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Foto: Trismegist san | Shutterstock
Bild: Trismegist san | Shutterstock

Geschichten aus der Mathematik | Cleo

Der Fall eines Phantoms

Am 11. November 2013 postet eine Userin in einem Mathe-Forum ein Integral. Es scheint unlösbar. Doch dann kommt Cleo. Cleo hat die Lösung sofort parat — aber macht ein Geheimnis aus dem Lösungsweg und aus der eigenen Identität. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt, das bis 2025 andauern wird …

Cleo: Genie ohne Gesicht

In Mathe-Foren im Internet herrscht eigentlich eine recht kollegiale Stimmung. Menschen, die ein Mathe-Problem haben, das sie trotz etlicher Versuche und unter Zuhilfenahme von Computerprogrammmen nicht lösen können, bitten um Hilfe. Und meist gibt es ein paar nerdige Mathematikerinnen und Mathematiker, die gerne mitknobeln. Mit vereinter Geisteskraft können so auch komplizierte Aufgaben gelöst werden — und alle Beteiligten lernen im besten Fall etwas dabei. Denn das oberste Ziel ist die Erkenntnis. Erkenntnisgewinn ist natürlich nur möglich, wenn die Lösung für alle Mitlesenden nachvollziehbar erklärt wird. Deshalb ist das eine der obersten Regeln in Mathe-Foren wie Mathematics Stack Exchange oder MathOverflow.

Doch am 11. November 2013 wird diese Regel auf Math Stack Exchange gebrochen — von Cleo. Cleo ist zu diesem Zeitpunkt ein relativ neuer Account in dem Forum. Es könnte also sein, dass Cleo mit den Regeln noch nicht so vertraut ist, als sie die Lösung für ein Integral postet. Doch zum einen bleibt es nicht ihr einziger Regelbruch und zum anderen postet sie nicht kommentarlos die Lösung für irgendein 08/15-Integral, sondern für ein sehr, sehr kompliziertes Integral, das zudem nicht einmal fünf Stunden zuvor online gegangen ist. Und die Lösung ist gemessen an der Komplexität sehr einfach und elegant.

Jeder normale Mensch würde sich dieses Integral anschauen und sagen: ‚Sieht ekelhaft aus, vergessen wir lieber, das je gesehen zu haben!‘ Aber für viele Mathematiker sind komplizierte Integrale auch eine schöne Herausforderung, wie eine Knobelaufgabe.

Demian Nahuel Goos, Mathematiker

Demian Nahuel Goos, MathematikerFoto: Chris Coe

Das große Mathe-Mysterium

Der Vorfall spricht sich in der Mathe-Community herum. Wie kommt Cleo so schnell auf diese Lösung? Warum postet sie keinen Lösungsweg? Viele Nutzerinnen und Nutzer sind genervt. Sie wollen die Antwort nicht einfach so stehen lassen und rechnen nach. Tatsächlich stimmt die Lösung — und es wird nicht die einzige Lösung auf ein super kompliziertes Integral sein, die Cleo zum Besten gibt. Jedes Mal ohne Lösungsweg. Das heizt die Diskussion an und immer mehr Menschen aus der Mathe-Community fragen sich: Wer ist Cleo? Und warum ist sie so gut darin, Integrale zu lösen?

Um Integrale zu lösen, können wir heute Computerprogramme benutzen, die Integraltabellen und andere Tricks automatisch anwenden. Aber auch die kommen manchmal an ihre Grenzen. So auch in den Fällen, bei denen Cleo einschreitet.

Manon Bischoff, Mathe-Redakteurin bei Spektrum der Wissenschaft

Manon Bischoff, Mathe-Redakteurin bei Spektrum der WissenschaftFoto: privat

Mehr als elf Jahre lang wird es ein Mytsterium bleiben, wer sich hinter Cleo verbirgt. Selbst, als Cleo schon seit Jahren aufgehört hat, sich im Forum zu Wort zu melden, reißt die Detektivarbeit neugieriger Internetnutzerinnen und -nutzer nicht ab. Bis das Geheimnis im Februar 2025 endlich gelüftet wird — und damit erneut Aufsehen in der Community erregt.

Wer steckt hinter der Internet-Persona Cleo? Wieso diese Geheimniskrämerei? Und warum ist es überhaupt so schwierig, Integrale zu lösen? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.

„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.

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