DHL hat in seinem deutschen Paket- und Postnetz am 2. Dezember 2024 erstmals über 12 Millionen Pakete innerhalb von 24 Stunden sortiert. Das sind so viele Pakete wie noch nie zuvor. Grund dafür sind frühzeitige Weihnachtsbestellungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern rund um den Black Friday und die Cyber Week, an denen Waren bei vielen Online-Händlern vergünstigt angeboten werden. Die anteilig meisten Sendungen werden voraussichtlich auch in diesem Winter wieder aus der Bekleidungsbranche kommen. Wenn es in die Weihnachtspause geht, dann wünschen sich manche gegenseitig einen fleißigen Weihnachtsmann. Aber was bedeutet der nette Spruch eigentlich im echten Leben? Viele Geschenke unterm Baum, klar, aber vorher unendliche Klicks beim Internet-Shopping. Millionen Pakete, die bearbeitet, gepackt, zugestellt und sehr wahrscheinlich auch zurückgeschickt werden müssen. Kann das denn für immer so weitergehen? Und wenn nicht, wie schenken wir anders und vielleicht auch besser? Darum geht es heute hier im Klima-Podcast von detektor.fm. Ich bin eure Host Ina Lebedjew. Schön, dass ihr da seid. Mission Energiewende. Der Detektor FM-Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Kooperation mit Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter mit Solarlösungen, intelligenter E-Mobilität und 100 % Ökostrom. Die Vorweihnachtszeit ist da und mit ihr einige Konsumevents. Aber wie verändern die unser Einkaufsverhalten? Das wollen wir uns heute anschauen. Diese Folge ist der Auftakt zu einer Serie zum nachhaltigen Schenken. Und ich spreche dafür mit Moritz Jäger Roschko. Er ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet im Konsumwendeteam von Greenpeace, aktuell mit den Schwerpunkten Kreislaufwirtschaft und Plastik. Außerdem ist er Ansprechpartner für Ressourcenschutz, Mehrweg, Fast Fashion und das UN-Plastikabkommen. Ich freue mich sehr, dass wir miteinander sprechen können. Hallo Herr Jäger Roschko, herzlich willkommen hier im Klima-Podcast von detektor.fm. Hallo, schön, dass ich hier sein darf. Ich wollte neulich ein Päckchen aufgeben und da sagte die Frau im Paketshop zu mir: „Da haben Sie aber großes Glück, dass Sie noch vor dem Singles Day kommen.“ Singles Day, Black Friday, Black Week, Cyber Monday, Travel Tuesday und Prime Deal Days. Ich kannte nicht mal alle dieser Shopping-Events, ehrlich gesagt. Was machen die denn mit unserem Konsum? Wie groß ist deren Einfluss? Ich denke schon, dass der Einfluss massiv ist auf das Konsumverhalten. Man sieht das jetzt ja auch schon, wenn man vor die Tür geht oder auch auf dem Handy. Man kriegt ständig Push-Nachrichten von irgendwelchen Apps: „Jetzt schnell noch Black Week Deals sichern!“ Auch draußen ist die Werbung massiv. Ich glaube, zum einen warten viele Menschen jetzt auch gezielt darauf, auch Käufe zu tätigen, die schon länger anstehen und warten gezielt auf die Rabatte, die jetzt kommen. Zum anderen werden diese Events auch noch mal genutzt, um künstliche Kaufanreize zu setzen, damit die Menschen einfach das Gefühl haben, sie brauchen neue Sachen, sie müssen sich neue Sachen kaufen. Und jetzt sind sie ja gerade günstig. Es beilt sich dann auch wirklich rund um diese Tage, was die Menge an Gegenständen angeht, die dann zum einen gekauft, aber dann natürlich auch verschickt werden. Ich habe neulich gesehen, dass selbst Reiseanbieter und Kinos auf den Zug der Konsum-Events aufspringen. Wird denn durch diese Shopping-Events tatsächlich mehr gekauft oder beilt sich das einfach nur so zeitlich im November oder in der Vorweihnachtszeit? Diese Events sorgen schon dafür, dass einfach neue Kaufanreize gesetzt werden. Und wenn man sich umguckt, gerade so die Fast Fashion-Industrie lebt einfach davon, dass künstliche Kaufanreize gesetzt werden, mit viel Werbung, gerade auch auf Social Media. Eine junge Zielgruppe wird erreicht und es immer heißt: „Du brauchst jetzt das Neuste, du brauchst jetzt die neuesten Trends.“ Ja, bei normalen Fast Fashion-Anbietern sind das ja, weiß ich nicht, wahrscheinlich so 50 Saisons, so ungefähr eine oder Mikrosaisons, also ungefähr eine Woche. Bei den Ultra Fast Fashion-Anbietern, so wie Shein oder Teemu, sind das ja tausende neue Designs am Tag, mit denen einfach immer wieder und das gezielt mit aggressivem Marketing halt wirklich versucht wird, den Leuten zu vermitteln: „Hey, ihr braucht neue Sachen, ihr müsst neue Sachen kaufen.“ Und ja, an vielen Stellen ist das wahrscheinlich gar nicht notwendig, weil die meisten schon genug Kleidung im Schrank haben und eigentlich gerade jetzt gar nichts mehr bräuchten. Aber dann würde die Industrie halt gar nicht mehr funktionieren, wenn nicht die Leute trotzdem weiter kaufen und kaufen. Ich habe einen Artikel gefunden aus 2018, da wird eine Greenpeace-Sprecherin zitiert mit den Worten: „Der Black Friday ist ein schwarzer Tag für die Umwelt.“ Das ist ja jetzt schon einige Jahre her. Was hat sich denn in den vergangenen Jahren getan? Was haben Sie für einen Eindruck? Spitzt sich die Lage da weiter zu? Auf jeden Fall. Also wenn man sich umguckt, ist ja das Ziel weiterhin, dass immer mehr gekauft werden soll, immer mehr konsumiert werden soll, damit halt das ganze Wirtschaftssystem, so wie es gerade funktioniert, aufrechterhalten wird. Das ist das eine. Und dazu kommen ja wirklich noch diese beängstigenden Trends, die man sieht mit den Online-Plattformen wie Shein und Teemu. Wenn man sich anguckt, wie rasant die wachsen, auch in Deutschland, ist das wirklich beeindruckend. Ich habe vor ein paar Wochen mal einen Vortrag vom Zoll gehört, die nochmal erzählt haben, wie die das gerade sehen und wie die das erleben im täglichen Geschäft. Und da ist es ja so, dass die Zahlen aus dem letzten Jahr ungefähr sagen, dass jeden Tag 400.000 Sendungen, also unter der 150 Euro Zollgrenze, in Deutschland ankommen. Und die erwarten, dass sich das dieses Jahr nochmal verdoppelt. Also dass dieses Jahr sozusagen im Vergleich zum letzten Jahr einfach diese Paketflut über Shein und Teemu einfach nochmal verdoppelt. Und wenn man sich dann anguckt, was das für Produkte sind, das ist wirklich katastrophal. Also die Arbeitsbedingungen sind schlecht und wir haben nochmal eine neue Studie veröffentlicht, die auch nochmal zeigt, dass ein Drittel der von uns getesteten Kleidung von Shein mit gefährlichen Chemikalien belastet ist, die gesundheitsgefährdend sind, aber auch für die Umwelt ein Riesenproblem. Und dazu kommt natürlich noch der immense Ressourcenverbrauch. Also ja, diese Aussage stimmt immer noch: Es ist ein schwarzer Tag für die Umwelt und meines Erachtens wird es eigentlich jedes Jahr nur noch schlimmer. Also ich kenne das aus so Recherchen zu Kleidercontainern, wo die Leute, die diese Kleidung, die abgegeben wird, verarbeiten, sagen, sie können das eigentlich gar nicht mehr nutzen, weil die Qualität so schlecht ist inzwischen von Kleidung, dass sie nicht mal mehr als Füllstoff für Autotüren oder als Putzlappen verwendet werden können oder verarbeitet werden können, sondern wo das einfach entsorgt oder verbrannt oder zunichte gemacht werden muss, weil es einfach nicht verwendbar ist. Und dann die Chemikalien, die wir dann auf unserer Haut tragen. Und dazu kommt ja auch dieses ganze Verpackungsaufkommen. Also ich war mal zu einer Recherche, da ging es um Plastiktüten, und da war ich in einem Kaufhaus und da wurde sozusagen an dieses Kaufhaus Waren geliefert. Und da wurde ein einzelner BH in einem Pappkarton an das Warenhaus geliefert, damit man es dann im Warenhaus auspackt, ins Sortiment hängt und damit man das dann der Kundin wieder mitgibt, als in einer Plastiktüte zum Verkauf. Das war einfach absurd. Also es wird also quasi tatsächlich einfach immer mehr. Und diese Anreize, von denen Sie gesprochen haben, die funktionieren offensichtlich. Ist das denn Bequemlichkeit? Ist das Psychologie? Oder, also im Sinne von: alles wird günstiger sein zu diesen Shopping-Events? Also was verführt uns dazu oder was verführt junge Menschen vor allen Dingen dazu, so viel zu kaufen? Ich glaube halt, dass diese großen Konzerne, sei es Amazon, sei es Shein oder auch andere, Adidas, Nike, wie auch immer sie alle heißen, das muss jetzt auch gar keine Bekleidungsfirmen sein, aber die haben wirklich genau verstanden, wie sie uns manipulieren können, wie sie uns dazu bringen können, immer mehr zu kaufen, immer mehr Geld auszugeben, damit halt deren Geschäftsmodell von immer weiter wachsen und immer neue Sachen verkaufen, funktionieren kann. Und wenn man sich die Zahlen anguckt, jetzt nochmal zurück zur Bekleidung, ist es halt so, dass seit dem Jahr 2000 die Bekleidungsproduktion ungefähr verdreifacht hat und wir etwa schätzungsweise 180 Milliarden Kleidungsstücke, die pro Jahr produziert werden, sind. Das ist einfach unvorstellbar und das ist auch mehr, als die Menschheit getragen können wird. Und das liegt halt auch vor allem daran, dass die Industrie halt uns mit InfluencerInnen und mit Werbung bewusst in einen Kaufrausch anheizt oder versetzt, vor allem um so Events rund um Black Friday. Und ja, da hängen gerade auch bei der Kleidung, aber auch bei vielen anderen Plastikprodukten, ist natürlich die Entsorgung ein riesiges Problem und wie das davon landet in der Umwelt. Und Kleidung besteht immer mehr aus Plastik und dementsprechend die gefährlichen Chemikalien, haben wir erwähnt, das Plastik. Und wenn das dann 60 Prozent der deutschen Altkleider werden tatsächlich exportiert in den globalen Süden. Und auch da ist es so, die Qualität ist mit der Zeit so schlecht von den Klamotten, dass vieles davon nicht mehr genutzt werden kann, weil es halt alles günstige Fast Fashion ist und die landet dann häufig in der Umwelt, zersetzt sich da zu Mikroplastik und die gefährlichen Chemikalien verunreinigen die Böden und die Gewässer. Also ja, das ist von der Produktion über den Verbrauch bis zur Entsorgung ein riesen, riesen Problem. Wenn wir jetzt nochmal zu diesen Paketrekorden zurückkommen, welche Rolle spielen denn eigentlich Retouren, wenn es um das Aufkommen der Pakete und Sendungen geht? Also die Retouren spielen eine riesen Rolle, weil man wirklich sieht, dass einfach ja vieles von den Sachen, die Menschen kaufen, erstmal auf Verdacht, die Sachen, was man ja auch verstehen kann, woher sollen wir denn wissen, ob die Sachen passen oder nicht, und schicken sie dann zurück. Und in Europa ist es zur Zeit so, dass, und das finde ich auch krass, wenn man sich das mal vorstellt, dass irgendwas zwischen 20 und 40 Prozent der retournierten Textilien danach vernichtet wird. Und ich glaube, das wissen viele Leute auch nicht, wenn sie das bestellen. Die denken ja, ich kaufe das und dann schicke ich es wieder zurück und dann wird es an die nächste Person geschickt, so wie es ja auch ist, wenn man lokal irgendwo einkaufen geht bei einem Einzelhändler. Aber tatsächlich ist es häufig zu kompliziert und zu teuer, dann für die Unternehmen, das neu wieder ins Sortiment zu bringen und neu zu verschicken. Glücklicherweise gibt es eine EU-Regulierung, die genau dieses Problem angeht und die es ab nächsten Juli großen Unternehmen verbietet, halt Neuware, also erstmal angefangen mit Kleidung und Schuhen, aber diese Neuware zu vernichten. Und ja, ich hoffe, dass sich dann wirklich was ändert und die nicht irgendeine intelligente Lösung finden, diese neue Regulierung zu umgehen. Ja, das ist natürlich ein großer Sprung, der da dann geschafft ist, weil es ja auch einfach absurd ist. Mir ist das letztens passiert: Im Sommer habe ich ein Kleid bestellt bei einem Anbieter, wo ich weiß, da passen mir die Sachen, also wo ich sicher bin, ich muss das eigentlich nicht zurückschicken oder so. Und ich habe meine Hausnummer vergessen, in der Bestellplattform einzugeben. Und obwohl ich da schon oft bestellt habe und meine Daten bei der Post hinterlegt habe, konnten die das nicht zustellen. Und ich habe quasi eine Mail bekommen, dass das jetzt zurückgeschickt wird und dass es auch automatisch, also dass ich nichts dagegen tun kann, dass ich nicht irgendwie noch meine Hausnummer irgendwie nachschicken kann oder ergänzen kann. Das war so krass, weil die haben dann dieses Paket zurückgeschickt mit der Wunschkleidung und ich konnte das nicht wiederhaben, weil dieses System so groß ist, dass die sozusagen dieses Paket nie wieder irgendwie wiederfinden und nochmal an mich schicken konnten. Also es war Absurdistan, weil ich einfach so dachte, wie krass, dass das so groß ist, dass es nicht geht, einen winzigen Fehler irgendwie auszubügeln. Und dadurch ist die Kleidung dann halt, weiß ich nicht, ob sie sie entsorgt haben oder was damit dann passiert. Also es hat mich massiv frustriert. Jedenfalls, bitte widmet eure Aufmerksamkeit doch kurz unserem Werbepartner. Ihr wollt 100 % Ökostrom? Dann wechselt jetzt zu Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter. Hier bekommt ihr Ökostrom aus Sonne und Wind, intelligente E-Mobilität und Solaranlagen für günstigen Strom vom eigenen Dach. Wie ist das denn? Ich würde gerne nochmal ganz kurz zur jüngeren Generation zurückkommen. Also ich habe ja gerade gesagt, ich versuche irgendwie mit Kleidung auszukommen, die ich habe und nur das zu kaufen, was ich wirklich brauche. Aber ich sehe zum Beispiel in Drogerien immer wieder junge Mädchen, die dort so von ihrem Taschengeld Kosmetik kaufen, sich beraten und besprechen, und wo das auf mich den Eindruck macht, als wäre Konsum Freizeitgestaltung. Und ich weiß, dass auch wir das früher gemacht haben. Jetzt ist die Frage: Also dieses, was vielleicht vor 10, 15 Jahren sozusagen das Shopping am Wochenende, der Wochenendbummel in die Stadt gehen, das hatte ja was von Lifestyle. Kommen wir da jetzt wieder hin zurück und müssen wir dem irgendwas entgegensetzen? Haben Sie so einen Gedanken, also dass einfach Shopping wieder so einen Eventcharakter an sich bekommt? Kann auch sein, dass die Frage völlig absurd ist. Nee, ich glaube nicht. Also ich frage mich, ich habe mich nur gerade so nachgedacht, ich wüsste gar nicht, dass das jemals anders war, tatsächlich. Also ich habe da keine Daten und Fakten zu, aber mein Gefühl nach war das für viele Leute, also auch seitdem ich jung war, und für mich war das nie ein Ding. Aber es ist heute auch nicht. Ich hasse Einkaufen, also ich mag das nicht. Aber ich kenne viele Leute, die das gerne machen, die da gerne Zeit verbringen und für die das auch die das irgendwie erfüllt. Gleichzeitig gibt es auch eine Greenpeace-Studie, die zeigt, dass in den meisten Fällen dieses Glücksgefühl, was man hat, nachdem man Sachen gekauft hat, im Grunde genommen am nächsten, spätestens am nächsten Tag schon wieder weg ist und dann die Leere teilweise sogar noch größer ist. So von daher ist das auch häufig nicht auf Dauer. Und dementsprechend muss man wieder los und sich neue Sachen kaufen. Aber ich weiß halt gar nicht, ich würde jetzt auch gar nicht sagen, dass das Problem sozusagen die Einkaufsstraßen sind. Natürlich sind da auch, ich meine, hier gegenüber vom Greenpeace-Büro hat auch gerade das neue Westfield, das ist eines der neuesten, größten Einkaufszentren Deutschlands, aufgemacht, wo auch alle Fast Fashion-Marken vertreten sind. Also das ist schon so, dass die auch noch immer populär sind und noch immer in den Läden verfügbar sind. Aber ich glaube, was halt ein viel größeres Risiko ist, meiner Einschätzung nach, sind halt diese ganzen Apps und der ganze Online Shopping, weil man da halt die Manipulation noch viel größer ist, weil da wirklich gezielt mit niedrigen Bestandszahlen, also ich mag das massiv zum Beispiel, dass die, die hatten ja früher auch so Glücksspiel-Charaktersachen drin, das haben die so ein bisschen reduziert, aber trotzdem, und das gibt es auch in anderen Apps, dass die halt wirklich Dark Patterns nennt, sich das, dass das dann wirklich so Mechanismen sind, damit die Menschen möglichst viel Zeit in diesen Apps verbringen und möglichst viele Sachen kaufen. Und da gehören halt sozusagen diese „nur noch 20 Stück verfügbar“, irgendwelche Countdowns, die dann gemacht werden, irgendwelche Punkte, die man sammeln kann, je häufiger man einkauft. Und ja, auch solche Apps sind dann auch Temo und solche Apps sind direkt auf eine junge Zielgruppe zugeschnitten. Auch das Marketing ist auf eine junge Zielgruppe zugeschnitten, damit die dann, und da wird auch bewusst damit gespielt mit sozialer Unsicherheit: „Du willst doch dazugehören und du willst doch die neuesten Trends haben“, um dann wieder so Kaufanreize zu setzen und künstliche Kaufanreize zu setzen, damit einfach immer mehr konsumiert wird. Und ich denke, dass das halt sich in den Jahren immer weiter hochgeschaukelt hat. Und gibt es irgendeine Idee, was wir dem entgegensetzen können? Haben Sie da irgendeinen Gedanken? Ich bleibe immer gerne bei Bekleidung, weil das einfach das Themengebiet ist, wo ich mich am wohlsten fühle, wo ich mich am besten auskenne. Ich glaube, das kann man auch teilweise auf andere Sachen wahrscheinlich, zum Beispiel auch auf Elektronik, ganz gut übertragen. Aber was wir jetzt halt ja schon sehen im Bereich Kleidung, da sagen wir von Greenpeace natürlich immer: Naja, das beste Kleidungsstück, und das gilt eigentlich für alle anderen Gegenstände auch, sind halt die, die es schon gibt, die nicht neu produziert werden müssen. Und was wir sehr positiv sehen, sind ja schon, dass es immer mehr Alternativen gibt, was so Secondhand-Kleidung angeht. Zum einen im stationären Handel, dass es in immer mehr Städten auch wirklich gute Secondhand-Läden gibt. Aber auch so Apps, nun mal ein Beispiel zu nennen, wie Vinted, die ja wirklich immer populärer werden und wo auch immer mehr Leute kaufen, wo man halt auch wirklich Secondhand eine große breite Auswahl, weil das ist ja immer das, was kritisiert wird am Thema: Naja, Secondhand habe ich nicht so eine große Auswahl, ist vielleicht nicht das dabei, was mir passt. Und ja, das ist natürlich eine größere Herausforderung als wenn man in den Laden geht. Aber je besser solche Alternativen sich etablieren, desto größer wird natürlich auch die Auswahl am Ende des Tages. Und was unsere Kernforderung zurzeit ist, wo wir gerade bei dem Thema sind, ist halt ein Anti-Fast-Fashion-Gesetz, wo wir sagen, was man unbedingt braucht, um dem Fast-Fashion-Wahnsinn ein Ende zu setzen. Da gibt es schon was Ähnliches in Frankreich, daran sollte sich Deutschland orientieren, es dann aber für alle Fast-Fashion-Unternehmen geltend machen. Und darin enthalten wären erstens eine Sonderabgabe für Fast-Fashion-Produkte, um die Hersteller für die Schäden, die sie verursachen, in die Verantwortung zu ziehen. Zweitens ein Werbeverbot, da haben wir viel schon drüber geredet, weil das ist halt das schärfste Schwert der Unternehmen, vor allem auch auf Social Media, um diesen Kaufrausch oder den Kaufdruck künstlich anzuheizen. Und drittens auch eine Förderung von zirkulären Geschäftsmodellen. Und das wäre sowas wie Leihen, Tauschen, Reparieren, aber halt auch Secondhand-Alternativen. Ich frage vielleicht noch zum Schluss: Wie frustrierend ist das denn oder wie gehen Sie damit um, wenn Sie das sozusagen? Also es geht mir ja selber schon so, dass ich denke, wir kriegen sozusagen jede Woche beschäftigen wir uns mit Klimathemen oder mit Dingen, die nicht so laufen, wie sie laufen könnten oder die wir anders machen könnten. Wie ist das für Sie, wenn Sie sagen, ja, es gibt da so unfassbar große Zahlen von täglichen Bestellungen und von Bedürfnissen, die geweckt werden durch Werbung und durch Tricks und durch Manipulationen? Wo stecken Sie das hin, wenn Sie abends nach der Arbeit nach Hause gehen? Ich versuche das tatsächlich immer Schritt für Schritt zu denken und zu gucken, was ist das, wo wir gerade einen Unterschied machen können. Und ich meine, da bin ich halt total froh, auch dass ich bei Greenpeace mit so vielen so tollen Menschen zusammenarbeiten darf, die halt wirklich alle sehr viel positive Energie mitbringen, die halt wirklich Lust haben, was zu verändern. Und dann, ja, dann überlegen wir uns immer wieder, okay, wo sind die Punkte, wo es gerade Sinn macht und wo das auch immer im Rahmen unserer Möglichkeiten steht, was zu verändern. Und dann versuchen wir diese Themen anzugehen und dann machen wir das Schritt für Schritt. Und ich glaube, ja, sich dann immer wieder sozusagen das große Ganze vor Augen zu führen und zu sagen, wie schlimm es ist und wir können ja sowieso nichts ändern, das versuche ich tatsächlich zu vermeiden, weil das einfach dann doch viel Energie kostet und man dann schon in so eine Ohnmacht fällt. Und das ist, glaube ich, nicht das, was wir brauchen, sondern ich glaube, wir brauchen, dass alle Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten das tun, was sie können. Und einige können mehr tun, andere können weniger tun. Einige haben mehr Einfluss, wenn sie jetzt meinetwegen Minister, Bundesminister sind, und die einzelnen Menschen haben halt weniger Einfluss. Aber ich glaube trotzdem, dass es Sinn macht, dann gemeinsam immer wieder mal zu überlegen. Und das muss auch nicht das tägliche Handeln und jeden Tag, jeden Schritt bestimmen, dass man sich überlegt, okay, wie kann ich vielleicht einen Unterschied machen. Und deswegen freue ich mich, dass das sozusagen für mich der Beruf ist, dass ich mir da wirklich die Zeit nehmen kann und die Ruhe und mit einem coolen Team versuchen kann, das Beste rauszuholen. Das sagt Moritz Jäger Roschko. Er ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet im Konsumwendeteam von Greenpeace, aktuell mit den Schwerpunkten Kreislaufwirtschaft und Plastik. Ganz herzlichen Dank für die Einblicke und für das Gespräch. Ja, gerne. Das war der Klimapodcast von detektor.fm für diese Woche. Wenn euch gefällt, was wir hier machen, dann abonniert Mission Energiewende gern auf den Plattformen eurer Wahl und empfiehlt uns weiter. Das hilft uns wirklich sehr, wenn uns Leute finden, die uns vielleicht noch nicht kennen. Die Produktion für diese Folge hatte Wiebke Stark. Vielen Dank dafür. Und die Redaktion lag bei mir. Ich bin Ina Lebedjew und ich sage Tschau, bis nächste Woche. Hoffentlich macht’s gut. Tschüss. Mission Energiewende. Der Detektor FM-Podcast zum Klimawandel und neuen Energielösungen in Kooperation mit Lichtblick, Deutschlands größtem reinen Ökostromanbieter mit Solarlösungen, intelligenter E-Mobilität und 100 % Ökostrom.