+++Saitenwechsel wird präsentiert vom Gewandhausorchester.+++
Wenn man auf die Geschichte schaut, ist Jahrhunderte lang eigentlich zeitgenössische Musik die einzige Musik. Stücke werden komponiert zum Beispiel für eine Fürstenhochzeit oder eine Trauerfeier, und zum nächsten Anlass muss neue Musik her. Alte Noten herauszukramen kommt niemandem in den Sinn.
Das ändert sich im 18. Jahrhundert, vor allem mit Georg Friedrich Händel. Seine Werke werden auch nach seinem Tod immer weiter aufgeführt. Im 19. Jahrhundert ist es dann üblich, Musik alter Meister aufzuführen aber daneben hat die zeitgenössische Musik einen ebenso wichtigen Platz.
Schönberg und die Atonalität
Anfang des 20. Jahrhunderts kippt das Verhältnis. Die Komponisten bewegen sich immer mehr von den klassischen Tonarten weg – schreiben frei tonal oder „atonal“. Berühmt berüchtigt ist da Arnold Schönberg.
1913 führt Schönberg im Wiener Musikverein mehrere moderne Stücke auf, schon zu Beginn reagiert das Publikum mit Gelächter und Pfiffen. Bei den Ansichtskartenliedern von Alban Berg rastet das Publikum völlig aus, Konservative und Avantgardisten schreien sich an, werden handgreiflich, das Konzert wird abgebrochen. Das Publikum ist verstört – und Arnold Schönberg auch.
1918 gründet Schönberg einen Verein für musikalische Privataufführungen. Ein Rückzug in einen geschützten Raum, in dem neue Kompositionen vor einem kleinen exklusiven Kreis aufgeführt werden. Ausdruck von Begeisterung oder Ablehnung ist untersagt.
Szene bleibt unter sich
Und wie sieht es in dieser Szene heute aus? JiYoun Doo hat in Leipzig Komposition studiert und 2014 ein Ensemble für zeitgenössische Musik gegründet. Was sie erzählt, klingt ganz ähnlich wie die Privataufführungen von Schönberg:
Wieso empfinden so viele Menschen Neue Musik als „unschön“, während moderne Kunst relativ massentauglich ist? Und wie können sich Publikum und Komponisten der Gegenwart wieder annähern? Das ergründet Eva Morlang in dieser Folge des Saitenwechsels.