Wie KI die Welt versteht
Prof. Christian Theobalt ist Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken und leitet das Research Center for Visual Computing, Interaction and Artificial Intelligence (VIA). Er und sein Team entwickeln neue Methoden, um mithilfe von KI Modelle der realen Welt zu bauen. Diese sind die Voraussetzung für das Entwickeln vieler neuer KI-Anwendungen. Denn um in unserer Wirklichkeit agieren und interagieren zu können, müssen intelligente Systeme ihre Umgebung hochgenau erfassen und interpretieren können.
Händeschütteln mit Hollywood
Interessant sind einige Forschungsergebnisse z.B. für die Filmindustrie. Früher mussten Schauspieler:innen kleine Punkte als Marker auf dem Körper tragen, um mittels Motion Capture-Verfahren Science-Fiction-Figuren, wie etwa Gollum aus „Herr der Ringe“ zum Leben zu erwecken. Theobalts Team braucht mittlerweile nur eine oder wenige Kameras um die nötigen Bewegungsdaten zu sammeln.
Auch im Bereich Film-Synchronisation könnten Forschungsergebnisse aus Saarbrücken in Zukunft ein größere Rolle spielen. Dank der Unterstützung von Theobalts Team hat die Firma Flawless AI eine Technik entwickelt, die Mundbewegungen und Mimik der Darsteller:innen nachbessern kann. „Lola rennt“-Regisseur Tom Tykwer ist gerade Kunde der Firma um seinen Film „Das Licht“, der 2025 die Berlinale eröffnete, auch einem englischsprachigen Publikum präsentieren zu können.
Probleme generativer KI
Wo Generative KI die reale Welt nachbildet, entsteht natürlich auch die Gefahr der Manipulation. Ein Beispiel sind Deepfakes, KI generierte Videos, die täuschend echt aussehen, aber falsche Informationen verbreiten. Laut Christian Theobalt müssten alle Seiten der Medaille von Anfang an mitgedacht werden. Denn dieselbe Technik steckt auch hinter dem KI System AlphaFold, das Vorhersagen über die Faltungsstruktur von Proteinen machen kann und für das die Entwickler 2024 mit einem Chemie Nobelpreis ausgezeichnet wurden.
Meine Aufgabe ist es neben Möglichkeiten und technischen Fähigkeiten auch auf mögliche Gefahren und Potenziale hinzuweisen. So sehe ich meine Rolle in diesem Prozess. Wir müssen unterscheiden zwischen der Methodik und ihrer Anwendung.
Prof. Christian Theobalt
In dieser Folge von „Ach, Mensch!“ spricht detektor.fm-Moderatorin Jessica Hughes mit Prof. Christian Theobalt darüber, welche Möglichkeiten und Risiken generative KI mit sich bringt und warum seine Forschungsergebnisse sowohl in der Filmindustrie als auch in der Medizin zur Anwendung kommen könnten. Außerdem werfen die beiden einen Blick in die Glaskugel und sprechen unter anderem über 3D-Avatare von Menschen, die schon bald zur Realität gehören könnten.