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Album der Woche: Andrew Bird – Hands Of Glory

Was macht ein Musiker, wenn er einfach zu viele Ideen hat, um alle auf ein Album zu packen? Er macht zwei Alben daraus. Genau das hat Andrew Bird in diesem Jahr getan und kurzerhand eine Platte im März herausgebracht und jetzt noch eine im November. Das Album für das Winterhalbjahr heißt „Hands Of Glory“ und ist eine Mischung aus Coverversionen und neuem Material – American Country so wie er sein soll.

Album der Woche: Andrew Bird – Hands Of Glory 03:55

Zugegeben, mit 35 Minuten Spieldauer und etwa 50 Prozent Cover-Versionen kann man Hands Of Glory vielleicht nicht ganz als reguläres Album durchgehen lassen – aber es fühlt sich doch etwas substantieller an als eine EP. Genau wie die Frühjahrs-Ausgabe, Break It Yourself, hat Andrew Bird auch dieses Album quasi komplett in Heimarbeit produziert, in einer zum Studio ausgebauten alten Scheune; gemeinsam mit befreundeten Musikern aus seiner Tourband. Und natürlich spielt – wie immer bei Andrew Bird – die Geige musikalisch wieder die Hauptrolle.

Bird mag es ungekünstelt, also versammelt er die Band um ein einziges Mikrofon, nimmt ein oder zwei Takes auf und fertig ist der Song. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt Hands Of Glory allerdings ein ganzes Stück entschleunigt und deutlich mehr in sich gekehrt. Es ist eben eine Winterplatte, genau richtig für dunkle Novemberabende, an denen man mehr oder weniger wehmütig auf das vergangene Jahr zurückblickt.

Für Andrew Bird könnte zumindest der berufliche Jahresrückblick vor allem das Abhaken einer langen to-do-Liste sein: Abgesehen von den zwei Alben hat er Anfang des Jahres eine Klangkunstausstellung im Museum für Zeitgenössische Kunst in seiner Heimatstadt Chicago fertiggestellt, war fast ununterbrochen auf Tour und schaffte es zuletzt auch noch, seine Interpretation von Townes Van Zandt’s If I Needed You bei David Letterman zu einer Art Durchhalte-Hymne zu machen für die von Hurricane Sandy gebeutelten Ostküstler.

Wenn er Songs anderer Künstler covert, scheint Andrew Bird eher ein Traditionalist zu sein – er bleibt relativ nah an den Originalen. Vielleicht ist das seine Art, Respekt zu zollen, vielleicht auch einfach nur die Erkenntnis, dass ein Song genau deshalb funktioniert, weil er so klingt wie er klingt. Wenn Bird sich auf Country einlässt, dann bleibt es eben auch Country. Angst vor Sentimentalität hat er nicht, dafür ein gutes Gespür dafür, wann die Grenze zum Kitsch überschritten wäre. Er bleibt immer auf der richtigen Seite – und er bleibt immer Andrew Bird, der Typ, der so ziemlich alles mit seiner Geige macht, was außer streichen und zupfen noch so geht. Er sagt selbst, dass er sein Instrument durchaus „missbraucht“, um den Klang zu erzeugen, der ihm vorschwebt.

Am spannendsten ist Hands Of Glory an den Stellen, wo Bird sich sozusagen selbst covert – oder Alternativ-Versionen seiner eigenen Songs anbietet. Orpheo ist zum Beispiel eine extrem reduzierte, dafür aber auch sehr eindringliche, Variation von Orpheo Looks Back, der im Frühjahr bereits auf Break It Yourself zu hören war. Stücke wie dieses erlauben einen ganz besonderen Einblick ins Bird’sche Ideen-Archiv und nicht zuletzt auch ein klein wenig in seine Gefühlswelt. Melancholie kann gar nicht schöner klingen als transportiert durch Andrew Bird’s Violine.


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