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Album der Woche: We Have Band – WHB

„Wir haben Album der Woche“ müsste es diesmal korrekterweise heißen, wollte man sich dem sprachlichen Gestus betreffender Band nähern. „We Have Band“ sind drei Londoner Ex-Angestellte einer großen Plattenfirma, die ihren Bürostuhl gegen den Synthesizer getauscht haben und nun groovebetonten Elektro-Pop fabrizieren.

Es schwingt schon ein bisschen Ironie mit, wenn man bedenkt, dass die drei Gründungsmitglieder von We Have Band allesamt beim Majorlabel EMI arbeiteten, von dem man zuletzt nur Negativ-Meldungen vernahm. Jetzt ist es eben nicht mehr das unsichere Angestellten-Gehalt, sondern die üppige Festival-Gage, die die Miete einfährt. Dabei begann alles so, wie es sich wohl tagtäglich an den Bartheken und Stammtischen abspielt: In bierseliger Laune meint Einer, man müsse mal ’ne Band gründen. Einen Bandnamen habe er schon parat. Bei We Have Band war es Dede Wegg-Prosser, die diese Rolle übernahm.

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Ich kam mit dem Bandnamen an, bevor wir auch nur irgendwas gemacht haben. Der Name war zuerst da.

Am selben Tisch saßen an jenem Abend Dedes Ehemann Thomas und Arbeitskollege Darren Bancroft. Der Gründungs-Mythos stand also, fehlte nur noch die Musik. Die entstand zeitgemäß und in monatelanger Frickelei am heimischen Laptop, zunächst einmal ganz ohne große Absichten, wie Darren erklärt.

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Wir waren erstmal eine sehr persönliche Band. Das Publikum waren wir selbst. Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, Konzerte zu spielen oder eine Platte rauszubringen. Wir haben nur Songs geschrieben. Und dann, so 6 Monate später, dachten wir: Vielleicht sollten wir eine Myspace-Seite einrichten. Kurz danach spielten wir unser erstes Konzert. Danach ging alles rasend schnell.

Schon beim ersten Konzert wurden We Have Band von einem Booker entdeckt, der dem Trio einen wahren Konzert-Marathon verschaffte. Für eine Band aus London ist dies ein Muss, will man sich im popkulturellen Schmelztigel zwischen Camden und Soho Gehör verschaffen.

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Es ist schwierig, aber in vielen Belangen auch besser, weil es so viele Clubs und Konzerte gibt. Man muss einfach dranbleiben und Venues kontaktieren, als Vorband für größere Bands spielen, oder eine eigene Party auf die Beine stellen. Man muss so viel spielen wie man kann.


Aus 50 Myspace-Zugriffen pro Tag wurden dann ratzfatz 300 und mehr, die Blogosphäre ließ wohl dosierte Wellen von Singles und Remixen auf die potentielle Hörerschaft los und im Sommer 2008 folgte dann der Ritterschlag der britischen Hype-Maschinerie. Der Guardian schrieb: Wenn diese Band nicht bald jemand unter Vertrag nimmt, dann machen wir es. Der Plattenvertrag ist mittlerweile in Sack und Tüten, das Debütalbum WHB weltweit erhältlich und doch erkennen die drei Musikbiz-Auskenner den Wandel ihrer Branche.

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Man kann heutzutage so viel ohne ein Label machen. Wir haben letztes Jahr um die 130 Konzerte gespielt, ohne ein Label zu haben. Die Tage in denen eine Band auf den Plattenvertrag gewartet hat sind vorbei. Es geht vielmehr darum, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.

Als Produzenten für ihr Album konnten We Have Band Gareth Jones (Grizzly Bear, Depeche Mode, These New Puritans) gewinnen. Der veränderte die Laptop-Aufnahmen jedoch nur geringfügig. Die Gesangsspuren stammen teilweise noch aus dem Schlafzimmer des Ehepaars Wegg-Prosser. Sowohl Produzent als auch Band wollten vor allem den rauen Live-Charakter auf das Album bannen.

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Ich finde das gut, wenn Debüt-Alben ein bisschen rau und unfertig klingen. Viele Debüts sind glatt und poliert – da ist es schwierig zum Kern der Band zu kommen. Wir wollten, dass die Leute uns auf dem Album wiedererkennen, so wie sie uns live gehört haben. Das war uns wichtig.

Das Konzept geht auf. Treibende Bassläufe mäandern durch das tanzbare Gemisch aus Synthies, Drums, Percussion und Stakkato-Gesang, stets im Dienste des Grooves. Das funktioniert sowohl live als auch in der Konserve. Viele meinen da den Einfluss der 80er à la Talking Heads und Pet Shop Boys rauszuhören. Die Band selbst sieht das allerdings anders.

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Wir tun uns mit dem 80er-Vergleich schwer, weil wir eigentlich gar keine Musik aus der Zeit hören, sondern eher aktuelle oder auch ältere Sachen. Ich glaube, dass da viel vom Equipment kommt. Wir benutzen eine Menge Synthesizer aus den 80ern. Aber in stilistischen Dingen ist es anders: Human League oder die Pet Shop Boys verehren wir nicht. Wir mögen die genauso wie Hot Chip, Pink Floyd, M.I.A. oder Brian Eno.

Mit diesem Background ist We Have Band ein Debütalbum gelungen, das sich in Sachen Hitdichte nicht vor Hot Chip und Kollegen verstecken braucht. Man möchte sich der im Bandnamen assoziierten kindlichen Naivität annehmen und zu WHB durch die Wohnung hüpfen, während man lauthals grammatikalische Verbrechen proklamiert, auf dass es Bastian Sick die Nackenhaare aufstellen möge.

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