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Keiner bringt in Interviews öfter das F-Wort öfter unter als Noel Gallagher. Foto: PR
Keiner bringt in Interviews öfter das F-Wort öfter unter als Noel Gallagher. Foto: PR

Reingehört: Noel Gallagher’s High Flying Birds – Chasing Yesterday

„Ich bin ein Produkt meiner Plattensammlung“

So schön schimpfen kann sonst keiner: Noel Gallagher macht immer noch häufiger Schlagzeilen damit, welchen der Kollegen aus dem Musikgeschäft er grade wieder doof findet, als mit seiner Musik. Dabei ist seine zweite Solo-Platte „Chasing Yesterday“ wieder ein echtes Hörvergnügen.

Obwohl der Name „Noel Gallagher’s High Flying Birds“ impliziert, dass hier mehr als einer zugange ist, war das neue Album doch im Wesentlichen ein Alleingang für Noel – und das nicht ganz freiwillig. Offenbar fand sich kein Produzent, der mit ihm zusammen daran arbeiten wollte, weil das Material schon zu „fertig“ war. Vielleicht liegt’s aber auch daran, dass Noel Gallagher sich in typischer Großmaulmanier mit triefendem Sarkasmus über den Berufsstand des Produzenten äußert?

Drei oder vier Produzenten haben das Album abgelehnt, weil ich mir erlaubt habe, alle Songs schon zu schreiben, bevor ich damit ins Studio kam. Denn normalerweise wollen die an diesem Prozess beteiligt sein. Dabei sind alle von denen doch nur gescheiterte Musiker, fette Typen, die nicht den Arsch hochgekriegt haben, um selbst eine Band zu gründen oder genug Persönlichkeit dafür hätten. Ich kenne keinen einzigen Produzenten, der kein Idiot ist.

Letztlich habe er es genossen, alleine im Studio zu werkeln, sagt Noel. Er konnte sich seine Zeit einteilen, wie er wollte und sein Ding machen – „seinem Instinkt folgen“, wie er es nennt. Bei ihm klingt das mit dem Platten aufnehmen wie die einfachste Sache der Welt: 30 Songs mit ins Studio nehmen und dann einfach die zehn besten davon einspielen.

„Ich behaupte nicht, etwas Originelles zu machen“

Das kleine Best of, das es letztlich auf „Chasing Yesterday“ geschafft hat, ist eine durchaus eklektische Stilmischung, die wieder einmal eins beweist: Noel Gallagher ist doch ein ziemlich begnadeter Songschreiber mit einem breiteren Einflussspektrum, als man denkt. In „Ballad of the mighty I“ gibt er sich ein bisschen dem Disco- Feeling hin und das grandios verjazzte „The right stuff“ entstand, nachdem ihm Morrissey Platten aus seiner Jazz-Sammlung vorgespielt hat. Nichts an seinen Songs sei wirklich originell, meint Noel in einem Anflug von Bescheidenheit – immerhin spiele er überhaupt nur Gitarre, weil seine Lieblingsplatten ihn dazu inspiriert haben.

Ich bin letztlich ein Produkt meiner Plattensammlung. Ich behaupte nicht, etwas total Originelles zu machen. Ich hab angefangen, Gitarre zu lernen, weil ich bei diesen Platten mitspielen wollte.

Gallaghers Innenperspektive

Selbst ein Noel Gallagher hat offenbar ab und ein paar nachdenkliche Momente und auch die haben es auf das neue Album geschafft. Den Song „The Dying of the light“ nennt Noel das emotionale Herzstück der Platte. Es geht ums Älterwerden und die Frage, ob man im Leben wirklich alles richtig gemacht hat.

Es ist wahrscheinlich der ehrlichste Song, den ich seit langem geschrieben habe. Es geht aber nicht ausschließlich um mich, es ist ein sehr universelles Thema – nicht direkt das Altern, aber das Älterwerden. Und dieses Gefühl, aus dem Fenster zu starren und zu denken, wer weiß, vielleicht hätte das Leben auch anders laufen können.

Angesichts dieser unerwartet nach innen gerichteten Perspektive könnte man meinen, der Albumtitel “Chasing yesterday” sei ebenfalls Ausdruck einer nostalgischen Gemütslage – das jedoch bestreitet Noel Gallagher. Das Stück, aus dem die Zeile stammt, “While the song remains the same“, ist eher ein Aufruf, eben grade nicht der Vergangenheit nachzuhängen.

„Bands sind das Beste, was es gibt“

Und dann gibt es aber doch Dinge, bei denen sich auch Noel Gallagher ein bisschen Nostalgie nicht verkneifen kann: wenn es um Bands geht. Denn eigentlich sei er nicht der Typ für die Solo-Nummer, meint Noel.

Ich wollte immer in einer Band sein und kein verdammter Solokünstler. In einer Band zu sein, hat etwas ganz Spezielles. Bands sind das Beste, was es gibt. Ich mache ja noch nicht so lange solo Musik – und ich mache es auch nur, weil ich mir nicht vorstellen konnte, nochmal eine Band zu gründen. Ich war immerhin schon in einer der besten Bands aller Zeiten. Es wäre sinnlos, jetzt nochmal in einer anderen zu sein.

Nach dieser einen, großen Band, Sie wissen schon… danach kann eben einfach nichts mehr kommen. Und nur deshalb ist es für Noel Gallagher, den überzeugten Verfechter des Bandkonzepts, in Ordnung, dass es das Projekt High Flying Birds gibt und er jetzt doch als Einzelkämpfer unterwegs ist.

Da haben wir ja nochmal Glück gehabt.

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