Eine lebende Skulptur
Er übergoss sich mit Klebstoff, zwängte sich in Korsetts oder gleich in Ganzkörperanzüge, trug Masken, Brillen — gern auch mal drei auf einmal –, balancierte auf Plateauschuhen und piercte sein Gesicht: Leigh Bowery. „Jeder andere wäre in Bowerys Outfits keine drei Schritte weit gekommen“, schreibt Oliver Koerner von Gustorf im Monopol-Magazin. Bowery machte sich selbst zum Kunstwerk, zu einer lebenden Skulptur, die er auf den Londoner Straßen ausführte, in Upper-Class-Tea-Rooms und auf die Tanzfläche seines eigenen Nachtclubs — dem legendären „Taboo“.
Leigh Bowery wurde als Modedesigner, Fashionikone und Clubpromoter bekannt. Da hat man nicht gesagt „Künstler“, aber man hat ihn künstlerisch verstanden.
Oliver Koerner von Gustorf, Monopol-Magazin

Intuitiv und ohne Rücksicht
Er war ein Outsider, der Anfang der 1980er Jahre mit Anfang zwanzig aus Australien nach London kam, um sich dort als Modedesigner zu verwirklichen. Ohne formale künstlerische Ausbildung, aber mit einem schier endlosen Quell an Inspiration legte er los. Zu Beginn ohne Erfolg: Er jobbt bei Burger King, um sich über Wasser zu halten. Als er die Dragqueen Yvette the Conqueror trifft, schafft er den Einstieg in die Szene, in der er schnell zur Ikone wird. 1985 eröffnet Bowery das „Taboo“ — mitten in der konservativen Thatcher-Ära. Der Club avanciert schnell zum Treffpunkt der Szene mit ungeahnter Strahlkraft.
Während andere Künstlerinnen und Künstler, zum Beispiel Marina Abramović, von Galerie zu Galerie tourten, lief Bowery auf Laufstegs, entwarf die Kostüme für die avantgardistischen Inszenierungen von Michael Clark und tourte von Club zu Club, erzählt Oliver Koerner von Gustorf im Podcast.
Er hat gar nicht auf sich aufgepasst und auch ohne den Rückhalt von Institutionen gearbeitet.
Oliver Koerner von Gustorf
Leigh Bowery habe „short livity“ gemacht, habe sich völlig verausgabt, erklärt Oliver Koerner von Gustorf. In diesem Jahr jährt sich der 30. Todestag von Leigh Bowery. Er starb in der Silvesternacht 1994/1995 an den Folgen von HIV. Die Londoner Tate Modern widmet ihm und seinem Werk gerade die Ausstellung „Leigh Bowery!“.
In dieser Folge von „Kunst und Leben“, dem Podcast in Kooperation mit dem Monopol-Magazin, spricht detektor.fm-Moderatorin Sara-Marie Plekat mit Oliver Koerner von Gustorf vom Monopol-Magazin über das Leben und Werk von Leigh Bowery.
Die Ausstellung „Leigh Bowery!“ in der Londoner Tate Modern könnt ihr noch bis zum 31. August besichtigen.