Sie trugen ausgefallene Perücken, Hüte, Westen und Röcke, handgemacht aus Pappe. Auf den weißen Flaggen, die sie mit sich trugen, stand in blauer Farbe: „Breathe“ (Atme) oder „Find the Last Good Idea“ (Finde die weniger gute Idee). So tanzten und sangen sie durch die Dresdner Innenstadt, die bröselischen Terrassen entlang, vorbei an der Semperoper und an der Frauenkirche. Sie spielten Schattenspiele auf dem Fürstenzug. Und mitten unter ihnen der, der diese Prozession ins Leben gerufen hat: William Kentridge. In dunklem Anzug, einen Regenschirm elegant über den Arm gehängt, wippt er im Rhythmus der Musik mit. Es ist der Auftakt seiner Ausstellungen „Listen to the Echo“. Hierfür haben sich die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und das Museum Folkwang in Essen zusammengetan und eben diese Doppelausstellung konzipiert, die Anfang September eröffnet wurde. Es ist die bislang größte Präsentation seines Werkes in Deutschland. „Listen to the Echo“ (Höre auf das Echo) – mit welcher Aufforderung William Kentridge an die BesucherInnen da herantritt, darum geht es in dieser Folge. Mein Name ist Sarah Marie Plekat. Kunst und Leben – der Monopol-Podcast von detektor.fm. William Kentridge, geboren 1955, wuchs als Enkel litauisch-jüdischer Einwanderer in Südafrika auf, in einem Vorort von Johannesburg. Er wächst privilegiert auf und weiß darum. Seine Eltern sind berühmte Juristen und kämpfen gegen das Apartheid-Regime. Kendridges Vater vertrat unter anderem Nelson Mandela. Seine Mutter gründete eine kostenlose Rechtshilfe für Betroffene. Die Geschichten Südafrikas fließen in sein Werk ein. Anlässlich seines 70. Geburtstags jetzt im vergangenen April widmen gleich zwei Städte William Kentridge eine Ausstellung. Elke Buhr, Chefredakteurin des Monopol Magazins, hat vor der Eröffnung mit dem Künstler darüber gesprochen. Hallo Elke. Hallo. Als Kind dachte William Kentridge, so hat er es mal erzählt, er würde ein Elefant werden. Weil ihm das aber nicht gelang, blieb ihm nichts anderes übrig, als Künstler zu werden. Ganz so einfach war es dann doch nicht. Er hätte ja auch Anwalt werden können, wie seine Eltern zum Beispiel. Warum dann aber doch die Kunst? Was wollte er erzählen? Das mit dem Elefant ist so typisch für Kentridge. Der muss einfach immer Geschichten erzählen. Und ich finde das so toll, dass er eigentlich dieses Kindliche hat. Eigentlich könnte ich auch Elefant werden. Ich meine, damit ist ja schon gesagt, warum er kein Anwalt geworden ist. Weil nur als Künstler kann man sich ja damit beschäftigen, dass man eigentlich vom Mensch zum Elefant und zurück sich verwandeln kann. Und das ist ja genau der Kern seiner Kunst. Also ich glaube, der ist einfach Künstler durch und durch. Das ist auch so ein typischer Aspekt. Wenn man ihn sieht, es gibt so eine ganz tolle Serie, die auf Mubi noch läuft, die er selber während der Pandemie gedreht hat, wo man ihn in seinem Atelier sieht, Tag ein Tag aus. Und wie er einfach die ganze Zeit irgendwas zeichnet, irgendwas macht, ganz viel Zeug da hat und immer irgendwas in etwas anderes verwandelt. Und ich glaube, also Anwalt, er sagt das glaube ich eher einfach immer, um so einen kleinen Witz zu machen, weil dann alle sagen: „Ha ha, das hätte doch niemals funktioniert.“ Trotzdem sind die Themen ja auch für ihn immer noch relevant. Was ich auch interessant oder witzig fand, ist, dass er dann auch so mit 30 gesagt hat: „Ja, irgendwie ist der Zug jetzt für eine bestimmte Richtung aber auch abgefahren.“ So irgendwie verschiedene Richtungen, Schauspiel war interessant, aber auch Kunst, aber auch Performance. Irgendwie so sehr wandelbar und sich nicht auf eines besonders festlegen. Ich fand das sehr, sehr sympathisch. Jetzt auch in der Vorbereitung. Seinen internationalen Durchbruch erlangte Kentridge Mitte der 90er Jahre, fast zeitgleich mit dem Ende der Apartheid. Wie erlebte er die Zeit damals? Ja, er hat darauf hingewiesen in dem Gespräch, dass natürlich während der Apartheid gab es ja einen Kulturboykott. Das heißt, dass er praktisch unbeobachtet vom Rest der westlichen Welt seine Kunst gemacht hat und sich auch entwickelt hat, ohne sich ständig vergleichen zu müssen oder ohne überhaupt dran zu denken, dass irgendwelche Kuratoren aus dem Ausland kommen würden und ihm eine internationale Karriere bescheren. Und er meint, nur deswegen hätte er sein ja doch sehr besonderes Werk so entwickeln können, weil er eben ganz anders gearbeitet hat. Denn in den 80er Jahren war ja noch so Konzeptkunst und abstrakte Malerei und so weiter. Und was er gemacht hat, war ja genau das Gegenteil. Also dass er halt figurativ gemalt hat, mit Kohle auf Papier, also ein ganz archaisches Medium, und das dann abfotografiert. Ich war sowohl überrascht als auch überrascht, dass mein Werk auf mehrere internationale Ausstellungen und Biennialen und sogar Dokumenta eingeladen wurde. Weil das Werk so anders aussah als das Werk, das meine Kontemporäre gemacht haben, das ich in Kunstmagazinen gesehen habe. Es war in der Tat ein Glück, dass wir damals den kulturellen Boykott in Südafrika hatten. Also hatte ich keine Erwartungen, dass mein Werk jemals Teil einer internationalen Kunstkonversation sein würde. Also konnte es seinen eigenen idiosynkratischen Weg entwickeln. Mit Scharkoal zu arbeiten, nicht mit Öl, nicht konzeptionell, sondern mit alten faschischen Scharkoaldrahten, die dann in Animationsfilmen geworden sind. Ich denke, was die Leute damals sahen, und das muss man ihnen mehr als ich fragen, war der Eindruck der Handarbeit. Nicht der besonders skillte Künstler, nicht der großartige Künstler, sondern etwas, das man sehen konnte, wurde von der Hand gemacht. Ja, und er sagte halt, er war wirklich überrascht, dass er dann nach dem Ende der Apartheid zu verschiedenen internationalen Ausstellungen eingeladen war und dass er dann auch sich überlegt, was war eigentlich der Grund. Also, was haben die Leute gesehen in dem, was er da gemacht hat? Und er meint, das Besondere war wahrscheinlich, dass es so einfach ist. Also, dass man es einfach so… Es ist eigentlich ja so ein Kindertrick, also so Animation für Anfänger sozusagen, ganz archaisch. Man macht ein Bild, man macht ein Foto, macht das nächste Bild. Und er hat dann zu mir auch gesagt, das könnte ja ein Achtjähriger machen. Was natürlich überhaupt nicht stimmt, also total kokett. Aber er meint halt, dieses Ursprüngliche, dieses Gefühl des Handgemachten, das war vielleicht das, was die Leute dazu gebracht hat, ihn interessant zu finden. In eben diesen Filmen, die du auch gerade schon erwähnt hast, taucht immer wieder eine bestimmte Figur auf: Soho Extin, ein Unternehmer, ein weißer Kapitalist, durch dessen Fernglas wir die Ungerechtigkeiten Südafrikas erleben, die Unterdrückung, die Gewalt. Würdest du sagen, Kentridge ist ein politischer Künstler? Auf jeden Fall ist er ein politischer Künstler, insofern, als dass er die Geschichte seines Landes reflektiert in dem, was er da macht. Also, er hat dann ja auch sehr schnell angefangen, ein sehr, sehr gemischtes Team aufzubauen, hat viel mit schwarzen Musikerinnen und Musikern, Tänzerinnen und Tänzern zusammengearbeitet und hat, glaube ich, inhaltlich das war ihm einfach ein Anliegen, auch dieses Erbe der Apartheid zu behandeln und diese wahnsinnige Brutalität, die sein Land da erlebt hat. Und gleichzeitig ist es aber nicht so politische Kunst, wie man sie vielleicht von anderer Ecke her kennt, dass sie so agitiert oder so, sondern das ist eigentlich eine Kunst, die erzählt und die sich auch einfühlt. Also die sozusagen die Gewalt als Gefühl darstellt. Und ja, also deswegen historisch politisch, ist aber jetzt nicht… Ich fand es nie aktivistisch oder so. Ich meine mich auch zu erinnern, in einem schon etwas älteren Dokumentarfilm, wo er meinte, dass für ihn auch gerade wenn es um politische Kunst geht, auch so die Ambivalenzen, die Widersprüche, auch das Entscheidende oder Interessante sind und nicht dieses eine Plakative, weil eben die Welt ja aus ganz verschiedenen Widersprüchen, auch die politische Welt, daraus besteht. Und deswegen sollte das ja auch genauso da in diese Kunst einfließen. Ganz interessant finde ich auch, dass für ihn vor allem auch diese Frage der Verantwortung eine zentrale Rolle spielt, wie er auch hier im Gespräch noch mal mit dir erzählt. Es ist nicht einfach für mich zu sagen: „Ja, ich bin zu allen verabschiedet.“ Die Frage ist: Menschen, deren Leben durch die Jahre der Apartheid verletzt wurden, wie verabschiedet sie sich wünschen? Und das ist eines der großen Dinge in Südafrika, anstatt in vielen Orten der Welt. Es gab einen ehrlichen Wunsch für viele Menschen, schwarz und weiß, für die meiste, die große Mehrheit, für die neue Gesellschaft, um zu arbeiten, um es nicht in einem fortschreitenden, endlosen Krieg zu beenden. Es gab ethische und andere Kosten dazu. Wir mussten uns für die Wahrheit statt für die Gerechtigkeit entscheiden, um herauszufinden, was passiert ist. Aber das wurde nur mit dem Preis, dass niemand für seine Aktionen Verantwortung nehmen musste. Ja, worauf er da anspielt, sind die Truth Commissions. Also nach dem Ende der Apartheid in Südafrika wurden so Kommissionen eingerichtet. Das waren keine offiziellen Gerichte, aber so etwas Ähnliches. Da ging es darum, sich auszutauschen. Da ging es darum, dass die Opfer sagen konnten, was geschehen ist. Und es ging eben nicht darum, juristisch zu verurteilen. Und er sagt, das war der Preis dafür. Also der Preis dafür, dass wir darüber reden konnten, was geschehen ist. Und der Preis dafür, dass diese Gesellschaft versucht hat, sich wirklich zu versöhnen und eben nicht in einem endlosen Bürgerkrieg zu enden, war eben, dass viele Verantwortliche nicht verurteilt wurden. Und das ist etwas, das muss man, glaube ich, einfach aushalten. Und du hast gerade gesagt, das müsse man aushalten. Welchen Schluss zieht er selber denn aus dieser Erfahrung, aus dem, was dort passiert ist? Naja, er selber reflektiert das halt sehr deutlich, dass er sehr privilegiert natürlich aufgewachsen ist, als weißer Mensch, auf gute Schule gegangen ist und so weiter. Und für ihn liegt die Verantwortung dann darin, daraus so viel zu machen wie möglich. Und er meinte, dass er so ein krasser Workaholic ist. Das liegt letztlich auch für ihn daran. Also, dass er denkt: „Okay, ich habe das Privileg, hier Künstler zu sein und auch noch ein Künstler, der international wahrgenommen wird. Also muss ich auch alles geben für diese Kunst.“ Und deswegen arbeitet er eigentlich die ganze Zeit. Und genau diese Arbeit haben wir schon so ein bisschen angerissen, auch so ein bisschen die Art, wie er da arbeitet, also den Prozess, wie er die Filme animiert. Was ich interessant finde, Teil eben dieses Prozesses ist, das bereits Gewesene, die vorherige Bewegung als Erinnerung oder als verblassten Hintergrund stehen zu lassen. Die Vergangenheit ist also immer auch Teil der Gegenwart, könnte man sagen. Vielleicht ja auch ein Wiederhall, wie bei einem Echo. „Listen to the Echo“ (Höre auf das Echo) – so der Titel seiner Ausstellungen. Was hofft Kentridge denn zu hören in diesem Echo? Na, ich glaube, das bezieht sich einfach auch ganz viel auf das Musikalische, also dieses Echo. Also Kentridge arbeitet ja eben nicht nur mit Film, sondern er arbeitet auch mit Performance. Er ist ja auch ein ganz toller Theatermacher. Er hat Opern gemacht und er meinte auch zu mir, dass eigentlich, was er entdeckt hat, auch bei der Zusammenarbeit mit seinen schwarzen Kollegen und Kolleginnen, war deren Verhältnis zur Musik. Das findet er ganz toll. Also er ist halt aufgewachsen mit westlicher Musik, aber er findet halt diesen Zugang, diesen expressiven Zugang auch zum Tanz und so weiter, das findet er total faszinierend. Und ich glaube, dass er also sein Echo ist, also er ruft etwas in die Welt hinaus, es kommt etwas zurück. Das ist, glaube ich, ganz abstrakt. Aber ich sehe da bei mir da auch immer so vor mir. Er hat ja ganz viel diese Prozessionen, womit er das, damit hast du ja auch angefangen, womit er jetzt auch in Dresden gearbeitet hat. Und da läuft eigentlich immer jemand und hat so eine Trompete und läuft so von rechts nach links irgendwie durchs Bild und hat irgendwie seine Musik. Und die Musik geht raus in die Welt. Und das ist, glaube ich, das, was bei Kentridge auch so schön ist, dass man irgendwie immer das Gefühl hat, da geht irgendwas weiter. Und da gibt es Menschen, die laufen zusammen, die machen was zusammen, die gehen zusammen und die musizieren zusammen. Ich fand es auch ganz interessant. Es gibt da ein sehr, sehr schönes Video auch von aus Dresden, eben von dieser Prozession, wo das quasi begleitet wurde vom Anfang bis zum Ende. Und wie dann diese Menschenmassen da einfach auch mitgehen und alle zusammen tanzen und so kleine Tröten auch haben und das quasi da schon in diesem Beginn, in dieser Prozession auch irgendwie wieder halt quasi so eine Botschaft auch nach draußen zu bringen, die da in den Leuten auch resoniert. Ich würde gerne noch über das Thema Zukunft ganz kurz mit dir sprechen und zwar auch zur politischen Lage, die aktuell besteht in Südafrika. Denn auch 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid herrscht noch keine wirkliche Gleichberechtigung in Südafrika. Mehr als 60 Prozent der EinwohnerInnen leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Arbeitslosenquote ist sehr hoch und vor allem einer der größten Faktoren: 80 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen gehören bis heute der weißen Minderheit im Land. Und 7 Prozent der Bevölkerung hat Kentridge Hoffnung, dass sich daran in Zukunft etwas ändern wird. Vielleicht auch durch Aktionen, wie eben gerade auch beschrieben, die die Welt hinaustragen und wieder zurückkommen. Ich glaube, so konkret ist das gar nicht. Also, der sagt jetzt nicht: „Ich mache jetzt hier irgendwie Kunst und dann ändert sich die Arbeitslosenquote“ oder so. Das wäre viel zu direkt gedacht. Also ich glaube auch, es gibt ja immer so zwei Sachen. Das eine ist, Kunst bezieht sich auf den konkreten Kontext, aus dem sie auch kommt und auf eine konkrete Zeit und eine konkrete politische Situation. Aber sie wird natürlich nur dann auch international wirksam und für viele Menschen wirksam, wenn sie universelle Dinge anspricht. Und ich glaube, das ist halt bei Kentridge der Fall. Deswegen sehen wir ihn ja jetzt auch so gerne in Dresden und in Essen. Weil das, was er da macht, das ist eben nicht auf die südafrikanische… Also das hat seine tiefen Wurzeln in der südafrikanischen Gesellschaft, aber es ist natürlich überhaupt nicht darauf beschränkt. Also da ist ja auch noch der ganze Shakespeare mit drin oder da ist irgendwie die ganz, ganz sozusagen ganz viel auch an Literaturgeschichte, an Musikgeschichte. Und da ist vor allen Dingen diese grundsätzliche Frage nach der Veränderlichkeit der Welt, also nach dem Prozess. Also ich glaube, das ist für mich auch das, was so in dieser Animation drin steckt und warum ich das so gerne sehe. Ich hatte nämlich, als ich mich auf das Gespräch mit Kentridge vorbereitet habe, eben nochmal diese Filme gesehen. Und ich dachte so: „Krass, warum kriege ich so gute Laune davon?“ Also ich war so wirklich, wenn man so ganz, wenn es einem so nicht gut geht, dann kann man einfach so ein bisschen Kentridge gucken. Und dann gibt es so ein ganz hoffnungsvolles Gefühl. Und ich dachte, warum eigentlich? Und ich glaube, das liegt eben daran, dass sich bei ihm alles immer wieder verändert. Also du hast halt durch dieses Bild von der Zeichnung, die sich dann, wo sich dann der Baum, wo der Baum anfängt zu blühen, dann verblüht er wieder. Du hast das Grab, aus dem Grab kommt die Blume, die Bombe explodiert und trotzdem entsteht dann wieder eine blühende Landschaft oder so. Hast du halt immer das Gefühl, das geht irgendwie weiter. Es kann irgendwie noch was kommen. Und das habe ich ihm auch gesagt. Ich habe gesagt: „Die Metamorphose ist für mich das, was Hoffnung gibt.“ Und da meinte er auch so: „Ja, die Metamorphose.“ Aber für ihn selber ist es eigentlich was anderes. Also für ihn ist das, was ihm Hoffnung gibt, wenn er mal nicht so guter Laune ist, wirklich einfach das Kunstmachen. Also dieses Gefühl, er hat ein Blatt Papier und dann kommt der erste Strich, der erste Pinselstrich, der erste Malstrich auf diesem Papier. Und das ist für ihn eigentlich schon die Hoffnung, weil er sagt: „Okay, ich mache jetzt hier was, da wird was draus werden, das wird jemand sehen.“ Und dann geht es ihm auch schon wieder besser und hat wieder mehr Lust aufs Leben. Zeichnungen, Filme, Druckgrafiken, Skulpturen, Performances, Installationen, Theaterinszenierungen, Musik – ganz breit aufgestellt ist William Kentridges Werk. Sehr unterschiedliche Darstellungsformen. Eine Figur oder ein Objekt, könnte man eher sagen, ist eigentlich fast immer mittendrin: Die Bialetti, italienische Espressokocher, der, glaube ich, bei sehr, sehr vielen auch hier zu Hause auf dem Herd steht. Dabei trinkt er gar nicht so gerne aus dieser Bialetti, sondern eher French Press. Hat er dir im Gespräch erzählt. Was hat es denn dann mit der Bialetti auf sich? Ja, total witzig. Gerade deswegen meinte er, also weil er die ja nicht in der Küche braucht, also weil er den Espresso nicht trinken will, kann er ja diese Kaffeekanne mit ins Atelier nehmen und kann sie malen. Das ist natürlich auch wieder so ein Witz. Also ich glaube, er findet einfach die Form toll, weil die Form ist so nah letztlich an der menschlichen Form. Das sind halt so kleine Figuren. Und die kann man ja halt, die setzt er dann anstelle seines Kopfes ein oder er lässt sie durch die Gegend laufen oder so. Ich glaube, das ist halt einfach wiederum das Genius des italienischen Designs, dass die mit dieser Kaffeekanne einfach so eine Persönlichkeit geschaffen haben. Und er sagte halt, also diese Filmserie, die er gemacht hat, heißt ja „Selbstporträt als Kaffeekanne“. Und er meinte, er hätte auch irgendwas anderes nehmen können. Hauptsache, es ist irgendwie lächerlich. Also es geht auch darum, sich selber so als eine lustige Theaterfigur darzustellen. Und das ist halt sein Understatement, das ihn halt durch diese ganze Karriere trägt. Im Grunde also das Elefantinische vom ganz am Anfang. Der südafrikanische Künstler William Kentridge feierte in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. Aus diesem Anlass widmen ihm die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und das Museum Folkwang in Essen die Doppelausstellung „Listen to the Echo“. Elke Buhr, Chefredakteurin des Monopol Magazins, hat mit Kentridge im Vorfeld gesprochen. Vielen lieben Dank, Elke, für das Gespräch. Sehr gerne. Alle Infos zur Ausstellung findet ihr natürlich, wie immer, in den Shownotes dieser Folge. „Listen to the Echo“ läuft übrigens noch bis kommenden Februar. Da habt ihr also deutlich noch genug Zeit, um einerseits nach Dresden zu fahren und aber auch nach Essen. Neue Folgen von Kunst und Leben, dem Podcast in Kooperation mit dem Monopol Magazin, gibt es immer zweimal im Monat, immer am Dienstag. Hören könnt ihr uns in jedem gängigen Podcatcher, zum Beispiel bei Spotify, Apple Podcasts oder Amazon Music. Produziert hat diese Folge Tim Schmutzler. Und mein Name ist Sarah Marie Plekat. Macht’s gut und bis zum nächsten Mal.