Für knapp zwei Wochen lang dreht sich in Brasilien alles um den Klimawandel und die Frage, wie wir ihn aufhalten können. Denn in der brasilianischen Stadt Belém findet bis zum 21. November die UN-Klimakonferenz statt. Zum 30. Mal treffen sich Staatschefinnen, Klimaexpertinnen, Aktivistinnen und zivile Gruppen, um über den Klimaschutz zu sprechen. Welche Ziele sind für die diesjährige COP gesetzt und wie realistisch ist ein positiver Ausgang? Darüber sprechen wir hier beim Klimapodcast von detektor.fm. Ich bin Ina Lebedjew. Schön, dass ihr wieder eingeschaltet habt. Mission Energiewende – Der Detektor FM Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Kooperation mit Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter mit Solarlösungen, intelligenter E-Mobilität und 100 % Ökostrom. Von internationaler Klimafinanzierung bis hin zu nationalen Klimaschutzplänen: Die COP30 kann ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Klimakrise sein. Doch in den vergangenen Jahren sind die Ergebnisse der Klimakonferenzen oft ernüchternd gewesen. Welche Hoffnung gibt es also in diesem Jahr? Und welchen Einfluss hat der Standort Brasilien auf die Agenda der Konferenz, wo der Regenwald direkt vor der Tür liegt? Mit diesen Fragen hat sich meine Kollegin Alina Metz beschäftigt und steht jetzt hier gemeinsam mit mir im Studio. Hallo Alina! Hallo Ina! Die Weltklimakonferenzen gehören ja jedes Jahr zu den wichtigsten Themen in diesem Podcast. Das ist ja klar. Damit wir alle auf demselben Stand sind, kannst du uns zum Einstieg nochmal die Hard Facts zur aktuellen Konferenz geben? Gerne! Also, vom 10. bis zum 21. November findet die COP30 in Belém, also in Brasilien, statt. COP steht dabei für Conference of Parties und die wurde vor 30 Jahren ins Leben gerufen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Insgesamt kommen also tausende Delegierte, WissenschaftlerInnen, ExpertInnen verschiedener Bereiche, indigene Völker und andere Gruppen aus aller Welt zusammen. Die Klimakonferenz ist der zentrale Ort, wo international über Klimaschutz verhandelt wird. Es sitzen die Inselstaaten, Staaten, die besonders stark von der Klimakrise betroffen sind, genauso mit am Tisch wie die Industriestaaten. Das heißt, das ist jetzt der Ort, wo die internationale Staatengemeinschaft liefern muss. Das sagt die Klimaaktivistin Carla Reemtsma. Sie ist eine der SprecherInnen von Fridays for Future, organisiert Klimaproteste und nimmt dieses Jahr auch selbst an der COP teil. Mit welchen Erwartungen ist sie denn nach Brasilien gereist? Sie hofft auf klare Bekenntnisse und darauf, den Klimaschutz wieder auf der Prioritätenliste der Länder nach oben zu stellen. Bei der Konferenz steht ja besonders das Pariser Klimaabkommen im Fokus, das vor 10 Jahren verabschiedet wurde. Carla Reemtsma hofft dementsprechend, dass daran wirklich angeschlossen wird und vor allem der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas vorangetrieben und beschlossen wird. Außerdem muss den Ländern geholfen werden, die jetzt schon am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden. Wie sehen denn die großen Ziele der Konferenz aus? Für die AktivistIn hat die COP30 drei klare Aufgaben. Als erstes, wie eben schon erwähnt, zusammenzukommen und das Pariser Klimaabkommen zu bekräftigen. Das sei besonders aktuell so wichtig, wo rechte Kräfte international auf dem Vormarsch sind und sich bedeutsame und finanzstarke Länder wie die USA aus den Vereinbarungen zurückziehen. An zweiter Stelle sind die Industriestaaten mehr gefragt und müssen Handlungsfähigkeit beweisen, sagt Carla Reemtsma. Das heißt, jetzt sagen sie, investieren in den Waldschutzfonds. Sie zeigen den Staaten des globalen Südens tatsächlich auch, dass sie bereit sind, wirklich ernsthafte Schritte zu gehen, diese Staaten zu unterstützen mit Geld, was nicht gebunden ist an irgendwelche Kredite, was direkt auch an indigene Communities geht. Und als drittes natürlich das klare Bekenntnis zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Denn am Ende ist Klimaschutzpolitik nur so viel wert, wie wir es schaffen, Emissionen auch zu reduzieren, die jetzt schon dafür sorgen, dass die Temperaturen immer heißer steigen und dass es immer mehr Klimakatastrophen, Überschwemmungen und Waldbrände gibt. Gerade die Finanzierung ist ja seit Jahren ein strittiges Thema bzw. ein echt heißes Eisen bei den Weltklimakonferenzen. Im vergangenen Jahr sollten in Baku, Aserbaidschan, große Finanzpläne aufgestellt werden. Darüber haben wir ebenfalls hier bei Mission Energiewende gesprochen. Den Link zu der Folge findet ihr in den Shownotes, falls ihr da nochmal nachhören wollt. Das Ergebnis der COP29 ist damals jedoch mehr als nur ernüchternd gewesen. Wie realistisch ist es, dass das in Brasilien nicht wieder passiert? Ja, die COP dauert ja meistens immer so zwei Wochen. Erfahrungsgemäß geht sie oft noch ein paar Tage länger als geplant, bis sich die Teilnehmenden über das Ergebnis der Verhandlungen einig sind bzw. sie zumindest den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden haben. Da müssen wir für den Klimapodcast ja immer entscheiden, ob wir am Anfang, in der Mitte oder am Ende der Konferenz berichten. Und in diesem Jahr haben wir uns entschieden, zum Auftakt zu berichten. Diese Episode erscheint also kurz nach dem Start der Weltklimakonferenz in Belém. Und wie erfolgreich die COP30 insgesamt werden wird, das ist natürlich jetzt zu Beginn recht schwer einzuschätzen. Die Finanzierung steht erneut ganz oben auf der Agenda. So wurde sogar vor der Konferenz die Baku-to-Belém-Roadmap vorgestellt. Um das einzuordnen: In Baku hatte man sich jährlich auf 300 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Anpassung geeinigt. Gefordert waren aber 1,3 Billionen US-Dollar. In diesem Jahr soll diese Lücke geschlossen werden. Der Fahrplan, also die sogenannte Roadmap, sieht also vor, jährlich 1,3 Billionen US-Dollar für den globalen Süden zu mobilisieren. Es ist ganz klar: Die Industriestaaten müssen die Länder des globalen Südens unterstützen. Sie haben sich ihren Reichtum auf Klimazerstörung oft aufgebaut und erleben jetzt gleichzeitig viel weniger von den Folgen. Und das ist natürlich extrem ungerecht. Eine wichtige Rolle spielen dabei für Carla Reemtsma Großmächte wie China. Es ist klar, auch China wird da mit am Tisch sitzen müssen, die lange schon kein Land des globalen Südens mehr sind, sondern jetzt auch große technologische und industrielle Fortschritte machen und sehr viele Emissionen ausstoßen. Da geht es jetzt darum, wirklich richtig viele Länder zusammenzubekommen und klarzumachen: Wir unterstützen die Staaten, die jetzt schon am meisten die Folgen der Klimakrise tragen. Denn natürlich hat das Verhalten auf den vergangenen Klimakonferenzen auch viel Vertrauen zerstört. Stichwort das zerstörte Vertrauen: Kannst du noch mal ganz kurz erklären, worauf das zurückzuführen ist? Ja, was Carla Reemtsma hier anspricht, ist in der Fachwelt unter dem Begriff „Loss and Damage“ bekannt. Da geht es um Geld, das gezahlt werden soll, wenn zum Beispiel Überschwemmungen, Dürren oder Stürme in ländlichen Regionen des globalen Südens Ernten zerstören, wenn sie Menschen zwingen zu fliehen und für diese Menschen kein Geld da ist, um anderswo oder am selben Ort nochmal von vorne anzufangen. Ja, Frauen sind davon übrigens deutlich häufiger und härter getroffen als Männer. Über das Thema haben wir hier im Podcast auch schon mal berichtet. Genau, und die Problematik mit Blick auf das fehlende Vertrauen besteht also eben darin, dass auf den Weltklimakonferenzen der vergangenen Jahre große Geldtöpfe versprochen worden sind, aber immer wieder nur Teile ausgezahlt wurden oder das Geld eben schlecht zugänglich war, hinter den großen bürokratischen Hürden. Bitte widmet eure Aufmerksamkeit doch kurz unserem Werbepartner. Ihr wollt 100 Prozent Ökostrom? Dann wechselt jetzt zu Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter. Hier bekommt ihr Ökostrom aus Sonne und Wind, intelligente E-Mobilität und Solaranlagen für günstigen Strom vom eigenen Dach. Was braucht es denn, um diese Finanzierungsfragen zu klären und die Ziele der COP30 umzusetzen? Es braucht viele motivierte PolitikerInnen, die zusammenkommen. So hat beispielsweise der britische Premierminister den Klimaschutz zuletzt stärker priorisiert. Das ist auch super wichtig, aber es braucht dann andere Staaten, die da mitgehen und vor allem auch nicht blockieren. Auch auf EU-Ebene muss, Carla Reemtsma zufolge, deutlich mehr passieren. Auf der anderen Seite können in diesem Jahr indigene Gruppen und die Zivilgesellschaft allgemein einen größeren Einfluss haben. Der Regenwald ist da, die Menschen werden sehen, was heißt eigentlich dieses Zusammenleben auch mit der Natur, mit unseren Lebensgrundlagen. Ich glaube, das sind auch mal gute Voraussetzungen, weil eben auch viel mehr Zivilgesellschaft wieder vor Ort sein wird, Protest organisieren wird. Die Nähe zum Regenwald ist für die AktivistInnen also ein großer Pluspunkt. Regenwälder sind eine der großen Senken, die es braucht, um CO2-Emissionen zu speichern. Brasilien hat im Zusammenhang mit der COP auch Pläne vorgelegt, wie Regenwälder auf internationaler Ebene besser geschützt werden können. Mit dem Regenwaldfonds „Tropical Forest Forever Facility“ sollen Länder unterstützt werden, die ihre tropischen Wälder erhalten und da Arbeit reinstecken. Mehr als 5 Milliarden US-Dollar wurden bereits von Norwegen, Brasilien und Indonesien zugesagt. Insgesamt soll der Fonds allerdings rund 125 Milliarden US-Dollar umfassen: 25 Milliarden US-Dollar aus Vertragsstaaten, der Rest des Geldes dann von privaten Investoren. Jetzt hast du eben die indigenen Völker angesprochen. Schon vor der COP hieß es, die spielen in diesem Jahr eine größere Rolle. Inwiefern denn? Indigene Gruppen schützen vor allem die Wälder, indem sie dort seit Jahren Klimaschutz aktiv betreiben. Dementsprechend sollten sie bei Verhandlungen besonders ernst genommen werden. Dafür ist die COP wahrscheinlich das beste Format, was wir haben, weil sie eben mit am Tisch sitzen, mit verhandeln. Viele Regierungen, in denen es große indigene Gruppen gibt, sagen auch: Wir holen die aktiv mit rein. Auf der anderen Seite müssen am Ende die Ergebnisse der Konferenz das Gesprochene und Versprochene widerspiegeln, so Carla Reemtsma. Es ist nicht nur, man schreibt da so einen netten Satz in irgendeine Entscheidung am Ende rein, sondern beispielsweise, wenn es Gelder gibt, die für den Schutz von Wäldern aufgewendet werden, dann muss das auch direkt diese Communities mit einbezogen werden und nicht nur irgendwie in irgendwelche Firmen gehen, die dann vermeintlich sagen: Wir schützen hier die Wälder. Denn wir wissen, die Regenwälder, die von indigenen Communities geschützt werden, die dort im Einklang mit der Natur leben, das sind die, die ganz zentral sind, wenn wir die Klimakrise tatsächlich eindämmen wollen, wenn wir auch sagen wollen: Wir schützen die Wälder, wir halten ökologische Lebensgrundlagen zusammen. Nun hat kurz vor Beginn der Konferenz die EU ihre überarbeitete Klimaverpflichtung beschlossen. Damit sollen die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Welche Rolle haben jetzt die EU und gerade auch Deutschland, das zuletzt nicht unbedingt Vorreiter in Sachen Klimaschutz gewesen ist? Genau, die EU hat quasi in letzter Minute vor der COP nochmal die eigenen Ziele überarbeitet, um ja im Endeffekt auch überhaupt etwas vorweisen zu können. Das ist ja erstmal gut und die Einigung wichtig. Auch Deutschland hat ja konkrete Ziele, nämlich bis 2040 88 Prozent der CO2-Emissionen einzusparen. Nun gilt es aber, sich während der Konferenz ebenfalls einig und gewillt zu zeigen. Carla Reemtsma betont deshalb, wie wichtig es ist, dass Friedrich Merz zum Leader Summit gereist war, der kurz vor der COP stattgefunden hat. Merz, der bisher laut Reemtsma und anderen namhaften KlimaaktivistInnen wie Luisa Neubauer eher als Klimaschutzblockierer bzw. sogar Klimaschutzzerstörer gilt, zeigt sich damit von einer offeneren Seite. Das gibt der Aktivistin etwas Hoffnung. Er muss jetzt beweisen, dass er den Ernst der Lage verstanden hat, dass er nicht nur schöne Bilder machen möchte, sondern dass er tatsächlich bereit ist, als Deutschland einen wichtigen Teil zu leisten. Das muss einerseits heißen, in der EU nicht weiter das Klimaziel zu blockieren. Auf der anderen Seite ganz klar auch in Deutschland: keine neuen fossilen Projekte, keine Kohle, kein Öl, kein Gas. Genau das ist auch etwas, was international Vertrauen verspielt. Und als Drittes dann natürlich: Deutschland als ein reiches Land muss sich auch finanziell beteiligen und ganz klar damit auch zeigen: Wir nehmen diesen Prozess ernst, wir nehmen diese Verhandlungen ernst und wir zeigen, dass wir den Ernst der Lage verstanden haben. Die COP30 ist also für viele KlimaaktivistInnen ein Hoffnungsschimmer. Man merkt zumindest, wie der Klimawandel und Klimaschutzfragen wieder zum sehr relevanten Thema werden, was für die AktivistInnen und am Ende für uns alle ganz wichtig ist. Nun bleibt zu hoffen, dass die Konferenz in diesem Jahr mit konkreten Ergebnissen endet und dass wir allen betroffenen Ländern helfen. Die globale Aufmerksamkeit für die Themen kann auch lokalen PolitikerInnen helfen, das Thema in ihre Gegend populärer zu machen. Was ist denn also jetzt? Berichten wir jedes Jahr wieder über das Thema. Was ist in diesem Jahr für dich so besonders hängen geblieben? Was beschäftigt dich am meisten an der Weltklimakonferenz nach der Recherche? Ich glaube, für mich ist der spannendste Aspekt eigentlich die Frage nach der Symbolpolitik, dass die COP am Rande des Regenwalds stattfindet. Man muss sich am Ende vor Augen führen: Tausende Teilnehmende aus 190 Nationen reisen an und ab. Die brauchen Transport, Verpflegung, Schlafplätze, unfassbar viele bzw. auch große Räumlichkeiten, um sich zu treffen und ja auch zu beraten. Und im Juni hat die Tagesschau berichtet, dass Brasiliens Regierung damals Millionen für die Infrastruktur ausgegeben hat. Das waren insgesamt mehr als 30 Bauprojekte, unter anderem auch mit an Bord einer der größten Bausünder des Landes, der in den Jahren zuvor mindestens zwei heftige ökologische Katastrophen im Land ausgelöst hat. Und was auch richtig bitter ist: Für die COP30 wurden 100 Hektar Regenwald abgeholzt, damit dort Umgehungsstraßen langführen können. Das war zwar langfristig geplant, wurde jetzt aber mehr oder weniger für die Weltklimakonferenz übers Knie gebrochen. Ja, okay, krass. Vielleicht ist das ja auch vergleichbar mit Fußball-Weltmeisterschaften. Da muss ich gerade dran denken. Da haben sich ja nach den Spielen auch Locations in so richtige Geisterstädte verwandelt. Genau, und deswegen bleibt jetzt quasi am Ende die Frage: Gelingt die Einigung, vor allem auch zu diesem Regenwaldfonds, damit all die Maßnahmen und Opfer am Ende wenigstens Sinn ergeben? Oder bleibt die Standortwahl ein symbolischer Akt? Aktuell findet in Brasilien zum 30. Mal die UN-Klimakonferenz statt. Welche Themen stehen in diesem Jahr auf der Agenda und wie realistisch ist ein erfolgreicher Abschluss der Konferenz? Darüber hat meine Kollegin Alina Metz mit Carla Reemtsma gesprochen. Die Klimaschutzaktivistin ist eine der SprecherInnen von Fridays for Future und in diesem Jahr selbst bei der COP vor Ort. Ich danke dir für die Recherche und die Einblicke und das Gespräch. Danke dir! Und damit verabschieden wir uns für diese Woche hier im Klimapodcast von detektor.fm. Wenn euch Themen rund um den Klimawandel interessieren, dann abonniert Mission Energiewende gerne auf der Podcast-Plattform eurer Wahl und empfiehlt uns weiter an Freundinnen, Kolleginnen und Menschen, die sich für unsere Themen interessieren könnten. Das hilft uns wirklich sehr. Vielen Dank! Die Produktion für diese Folge hatte Benjamin Serdani und auch dafür ganz herzlichen Dank. Und die Redaktion lag bei mir. Ich bin Ina Lebedjew. Ich hoffe, wir hören uns nächste Woche wieder. Ich sage Ciao, bis bald! Macht’s gut! Tschüss! Der Detektor FM Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Kooperation mit Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter mit Solarlösungen, intelligenter E-Mobilität und 100 % Ökostrom.