Mit genug Enthusiasmus kann man ein Album zwar produzieren – es auch zu verkaufen ist aber nochmal eine andere Sache. Für Christian Hardy und Nick Hemming, das kreative Kern-Team von The Leisure Society, ist der Gedanke an Markenstrategien und Zielgruppenausrichtung allerdings komplett abschreckend. „So schreiben wir unsere Songs nicht“, ist die klare Ansage von The Leisure Society.
Wir beobachten das häufig: es gibt diese Leute, die ihre Songs so schreiben, als wären sie ein Marketing-Team. Es geht nur darum, den passenden Sound für die Zielgruppe zu finden. Wir arbeiten überhaupt nicht so und vielleicht fehlt uns deshalb das große Publikum. Dafür sind wir extrem vielseitig – möglicherweise auch ein bisschen chaotisch. Aber es macht uns Spaß und wir bemühen uns heldenhaft, immer weiterzumachen.
The Leisure Society haben vielleicht kein Hochglanz-Marketing-Konzept, aber eine genaue Vorstellung davon, wie ihre Musik klingen soll. Klassische Instrumente wie Geige und Querflöte, Detailverliebtheit und an den richtigen Stellen ein Hang zu opulentem Sound gehören fest zur Bandphilosophie. Den passenden Entstehungsort für ihre vierte Platte, „The Fine Art of Hanging On“, hat die Band deshalb einmal mehr in den Konk Studios gefunden, einem kleinen Analog-Paradies in der Londoner Studiolandschaft. Abgemischt wurde in den altehrwürdigen Abbey Road Studios – wo allein die Adresse schon ein stückweit unter Druck setzt, meint Christian. Konk sei in dieser Hinsicht deutlich entspannter.
Konk ist das erste Studio, in dem wir uns richtig wohl fühlen. Du bist dort umgeben von Equipment aus den 60ern und du weißt genau, dass damit in der Vergangenheit großartige Platten aufgenommen wurden. Abbey Road ist natürlich ähnlich ausgestattet, aber dort ist man auch ein ganzes Stück mehr unter Druck. Bei Konk ist alles viel relaxter.
Nicht retro, aber angenehm altmodisch
Entspannt und auf angenehme Art altmodisch – in gewisser Weise gilt das auch für das Selbstverständnis, das The Leisure Society als Band an den Tag legen. Allerdings geht es ihnen beim Sound nicht darum, „retro“ zu sein, sagt Christian – wohl aber um eine Klangqualität, die heute nicht mehr so leicht zu erreichen ist.
Wir mögen es einfach, wenn Musik so gut klingt wie in den 70ern. Das heißt nicht, dass wir unbedingt die Retro-Schiene fahren wollen – nur, dass Platten damals einen bestimmten Sound hatten, den du heute nur noch selten hörst.
https://vimeo.com/118611465
Studiozeit inklusive Analog-Equipment ist teuer – und je renommierter das Studio, desto heftiger werden die Preise. Für The Leisure Society war der vertretbare Mittelweg also, die Songs teilweise im gebuchten Studio aufzunehmen, dann aber im eigenen Heimstudio weiter daran zu arbeiten, bis das Album mischfertig war.
Für dieses Album haben wir zuerst die Basis-Elemente live im Studio eingespielt und dann zu Hause nochmal mit dem Material experimentiert. Diese kombinierte Arbeitsweise hat für uns prima funktioniert.
Zwischen Stolz und Selbstzweifeln
Auf jeden Fall hat der Bandsound noch einmal etwas mehr Raum zur Entfaltung bekommen – etwas, das sich auch auf der aktuellen Tour ausgezahlt hat. Die Songs von „The Fine Art of Hanging On“ funktionieren laut Christian bestens mit voller Besetzung auf der Bühne.
Wir haben da früher immer Kompromisse gemacht und sehr viele alte Songs gespielt. Diesmal war es super einfach – wir spielen hauptsächlich das neue Album und dann als i-Tüpfelchen noch ein paar Songs von den letzten drei Platten, von denen wir wissen, dass das Publikum sie hören will.
Was die Fans glücklich macht, dafür haben The Leisure Society mittlerweile ein gutes Gespür entwickelt. Schwieriger ist es da, wenn es um das eigene Zufriedenheitsgefühl mit den Songs geht. „Ich schwanke immer ein bisschen, ob ich es für großartig oder furchtbar halte“, sagt Nick.
Manchmal denke ich, es ist die beste Platte der Welt, manchmal finde ich alles schrecklich. Aber diesmal bin ich wirklich sehr stolz darauf – es klingt in meinen Ohren zumindest sehr schön und ich bin wirklich glücklich damit.
The Leisure Society haben, wie es scheint, die richtige Balance zwischen Stolz und Selbstzweifeln gefunden – vermutlich die beste Voraussetzung für heldenhaftes Durchhalten im Musikgeschäft.