgesagt, jetzt sind es diese 15. Was heißt das konkret? Also ich stelle mir da zwei Fragen: Erstens, reicht ihr diese Preissteigerung durch an eure Kunden? Und zweitens, wenn zum Beispiel die Reifen aus Japan kommen und werden in Europa verkauft, also gehen die überhaupt noch über Seattle oder gehen die dann direkt nach Europa, um die Zölle zu umgehen? Ja, also erstens, natürlich, die Zölle sind ja nur auf die Produktionskosten, nicht auf den Gesamtpreis. Das heißt, was natürlich für uns ein Problem ist, weil die Produktionskosten einen höheren Anteil des Gesamtpreises sind. Zum Beispiel, wenn du jetzt sagen wir mal irgendeine Massenware herstellst, wo die Produktionskosten, sagen wir mal, 10 Prozent des Verkaufspreises sind, dann sind 15 Prozent von den 10 Prozent ja nur 1,5 Prozent. Und das ist natürlich eine Preissteigerung, die nicht so schlimm ist. Aber wenn halt deine Produktionskosten, sagen wir mal, 35 Prozent oder 40 Prozent von dem Verkaufspreis sind, dann sieht es natürlich wieder ganz anders aus. Und ja, da sind ja auch die Margen drin für die Händler und all solche Sachen. Und die muss man natürlich weitergeben, weil unsere Preise sind halt nicht so kalkuliert, dass wir sagen können, okay, wir können jetzt einfach das absorbieren, weil da ist nicht viel Luft drin. Und ja, für die Europäer haben wir halt dafür gesorgt, dass wir das so hinkriegen, dass die Preise halt nicht stark gestiegen sind. Ein bisschen sind sie einfach gestiegen, weil die Preise sowieso angestiegen sind, überall ohne Zölle. Also unsere Produktionskosten sind halt auch stark gestiegen, weil die Rohstoffpreise gestiegen sind, die Arbeitslöhne in Japan sind gestiegen und so weiter und so fort. Aber im Endeffekt hält es sich doch noch in einem sehr erträglichen Rahmen, weil ich glaube, insgesamt in der Fahrradindustrie haben halt die Leute auch gesagt, wir wollen jetzt nicht im Augenblick starke Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben und haben halt gesehen, ob man nicht irgendwo anders noch Einsparungen machen kann, um das ein bisschen auszugleichen. Ja, aber habe ich das jetzt richtig vermutet, dass ihr nicht mehr alle Produkte erst in die USA importiert und dann wieder exportiert? Dass die für Europa zum Beispiel direkt nach Europa gehen? Ja, das ist halt, aber mittlerweile haben wir es halt so durchorganisiert, dass es wieder ganz gut läuft. Da waren ein paar Monate, wo es halt ja alles ein bisschen chaotisch war, weil man eben auch nicht wusste, wie die Preise, wie diese Zollgebühren sich entwickeln würden. Klingt jetzt, also ich will dich da auch nicht so lange quälen, aber nur, dass ich es verstehe. Und ich finde, die Frage liegt natürlich auf der Hand. Wenn wir mit dir ins Härtel sprechen, dann weiß man, dass ihr irgendwie davon betroffen seid. Klingt für mich so, es ist sehr unangenehm, es ist sehr schwierig, damit zurechtzukommen. Aber es ist jetzt für euch aktuell nicht existenzbedrohend. Es wird halt einfach nur teurer für alle Beteiligten. Ist das so richtig zusammengefasst? Ja, teurer, mehr Arbeit. Im Endeffekt ist es halt so, bei uns ist es ja so, dass wir brauchen halt die Reifen für unsere eigenen Räder. Wir hören jetzt nicht auf, irgendwas zu machen, bloß weil es halt schwieriger wird oder so. Aber ich kann mir natürlich schon vorstellen, es hat ja in den USA auch schon einige Firmen gegeben, gerade im Bereich mehr Bekleidung und Taschen und sowas, die halt zugemacht haben, die gesagt haben, es lohnt sich nicht mehr. Jetzt könnte man natürlich sagen, naja, das Ziel ist ja, die Produktion in die USA zu holen. Reifenproduktion in den USA. Was sagst du dazu? Aber nur, um den US-Bedarf zu decken, so viele Radfahrer gibt es hier gar nicht. Aber im Prinzip, ich meine, ich habe mir da viel Gedanken natürlich darüber gemacht. Das war ja immer schon so, guck mal, in Deutschland kennt man ja zum Beispiel Solingen, die Messerfabrik. Die haben nach ganz Europa exportiert. Da wurde auch nicht in jedem Ort, selbst im Mittelalter, wurde nicht in jedem Ort Messer geschmiedet, sondern das wurde irgendwo gemacht, wo es das Know-how gab. Im Mittelalter nicht, das war schon die anfängliche industrielle Revolution. Das war, wo es die Wasserkraft gab. Da hat man die Hämmerwerke, um eben den Stahl herzustellen und all sowas. Und selbst vor 300, 400 Jahren hat man schon die Produktion von hochwertigen, spezialisierten Sachen an bestimmten Orten konzentriert, weil das einfach keinen Sinn macht, dass das in zu kleinen Sachen… Wenn du dir eine Schmiede für unsere Kurben anguckst, das Ding ist also so hoch wie ein Haus. Das haut mit, ich glaube, 8000 Tonnen, nicht 8000 Kilo, 8000 Tonnen Gewicht auf den Rohling, um den eben in die Form von einer Kurbe zu bringen. Was meinst du, was du dafür ein Fundament erst einmal brauchst? Du kannst also so ein Schmiedewerkzeug gar nicht in eine normale Werkhalle stellen. Da musst du ein ganz neues Gebäude für bauen. Und das ist auch der Grund, warum praktisch alle Fahrerteile in Taiwan geschmiedet werden, wenn sie geschmiedet werden. Also selbst die Rohteile für französische oder italienische Kurben kommen aus Taiwan, weil die die Maschinen haben, die haben das Know-how und so, und das kannst du nicht hier bei mir in Seattle in den Garten stellen. Ja, das kann ich mir vorstellen, dass das schwer zu machen ist. Und das hört man ja auch aus vielen anderen Bereichen und Branchen, dass das natürlich nicht so einfach möglich ist, das zu machen. Aber du hast gesagt, ihr braucht die Reifen selber zum Fahren in den USA. Und immer wenn wir sprechen hier, dann sprechen wir auch kurz darüber, was du so fährst. Du bist bei einer Veranstaltung, die heißt Oregon Cascades Volcanic Arc, etwas gefahren. Das heißt FKT, Fastest Known Time. Erklär mal bitte, was du da gemacht hast und was das ist. Ja, das sind diese Bikepacking-Routen, die halt praktisch, wie soll man sagen, so durch die Community erstellt werden. Jeder, der sich da interessiert und so, kann halt eine Bikepacking-Route machen, und die wird dann veröffentlicht und dann gibt es einen GPS-Track und so. Und da sieht man natürlich auch mal, wie schnell man die fahren kann. Ich hatte ja früher mal bei diesem Oregon Outback, der ja sehr beliebt ist, die FKT, also die Fastest Known Time, aufgestellt. Und diese Oregon Cascades Volcanic Arc ist auch eine Strecke, die die ganze Länge von Oregon abfährt. Das sind 420 Meilen. Was ist das? Ein bisschen unter 700 Kilometer? Ja, das ist schon super. Die aber über die Gipfel der Kaskaden fährt, also die höchsten Straßen immer an den Gipfeln lang, also wesentlich mehr Höhenunterschiede. Am Crater Lake kommt man auf, wie hoch war das da? Zweieinhalb Tausend, fast dreitausend Meter Höhe. Und wir können ja noch zur Erklärung dazu sagen, die Kaskaden sind eben diese, das sind die Vulkane oder die ehemaligen Vulkane dort an der Westküste. Ja, das ist die Bergkette der Westküste, die praktisch von Kanada bis nach Kalifornien runtergeht. Und diese Vulkane gehören dazu. Viele Leute kennen wahrscheinlich Mount St. Helens, ist wahrscheinlich am bekanntesten, weil der mal sich ein bisschen bewegt hat. Genau, da kann man auch hochfahren mit dem Fahrrad, das ist toll. Da stehen noch ganz viele riesige Bäume, die halt bei dem Vulkanausbruch gestorben sind, weil die ganzen Blätter und Äste alle weggeflogen sind. Stehen dann noch rum in der Landschaft, heute noch. Das ist ja mittlerweile fast 50 Jahre her. Ich habe die 420 Meilen hier eingegeben, 675 Kilometer sind das. Das also über oder entlang durch die Kaskade. Auch wenn wir wissen, dass es auf die Zeit eigentlich nicht ankommt, aber hier ist es fast as now and time, also die schnellste Zeit, Rekordzeit. Da musst du es doch sagen, wie schnell bist du gewesen? Knapp unter 50 Stunden, aber es war früh in der Saison. Ich hatte unheimlich viel Schnee. Ich musste also mein Fahrrad fast 20 Kilometer durch den Schnee tragen, und das war ein bisschen mühsam. Aber du weißt ja, wie es immer ist: Man denkt ja, nach der nächsten Kurve hört der Schnee auf, weil man sagt, dann geht es ein bisschen bergrunter. Aber dann nicht, die nächste Kurve im Schatten, und dann hört der Schnee doch nicht auf. Und so geht es dann immer weiter, bis man dann sagt, okay, jetzt muss man sowieso durch, weil halt zurück sowieso schwieriger ist und so. Aber es war schon ein tolles Erlebnis, dann am Crater Lake abends anzukommen und dann im Mondschein bei vollem Mond durch die Berge zu fahren und so. War schon toll. Ja, und jetzt warte mal bitte, die 20 Kilometer durch den Schnee tragen, waren das 20 Kilometer am Stück? Also war das eine Schnee, eine zugeschneite Straße, oder war das immer mal wieder und addiert 20 Kilometer? Immer mal, also drei verschiedene Strecken. Eine war relativ lang, die zweite war relativ kurz, und die dritte war völlig überraschend, hatte ich gar nicht mit Schnee gerechnet. Auch nochmal, die dritte war dann nachts bei vollem Mond, das war eigentlich ganz gut, der Vollmond, weil da brauchte ich keine Beleuchtung. Okay, was denkt jemand wie du? Also wie gehst du damit um? Du fährst so eine Route, fährst da in der Nacht, hast den Vollmond, freust dich vielleicht über den, dann biegst du um irgendeine Kurve oder fährst über irgendeine Kuppe und dann siehst du vor dir so eine weiße Fläche und du realisierst, das sind jetzt nicht nur 100 Meter. Beschreib mir doch mal, wie du damit umgehst. Musst du lachen, musst du fluchen, was machst du? Einfach weiter. Das ist eben so wie im Leben auch. Wenn irgendwie was schiefgeht, dann sagst du, okay, wie lösen wir das? Wie machen wir weiter? Und im Endeffekt weißt du ja, dass es irgendwann aufhört. Also ganz stoisch einfach, okay, das ist jetzt da. Ich meine, manchmal fluchst du schon, gerade so, wenn du so ein Fahrrad auf Schnee schiebst, wenn du es nicht tragen willst mehr, dann schiebst du es halt, wenn der Schnee hart genug ist. Aber das rutscht dann seitlich weg. Das heißt, du musst das relativ gerade schieben, und dann haut dir immer das Pedal gegen das Schienenbein, und dann fluchst du dann doch mal. Ich muss in solchen Situationen meistens erst mal lachen, weil ich es so komisch finde. Dieses eine Schneefeld oder diese Schneefläche da nachts, Vollmond, wie lang hast du da geschoben? Wie lang war das? Ach, das war 45 Minuten oder eine Stunde vielleicht, also nicht so schlimm. Und es ging auch leicht bergrunter schon. Das war auf der anderen Seite von den Bergen. Kalapuya Mountains heißen die, also diese Subkette der Cascade Mountains oder Kaskaden. Aber andererseits, das Gefühl einfach, dass du da bist und kein Mensch da ist. Du weißt auch, dieses Jahr ist noch gar keiner da lang gefahren, weil keine Spuren sind. Keiner mit dem Auto oder mit dem Geländewagen oder nichts, auch nicht mit dem Fahrrad. Du bist da praktisch ganz alleine. Du hast seit fünf oder sieben Stunden keinen Menschen gesehen. Der Vollmond beleuchtet die Landschaft. Wenn du also da oben bist, dann siehst du wirklich weit, weit, weit über die Landschaft. Das ist einfach ein Gefühl, das du beim normalen Fahrradfahren kaum hast. Und das ist nicht etwas, was ich jetzt täglich brauche. Aber einmal im Jahr sowas zu erleben, finde ich halt doch für mich ist das ganz faszinierend. Ja, wenn ich dir so zuhöre, kann ich das nachvollziehen. Ja, und auch die Abfahrt dann am Schluss nach Portland hin, da ging es über eine Stunde lang nur bergrunter auf Schotter mit vollem Tempo. Also ich glaube, mein Durchschnitt während der einen Stunde war über 35 Stundenkilometer mit allen Kurven und so und auch noch ein paar kleinen Anhebungen. Also die meiste Zeit war ich mit 45, 50 unterwegs bei Vollmond. Da lebst du wirklich nur im Moment. Da bist du wirklich voll gespannt, weil du halt jede Kurve anbremst und fühlst, wie das Fahrrad kurz vorm Blockieren ist. Und dann gehst du um die Kurve rum und dann guckst du wieder, wo liegen am wenigsten Steine und so. Und du bist also wirklich, ja, es ist keine Meditation, aber du denkst an nichts anderes als nur wirklich, was vorm Fahrrad liegt. Und für mich ist das auch ein ganz tolles Erlebnis. Ja, das merkt man, wenn du das erzählst, und das ist auch nachvollziehbar. Jan, ich danke dir, dass du mit mir so ein bisschen grundlegend über Reifenentwicklung gesprochen hast und auch über die Hintergründe eurer Reifenentwicklung, auch über die Probleme dabei. Ja, da gibt es noch viele Geschichten. Irgendwann müssen wir mal darüber reden, wie wir mal Stollenreifen gemacht haben, damit wir testen konnten, ob so breite Slicks funktionierten. Und dann hatten Bekannte von uns, ein Rahmenbauer, Peter Weigel, die Stollen abgeschliffen, damit wir breite Slickreifen machen konnten, ohne eben die Form zu machen, weil wir eben nicht wussten, ob so ein breiter Reifen wie ein Basketball über die Straße hüpft oder ein ganz tolles Fahrgefühl hat. Und jetzt ist der Moment, wo ich für dich und für alle anderen, die es nicht gehört haben, verweisen kann auf eine Aufnahme hier im Antritt vom Mai oder Juni von Himmelfahrt, als wir nämlich mit genau diesem Peter Weigel gesprochen haben, oder ich mit ihm gesprochen habe, auf dem Fenderfest in Groß Lüben in der Prignitz. Und da ging es auch darum, dass er Reifen abgeschliffen hat. Mehr dazu findet man aber in dem Gespräch. Und Jan, dir schicke ich natürlich auch den Link. Und ja, ganz vielen Dank, und ich hoffe, dass ihr weiter so gut durch die Schwierigkeiten navigiert, die sich dann für euch ab und zu darstellen. Ja, Schneefelder sind besser, aber es geht schon. Nee, also vielen Dank auch. Und ja, vor allem hoffe ich, dass wir mal irgendwann mal wieder zusammen fahren können. Das versuchen wir. Man kann also nicht nur einen Podcast komplett ums Thema Fahrrad stricken, sondern auch ein ganzes Magazin betreiben und auch noch eine Marke für Komponenten gründen, die für diese Art Radfahren gemacht sind. Ich kenne Jan jetzt schon seit einer ganzen Weile, und mir fällt immer wieder auf, wie inspiriert er vom Langstreckenfahren ist, wie viel Antrieb ihm das zu geben scheint und wie konsequent er sich diesem Thema widmet. Und ich vermute, das hat auch ein bisschen was zu tun mit dieser beeindruckenden Gegend, in der er wohnt, in der der Babyshoe Pass und andere tolle Pässe liegen und an dieser gefühlten Wildnis dort und dieser Weite der Cascades, in die er immer wieder aufbricht. Wenn ihr noch mehr Gespräche mit Jan hören wollt, dann schaut doch mal in die Show Notes. Ich habe euch dort eine Folge aus dem letzten Jahr verlinkt, in der wir so allgemein verständlich wie möglich über die physikalischen Hintergründe der Lenkgeometrie eines Fahrrades sprechen und eine andere Folge zur beeindruckenden Rando Wallfahrt in Frankreich, dem alle vier Jahre stattfindenden Paris-Brest-Paris. Die habe ich euch auch noch verlinkt. In der nächsten Folge geht es dann hier im Fahrrad Podcast Antritt weiter mit neuen Fahrrad-Themen. Am 3. Oktober erscheint die nächste Ausgabe, und wenn ihr gut findet, was ihr hier hört, dann gebt uns gerne eine gute Bewertung auf der Podcast-Plattform eurer Wahl. Ihr findet uns außerdem auf Instagram und Mastodon, und ihr könnt uns gerne schreiben an antritt@detektor.fm. Und ich verbinde das mal noch mit einem kleinen Aufruf: Wenn ihr Ausfahrten gemacht habt, in denen Licht und Dunkelheit eine Rolle spielen, dann schreibt uns doch kurz. Vielleicht hören wir uns dann bald. Diese Folge könnt ihr hören, weil Wiebke Stark und Stanley Baldorf sie produziert haben, und Stan, der hat mir auch den Tipp zum aktuellen Song gegeben, der passt super zu meiner Anmoderation. Dabei kennt Stanley noch gar nicht. Hier ist John Shelley mit „Field Guide to Wild Life“. Und der Field Guide to Bike Life namens Antritt, der sagt: Gute Fahrt und wenn ihr mögt, bis nächste Woche. Ciao. [Musik: Joan Shelley – Field Guide to Wild Life]