„The real people went away“ lautet der erste Satz des ersten Songs auf Bill Callahans neuem Album. Ein nicht besonders optimistisches Statement und auch der Albumtitel Apocalpyse verheißt nichts gutes. In gerade mal sieben Songs arbeitet er den Weltuntergang ab. Diese sind dafür aber fast alle mindestens fünfeinhalb Minuten lang. Callahan braucht für seine mit Metaphern beladenen Texte einfach etwas mehr Raum. Er ist somit wohl auch eher ein Geschichtenerzähler als ein Sänger.
Die Musik auf Apocalypse ist auf das allernotwendigste reduziert: Gitarre, Schlagzeug, ein bisschen Klavier oder Orgel, hier und da ein Streicher oder Bläser. Nichts soll von der Geschichte ablenken. Für seine Alben schreibt Bill Callahan immer zuerst die Texte, anschließend die Melodien auf einer Akustikgitarre und dann überlegt er sich, wer auf dem Album spielen und wie es klingen soll. Früher hat er seinen Musikern die Stücke einmal vorgespielt und sie dann ohne Proben gleich aufgenommen. Für Apocalypse hatte die Band ein paar Tage Zeit zum üben, trotzdem hat man beim Hören den Eindruck, dass sie sich durch die Songs tasten, etwas unsicher was als nächstes kommt.
Bill Callahan bewegt sich auf den Pfaden anderer großer amerikanscher Songschreiber und Geschichtenerzähler, hat dabei aber seinen ganz eigenen Stil entwickelt. Er jammert nicht, im Gegenteil, fast stoisch berichtet der 44-jährige von seiner persönlichen Apokalypse. Der Sänger ist dabei nie selbstmitleidig oder anklagend. Seine Songs sind deshalb auch bei weitem nicht so deprimierend wie die eines Townes van Zandt. Callahans Stücke erinnern in ihrer ruhigen Gleichmütigkeit eher an Clint Eastwood Filme wie Mystic River oder Gran Torino. Es gibt kein großes Geschrei oder Gezeter, aber gerade durch ihre distanzierte, beobachtende Art sind sie zutiefst berührend.
Fast schon beiläufig beschreibt Callahan die kleinen und großen Dramen des Lebens. Mit seiner ausdrucksstarken Baritonstimme kreiert er genügend Dramatik und Spannung, dass man dran bleiben und ihm weiter bei seiner Reise zuhören will. Selbst Callahans Sehnsucht nach America, die er im gleichnamigen Song besingt, ist mitnichten pathetisch oder gar schmalzig. Untermalt von zwei Akkorden und einem ufta-ufta-Beat beschreibt er wie er in Australien David Letterman schaut und Heimweh bekommt. Dann zählt er seine Lieblings-Countrysänger auf und zwar mit ihrem jeweiligen militärischen Rang: „Captain Kristofferson, Leatherneck Jones, Seargent Cash“.
In seinen Texten gibt es auch schöne Momente, die sind aber meist so fragil und flüchtig, dass der Versuch sie festzuhalten scheitern muss. „All this leaving is never ending“ singt er in Riding For The Feeling um etwas später tröstend fortzufahren „leaving is easy, when you’ve got some place you need to be“. Im letzten Song One Fine Morning schleicht sich Callahans Weltuntergang in achteinhalb Minuten heran. Er wird von Klavier und Gitarre getragen und beschreibt ganz leise und zurückhaltend wie die Erde schwarz und kalt wird.
Bill Callahans Apocalypse ist ein musikalisch recht zurückgenommenes, aber dennoch fesselndes, wunderschönes Album geworden. Mehr davon bitte!