Es ist eigentlich gar keine Frage, dass es Gott gibt. Die einzige Frage ist: Wer ist Gott oder was ist Gott? Eben. Wir haben so eine wunderschöne Riesensocke des Wissens entwickelt, wo alle Löcher gestopft sind. Aber die Frage, wo die Socke herkommt, die haben wir bis heute noch nicht geklärt. Der Urknall ist ja eigentlich eine zutiefst christliche Idee, also zutiefst biblisch. Es gab einen Anfang. Das ist ja, finde ich, das Geniale, das wirklich Geniale in der Schöpfungsgeschichte: Das trennt den Schöpfer von der Schöpfung. Und dann ist das immer so, wie in der Wissenschaft: Man wird überrascht. Und das große schwarze Loch war tatsächlich riesig und groß genug, dass wir diesen Schatten sehen konnten, und es war da. Das ist schon ein besonderer Moment. Hallo, ich bin Katharina Menne. Wissenschaftsjournalistin und Redakteurin bei Spektrum der Wissenschaft. Und ich bin Carsten Könnecker. Redaktionsleiter für Psychologie und Social Sciences bei Spektrum der Wissenschaft. Wir bei Spektrum sind leidenschaftlich neugierig, und deshalb stellen wir in diesem Podcast die großen Fragen der Wissenschaft. Das sind Fragen, die viele von uns umtreiben, auf die es aber trotz jahrhundertelanger Forschung noch keine eindeutige Antwort gibt. Wir wollen wissen, was Forscherinnen und Forscher über die Welt, die Naturgesetze und über das Leben wissen, wie sie arbeiten und auch, was sie ganz persönlich antreibt, diesen großen Fragen teils jahrzehntelang nachzugehen. Wir sprechen deshalb in jeder Folge mit einer namhaften Wissenschaftlerin oder einem namhaften Wissenschaftler, der oder die sich mit der jeweiligen Frage herausragend gut auskennt, und nehmen uns dafür ausgiebig Zeit. Diesmal, in unserer Weihnachtsfolge, geht’s um die große Frage: Gibt es Gott? Die großen Fragen der Wissenschaft – ein Podcast von Spektrum der Wissenschaft und detektor.fm. Warum gibt es das Universum, Galaxien, Sterne, ja, unser eigenes Sonnensystem und diesen schönen blauen Planeten Erde mit seiner fantastischen Vielfalt an Lebensformen? Fragen wie diese haben sich Menschen seit jeher gestellt und tun es bis heute. Und die weithin akzeptierte wissenschaftliche Erklärung dafür lautet: Das Universum hat sich ausgehend von einem extrem kleinen dichten und heißen Punkt mit hoher Energiedichte schlagartig ausgedehnt – in einem Urknall. Doch bevor diese Theorie anhand von Beobachtungen im All in den 1930er Jahren aufgestellt wurde, haben die Menschen sich die Frage so beantwortet: Das alles hat Gott geschaffen. Oder, je nach Religion, das haben die Götter geschaffen. Aber auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich immer wieder mit der Frage nach Gott auseinandergesetzt, haben etwa Gottesbeweise, also logische Überlegungen, warum Gott existieren muss, aufgestellt oder die Existenz der Naturgesetze und der fein justierten Naturkonstanten mit einem Schöpfergott begründet, der am Ende gerade uns Menschen hervorbringen wollte. Die Frage, was für die Existenz Gottes spricht und was vielleicht auch dagegen, stellen wir heute dem renommierten Astrophysiker Heino Falke. Er ist Professor an der Radboud Universität im niederländischen Nimwegen und spielte eine entscheidende Rolle bei der Erstellung des ersten Bildes von einem schwarzen Loch, das 2019 in die Wissenschaftsgeschichte einging. Er war lange Jahre wissenschaftlicher Leiter eines Radioteleskops mit dem Namen LOFAR, das aus mehr als 10.000 einzelnen Antennen besteht. Und mit diesem Gerät können er und seine Kollegen sehr weit ins Weltall zurückhorchen, bis in die Zeit nach dem Urknall. Aber Heino Falke schaut noch mit einem zweiten Auge auf den Urknall, denn er glaubt selbst an einen Schöpfergott. Als Prädikant, also ehrenamtlicher Laienprediger in der evangelischen Landeskirche im Rheinland, steigt er auch bisweilen auf die Kanzel und legt die Bibel aus. Was für eine interessante Kombination! Und damit herzlich willkommen, Herr Falke. Hallo, schön, bei euch zu sein, Herr Falke. In unserer Weihnachtsfolge müssen wir Ihnen als Astronom eine Frage gleich mal vorneweg stellen: Was hat es mit dem Weihnachtsstern aus der Bibel auf sich? Gab’s den wohl wirklich? Und was könnte das gewesen sein? Ich hab mir die Frage auch lange gestellt, was das für eine Geschichte eigentlich ist und was das soll mit diesem Weihnachtsstern, eigentlich bis ich dann mal ein wissenschaftliches Symposium besucht habe, wo darüber ausführlich diskutiert wurde. Und ich fand es doch sehr überzeugend, das so zu interpretieren als eine Konjunktion von wahrscheinlich Jupiter und Saturn. Denn man muss verstehen, welche Rolle die Sterne und auch die Planeten damals gespielt haben und wie Astronomen damals gearbeitet haben. Sie haben Horoskope gestellt. Das war eigentlich einer der Hauptziele der Astronomie: Zum einen der Kalender, der gemacht werden musste, um Saat und Ernte zu bestimmen und auch den Jahreslauf. Und dann eben horoskopische, astrologische Interpretationen. Und das Besondere ist natürlich, dass diese Sterndeuter, wie wir sie ja auch nennen, dass die gar nicht in den Himmel schauen mussten. Denn die konnten das schon berechnen. Die hatten Gleichungen, hatten Tabellen, und die konnten etwas sehen in ihren Gleichungen und Tabellen, die andere nicht sehen konnten, damals in Jerusalem, wo sie dann an diesem Königshof waren. Und da haben sie natürlich neugierige Fragen bekommen: Was habt ihr da gesehen? So eine komische Konjunktion, die da kommen soll. Was bedeutet das denn? Also ich kann mir das richtig gut vorstellen, wie das damals so gewesen ist, wenn man so ein bisschen historischen Hintergrund hat. Welche Konjunktion es exakt war, glaube ich, werden wir nie genau wissen. Aber dass da irgend so was war, das denke ich schon. Und diese Sterndeuter in der Antike, die hatten ja gar kein Problem damit, ein Gottes- oder vielleicht auch Götterbild übereinzubringen mit dem, was sie wissenschaftlich betrieben haben, so wie sie das gerade skizziert haben. Das ist jetzt heute ja so ein bisschen anders vielleicht. Sie sind Wissenschaftler, Sterndeuter moderner Art. Sie glauben an Gott. Wie geht das zusammen? Na ja, wie Sie schon angedeutet haben, es ist immer zusammengegangen in der Geschichte. Tatsächlich ist die Astronomie so entstanden, wo die Planeten, das waren eigentlich Zeichen der Götter. Und man hat sie dann untersucht und ein richtiges, langes, jahrhundertelanges Forschungsprojekt gestartet, um die Bewegung der Planeten zu messen und dann vorher ja sagen zu können. Die Interpretation war natürlich nicht ganz richtig. Und wir sehen da auch so eine leichte Kritik in der Genesis der Bibel, zum Beispiel, die aus ähnlichen Zeiten kommt, wo man sagt: Ja, da kommen die Sterne irgendwann. Aber die haben keine richtige Bedeutung in der Schöpfungsgeschichte. Und durch die gesamte Wissenschaftsgeschichte hindurch sehen wir, dass Menschen, Wissenschaftler, sich mit der Frage nach Gott beschäftigt haben. Also auch viele große Astronomen, also Kopernikus, Galileo und Kepler. Alle drei, die unser heutiges Weltbild geprägt haben, die die Erde aus dem Zentrum des Weltalls gerissen haben und die Sonne dorthin gesetzt haben, die waren tiefgläubige Menschen. Auch Max Planck, der Gründer der Quantenphysik, hat noch Bücher geschrieben über Gott, über spirituelle Fragen. Er war Kirchenvorstand. Viele andere Wissenschaftler ebenso. Die hatten teilweise unterschiedliche Gottesbilder, aber die Frage nach Gott, die hat sie beschäftigt. Denn es ist eine fundamentale Frage. Dann schließt sich doch am allerbesten schon die Frage an: Wer oder was ist Gott denn überhaupt? Ja, also eine der Sachen, die ich immer wieder sage, ist: Es ist eigentlich gar keine Frage, dass es Gott gibt. Die einzige Frage ist: Wer ist Gott oder was ist Gott? Eben. Denn man muss irgendwie darüber nachdenken, was ist der Ursprung von allem? Und die Wissenschaft führt einen da nicht weiter. Sie kann beschreiben, wie sich etwas entwickelt, aber wie aus einem zeitlosen Zustand ein Zeit wird, wie in unserem Universum, wie plötzlich etwas ist und dann sich entwickelt, das können wir in unseren Gleichungen nicht fassen. Und deshalb müssen wir da irgendwas hinsetzen, was am Anfang ist, einen Urgrund, einen Ursprung von allem. Und dann ist die Frage: Ist es nur irgendeine Anfangsbedingung, die da ist, die da irgendwie ist? Ist die da hingekommen? Oder ist es mehr? Und ist zum Beispiel das, was uns ausmacht? Wir sind ja Menschen mit Gedanken und einem Zielbewusstsein. Das ist auch ganz verrückt, wenn man darüber nachdenkt. Wir sind ja reine Physik. Ja, ich bin Physiker, ich glaube schon, dass wir Physik und Chemie sind. Und wenn wir lieben, dann sind das Hormone und elektrische Signale im Kopf. Das ist das, was der Physiker da versteht. Und trotzdem fangen all diese Teilchen in uns an zu denken, zu fühlen und in die Zukunft zu schauen, was zu hoffen und auch ein Ziel zu haben. Denn fast jeder Mensch hat irgendein Ziel im Leben, das er erreichen möchte. Und dann ist natürlich die Frage: Ist das etwas, was wir erfunden haben? Oder war das schon vorher da? Wie kommt sowas, dass sich sowas überhaupt entwickelt? Und deswegen sagen Menschen wie ich: Nee, eigentlich spiegeln wir nur etwas wider, was schon da ist, nämlich irgendwie einen Schöpfergott, den ich jetzt auch nicht genau beschreiben kann, aber der auch solche menschlichen Eigenschaften hat, wie Zielgerichtigkeit, Zielgerichtetheit, vielleicht Liebe. Aber das bedeutet nicht, dass die Physik selber zielgerichtet ist. Die Physik ist so, wie sie ist, mit irgendwelchen Naturgesetzen, die sich entwickeln, und trotzdem irgendwas ganz Komplexes hervorbringen können, wie uns. Was ein Wunder an sich ist schon. Sie haben gerade ganz druckfrisch ein neues populärwissenschaftliches Sachbuch veröffentlicht, und darin bezeichnen Sie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen als moderne Propheten, die mit allerlei Hightech-Instrumenten versuchen, Zitat: „die ersten Worte der Schöpfung zu ergründen, die wir Naturgesetze nennen und die heute noch nachhallen.“ Ist die Existenz der Naturgesetze für Sie der stärkste Hinweis, dass Gott existiert? Also, Sie werden mich zehnmal fragen können, und ich werde Ihnen nie sagen: Das ist ein Beweis für Gott. Hinweis habe ich gesagt. Ich glaube, dass das fundamental nicht möglich ist. Aber wenn ich an Gott glaube, dann sind eben auch Naturgesetze Worte Gottes. Und wenn man jetzt mal die Gottesfrage erstmal weglässt und einfach ganz naiv fragt: Woher kommen denn eigentlich Naturgesetze? Dann ist das eine sehr, sehr spannende Frage. Denn sie stehen tatsächlich am Anfang. Sie haben aus irgendeinem Anfangszustand des Universums ein sehr komplexes Universum gemacht, das immer komplexer geworden ist. Und eine interessante Frage ist: Waren die Naturgesetze schon immer da? Sind Naturgesetze auch da, wenn nichts anderes ist? Wir haben Naturkonstanten zum Beispiel, die die Naturgesetze auch mit beschreiben. Da denken wir darüber nach: Okay, könnte es sein, dass die Naturkonstanten irgendwann erst später entstanden sind? Aber die Naturgesetze selber, sind die auch erst da entstanden oder haben die eine Existenz an sich, die über ein Universum hinausgeht? Und das ist eine philosophische Frage, die, glaube ich, Wissenschaft nicht wirklich beantworten kann. Aber was Wissenschaft schon will, ist genau diese Worte zu ergründen und sie zu finden, diese Naturgesetze. Und es sind die ersten Worte sozusagen, die ersten Gesetze, die ersten Regeln, die uns gemacht haben. Und es sind in gewisser Weise auch Schöpfungsworte. Für alle Nicht-Physikerinnen und Physiker unter unseren Hörerinnen und Hörern wäre vielleicht auch die Frage mal spannend, was wir denn eigentlich unter einem Naturgesetz verstehen. Ein Naturgesetz ist zum ersten Mal was ganz Abstraktes. Es ist eine Beschreibung der Natur in einer einfachen mathematischen Gleichung oder eine Beschreibung eines bestimmten Vorgangs in der Natur, der wiederholbar ist mit einfachen Gleichungen und Sätzen und Regeln. Das ist zum Beispiel das Gravitationsgesetz, das Newton aufgestellt hat, aufgrund der Messungen von Kepler mit den Planetenbewegungen. Und das sagt einfach, dass die Kraft, die zwei Körper aufeinander ausüben, zum Beispiel zwei Massen, also die Sonne und die Erde, dass die Kraft mit dem Quadrat des Abstandes abnimmt. Also, wenn ich zehnmal weiter weg bin, ist die Gravitationskraft hundertmal kleiner. Und es geht linear ja mit der Masse. Also, wenn die Sonne zehnmal schwerer wäre, da wäre die Anziehungskraft auch zehnmal größer bei demselben Abstand, den die Erde hat. Und daraus kann man wunderbar ableiten, wie schnell sich die Planeten bewegen. Dann stellt man aber fest, irgendwann, das klappt wunderbar für alle Planeten in unserem Sonnensystem, bis auf Merkur. Oder das war zumindest vor fast 200 Jahren so. Der Merkur hat sich irgendwie ein bisschen anders verhalten. Kein Mensch hat verstanden, warum. Und dann kam Albert Einstein und hat ein neues Gesetz aufgestellt, das das Alte nicht völlig ersetzt hat, aber erweitert hat. Und daran sehen wir, dass Naturgesetze eine abstrakte Beschreibung sind, aber auch eine Verkürzung. Sie beschreiben niemals die komplette Wirklichkeit. Nur die komplette Wirklichkeit ist eine echte Beschreibung der Wirklichkeit. Niemals nur einzelne Gesetze. Aber wir entdecken schon, und das finde ich sehr, sehr faszinierend, wenn wir darüber nachdenken, dass es tatsächlich ein paar sehr einfache Regeln gibt, die die physikalische Entwicklung des Universums beschreiben. Ich habe sie jetzt nicht gezählt, aber man kann wahrscheinlich die wichtigsten Regeln auf ein DIN A4-Blatt schreiben. Und wir können sie verstehen. Allein schon die Tatsache, dass wir sowas verstehen können, dass die Naturgesetze relativ einfach sind, ist schon sehr erstaunlich. Wir haben jetzt, glaube ich, schon das sogenannte Abstimmungsproblem in der Physik gestreift. Also, sind die Naturgesetze plus Naturkonstanten mit ihren konkreten Werten von einem allmächtigen Schöpfer vielleicht exakt so aufeinander abgestimmt, dass am Ende sogar Leben und bewusstes Leben daraus hervorgebracht wurde? Wie sehen Sie das? Es ist zumindest nicht undenkbar, dass das so ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass unser Universum so funktioniert, wie es funktioniert, mit all den verschiedenen Naturkonstanten – es gibt sechs große Naturkonstanten, aber irgendwie auch noch mal 19 andere Parameter der Teilchenphysik, die alle in einem relativ kleinen Bereich so sein müssen, wie sie sind, damit diese Welt funktioniert, wie sie funktioniert. Es gibt keine Antwort darauf, warum ist die Anziehungskraft zum Beispiel der Sonne genauso stark, wie sie ist für die Masse? Könnte ja auch alles zehnmal stärker sein. Oder die elektrische Anziehungskraft, warum ist die genauso, wie sie ist? Und andere Konstanten, die da eine Rolle spielen. Also, da ist tatsächlich das Universum schon sehr gut abgestimmt, damit aus diesen wenigen Regeln Leben entstehen kann am Ende. Jetzt ist natürlich das Problem: Wenn das nicht funktionieren würde, wären wir ja auch nicht da. Also, wir können es nur erzählen und darüber nachdenken, weil wir in einem Universum leben, das funktioniert. Also, es könnte auch völlig reiner Zufall sein. Man müsste mal ganz viele Universen machen, und eines davon funktioniert. Wir könnten es nicht unterscheiden, diese beiden Szenarien. Und vielleicht gibt es auch eine Kombination von beiden. Vielleicht hat der liebe Gott ja gesagt: Ich würfel mal und gucke, was am besten rauskommt. Vielleicht würfelt Gott ja doch. Und am Ende kommt eben ein so ein Universum raus und hat gesagt: Ja, wunderbar, das ist ja toll. An dem habe ich besonders viel Spaß. Und eine andere bis heute ungeklärte Frage, die sich ja unmittelbar auch daraus ergibt, ist die nach der Existenz der Materie. Also, man weiß aus Experimenten und theoretischen Berechnungen, dass sich Materie und Antimaterie, also die Antiteilchen zu jedem normalen Teilchen, zu jedem Materieteilchen, stets gegenseitig auslöschen. Und doch muss es im ganz frühen Universum, kurz nach dem Urknall, ein Ungleichgewicht gegeben haben, das dafür gesorgt hat, dass etwas mehr Materie als Antimaterie nach dem Urknall übrig geblieben ist. Ich glaube, man sagt so 10 hoch 80 Atome. Wie erklärt der Wissenschaftler in Ihnen dieses Kuriosum und wie der gläubige Christ? Naja, im Buch nenne ich das: Die Schöpfung hatte einen Sprung in der Schüssel. Also, diese leichte Asymmetrie, wo auf eine Milliarde und ein Teilchen eine Milliarde Antiteilchen kamen, und dann blieb am Ende nur noch ein Teilchen übrig von diesen eine Milliarde und eins. Aber es blieb eins übrig, und daraus sind diese 10 hoch 80 anderen Teilchen entstanden. Das ist allein schon unfassbar, wenn man darüber nachdenkt. Wir wissen bis heute noch nicht, was der echte Grund dafür ist. Also, wir sehen immer wieder, dass in diesen Gleichungen und der Physik, die eigentlich relativ symmetrisch sind, die kann man teilweise sogar in der Zeit vorwärts und rückwärts laufen lassen, die Gleichung zumindest. Aber wir wissen, die Welt läuft nur vorwärts. Und dann haben wir bestimmte Symmetrien, und die sind manchmal gebrochen auf einmal, so ein klein bisschen. Und das ist so einer dieser Brüche in dieser Welt, die aber absolut lebensnotwendig sind. Und wenn das nicht so gewesen wäre, wären wir einfach nicht entstanden. Und es ist ja eine ziemlich geniale Idee, finde ich, diese Asymmetrie. Aber warum? Die Antwort kann keiner geben. Und ich würde jetzt auch nicht sagen: Der liebe Gott hat sich das ausgedacht. Vielleicht freut er sich einfach nur darüber, dass das so funktioniert. Aber es ist schon eines der vielen kleinen Wunder entlang des Weges, die uns heute gemacht haben. Aber sind diese Lücken in der Theorie vielleicht einfach Unwissen, was man jetzt eben noch füllen muss, die Lücken, die man stopfen muss, sich neue Theorien überlegen und so weiter? Oder sind das aus Ihrer Sicht genau die Lücken, die Gott füllt? Ja, wenn ich kleine Lücken mit Gott füllen möchte, dann mache ich Gott eigentlich zu klein. Also, Gott ist eigentlich die große, große Lücke am Anfang. Und selbst wenn ich irgendwann erkläre, wie diese Asymmetrie entsteht, und wir werden da wahrscheinlich irgendwann durch Messungen ein vernünftiges neues Gesetz finden und das beschreiben können und das nachvollziehen können, wissen wir immer noch nicht, woher dieses Gesetz herkommt und warum es da ist. Und das heißt, die ganz große Frage, wo alles herkommt, werde ich auch nicht lösen, wenn ich diese kleinen Löcher stopfe. Denn wir sind ja dabei, seit Jahrhunderten, Jahrtausenden, viele, viele kleine Löcher zu stopfen. Und wir haben so eine wunderschöne, riesen Socke des Wissens entwickelt, wo alle Löcher gestopft sind. Aber die Frage, wo die Socke herkommt, die haben wir bis heute noch nicht geklärt. Und da müsste man dann wieder ein Gesetz entfinden, was dann erklärt, wo werden dann Naturgesetze gemacht. Ein Metergesetz, das Naturgesetze generiert und entwickelt. Ja, das ist so eine Art Algorithmus vielleicht. Und tatsächlich gibt es Wissenschaftler, die sagen: Ja, das ist alles so toll abgestimmt, dieses Universum. Ja, vielleicht sind wir ja gar nicht echt. Vielleicht sind wir ja eine Simulation. Vielleicht sind wir ja alles Teil eines Computerspiels, das irgendwer programmiert hat, und dann können wir alles erklären, warum alles so gut aufeinander abgestimmt ist. Und das finde ich einen sehr kreationistischen Gedanken, der dahinter steckt, den ich nicht teile, aber der zeigt, in was für Richtungen man manchmal geht, wenn man darüber nachdenkt. Sie haben gerade das Bild des Löcherstopfens auch benutzt. Können wir vielleicht so relativ am Anfang noch dieses Podcast ein bisschen Ordnung in die Erforschung des Universums oder die Frage, wie man eigentlich so Löcher stopfen kann, bringen? Also, da gibt es ja Kolleginnen und Kollegen von Ihnen, Kosmologen, also Theoretiker. Zum Beispiel Einstein war so einer, der hat die Feldgleichung der allgemeinen Relativitätstheorie aufgestellt, haben Sie vorhin erwähnt, als wir über Newton kurz sprachen. Mit denen kann man alle möglichen denkbaren Universen beschreiben: statische Universen, auch solche, die sich ewig ausdehnen oder meinetwegen auch pulsieren. Und neben diesen Theoretikern gibt es ja ganz viele experimentell arbeitende Astrophysiker, Astronomen, Astronominnen, die allerlei Dinge mit allerlei Instrumenten messen. Können Sie für unsere Hörerinnen und Hörer mal etwas Ordnung in diese von außen betrachtet unübersichtliche Lage bringen? Also, welche Disziplinen und welche Methoden mischen da mit und wie wirken die zusammen? Alle mischen mit und alle wirken zusammen. Und das ist das Entscheidende, dass wir tatsächlich Beobachtung und Theorie kombinieren und auch noch Mathematik benutzen. Das ist übrigens auch wieder so einer der Dinge, dass wir das überhaupt mit einfacher Mathematik beschreiben können, ist auch schon sehr besonders. Und man kann es vielleicht am schönsten am Beispiel des, ich würde fast sagen, des ersten Naturgesetzes, der ersten Naturkraft, der Schwerkraft beschreiben. Und das war die Entdeckung von erst Kopernikus, der gesagt hat: Also, die Planetenbewegung, wir haben 1500 Jahre, haben wir die Planetenbewegung beschrieben mit einem Modell, wo die Erde im Zentrum sitzt und die anderen Planeten, die Sonne, sich da rumbewegen. Und das hat funktioniert. Es war ein funktionierendes Modell, ein mathematisch funktionierendes und korrektes Modell, zumindest innerhalb der Messungenauigkeiten. Und dann hat er aber gesagt: Ich kann ein viel schöneres Modell machen, wenn ich die Sonne in die Mitte setze und die Planeten sich drumherum bewegen lasse. Das ist eine mathematisch andere Beschreibung. Mathematisch sind beide okay. Man wechselt nur das Referenzsystem, man wechselt nur den Koordinatenpunkt. Man kann in einem Zug sitzen und sagen: Das ist mein Zentrum, und ich beschreibe die Welt drumherum, und sie bewegt sich an mir vorbei. Oder ich sitze am Bahnhof und sehe, wie die Züge sich an mir vorbei bewegen. Beides ist mathematisch völlig in Ordnung. Aber die Natur und die Eigenschaft sieht man besser, wenn man im richtigen System sitzt, sozusagen. Und das wäre in dem Fall am Bahnhof. Man sieht, dass die Züge vorbeifahren und ich die Landschaft. Und als man das gemacht hatte, kam dann irgendwann noch Kepler, und er hatte bessere Daten und stellte fest, dass mit den Kreisen drumherum funktioniert nicht so ganz. Aber wenn ich Ellipsen nehme, dann kann ich die Natur sehr gut beschreiben mit diesem einfachen mathematischen Modell. Und er hatte schon das Gefühl: Ja, was bedeutet das? Da ist vielleicht irgendeine Kraft. Denn er sah auch, dass die Planeten sich schneller bewegen, je näher sie an der Sonne waren, in einer bestimmten Art und Weise. Das geht nämlich mit der Wurzel des Abstandes, die Geschwindigkeit. Und dann hat es noch ein paar Jahrzehnte gedauert. Cam Newton hat gesagt: Ja, wenn ich annehme, es gibt eine Kraft, und die geht eben mit dem Quadrat des Abstandes, dann kriege ich automatisch heraus, dass die Planeten sich auf diese Art und Weise bewegen. Und siehe da, da habe ich aus der Kombination von Mathematik, Beobachtung und Theorie und Annahmen auf einmal ein Naturgesetz entwickelt. Und etwas, was bis heute jeder Gymnasiast zumindest lernt, wie ein Gravitationsgesetz aussieht. Und das funktioniert auch. Einstein ist da ein bisschen komplizierter, der nächste Schritt. Ja, aber das ist so der Prozess. Und heute stehen wir zum Beispiel vor der Frage: Wie können wir zum Beispiel Quantenphysik und Relativitätstheorie, allgemeine Relativitätstheorie, Gravitation und Quantenphysik – das eine beschreibt das Klitzekleine, die Materie, das Licht, das ist die Quantenphysik. Und das andere beschreibt das große Raum und Zeit. Und diese beiden Theorien, die sind fantastisch, die funktionieren wunderbar, aber wenn wir sie kombinieren wollen, klappt das nicht. Die wollen nicht zusammenarbeiten irgendwie. Wir haben keine Quantengravitation. Also, da gibt es noch eine höhere Theorie, wir haben sie bis heute noch nicht verstanden. Und es sind tausende, zehntausende der schlauesten theoretischen Physiker, die arbeiten an dieser Frage und haben sie bis heute nicht gelöst. Und ich sprach mal mit einem führenden Kopf in diesem Feld, und der sagte mir in einem Gespräch, der stand kurz vor seiner Emeritierung und sagte: Ja, wir haben so viele Möglichkeiten, wir brauchen eigentlich das Experiment, das uns leitet, das uns sagt, welches von diesen vielen, vielen Möglichkeiten ist eigentlich die richtige Möglichkeit, die wahre Welt. Die Mathematik macht vieles möglich, aber die Physik sagt, welches von den vielen mathematischen Möglichkeiten unsere Welt beschreibt. Und das Problem mit der Quantengravitation ist, dass wir kein gutes Experiment haben. Und deswegen stochen wir bis heute im Nebel. Bei der Sammlung von den Methoden, die wir heute benutzen, bleiben wir nochmal bei den empirischen Wissenschaften. Es gibt Weltraumteleskope. Hubble kennt jeder. Es gibt viele terrestrische. Teleskope, die im elektromagnetischen Spektrum auf bestimmten Wellenlängenbereichen forschen. Es gibt die Gravitationswellen, die man mittlerweile gefunden hat. Können Sie das nochmal ganz kurz so bündeln für unsere Hörerinnen und Hörer, was da so die großen empirischen Bereiche sind, wo Sie sich vielleicht auch persönlich von erhoffen haben? Dass man so eine große Frage wie die nach der Quantengravitation oder der großen vereinheitlichten Theorie, also dass man da Daten gewinnen könnte, mit denen dann eben doch zwischen verschiedenen Theorien entschieden werden kann, wo man weiterarbeiten könnte. Das Problem ist, dass wir in der Astrophysik auf die großen Dinge schauen. Also auch schwarze Löcher sind ja riesig, Neutronensterne, Sterne, den ganzen Kosmos, das sind gigantische Skalen, die da sind. Und die sind zwar sehr weit weg und scheinen deswegen sehr klein, aber intrinsisch sind sie sehr, sehr groß. Also das beschreibt dann die Relativitätstheorie. Und wenn ich dann die Quantenphysik beschreiben möchte, dann muss ich natürlich in ein Labor gehen. Da gehe ich zu einem Teilchenbeschleuniger, zum Beispiel ein riesiger Teilchenbeschleuniger am CERN. Aber ich kann auch Experimente im Labor machen. Ich war mal bei einem Kollegen, da konnte ich mit einer Maus ein einziges Ion, ein einzelnes Teilchen hin und her bewegen, hoch und runter, links und rechts. Einfach mal so eben. Ein einzelnes Atom letztlich oder ein Atomkern mit ein paar Elektronen drumherum. Man konnte es sehen durch seine Strahlung in der Kamera. Also es ist schon verrückt, was wir können. Aber das ist das klitzekleine. Und da spielt die Relativitätstheorie kaum eine Rolle. Wir können tatsächlich mit Laserexperimenten messen, dass die Zeit langsamer läuft. Weil wir haben Laser, die messen auch Zeit, Lichtuhren eigentlich. Die messen extrem präzise die Zeit. Ich glaube, die gehen so, ich habe es nicht mehr genau im Kopf, könnte falsch sein, irgendwie eine Sekunde über die Lebensdauer des Universums nach. Und wenn man die jetzt nur ein paar Meter hoch hebt, dann würde man merken, dass die Zeit langsamer läuft. Ich glaube, sie läuft schneller, wenn man sie hoch hebt, weil der Raum gekrümmt ist. Und die Relativitätstheorie von Albert Einstein sagt, dass die Zeit abhängig ist davon, wo ich mich im gekrümmten Raum befinde. Und das ist vielleicht einer der wenigen Experimente, die ich mir gerade bedenken kann, wo man das eine und das andere zusammenbringen kann. Dann gibt es noch Experimente, wo man Teilchen fallen lässt. Bei Quantenteilchen gibt es die Frage: Sind sie manchmal miteinander gekoppelt? Entanglement heißt das, die sind verschränkt, die haben so ein geheimes Band. Und ändert sich da was, wenn da Schwerkraft ist? Ändert die Schwerkraft was daran, an den Zustand quantenphysikalischer Systeme? Man kann sie fallen lassen für einen kurzen Moment und das beobachten. Also da gibt es schon Randbedingungen. Aber ansonsten, die wirklich richtig tief in die Quantenphysik gehenden Experimente sind eigentlich viel zu klein. Und die Teleskope, die wir haben, wo wir schwarze Löcher angucken, das ganze Universum anschauen, die sind eigentlich zu groß. Und man muss das Große und das Kleine, man muss eigentlich die kleinsten Skalen am Rand eines schwarzen Lochs messen können. Und diese Auflösung haben wir einfach nicht. Das macht es so schwierig, im Moment diese letzte große Theorie der Physik zu finden. Kann es denn dabei vielleicht helfen, zum Beispiel künstliche Intelligenz einzusetzen oder auch Computersimulationen, die versuchen, die Lücken zu stopfen? Das heißt, welche Rolle spielen eigentlich inzwischen schon künstliche Intelligenz und Simulationen in der Kosmologie und der Astrophysik? Wir benutzen natürlich auch KI-Algorithmen, um unsere Daten zu selektieren, da hineinzuschauen. Es wird zum Teil auch schon benutzt. Ich selber habe das noch nicht getan, um Gleichungen zu manipulieren und andere Dinge zu untersuchen. Das machen wir ja schon länger. Gleichungen lösen, das machen wir meistens nicht mehr mit Papier und Bleistift, sondern mit Computerprogrammen, die das für uns machen. Die sind da viel effizienter. Also das heißt, KI ist ein ganz nützliches Tool. Aber wer denkt, dass KI Intelligenz ist, der täuscht sich natürlich. Denn es ist keine kreative Intelligenz, sondern es ist ein auf bestehenden Ideen basierender Algorithmus, der interpoliert, ein bisschen extrapoliert. Und natürlich kann durch Zufall mal irgendwie was Neues entstehen, was Unerwartetes. Aber ich würde davon nicht den Geistesblitz erwarten. Wenn man guckt, wie Einstein gedacht hat, wie auch Newton gedacht hat, die haben eben nicht nur mathematisch gedacht, die haben eben auch philosophisch gedacht, die haben auch teilweise theologisch gedacht. Kepler war auf der Suche nach Schönheit im All und er fand, der Schöpfer konnte nicht so ein hässliches, altes System wie das alte System da entwickelt haben. Da musste es etwas Schöneres geben eigentlich. Und deswegen glaube ich, werden wir ohne das Nachdenken auch in Zukunft nicht auskommen. Aber natürlich wird uns eine KI helfen, schneller Dinge durchzurechnen, Dinge auszuprobieren. Und da bin ich ganz gespannt drauf, wie sich das entwickelt. Aber am Ende ist es, glaube ich, diese eine clevere Idee, die irgendjemand haben muss. Und die hatte noch keiner. Und Gott hatte ja auch eine clevere Idee, nämlich das Universum zu erschaffen, wenn man so sagen möchte. Und wenn man in die Bibel schaut, also letztlich ja das Buch, was uns all die Geschichten über Gott, über die Entstehung der Welt überliefert hat, dann ist dort ja auch an mehreren Stellen von der Schöpfungsgeschichte zu lesen. Welche Parallelen gibt es denn zwischen der biblischen Schöpfungsgeschichte, die sich Menschen schon vor Jahrtausenden überlegt haben, und der physikalischen Erklärung für die Entstehung des Universums? Ja, also zum einen, ich sage immer, die Schöpfungsgeschichte ist wirklich, wir gucken, was das für ein Text ist. Es ist natürlich kein naturwissenschaftlicher Text, das ist zum ersten Es ist aber auch kein rein nur geschichtlicher Text oder nur theologischer Text, sondern das sind Leute, die haben wirklich auf die Natur geschaut. Die hatten auch ein Stück Verständnis von der Natur. Und es ist geschrieben auf dem Hintergrund des babylonischen Weltbildes, das tatsächlich auch ein kosmologisches Weltbild hat und setzt dem eigentlich auch ein Kontrapunkt entgegen. Dem ist zum Beispiel Gott völlig aus der Schöpfung herausholt. Und das ist ja finde ich das Geniale, das wirklich Geniale an der Schöpfungsgeschichte, dass es den Schöpfer von der Schöpfung trennt. Und zwischen Schöpfung und Schöpfer ist das Wort. Also in der Genesis haben wir immer wieder diesen Rhythmus: „Und Gott sprach, und es ward.“ Da haben wir also Gott, der spricht, und es wird etwas. Und in der Naturwissenschaft, in der Naturwissenschaftlichen Schöpfungsgeschichte haben wir eigentlich einen Anfangszustand, Anfangsbedingungen, ein Naturgesetz, und aus diesen beiden wird etwas. Also eigentlich auch den gleichen Dreiklang. Und deswegen denke ich, dass sozusagen die Genesis auch von der Denkgeschichte her ganz entscheidend war, dass wir auch Naturwissenschaft entwickeln konnten, weil es das Göttliche aus der Schöpfung herausgenommen hat. Es ist eine entzauberte Schöpfung. Und wir können eben die Schöpfung anschauen, sagen, das, was da entstanden ist, und können uns überlegen, was ist das für Worte, die dahinter liegen, zum Beispiel. Das ist das eine. Zum anderen ist es natürlich auch eine wunderschöne Geschichte, gut geschrieben. Es ist ja nur letztlich eine Seite, die erste Schöpfungsgeschichte in so klarer Gliederung mit sieben Tagen. Und dann passiert dieses und das, und man sieht eine Entwicklung der Welt. Erstmal ist nur Licht da, dann entsteht ein Raum, der sich aufmacht. Die Feste und die Himmel trennen sich sozusagen, schaffen einen Lebensraum. Dann tauchen die Feste aus den Wassern auf, dann entsteht das erste Leben, die Pflanzen eigentlich. Dann die Tiere und am Ende der Mensch. Also es ist eine Entwicklungsgeschichte. Evolution könnte man fast sagen, die da beschrieben wird. Und das Schöne finde ich an einer poetisch-prophetischen Geschichte, wie einem schönen Gedicht, einem schönen Roman, den man neu liest, nach 100 Jahren nochmal entdeckt man immer wieder neue Dinge da drin. Das ist so wie so ein Diamant. Wenn man von einer unterschiedlichen Perspektive drauf schaut, funkelt der wieder ein Stückchen anders. Und heute haben wir natürlich viele neue Bilder, die über das babylonische Bild hinausgehen. Und ich finde auch, die kann man zum Teil wieder entdecken in dieser Geschichte. Also man kann sie heute immer noch erzählen und mit, denke ich, Freude rezitieren und erzählen und hat als Wissenschaftler Bilder im Kopf von einem Urknall, von einem feurigen lichtdurchfluteten Urknall am Anfang, von Materie und Licht, das sich trennt, von Materie, die sich sammelt und Planeten bildet oder Kontinente, die auftauchen aus dem Meer und so weiter. Und am Ende ein Mensch, der mehr ist als nur Staub. Das ist ja auch ein biblisches Bild, der Mensch als Staub, der aus Staub ist und wieder zu Staub wird. Und in der heutigen Wissenschaft sagen wir, er ist Sternenstaub und wird auch wieder zu Sternenstaub. Also da kann man wunderschöne Parallelen ziehen, die man nicht übertreiben darf. Also es ist, glaube ich, immer eine ganz schlechte Idee hinzugehen: „Ja, aber in der Bibel steht genau das, und ich habe genau verstanden, was das bedeutet. Und ich erkläre euch jetzt mal, wie das funktioniert.“ Nee, wenn du verstehen willst, wie die Natur funktioniert, dann musst du die Natur fragen. Ja, dann ist das Bibellesen nicht so die beste Antwort darauf. Es gibt in der Theologie das Bild von den zwei Offenbarungen Gottes. Das eine ist sozusagen die Bibel, da stehen menschliche Erfahrungen drin, menschliche Geschichte, menschliche über Generationen hinweg entstandene Erfahrungen, die auch wieder mit neuen Erfahrungen verknüpft worden sind. Jede Geschichte hat verschiedene Lagen. Und das zweite Buch ist die Natur. Das zweite Buch Gottes ist sozusagen die Natur, und da kann man auch drin lesen. Und das machen Naturwissenschaftler. Und wir wissen ja heute nun mal, dass die Evolution letztlich dazu geführt hat, dass es auf diesem Planeten dieses fantastische, vielfältige Leben gibt. Aber es gibt durchaus Menschen, die die Bibel sehr wörtlich nehmen und genau an diese Schöpfung in sechs Tagen glauben, wann auch immer das gewesen sein soll. Aber es hat eben nur sechs Tage gedauert. Sechs Tage mit 24 Stunden. Das wäre für Sie wahrscheinlich nur schwer zu vereinbaren mit Ihrem Wissen als Astronom. Oder hat sich das Ganze je nach heutigem Wissensstand nun mal über 13,8 Milliarden Jahre entwickelt? Genau, und ich kann es auch theologisch nicht nachvollziehen, weil ich meine, Zeit ist relativ. Auch in der Bibel steht: 1000 Jahre sind wie ein Tag. Und Gottes Jahre kann keiner zählen, steht da drin. Und auch die menschliche Zeit entsteht in der Schöpfungsgeschichte ja erst am vierten Tag. Am vierten Tag, da tauchen auf einmal – das ist so ein Intermezzo – passiert was, und plötzlich, bang, geht es um die Sterne und den Mond und die Sonne. Und die sind dazu da, uns Zeiten und Zeichen zu geben. Danach entwickelt man nämlich seinen Kalender. Das ist die Hauptaufgabe der Sterne da drin. Und dann geht es wieder weiter mit dem Rest der Schöpfung. Und sozusagen die menschliche Zeit entsteht erst am vierten Tag. Und deswegen, wenn man jetzt auf siebenmal 24 Stunden kommt, finde ich schwer nachvollziehbar. Zumal wir ja auch wissen, dass auch der Tag sich ja ändert über die Entwicklungsgeschichte der Erde hinweg. Der Tag war mal viel kürzer am Anfang, weil der Mond viel näher an der Erde war. Also auch 24 Stunden sind nicht in Stein gemeißelt. Eine wichtige Frage, wo wir uns gerade auf zeitlichen Skalen bewegen: Wie kommt man denn eigentlich auf diese 13,8 Milliarden Jahre, die vergangen sein sollen seit dem Urknall? Also die einfachste Art und Weise ist, man misst sozusagen die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums. Also alle Galaxien fliegen von uns weg. Und das hat nichts damit zu tun, dass wir so unangenehmen Mundgeruch haben oder irgend sowas, sondern das ist einfach die Ausdehnung des Weltalls. Wie so ein Hefeteig sich ausdehnt, wo Rosinen drin sind. Dann werden alle Rosinen voneinander immer weiter sich wegbewegen. Aber man kann da zurückrechnen: Wenn sich das so schnell jetzt auseinander bewegt, wie lange hat es gedauert, bevor sie alle in einem Punkt zusammen waren? Und dann kommt man tatsächlich in die Nähe von diesen 13 Milliarden Jahren. Und dann gibt es noch etwas genauere Modelle, und dann kommt man auf die 13,8. Aber im Prinzip ist es letztlich eine einfache Zurückextrapolation der Ausdehnungsgeschwindigkeit des Weltalls. Und dann gibt es noch natürlich viele andere Hinweise. Das ist nicht alles. Das bedeutet zum Beispiel auch, dass wenn wir in das All hinausgehen, dann sind wir in einem All, in dem wir nicht mehr leben. Wenn wir in die Vergangenheit schauen, schauen wir immer auch in die Vergangenheit. Das Licht braucht ja eine gewisse Zeit, um zu uns zu kommen. Und wenn etwas Milliarden Lichtjahre entfernt ist, dann braucht das Licht Milliarden Jahre, bis es zu uns kommt. Und so können wir die Geschichte des Universums sehen, können wir das Rad der Zeit ein Stück zurückdrehen, dadurch, dass wir in die Vergangenheit schauen, ohne selber in der Zeit zu reisen, nur durch unsere Teleskope. Und was wir da sehen, ist, dass das Universum tatsächlich früher anders ausgesehen hat. Es war jünger. Die Milchstraßen waren nicht so wie heute. Sie waren teilweise kleiner. Sie fingen an, miteinander zu verschmelzen. Und wir sehen auch, dass vor zwei bis drei Milliarden Jahren nach dem Urknall so einmal eine richtige Explosion der Sternentstehung da war. Schwarze Löcher haben geleuchtet, Sterne haben geleuchtet. Die Hälfte aller Sterne ist eigentlich innerhalb der ersten zwei, drei Milliarden Jahre entstanden. Und der ganze Rest hat dann viel länger gebraucht. Und das Universum wird sozusagen träger mit der Zeit. Es hat sozusagen seine wilden Zeiten schon hinter sich. Also wir sehen diese Entwicklung in unseren Teleskopen quasi. Ich will nochmal auf eine Bezeichnung, nämlich die der Propheten der Neuen Zeit für Forscherinnen und Forscher in ihrem Buch zurückkommen. Also Forscher, die uns, Zitat, neue wissenschaftliche Erzählungen als Propheten nämlich bescherten. Degradieren Sie sich nicht selbst und Ihre Kollegen hier zu bloßen Geschichtenerzählern? Ja, das ist auch etwas, was ich aus der Bibel gelernt habe. Die beste Möglichkeit, um Wissen zu transportieren, ist eigentlich, eine Geschichte zu erzählen. Wir erleben Geschichten, wir behalten sie. Das heißt, Geschichten erzählen, finde ich, eigentlich eine sehr gute Beschreibung. Wenn wir Geschichtenerzähler wären, dann haben wir unseren Job erfüllt. Dann haben wir es nämlich geschafft, unsere Wissenschaft zu transportieren, für Menschen zugänglich zu machen und sie nicht nur in Gleichungen festzuhalten. Und ja, wir sind moderne Propheten in gewisser Art und Weise, weil wir, wie die alten Propheten, schauen in die Vergangenheit zurück und deuten sie und erzählen eine Geschichte über den Anfang. Und wir schauen in die Zukunft und beschreiben, wie sie weitergeht, mit in die nahe Zukunft oder die ferne Zukunft. Wir zeigen Möglichkeiten auf: Wenn du das und das machst und wenn du nicht umkehrst, wenn du nicht besser umgehst mit deinem Klima, dann wird das und das passieren. Und dann passiert es manchmal auch, weil die Leute hören nicht auf die Propheten. Und auch das ist eine biblische Erfahrung. Insofern sind wir auch manchmal Rufer in der Wüste als Wissenschaftler. Wenn nämlich das nicht nur schöne Bilder und Geschichten sind, sondern wenn Wissenschaft auch echte Konsequenzen haben müsste, da streuben wir uns manchmal dagegen. Wenn wir Wissenschaft nicht verstehen, weil sie vielleicht zu abstrakt ist, zu fern ist. Und man muss es lernen. Inzwischen glaube ich, haben die meisten gelernt, in gewisser Weise, oder mit Wettervorhersagen zum Beispiel umzugehen. Sie wissen, dass wenn da steht, dass es jetzt die nächsten zwei Tage Dauerregen geben wird, dann stimmt das meistens. Aber da kann auch mal sein, es ist vielleicht Sonnenregenmix. Und dann kann tatsächlich der Wind auf einmal weniger sein als vorher gesagt. Oder es regnet zufällig bei mir nicht. Also da gibt es auch eine gewisse Unsicherheit. Aber im Allgemeinen stimmt das schon, was diese Meteorologen da so sagen. Und es wäre sehr unvernünftig, wenn wir zum Beispiel mit einem kleinen Segelboot mit meiner ganzen Familie aufs Meer hinausfahren, wissend, da kommt ein Orkan, der ist vorhergesagt von diesen Meteorologen. Und ich wäre ja wirklich völlig wahnsinnig, wenn ich sagen würde: „Ja, aber die können sich ja schon irren, die Meteorologen. Die haben ja auch nicht immer recht. Es kommt ja nicht immer so ein Sturm, wenn die das sagen.“ Und ich fahre da raus und riskiere das Leben meiner ganzen Familie. Dann bleibe ich doch lieber zu Hause und warte, ich mal ab. Und dann ist der Hurricane vielleicht trotzdem vorbeigezogen. Dann habe ich vielleicht einen Segeltag verpasst, aber ich bin halt immer noch am Leben. Also wir sind Propheten und wir müssen umgehen mit der Unsicherheit der Prophetie, die immer da ist. Und ich glaube, wir als Menschheit müssen lernen, auch mit den neuen Propheten umzugehen und unser Leben da auch ein Stück nach zu richten. Eine Geschichte, die manche Physiker erzählen, die sie auch vorhin schon kurz angerissen haben, die lautet ja, dass es gar nicht nur dieses eine Universum gibt, in dem wir leben, sondern ganz, ganz viele, also ein Multiversum, ganz, ganz viele, die parallel nebeneinander existieren. Vielleicht auch eins, das schon existiert hat und ein neues ist entstanden. Das würde ja vielleicht auch erklären, warum es in unserem Universum Leben gibt, wie wir es kennen. Leben ist entstanden. Das wäre dann kein Wunder, sondern fast so etwas wie eine statistische Notwendigkeit. In all diesen Paralleluniversen mit anderen Naturkonstanten, anderen Naturgesetzen, gäbe es eben kein solches Leben. Was halten Sie von dieser Geschichte? Ist die plausibel? Ja, ist durchaus denkbar, aber sie löst nicht das fundamentale Problem. Weil zum einen sind die Multiversen nach heutiger Sicht nicht wirklich messbar. Insofern bleibt auch das Metaphysik. Und es erklärt eben auch nicht die Frage, wo die Multiversen herkamen. Also in gewisser Weise würde das Problem noch schlimmer machen. Denn wenn wir nur ein Universum haben, dann müssen wir nur verstehen, wo kommt dieses eine Universum her. Wenn wir jetzt noch verstehen müssen, wie können unendlich viele Universen entstehen, dann sind wir noch nicht mal mit unseren Messmöglichkeiten irgendwo in der Lage, da hinzukommen. Wir kommen ja relativ dicht an den Urknall ran mit unserer Physik. Das ist ja schon fantastisch. Aber wenn die Multiversen da sind, ist eigentlich die große Frage eher weiter weg als beantwortet. Und das zweite Problem ist, wir wissen auch die ganze Statistik nicht. Wir wissen ja gar nicht, wie wahrscheinlich ist es, dass Universen da sind. Und wie viele können entstehen. Und das ist ja völlig reine Spekulation. Und ist das überhaupt annähernd genug, um all die Universen zu erzeugen? Und wie gesagt, gelten die Naturgesetze über Universen hinweg? Zum Beispiel die Entropie sagt ja, dass immer ein Stück Energie verloren geht. In gewisser Weise nimmt die Unordnung zu. Und wenn ich zum Beispiel einen Tischball titschen lasse, dann titscht der und titscht und titscht, und irgendwann liegt der auf dem Tisch. Und so könnte es auch mit Multiversen sein. Das ist zumindest einer der Argumente, die mir ein Kollege erzählt hat, der das sozusagen publiziert hat. Wenn ich jetzt ein Universum nach dem anderen explodieren lasse, irgendwann ist auch da die Energie aufgebraucht und es hört auf, wie ein Tischball, der auf dem Tisch liegen bleibt. Also da sind so viele Fragen. Schön ist, darüber nachzudenken. Aber es löst die Frage nicht. Und es würde auch Gott weder näher bringen noch wegbringen. Witzigerweise, ich saß mal in einem Zimmer und sprach mit einem Theologen. Das war in Amerika, und wir redeten über Urknall und Multiversen. Und ich sagte, Urknall ist ja eigentlich eine zutiefst christliche Idee, also zutiefst biblisch. Es gab einen Anfang. Die Diskussion ist ja heute über Multiversen gegen Urknall. Und dann fiel mir aber gerade dieser eine Spruch ein: „The heavens declare the glory of God.“ Die Himmel erzählen, was über die Größe Gottes. Das steht ja plural. Gut, es ist eine bestimmte Art des Plurals im Originaltext scheinbar. Aber warum soll Gott nicht viele Himmel geschaffen haben? Himmel geschaffen haben? Ist ja auch kein ganz neuer Gedanke. Reicht es zu dem Tischball noch mal ganz kurz ein. Man lernt doch in der Schule, dass die Energie nur umgewandelt wird. Also dass der Ball aufhört zu titschen, weil es Reibung an den Luftmolekülen gibt und dass es dann als Wärme verloren geht. Aber es ist ja nicht verloren. Also inwieweit ist dieses Bild von dieser Energie, die da aufgebraucht wird, einem Schüler vermittelbar? Ja, doch, Energie geht verloren, dadurch, dass Energie bringt mir nur etwas, wenn sie ungleichmäßig verteilt ist. In einem bestimmten Ecke muss ich ganz viel Energie speichern. Und dann will die Energie sich ausdehnen und kann was bewirken. In einem Motor entzünde ich ein Funken. Da gibt es die Explosion, und die treibt diesen Zylinderkopf nach oben. Aber wenn darüber auch eine Explosion gleichzeitig wäre und überall drum herum, dann würde gar nichts mehr passieren, weil von allen Seiten der gleiche Druck herrscht. Und so ist das auch mit der Energie. Wenn die sozusagen verpufft und sich verteilt im Raum, dann ist die Energie, die Hitze, noch da, aber ich kann nichts mit ihr anfangen. Und das ist eben Entropie. Es ist nicht nur Energie, es ist eben Entropie. Das ist sozusagen die Verteilung der Energie oder eben diese Unordnung. Und das ist das, was am Ende passiert. Das ist das eine. Und zum anderen ist es auch so, dass es tatsächlich für die Energieerhaltung, Energieerhaltung für das gesamte Universum gar nicht gilt, komischerweise. Im heutigen Modell hat auch der Raum Energie. Und dadurch, dass der Raum größer wird, kriegt das Universum auch mehr Energie auf einmal. Also auf ganz großen Skalen, auf die Skala des Universums gilt selbst die Energieerhaltung nicht mehr. Und wir kommen da auch an unsere Grenzen des Verstehens. Woher kommt die Ursprungsenergie überhaupt her? Ich muss ja erst ganz viel Energie im Urknall haben. Und auch da wird die Energie sozusagen auch erst noch größer im Laufe der zeitlichen Entwicklung. Stichwort Multiversum nochmal. Also oder Paralleluniversen oder alternative Universen. Wenn es ein Universum mit anderen Naturkonstanten gäbe, dann würden ja wahrscheinlich andere Arten von Körpern möglicherweise, also Himmelskörpern entstehen. Es würde wahrscheinlich andere physikalische und auch chemische Prozesse geben, die ablaufen. Könnte denn dann auch dort Leben entstehen, aber völlig anderes Leben als das, was wir hier auf der Erde kennen? Ja, das so hätte, hätte Fahrradkette. Wenn also alles anders wäre, wie könnte es dann aussehen? Es ist sehr schwer, das nachzuvollziehen. Haben Sie mich erwischt, gebe ich zu. Nein, das ist eine gute Frage, natürlich. Also man kann es ja nicht ausschließen, dass es tatsächlich irgendwo eine Nische gibt im Parameterbereich des Universums, wo auch Leben möglich ist. Und wo Leben dann, weiß ich was, Lichtjahre groß ist, um nochmal irgendwas zu sagen. Und weil alles viel, viel größer ist. Und die Lichtgeschwindigkeit viel, viel langsamer. Lichtgeschwindigkeit so lang wie die Schallgeschwindigkeit. Und die Zeitdilatation ist auch, wenn ich Fahrrad fahre, kriege ich auf einmal relativistische Effekte. Kann man nicht ausschließen, aber kann man auch nicht berechnen. Weil das Problem ist, unser Universum ist zu komplex. Wir verstehen es ja nur im Nachhinein. Wenn wir am Anfang da gewesen wären und hätten diesen Urknall gesehen, nach drei Minuten hätten wir gesagt: „Ja, schön, hat mal gepufft, aber es ist irgendwie gescheitert. Da passiert nicht mehr viel.“ Und selbst bei der Entstehung der ersten Sterne, die auf einmal dann da waren, wäre keiner auf den Gedanken gekommen zu sagen: „Ja, da gibt es mal irgendwann so Leute, die Podcasts machen und über die Natur nachdenken und über Gott.“ Jeder Physiker, der da einen Antrag eingereicht hätte, um sowas zu erklären in einem Modell, wäre verrückt erklärt worden. Wir können die Entwicklung des Universums nur im Nachhinein verstehen. Und zu behaupten, Wir können jetzt vorausberechnen, wie ein anderes Universum sich entwickeln würde. Es ist schwer. Wir könnten vielleicht sagen, wir nehmen an, alle Naturgesetze sind so, wie sie sind, und wir stecken andere Parameter rein und gucken dann, ob bestimmte Prozesse möglich sind. Und das tun tatsächlich Kollegen, die auch sagen: „Okay, können Sterne entstehen, wenn die Konstanten anders wären?“ Aber keiner kann sagen, wie wahrscheinlich das ist und wie das Leben entsteht. Wir wissen ja noch nicht mal, wie Leben entstanden ist. Wo wir gerade beim Thema Leben sind: Glauben Physiker wie Sie, die sich mit unbelebter Materie beschäftigen, vielleicht eher an Gott, weil man etwas sucht, was irgendwie dieses Faszinosum Urknall, die Entstehung des Universums erklärt, als wiederum Biologen, die sich mit der belebten Materie beschäftigen und deswegen eher auf die Evolution, auf den Teil der Zeit gucken, seit die Erde sich entwickelt hat und hier auch wirklich Leben existiert? Sicherlich nicht global beurteilen. Ich weiß, in der Akademie in Holland, wo ein paar Topwissenschaftler drin sitzen, da gibt es doch durchaus den einen oder anderen, der auch sehr gläubig ist. Manchmal nicht sehr öffentlich, aber da gibt es einige. Und ich habe schon das Gefühl, dass es da zumindest eine Toleranz gibt, auch wenn jetzt nicht jeder Physiker gläubig ist und manche finden das auch ziemlich komisch, glaube ich. Aber wir Astrophysiker machen das ja schon seit tausenden von Jahren und wir sind schon immer an diesen Grenzen unserer Erklärbarkeit. Die Astrophysik, aber auch die Physik, bringt uns so ein bisschen an die Grenzen der Erkenntnisfähigkeit und bringt uns auch ein Stück immer an die Frage nach Gott. Einstein hat über Gott nachgedacht, Planck habe ich erwähnt. Also viele der großen Physiker haben darüber geschrieben und darüber nachgedacht. Das ist doch Teil des philosophischen Denkens. Und das ist bei Biologie vielleicht gar nicht so nötig, so an das Fundament zu gehen. Und die haben natürlich immer noch ihr Darwin-Trauma, das sie verarbeiten müssen und sind da so ein bisschen allergisch, manchmal habe ich den Eindruck. Siebertrautmann, das meinen Sie genau mit Darwin-Trauma? Breslau, na ja, es war ja sozusagen diese Auseinandersetzung: Wie ist das Leben entstanden? Und das war ja schon auch eine Beleidigung des Menschen, zu sagen: „Du bist eine Weiterentwicklung des Affens. Du bist jetzt nicht eine besondere Schöpfung, die Krone der Schöpfung, sondern du bist einfach nur ein besonders schlauer Affe.“ Und wobei tatsächlich auch Zeitgenossen von Darwin, auch gläubige Zeitgenossen, das durchaus gut fanden. Also es ist ja erst später zu so einer dogmatisch theologischen Auseinandersetzung geworden, vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und das hat natürlich dann wieder zu Abgrenzungsversuchen der Biologen geführt, die dann nicht vereinnahmt werden wollten von dogmatischen Klerikern oder anderen. Und zum einen wollte man sich auch lossagen von der Kirche, die auch eine gewisse Deutungshoheit hatte über das Leben. Also da gibt es eine sehr komplexe Geschichte, Wissenschafts- und Religionsgeschichte. A und Macht auf Menschen ausgeübt hat, manchmal auch nicht in allzu guter Weise. B Absolut. Ich meine, Religion ist immer auch Teil einer Gesellschaft und die wurde immer missbraucht. Aber das ist der Wissenschaft ja auch nicht anders gegangen. Also wenn wir gucken, was hat Kolonialismus möglich gemacht, dann waren es technische Entwicklungen, die da waren, zum Beispiel. Also ich höre immer wieder nur: „Ach, die Kreuzzüge“ und weiß ich was. Aber die Rolle, die Wissenschaft gespielt hat und Aufklärung, gerade im Kolonialismus, die wird dann oft vergessen. Auch das Wissen ist eben Macht. Und es sind Physiker, die Atombomben gebaut haben. Es sind Physiker, die das Internet gebaut haben und auf uns losgelassen haben, was uns heute auch viele Probleme bringt. Viele gute Dinge, aber auch viele Probleme. Also insofern, und dass die Kirche dann nach 1000 Jahren oder 1500 Jahren dann auch sehr korrupt geworden ist, wie zur Zeit der Aufklärung, und eben ein Teil des Machtapparates geworden ist, ist ja auch keine Überraschung. Und deswegen braucht es immer wieder auch Reformen. Also genau wie die Wissenschaft Reformen braucht, braucht auch die Kirche immer wieder mal Reformen, neue Ideen, neue Strukturen tatsächlich. Und ich vergleiche das immer mit dem Fußball. Wenn man guckt, wie korrupt die FIFA heute ist, ja nach 100 Jahren, dann sieht man, dass sobald etwas schön ist und Spaß macht, und die Menschen dann sind, immer auch Leute da sind, die das benutzen, um Geld zu verdienen und es als Machtmittel zu benutzen. Es kommt ja immer darauf an, was der Mensch letztlich daraus macht. Also die Entdeckung an sich ist ja erst mal nicht gefährlich. Aber das, was dann daraus gemacht wird, die Erfindung. Sie sprachen von der Atombombe. Ich habe gerade erst darüber nachgedacht, inwieweit Otto Hahn als der Entdecker der Kernspaltung eine Mitverantwortung für eine solche Atombombe tragen kann. Und ich denke an der Stelle kann man auch noch mal betonen, dass natürlich trotz allem jeder Wissenschaftler eine gewisse Verantwortung auch dafür tragen muss, was aus den ganzen Entdeckungen, die sie machen, geschieht. Oder sich zumindest vielleicht in der Öffentlichkeit dazu äußern, sich einsetzen, dass es eben nicht zum Schlechten der Menschheit, sondern, wie es im Nobelpreis so schön heißt, im Testament, zum Guten, zum Fortbestand der Menschheit eingesetzt wird. Das stimmt. Da bin ich 100 Prozent Ihrer Meinung. Also unethisch fände ich es, Entdeckungen zurückzuhalten, sie nicht zu teilen. Also das Ethische ist immer, Wissen zu teilen, auch wenn es gefährlich ist. Aber gleichzeitig müssen wir miteinander eben darüber reden, was es bedeutet. Und da muss ich dann sagen, mit uns redet ja so kaum einer, mit Physikern. Also wir benutzen die Technologie einfach. Aber Technologie verändert Gesellschaft. Technologie verändert die Welt und hat eine riesen Auswirkung. Und wir nehmen das einfach so von den Physikern und von den Wissenschaftlern in Empfang und denken nicht darüber nach. Und das Nachdenken müssen wir gemeinsam tun. Und wir müssen auch Technologie verstehen, um ihre Wirkung zu verstehen, miteinander. Auch das passiert eigentlich viel zu wenig. Also es wird viel zu in gewisser Form politisch, aber unreflektiert mit Technologie umgegangen. Und philosophiert wird von Philosophen und Politik wird von Politikern gemacht. Aber Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, aber eigentlich müssen alle miteinander reden. Wissenschaftler, Politiker, Philosophen müssen miteinander regelmäßig kommunizieren, reden und gucken, was bedeutet das alles eigentlich, was hier passiert. Ja, das tun wir ja jetzt auch genau in diesem Podcast, in dieser Folge. Das ist wunderbar. Wir retten die Welt. Das ist ein Stück Beitrag zur Rettung der Welt. Ja, genau. Aber dieser Austausch ist ja etwas, was auch total viel Spaß macht. Also uns bei Spektrum der Wissenschaft jedenfalls. Und hinter den Kulissen haben wir im Vorfeld unseres Gesprächs mit Ihnen heute, also auch mit Kolleginnen und Kollegen in der Redaktion, ein bisschen darüber gesprochen. Also wir wurden gefragt: „Ja, wen habt ihr denn in der nächsten Folge?“ Heino Falke. Ah, super spannend! Ja, der Radioastronom. Ja, genau. Der mit dem schwarzen Lochfoto. Ja, genau. Sprechen wir nachher noch drüber. Und dann ging es aber auch um die Frage: „Ja, aber wenn ihr da jetzt mit ihm über Gott sprechen wollt, ist das denn überhaupt sinnvoll? Weil kann man mit naturwissenschaftlichen Methoden überhaupt Aussagen über Gott treffen? Und ihr sprecht doch da mit einem Naturwissenschaftler.“ Und da haben wir auch intern hier eine Diskussion vom Zaun getreten. Und am Ende haben Katharina und ich gesagt: „Natürlich, wir sprechen mit Heino Falke.“ Aber was antworten Sie darauf? Kann man mit naturwissenschaftlichen Methoden überhaupt Aussagen über Gott treffen? Oder ist da nicht einfach eine Grenze und aus die Maus? Man kann was über Gott sagen, über Eigenschaften Gottes zum Beispiel. Die Naturwissenschaft sagt etwas über einen verlässlichen Schöpfer, zum Beispiel. Die Regeln, die sind verlässlich nachvollziehbar, sind auch fair in gewisser Art und Weise, weil sie gelten für alle. Es ist nicht so, dass heute diese Regel gilt und morgen jene. Wenn wir mal gucken, wie jetzt ein menschlicher Alleinherrscher funktionieren würde. Ja, der macht seine eigenen Regeln. Ja, Donald Trump, der macht alles nach seinen eigenen Regeln. Ja, das ist völliges Chaos und Willkür. Und die Natur ist ganz anders. Und wenn ich eben einen Schöpfergott dahinter sehe, dann erzählt mir die Natur etwas von einem verlässlichen Schöpfer. Also das ist eine Art der Gotteserkenntnis. Aber ich muss auch danach fragen, was sagt das? Ein Kepler hat das genau so getan. Er hat nach der Entdeckung seiner Planetenbahn gesagt: „Wir sehen hier, wie Gott, wie einem menschlichen Baumeister gleich, an die Grundordnung und die Regeln der Welt rangegangen ist.“ Er hat ja diese Verlässlichkeit gefunden. Das war eine theologische Aussage für ihn. In der Wissenschaftsgeschichte gab es ja auch immer große Geister, die es mit Vernunft und Logik versucht haben, die Existenz Gottes zu beweisen. Descartes, Leibniz, Kant, Goethe. Ja, also ganz banales Beispiel: Ja, alles in der Welt ist in Bewegung. Bewegung muss irgendwo herkommen. Sie muss angestoßen werden. Also muss es irgendwo einen ersten unbewegten Beweger geben und den nennen wir jetzt mal Gott. Wie sehen Sie die Gottesbeweise? Ja, ich finde, das ist tatsächlich noch der Beste, den wir haben, der unbewegte Beweger. Das gilt eigentlich noch bis heute. Es ist der Beweis einer Leerstelle unseres Wissens. Es beweist, dass wir etwas nicht wissen können und wahrscheinlich auch nicht wissen beschreiben können. Ich habe ja verschiedene Gottesbilder. Gott kann man nicht mit einem Bild beschreiben. Aber ein Bild ist, dass Gott eigentlich das unverfügbare Geheimnis des Lebens ist. Also es gibt sozusagen ein Geheimnis, das wir nicht unter unserer Kontrolle haben. Und das erlebt jeder in seinem Leben. Man kann alles durchplanen, aber irgendwie passieren dann Dinge, die nicht in meiner Kontrolle sind. Und ich glaube, so ist es auch mit dem Universum, dass da, wie gesagt, Fragen sind, die wir einfach mit Physik nicht beantworten können. Punkt. Geht nicht. Und dann ist eben die Frage, wie fülle ich dieses Bild, diese Leerstelle? Ich kann sagen, ich lasse das leer, dann ist da ein Fragezeichen. Oder bin ich vielleicht Agnostiker und sage, das interessiert mich nicht, ich kann es nicht beantworten. Also beantworte ich die Frage nicht. Oder ich sage bewusst, da ist nichts, dann bin ich ein Atheist. Aber das ist eine sehr starke Aussage. Ich weiß gar nicht, ob man das überhaupt sagen könnte. Weil da muss ja irgendwas sein, diese unbewegte Bewegung am Anfang. Und das Dritte ist, da ist ein Gott, und das kann dann für den einen so ein sehr unpersönlicher Gott sein, die große Macht oder irgendwas. Oder es ist eben der persönliche Gott. Und das ist tatsächlich so mein Bild. Und das speist sich eben nicht nur aus Naturwissenschaft, sondern eben aus menschlicher Erfahrung. Wo ich einfach sage, glaube im tiefen Glauben, dieser unbewegte Beweger am Anfang, das ist auch jemand. Und dem vertraue ich irgendwie. Und da komme ich her und da gehe ich auch wieder hin. Aber das ist Glaube. Da kann die Wissenschaft dann nicht mehr allzu viel drüber sagen. Das ist ja eine Art und Weise, wie ich auf diese Welt schaue und wie ich auf mich schaue und wie ich auf andere schaue, in gewisser Weise. Ich habe mir mal sagen lassen, Physiker spielen auch gerne. Das Spielen lehrt einen ja etwas. Und wir haben ein Spiel vorbereitet für Sie, ein kleines Assoziationsspiel. Und es geht da vor allen Dingen um Ihre Spontanität, aber auch um den Blick über den Tellerrand. Und ja, wir nennen Ihnen jetzt gleich der Reihe nach zehn Stichworte, immer abwechselnd. Und das Spiel geht so, dass Sie uns bitte in einem Satz, dürfen auch zwei sein, sagen, was Ihnen spontan dazu einfällt. Und wir sind natürlich sehr gespannt, was da so kommt. Sind Sie bereit? Ja, das stimmt tatsächlich mit dem Spielen. Wir haben immer Spielzeug bei uns auf dem Kaffeetisch liegen in der Uni. Ja, ich kann mich da auch noch sehr gut daran erinnern. Und der Fischkartisch, der war auch sehr beliebt im obersten Stockwerk. Den haben wir auch. Ja, das erste Wort ist sogar schon gefallen. Und da bin ich wirklich sehr gespannt, wie Sie das in aller Kürze zusammenfassen. Zufall: Ein essentieller Teil des Lebens und auch ein völlig unverfügbarer Frechheit. Müllmann: Wollte ich mal werden. War sehr beeindruckend. Luther: Eine Geistesgröße, die die Welt verändert hat. Außerirdische: Wird es vielleicht irgendwo geben, aber ich weiß nicht, ob wir sie jemals sehen werden. Schule: War ich nicht der Allerallerbeste, aber ich habe mich tapfer geschlagen. Sterbehilfe: Bin ich kritisch. Ich glaube, Sterben, also Sterbehilfe, ist ein schweres Thema. Also es ist nämlich ein seelsorgerliches Thema. Und ich habe Menschen beim Sterben begleitet. Aber ich weiß auch, was Sterben mit den Hinterbliebenen macht. Und deswegen bin ich dankbar für jeden, der das Leben feiert mit seinem Leben, auch wenn es schwer ist. Paradies: Da wäre ich gerne. Und vielleicht komme ich da irgendwann auch mal hin. Social Media: Ist eigentlich fantastisch, aber wird leider manipuliert von amerikanischen Tech-Firmen. Leute, kommt daher zu Mastodon. Das ist eine unabhängige Plattform, die nicht zentral kontrolliert ist. Nobelpreis: Fantastische Leute. Und ansonsten warten wir ab, wer die in den nächsten Jahren alles kriegt. Vielen, vielen Dank für diese Antworten. Ich würde gerne noch mal darauf zurückkommen. Sie sagten, Müllmann wollten Sie mal werden. Ich habe das natürlich da reingepackt als Wort in der Vorbereitung, weil ich darüber in einem anderen Podcast gestolpert bin. Was fasziniert Sie denn so an diesem Beruf? Ich bin in Köln groß geworden. Wir haben auf der Straße noch gespielt. Kann man sich gar nicht vorstellen. Da waren zehn Kinder, Kindergartenkinder, die auf der Straße gespielt haben, jeden Tag da draußen. Und ich weiß auch nicht, ob da Erwachsene waren. Wir haben da alles Mögliche gemacht. Und immer wieder kam dann die Müllabfuhr mit ihren großen Wagen. Und die haben dann die Mülltonnen rausgerollt. Und das war so ziemlich das Größte, was ich da gesehen habe. Und das fand ich so beeindruckend. Große Maschinen. Ich wollte was mit großen Maschinen zu tun haben. Und die hatten auch diese tollen orangenen Jacken da. Also schon sehr beeindruckend. Also ich kann es gut nachvollziehen. Mir sagt man auch nach, also meinen Eltern, die noch leben, dass ich als kleiner Junge gerne am Küchenfenster gestaunt habe und Mühmama gesagt habe, wenn die Müllabfuhr kam. Und die Begeisterung teilte ich zumindest mal früher. Einer der ersten Worte, das unsere Enkelin sprechen konnte, war Bagger. Das ist doch auch schön. Das ist doch wahrscheinlich ähnlich beeindruckend wie der Müllwagen, der kommt. Und bei mir zu Hause ist der Müllwagen sogar so automatisiert, dass der die Tonnen von alleine nimmt. Also da fährt gar niemand mehr mit, um die Rand zu rollen. Also das heißt, da sind wir jetzt heutzutage sogar noch einen ganzen Schritt weiter. Und das zeigt ja auch so ein bisschen Neugier, Fortschritt. Es geht immer immer weiter. Und Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Sie bis heute ein Leben lang ein neugieriges Kind sein durften und bezeichnen das als Privileg. Das führt mich natürlich sofort zu der Frage: Wie waren Sie denn so als Kind? Waren Sie da auch schon neugierig? Ach, ich glaube schon, dass ich da neugierig war, mal Fragen hatte. Ich glaube, in dem einen Buch, in dem ersten, habe ich beschrieben von dieser einen Mauer, die in unserem Garten war, wo ich dann stundenlang immer wieder gebohrt habe, weil ich wissen wollte, was dahinter war. Weil ich eigentlich zu klein war, um über den Fensterrand zu gucken und zu sehen, dass dahinter der Schulhof war. Also diese Mauer zu durchbohren. Und ich weiß, ich habe immer Fragen gestellt und manchmal auch richtig gute Antworten gefunden. Aber ich war auch ein Nerd, also lange Zeit. Ich habe Bücher gelesen ohne Ende am Anfang. Inzwischen lese ich nicht mehr so viele Bücher, ich schreibe sie ja. Und habe am Computer gesessen, sehr viel. Und der Computer war ein sehr, sehr guter Lehrmeister, weil er einen Selbstkritik lehrt, eigentlich. Ja, das ist nicht bei jedem Programmierer so, leider. Aber an mich hat das tatsächlich meine Grenzen aufgezeigt, weil der Computer tut genau das, was man ihm sagt und nicht das, was man meint. Und man macht so viele Fehler, wenn man mit dem Computer programmiert. Ich weiß immer noch in meiner wissenschaftlichen Karriere, weiß ich noch genau ein bestimmtes Programm, eine Subroutine, die ich geschrieben habe, die kompiliert hat und die funktioniert hat, einmal runtergeschrieben, alles hat funktioniert ohne einen einzigen Fehler. Das ist, glaube ich, einmal in meinem Leben passiert. Und ich habe halt als Kind dann sehr viel vor dem Computer gesessen, habe eben mehr programmiert als gespielt. Also ich habe mir zwar ein oder zwei Spiele selber programmiert, aber ich habe die kaum gespielt. Das Programmieren fand ich so spannend. Was war denn das? Ein C64? Ich habe mit dem VC20 angefangen. Ja, ich auch, witzig, mit Datasette. Ja, genau. Und ich habe also auch ein Deassembler geschrieben und habe das gesamte Betriebssystem ausgedruckt auf Papier. Und ich kannte im wahrsten Sinne des Wortes jedes Byte dieses Computers. Wurden Sie denn in dieser Neugier und in diesem Forscherdrang auch von Ihren Eltern oder von nahen bekannten Freunden unterstützt? Also meine Eltern, die haben irgendwann mal gefragt, was ich denn wollte. Und ich hatte mal so einen programmierbaren Taschenrechner gesehen und war völlig fasziniert, dass man da einfach so Gleichungen programmieren konnte. Und nun habe ich gesagt, ich möchte einen Computer haben. Da haben die erstmal gefragt in der Bekanntschaft: „Was ist denn eigentlich so ein Computer?“ Und dann ist dann mein Vater tatsächlich irgendwo hingefahren zu einem Kollegen. Mein Vater war Arzt und der hatte schon so einen Computer, weiß ich, in der Praxis. Hat sich dann erklären lassen, was denn das ist, so ein Computer. Und ja, dann haben sie mir irgendwann diesen Computer gekauft. Und das fand ich schon toll. Also da kommt der Kleine an und das ist ja schon noch ein Investment gewesen. Also wir haben jetzt nicht so viel alles gekriegt, wonach wir gefragt haben. Aber dieses Ding, das war innovativ, das habe ich tatsächlich bekommen. Noch eine Frage zum Elternhaus: Sind Sie schon religiös erzogen worden? Naja, ja und nein, würde ich sagen. Also tatsächlich, meine Familie, vor allem mütterlicherseits, die waren in Frechen, diese Heimatstadt, wo ich bin, die waren da irgendwie seit 450 Jahren Protestanten und waren irgendwie im Kirchenvorstand und so. Also man ging da zur Kirche, aber auch jetzt nicht gezwungen oder so. Also ich war mit meinem Opa schon mal dann in der Kirche hin und habe da gesessen und habe zugehört und fand es fürchterlich, weil ich nichts verstanden habe. Das hat mich doch sehr geärgert. Deswegen ist es mir heute echt ein inneres Anliegen, dass wenn ich vorne stehe, dass Menschen mich verstehen. Ja, weil ich als Kind so oft da gesessen habe und nichts verstanden habe. Ich fand es faszinierend. Also nur das Rüstzeug hatte ich, aber Gott war dann schon trotzdem irgendwas Fernes. Es war sowas Rituelles. Aber ich habe schon auch beeindruckende Menschen kennengelernt. Ich glaube, das ist auch das Entscheidende, dass man sieht, dass so man kann ja viel hören, wie schrecklich doch alle Christen sind oder Leute, die gläubig sind und Fundamentalisten. Aber die meisten sind echt ganz fantastische Leute. Die kommen nur nicht in die Medien. Und wenn man die dann kennenlernt und sieht, dann denkt man doch: „Ach, das ist ja doch spannend, was der Glaube mit Menschen macht und was der für einen Halt auch gibt an Menschen.“ Ich komme ja auch aus dem Rheinland und bei mir in der Klasse gab es damals nur ein einziges Mädchen, das evangelisch war. Also die Region Köln ist ja eigentlich erzkatholisch. Wie war das denn da, als evangelischer Christ erzogen zu werden, groß zu werden? War man da irgendwie eher ein Außenseiter? Ach, das hatte sich da tatsächlich schon ein bisschen entspannt. Aber tatsächlich ist es so, dass gerade diese Kirchengemeinde in Frechen gerade außerhalb des katholischen Einflussbereiches war und konnte eben entstehen und überleben in diesem katholischen Umfeld. Und ist so eine der Muttergemeinden des Protestantismus im Rheinland auch gewesen, weil es ja eben da draußen auf dem Feld sozusagen, da kam der Erzbischof nicht hin aus von Köln. Nee, aber heute ist das tatsächlich ein gutes Miteinander. Aber ich habe schon noch von meinen Großeltern gehört, wie da diese konfessionellen Spannungen waren. Die Katholiken haben dann an Karfreitag, der so ein wichtiger protestantischer Feiertag war, haben die dann irgendwie gekehrt und was ich was. Und die Protestanten haben dann anderen Feiertag irgendwie ignoriert. Aber das ist natürlich heute verrückt. Wenn Leute über Kirche nachdenken, dann können die gar nicht mehr unterscheiden, ob es katholisch oder evangelisch ist. Es treten Leute aus der evangelischen Kirche aus, weil sie gegen den Papst sind. Deswegen glaube ich, wächst das Verständnis, zumindest auf der unteren Ebene, wie wichtig es ist, dass man miteinander klarkommt. Und das passiert in den meisten, zumindest in unserem Umfeld, auch ganz gut. Letztlich geht es ja um einen Gott, um ein Gottesverständnis und nicht ganz viele verschiedene im Christentum. Ja, und manchmal hängt man sich dann an irgendwelchen Details auf und das ist so ein bisschen das Problem, das man hat. Ich bin ja auch in Holland da und da gibt es auch das Lustigste an Holland ist, da gibt es dauernd Kirchenspaltungen, weil der eine mit dem anderen irgendwie in einer ganz bestimmten Frage nicht übereinstimmt. Und dann gehen sie auseinander und dann kommen sie auch wieder zusammen. Das ist ein dauerndes Hin und Her. Das war in der Politik genauso. Beim letzten Parlament hatten sie 21 Parteien. Ich glaube, sie haben mit 17 angefangen. Die haben sich alle gespalten. Es ist ein dauerndes Hin und Her und es ist auch okay, dass es verschiedene Konfessionen gibt, weil Menschen sind verschieden und brauchen verschiedene Formen und verschiedene Ausdrucksarten. Es ist wichtig, dass wir trotzdem im Gespräch bleiben und gemeinsame Momente und Formen finden. Und das sehe ich gerade, dass wir da mehr und mehr finden, zumindest im interkonfessionellen Dialog. Es scheint ja sehr früh in Ihrer Biografie angelegt gewesen zu sein, dass Sie einmal Forscher werden. Wenn Sie kein Forscher geworden wären, aus welchen Gründen auch immer, was wären Sie denn dann heute? Tatsächlich Müllmann oder ist Ihnen unterwegs noch ein anderes Berufsbild begegnet, was Sie sich hätten vorstellen können? Ich wollte tatsächlich unter Umständen Theologe oder Pfarrer werden. Ich fand dann nur, dass ich irgendwie doch nicht so der Leute-Typ bin, dass ich dann doch mehr ein Nerd bin. Manche lachen dann, wenn ich das erzähle, weil ich sehr outgoing bin manchmal. Aber im Innersten bin ich doch immer noch ein Stück Nerd. Schwierigkeiten, mir Namen zu merken zum Beispiel. Das dachte ich, wenn du Pfarrer wirst, ist das nicht so gut. Und die Physiker haben auch so komische Namen, so Gesetze mit irgendwelchen Namen. Da schmeißen Leute rum, die bringe ich dann auch manchmal durcheinander. Aber das ist noch okay. Und tatsächlich war auch eine Phase in meinem wissenschaftlichen Laufbau, wo nicht klar war, dass ich überhaupt eine Stelle kriegen würde in der Wissenschaft. Ich bin irgendwann aus Amerika zurückgekommen, tatsächlich mit viel Gottvertrauen, aber ohne eine Stelle. Und ich war nur Monate davon entfernt, eigentlich auf der Straße zu sitzen. Und da habe ich gesagt: „Oh Gott, dann mache ich halt Burger. Also ich werde schon irgendeinen Job finden. Und wenn ich Burger mache, mache ich die besten Burger, die es gibt.“ Das war so meine Herangehensweise. Und dann gucken wir mal. Das sind dann keine Burger geworden. Wahrscheinlich wären die auch nicht so gut. Also meine besten Burger sind wahrscheinlich die besten Burger, die man so machen kann. Aber am Ende habe ich dann doch einen anderen Weg genommen. Die Burger machen Sie dann wahrscheinlich im Privaten und Sie haben es ja auch geschafft. Auch durchaus vegane Burger schmecken auch sehr lecker übrigens. Sie haben es ja geschafft, diesen zweiten Alternativberuf. Pfarrer, zumindest in gewissen Grenzen, auch zu realisieren, nämlich eben als Prädikant. Also ausgebildeter Laienprediger. Und als solcher predigen Sie ja auch schon mal in Ihrer Kirchengemeinde. Welche Ihrer Predigten haben Sie noch in Erinnerung? Was war Ihre Botschaft? Das ist immer die nächste, ist aber nicht immer die wichtigste. Es gibt so viele Geschichten, die mich einfach bewegen. So eine ganz tolle Geschichte ist die von Elia in der Höhle. Elia hat ja so eine große Auseinandersetzung mit Götzenpriestern bestanden und eigentlich so ein, vor allem, Volk, so ein Sieg gegen die Königin da errungen hat. Aber dann hat er doch Angst gehabt und musste sich verstecken. Also wurde fast depressiv, hat sich in seine Höhle verkrochen und hatte Gott verloren. Also, er hatte das Tollste erlebt im Leben und trotzdem war ihm irgendwie Gott abhandengekommen. Und sitzt in dieser Höhle und es sucht ihn eigentlich noch. Und dann kommt das Erdbeben. Und er geht raus in das Erdbeben, aber Gott ist nicht da. Er ist nicht in diesem mächtigen Erdbeben. Und dann kommt das Feuer. Und Gott ist nicht im Feuer. Und dann geht er raus und dann hört er einen Astronomen, einen jüdischen Astronomen, hat mir gesagt, das heißt das Säuseln der Stille. Er hörte das Säuseln der Stille. Ganz schönes Wortspiel, fand ich. Und im Deutschen steht, glaube ich, nur Säuseln oder irgend sowas. Man sagte: „Hier bin ich, Gott.“ Ja, also das fand ich so eine ergreifende Geschichte, eigentlich in so eine dramatische Geschichte eingepackt, die mich sehr berührt hat. So, die erzähle ich mal ganz gerne. Wir können ja sagen, zum Glück sind Sie Forscher geworden und haben ganz entscheidend dazu beigetragen, dass wir seit 2019 eine Art Foto von einem schwarzen Loch haben, nämlich ein Bild des Ereignishorizonts eines supermassiven schwarzen Lochs. Das müssen Sie gleich einmal erklären. In der Galaxie Messier 87. Wie man ein solches Bild, das unauslöschlich in die Geschichte der Erforschung des Weltalls einging, machen kann, nämlich mit zusammengeschalteten Radioteleskopen über die ganze Welt verteilt. Das haben Sie knapp 20 Jahre zuvor mit zwei anderen Astrophysikern ausgehackt. Wie war das, als Sie knapp zwei Jahrzehnte danach das fertige Bild erstmals selbst auf dem Rechner gesehen haben? Das waren ja mehrere Aha-Erlebnisse. Das war irgendwie 1995 oder sowas. Ich hatte eigentlich am Zentrum der Milchstraße gearbeitet, an diesem schwarzen Loch. Und auch in der Radiostrahlung versucht, die Radiostrahlung zu erklären. Und zwar in einem Institut in Bonn, dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie, wo diese Technik die wir später benutzt haben, auch schon benutzt wurde und auch weiterentwickelt wurde. Also die Technik, die gab es schon. Und wir merkten in unserer Modellierung, da kommt ja Strahlung wirklich direkt vom Rand des schwarzen Lochs. Also, wenn das Modell, was ich entwickelt hatte, wenn das stimmen würde, kommt was direkt vom Rand des schwarzen Lochs. Und dann dachte ich natürlich direkt, also können wir das nicht sehen mit dieser Technik, indem wir Radioteleskope auf der Welt zusammenschalten, ein super Teleskop bauen bei den allerhöchsten Frequenzen, genau da, wo das passiert. Aber irgendwie war das zu klein. Also, es war nicht gut genug. Und dann, ein paar Jahre später bin ich zufällig über ein Buch gestolpert aus den 70er Jahren, wo mal jemand ausgerechnet hatte, wie so ein Licht abgebogen wird am Rand eines schwarzen Lochs. Und dann sah ich, dass dieser Ereignishorizont auf einmal größer aussehen müsste. Und dann fiel mir einer klar: Du hast was vergessen. Es ist ein schwarzes Loch, das funktioniert wie so eine Linse. Es vergrößert sich selber. Es scheint größer, als es ist, wenn man drauf schaut. Und man sieht auch nicht den Ereignishorizont, man sieht eigentlich den Schatten des Ereignishorizonts, nämlich da, wo das Licht verschwindet. Schwarze Löcher haben so eine virtuelle Grenze, wo alles nur reingehen kann und nichts mehr rauskommen kann, eben auch Licht, nur reingehen kann. Und deswegen gibt es da ein schwarzes Loch in so einem Bild. Und dann haben wir das noch richtig genau ausgerechnet, wie würde das aussehen im Zentrum unserer Milchstraße und konnten zeigen, ja, diesen Schatten, den muss es geben, der ist groß genug, den können wir sehen. Und wenn wir eben noch in unserer Technik ein Stück besser werden, bisschen schärfer, bisschen höhere Frequenzen, dann könnten wir das sehen. Und dann haben wir das in Gang gesetzt. Und das passierte auch an verschiedenen Stellen auf der Welt. Wir mussten das hinterher wieder zusammenbringen, diese verschiedenen Gruppen, die da manchmal im Wettstreit ineinander waren. Das war auch nicht so einfach. Und als wir das dann gemacht haben, im Laufe der Jahre, preschte dann diese andere Galaxie M87 nach vorne. Eigentlich wollte man das Zentrum unserer Milchstraße schauen, und dann war diese andere Galaxie, wo früher Leute gesagt haben, da könnte ein großes schwarzes Loch drin sein. Aber dann wurde es über die Jahre immer noch größer und größer und größer. Und plötzlich war es vielleicht so groß, dass wir es auch sehen konnten. Also haben wir mal auf beide geschaut. Bei dem einen im Zentrum der Milchstraße waren wir sicher, bei dem anderen waren wir nicht ganz so sicher. Und dann ist das immer so, wie in der Wissenschaft, man wird überrascht, und das große schwarze Loch war tatsächlich riesig und groß genug, dass wir diesen Schatten sehen konnten, und es war da. Das ist schon ein besonderer Moment. Man macht dieses Experiment und man sitzt auf dem Berg und man misst da irgendwas, und das ist schon spannend und aufregend genug. Und wir hatten dann auch noch die Presse dauernd auf dem Hals, die rief dauernd an, und man musste eigentlich sagen: „Vorsichtig, vielleicht klappt das ja alles nicht und so.“ Also erwartet nicht zu viel. Und dann kommen die ersten Daten rein. Das hat dann noch ein Jahr gedauert. Eine damalige Doktorandin von mir, die ist jetzt an Harvard, die sagt: „Guck dir das mal an, Heino, was du da zu sehen hast.“ Und dann siehst du auf einmal eine Grafik. Das war noch nicht dieser Schatten, und du wusstest: Wow, da ist ein Loch. In diesem Bild ist ein Loch. Und da habe ich erstmal so eine Stunde über dem Boden geschwebt. Nicht wörtlich, sondern im übertragenen Sinne. Ich habe tatsächlich auch ein Gedankgebet nach oben geschickt, weil es ist einfach zu sagen: „Danke, dass ich das mitmachen darf.“ Das ist ein besonderer Moment. Und dann gleichzeitig mich auch wieder zur Ruhe auf den Boden herabgezogen, eigentlich zur Ruhe gerufen habe, weil es war ja noch ganz am Anfang. Und man darf sich eben nicht durch seine Emotionen leiten lassen, durch das, was man gerne haben will. Deswegen habe ich eigentlich versucht, dann sehr kritische Rolle zu spielen, zu sagen: „Ja, aber es könnte ja was anderes sein, es könnte ja ein Fehler sein. Und hey, wir müssen das nochmal überprüfen.“ Und tatsächlich hat dann auch die gesamte Kollaboration, die daran gearbeitet hat, auch sehr intensiv sich gegenseitig überprüft. Und das war ein ganz wichtiger Teil des Prozesses. Und das wird uns heute manchmal vorgeworfen: Wir würden ja so lange brauchen, wir würden so dicke Paper schreiben und weiß ich was. Wir haben ja sechs Paper geschrieben und ein Paper darüber, also dieser Artikel, wie man diese Bilder gemacht hat, war 80 Seiten lang, weil wir da fünf Methoden nebeneinander hatten und verschiedenste Tests gemacht haben und jeden Stein umgedreht haben, in gewisser Art und Weise, um dann zu zeigen: Die Daten sind echt. Aber das heißt, es ist ein erhebendes Gefühl. Spürt man da, das hört man so ein bisschen aus dem Dankesgebet raus, auch irgendwie doch so eine göttliche Macht? Ja, das ist tatsächlich unbeschreiblich. Ich habe das zwei, drei Mal so in meiner wissenschaftlichen Karriere. Wir hatten auch was anderes gemacht, so kosmische Teilchen, die auch Radiostrahlung machen. Und da hatten wir was ausgerechnet, und dann haben wir die Messung gemacht, eine sehr genaue Messung, und es kam genau so raus, wie vorher gesagt. Und das hat schon was, ja, was göttliches eigentlich. Wenn man die, man macht etwas, was man noch nie gemacht hat. Man benutzt Naturgesetze, man rechnet es aus, und es kommt genau so raus. Das ist sozusagen Prophetie, die wahr wird in gewisser Art und Weise. Wir sprechen hier ja nun mal immer wieder über faktische Wissenschaft, Naturwissenschaft, die man messen, die man mit Gesetzen beschreiben kann und trotzdem auch immer wieder über diese höhere Macht. Warum, wenn man da diese Warum-Frage mal stellt, warum sehen sich Menschen trotz all dieser beeindruckenden wissenschaftlichen Erklärungen für alle möglichen Phänomene dennoch nach dieser höheren Macht? Weil sie hinter die Dinge schauen. Physiker reden ja ganz oft auch von der Schönheit der Naturgesetze. Und es gibt natürlich auch ein paar Kritiker, die sagen: „Schönheit, das sollte nicht Teil der Physik sein.“ Aber ich glaube, ein Großteil der Physiker, die empfinden, empfinden tatsächlich eine Schönheit, auch wenn sie Gleichungen sehen, zum Beispiel, oder eben wenn sie eine Entdeckung machen. Und das gibt schon, das ist schon fast so ein transzendentes Gefühl. Also ich glaube, es gibt, wir sind eben auch emotionale und wir sind auch spirituelle Wesen. Wir sind ja nicht nur rationale Wesen. Wir sind wahrscheinlich viel weniger rational als emotional, leider manchmal. Und da gibt es schon das Gefühl, wenn man eben diese man kann schon auch so einen Sonnenuntergang sehen. Sonnenuntergang verstehe ich ja auch physikalisch sehr genau. Und trotzdem ist es was Erhabenes. Oder ich schaue auf die, ich schaue auf die Größe des Weltalls. Auch das hat was sehr Erhabenes. Das macht mich klein und demütig, aber irgendwie auch stolz, dass ich das sehen kann. Also ich glaube, wir haben da ein Ten. Wir sind da eingebaut, das ist eingebaut in uns. Das ist Teil des Menschseins. Und jetzt kann man sagen, das ist alles Einbildung. Oder es kann einfach sein, wir sind einfach nicht wie wir unsere Augen empfindlich sind für elektromagnetisches Licht, weil es da ist. Vielleicht haben wir auch eine spirituelle Seite, die etwas empfindet, was abstrakt ist, was transzendent ist. Ja, warum nicht? Und der Gedanke der Bibel, dass Gott als wehrloses Kind an Weihnachten, feiern wir das ja, in die Welt der Menschen kam, spricht viele Menschen auch heute noch an. Andererseits, auch das war ja hier immer mal wieder schon Thema, leben wir in einer Zeit der Krisen, leider auch der Kriege. Wie beantworten Sie für sich die Frage nach dem Leid in der Welt und wie ein gütiger Gott all das zulassen kann? Ja, diese große Theodizee- Frage, natürlich. Wie kann man das zusammenbringen? Und tatsächlich ist sozusagen die Person Jesus, da ist auch wieder so ein Bild, das man dann vor Augen haben kann. Zum einen, wir sind als Menschen schon auch frei in unseren Entscheidungen. Wir sind eben keine Marionetten. Wir hängen nicht an den Fäden Gottes. Das ist auch eine der Grundüberzeugungen, die ich zumindest habe. Und eine Konsequenz der Freiheit ist, dass wir auch falsche Entscheidungen treffen können. Wir sind aber auch dem Zufall, glaube ich, unterworfen. Es ist nicht alles vorherbestimmt in dieser Welt. Es ist nicht so, dass Gott alles lenkt. Er gibt uns einen Rahmen, er gibt uns auch eine Nähe vielleicht. Aber es ist nicht so, dass er jede einzelne Atom jetzt genau sagt: „Geh da hin, damit das und das passiert.“ Trotzdem glaube ich, ist Gott da. Ist auch im Leid da. Und das ist genau das, was sozusagen die Person Jesus ausstrahlt. Wo ein Mensch ist, der so nah bei Gott war, der eigentlich nur Gutes gemacht hat, der spannende Dinge gesagt hat, der zu Gott „Papa“ gesagt hat und der wird am Ende ans Kreuz genagelt, aus Machtgründen und so. Und ich glaube, so gehen wir oft um mit dem Guten in dieser Welt, dass wir es ans Kreuz nageln und wir nageln selbst Gott ans Kreuz. Und so geht die Geschichte natürlich weiter. Es bleibt nicht im Grab, es bleibt nicht am Kreuz, sondern es kommt wieder aus dem Grab heraus und ist bei uns sozusagen. Und da begegnet Gott dann eben auch im Leid. Und tatsächlich ist mir Gott oft in vielen leidvollen Situationen nah gewesen. Es gibt natürlich auch leidvolle Erfahrungen, wo Gott dann wieder fern ist. Aber Leid ist schon auch ein Teil der Gotteserkenntnis. Und ich glaube, eine notwendige, eine unvermeidbare Konsequenz unserer Freiheit. Freiheit haben wir in unserem Podcast auch schon mal behandelt. Kleiner Hinweis für unsere Hörerinnen und Hörer mit Michael Pauwen, Professor für Philosophie an der Humboldt-Universität. Aber das ist jetzt nicht das Thema hier, sondern Gott und auch Gottesbilder. Sie haben gerade noch mal das biblische Gottesbild stark gemacht, aber es gibt ja auch andere Gottesbilder. Einstein, Physiker wie Sie, stand eher in der Tradition eines Pantheismus, so à la Spinoza. Also, ein bisschen vereinfacht ausgedrückt: Gott und das Universum sind identisch. Einstein selbst sprach auch von seinem Glauben als von einer kosmischen Religion und verstand darunter ein Gefühl andächtiger Bewunderung für den Kosmos, woraus sich dann aber auch ein Gefühl der Verantwortung gegenüber allem Leben für ihn ergab. Wie halten Sie es mit Einstein? Also, können Gott und das Universum im Ende nicht vielleicht auch ein und dasselbe sein? Ja, da finde ich, ist Gott zu klein gedacht. Das würde ich Einstein vorwerfen, dass er Gott zu klein denkt, weil dieses Universum hatte einen Anfang und es hatte ein Ende und es wird vergehen. Ich glaube, Gott steht sozusagen jenseits von Raum und Zeit und ist nicht an dieses Universum gebunden. Aber Sie haben wahrscheinlich recht, denn wenn man guckt auf die Auseinandersetzungen, die in der Zeit gespielt haben, dann war ja ein George Lemaitre, war Priester, und der hatte eigentlich als erster so diesen Urknall wirklich formuliert als Modell, hatte Einsteins Gleichungen verwendet und auch tatsächlich die Entwicklung des Kosmos richtig vorhergesagt. Und nach heute ist nach seinem Modell auch das Hubble-Lemaître-Gesetz benannt. Aber Einstein nannte das ja: „Ihre Mathematik, die stimmt, aber Ihre Physik, die ist abscheulich.“ Also, er konnte sich diesen von Gott, dieses Universum, nicht vorstellen, das ein Anfang gehabt haben sollte. Und Lemaitre hingegen, der war ganz erleichtert. Der sagte: „Es ist dann, als ob die Physik einen Schleier über den Ursprung legt, weil wir durch diesen Ursprung, durch diesen Urknall nicht durch ihn durchkommen und auch sozusagen ein Schleier liegt über dem Schöpfer.“ Und das fand er ganz erleichternd, weil damit war Gott nicht unterlag nicht der Physik. Und das war, glaube ich, schon was viele Physiker dann auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts dachten, dass Gott eigentlich durch Physik beschreibbar ist. Wir haben über Gott geredet, aber es war eben jemand, der auch Teil der Physik war und nicht der Ursprung der Physik. Und das macht einen fundamentalen Unterschied. Herr Falke, ganz am Ende unseres Podcasts hat jeder Gast ein ganz besonderes Privileg. Er darf auf unsere Kosten in die Zukunft reisen. Dafür haben wir mit großem technologischem Aufwand eine Spektrum-Zukunftsmaschine entwickelt, der wir stets ein individuelles Design verpassen. Und in Ihrem Fall sieht die Zukunftsmaschine wie ein Teleskop aus, und zwar eins mit so einer schönen runden Kuppel, so ähnlich wie die Keck-Teleskope auf Hawaii. Oder nehmen wir das ELT, das ist nämlich europäisch. Okay, dann nehmen wir das. Aber so richtig schön mit so einer Kuppel. Haben Sie eigentlich eine Lieblingsfarbe? Vielleicht so rot wie die Kerzen auf dem Weihnachtskanz? Meistens blau. Blau wie der Himmel. Ah, ja, wussten wir. Deswegen haben wir genau Ihr Teleskop, also Ihre Spektrum- Zeitmaschine, blau lackieren lassen. Und Sie klettern jetzt da ein paar Treppen hoch in die blau lackierte Kuppel und nehmen auf einem ganz bequemen Sitzplatz vor sich drei Knöpfe. Neben den Knöpfen steht 10 Jahre, 100 Jahre und 1000 Jahre. Sobald Sie einen der Knöpfe betätigen, bringt Sie unsere Zeitmaschine die entsprechende Zeitspanne in die Zukunft. Welchen Knopf drücken Sie? Ja, eindeutig 1000. Angekommen, Sie steigen aus und sehen nun Ihr Fachgebiet, die Astrophysik, in 1000 Jahren. Beschreiben Sie doch bitte für unsere Hörerinnen und Hörer mal, was sich bis dahin so getan hat und welche Fragen bis dahin vielleicht geklärt werden konnten. Also, wir haben ein globales Teleskopsystem, was sämtliche von Riesenteleskopen, die tatsächlich sämtliche Asteroiden unseres Sonnensystems dauernd übermessen und ihre Position bestimmen, sodass wir sie abwehren können, wenn sie in unsere Richtung kommen. Wir haben eine Flotte von Teleskopen im Weltall, die zusammengeschaltet werden, und die machen super scharfe Bilder von schwarzen Löchern. Wir sehen, wie Plasma sich um schwarze Löcher herum bewegt. Wir testen wirklich Details der Relativitätstheorie und der Quantenphysik am Rand von schwarzen Löchern. Wir haben riesige Durchmusterungsteleskope, die fast alle Galaxien, die wir sehen können, gemessen haben und im Detail die Struktur des Universums bestimmt haben. Wir haben verstanden, was die dunkle Energie ist, die das Universum auseinander treibt. Wir haben es nämlich sehr genau, zumindest vermessen. Und wir haben riesige optische Teleskope auch im Weltall, mit denen wir entfernte Teleskope sehen können. Und wir wissen, wo Leben ist und wo nicht. Herr Falke, vielen lieben Dank, dass wir in unserer Weihnachtsausgabe dieses Podcasts mit Ihnen sprechen durften und die große Frage: Gibt es Gott? diskutieren durften. Auch von mir natürlich ganz herzlichen Dank für diese vielen, vielen spannenden Einblicke in die Astrophysik, ins Weltall, in die Relativitätstheorie und alles darüber hinaus, dass Sie sogar bereit waren, mit der Spektrum-Zeitmaschine in die Zukunft zu reisen und uns dieses beeindruckende Bild zu zeichnen. Vielen, vielen Dank! Hat mir Spaß gemacht. Das war eine weitere Folge unseres Podcasts „Die großen Fragen der Wissenschaft“. Carsten, was bleibt dieses Mal bei dir ganz besonders hängen? Zunächst mal hat mich total gefreut, dass die Spektrum Zeitmaschine so super funktioniert, dass auch der dritte Knopf, der noch nie betätigt worden war, nämlich der mit den 1000 Jahren, funktioniert hat. Nein, aber Scherz beiseite, beeindruckendes Gespräch. Ich finde, dass diese wissenschaftliche Reise, man hat eine Idee, wie man etwas, was noch nie gemessen worden ist, messen könnte. Man organisiert das, man macht eine internationale Kollaboration, schaltet verschiedene Geräte zusammen, und am Ende hat man Erfolg und kann auch in sehr eindrucksvollen Worten beschreiben, wie man sich dann wirklich fühlt, wenn man das Ergebnis, auf das man jahrzehntelang quasi hingearbeitet hat, wenn das auf dem Tisch liegt. Das wird auf jeden Fall hängen bleiben bei mir. Was fandest du besonders spannend, Katharina? Letztlich die gesamte Reise, also die Reise vom Urknall zur Apokalypse, was ja auch ganz klar im Titel seines Buches steckt. Und diese Reise haben wir unternommen. Und was natürlich auch vor dem Hintergrund unserer großen Frage: Gibt es Gott? so faszinierend war, ist genau das, dass eben auf dieser Reise Platz ist für Gott, für einen Schöpfergott, für etwas, was als höhere Macht irgendwie über all dem schwebt. Und zwar genau das, und das ist hängen geblieben. Dieses Bild der Socke. Also, dass man sich letztlich auch fragen muss, und da kann natürlich jeder eine Antwort darauf finden: Aber wer hat die Socke geschaffen? Woher kommt die Socke? Das ist das, was hängen bleibt oder das, was ich besonders spannend fand und seine Antwort darauf. Und letztlich natürlich auch, dass da auch Raum bleibt für Zweifel, auch Raum für Skepsis. Denn er hat ja für sich die Frage beantwortet, aber er hat sie nicht absolut beantwortet im Sinne von: Man kann das beweisen, so wie man naturwissenschaftliche Fakten beweisen kann. Und das ist doch irgendwie eine Aussicht und auch eine Antwort auf diese Frage, die für alle Menschen funktioniert, denke ich. Ja, wenn ihr noch mehr über das Verhältnis von Wissenschaft und Religion lesen wollt, dann empfehlen wir euch die Spektrum-Sonderseite „Glaube und Wissenschaft“ mit zahlreichen Artikeln zum Thema sowie das Spektrum Kompakt „Glaube und Wissenschaft“ mit einer redaktionellen Auswahl spannender Artikel. Außerdem finden wir das Streitgespräch über Naturwissenschaft und Religion zwischen der Physikerin und Gläubigen Kristin Barbara Drossel und dem Primatenforscher und Skeptiker Volker Sommer besonders lesenswert. Und wenn ihr mehr über das erste Foto des Schwarzen Lochs erfahren wollt, an dessen Entstehung Heino Falke ja maßgeblich beteiligt war, dann empfehlen wir euch die Ausgabe 6/2019 unseres Magazins „Sterne und Weltraum“ mit eben diesem Foto auf dem Cover sowie einen spannenden Artikel über mysteriöse Strahlungsquellen im ganz frühen Universum, die man erst vor ganz kurzem entdeckt hat. Sämtliche Links zu unseren Tipps packen wir euch, wie immer, in die Shownotes. Ja, und andere große Fragen, die wir in diesem Podcast stellen und mit führenden Forscherinnen und Forschern diskutieren werden, sind zum Beispiel: Was geschieht eigentlich in einem solchen schwarzen Loch? Oder wie funktioniert das menschliche Gehirn? Es lohnt sich also, uns zu abonnieren. Ihr findet uns bei Spotify, Apple Podcasts und auch sonst überall, wo es gute Podcasts gibt. Lasst doch auch gerne eine Bewertung oder einen Kommentar da, das hilft anderen Neugierigen, den Podcast ebenfalls zu finden. Teilt den Podcast gerne mit euren Freunden, egal ob Gläubige, Zweifler oder Skeptiker. Und wenn ihr Fragen, Anregungen, Lob oder auch Kritik habt, dann schreibt uns eine Mail an podcast@spektrum.de und schaut auch gerne mal auf spektrum.de und detektor.fm vorbei. Da gibt es noch viel, viel mehr zu lesen und vor allen Dingen zu hören. Redaktionell unterstützt hat uns bei dieser Folge Imke Zimmermann von detektor.fm. Die Musik kommt von Tim Schmutzler, das Coverfoto hat unser lieber Kollege Maik Zeitz gemacht. Und damit sagen wir: Frohe Weihnachten! Frohe Weihnachten und bleibt neugierig. Musik Sprecher: Jochen Graf.