Play

Gute Nachrichten | Flüchtlinge in Deutschland: Vier Hilfsprojekte im Portrait

Weil Diskutieren nicht hilft

Man kann lange über die Flüchtlingssituation diskutierten – oder selbst etwas tun. Das dachten sich die Menschen hinter „ankommen.eu“, „chance for science“, „refugees on rails“ oder bei SAP. Vier Projekte, die helfen wollen, statt zu reden.

Ob sie uns schaden oder bereichern, ob wir das schaffen oder nicht schaffen, ob die Politik der Bundesregierung hier richtig oder falsch ist: über die Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen, wird viel diskutiert. Manche halten sich nicht mit reden auf, und gehen mit Gewalt, Aggression und Zerstörung gegen die Flüchtlinge vor – an schlechten Nachrichten mangelt es also nicht.

Wir wollten bei all den schlechten Nachrichten auch einmal ein paar Gute Nachrichten erzählen – und Menschen und Projekte vorstellen, die sich nicht mit diskutieren aufhalten. Menschen, die entschieden haben, etwas zu tun. Vier Projekte haben wir herausgesucht (wie man weitere Projekte in ganz Deutschland finden kann, steht hier): Marcus Engert im Gespräch mit detektor.fm-Moderatorin Doris Hellpoldt.

Gute Nachrichten – Vier Hilfsprojekte fuer Fluechtlinge im Portrait 07:31

Kleinanzeigen für Flüchtlinge: ankommen.eu

Waschmaschine, Bügeleisen, Sofa, Fernseher: wer etwas übrig hat, bietet das nicht selten im Netz als Kleinanzeige an. Flüchtlinge, die nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung sind, haben Bedarf an so ziemlich allem. Warum also diese beiden nicht zusammenbringen? Das ist der Gedanke hinter „ankommen.eu“.

ankommen.eu logo screenshot

ankommen.eu – Kleinanzeigen für Flüchtlinge.

Viele Annahmestellen und freiwillige Helfen sind mitunter seit Wochen bis an die Grenzen der Erschöpfung damit beschäftigt, Spenden zu sammeln, zu sortieren und zu verteilen. Vor allem die Logistik und die kleinteilige Sortierarbeit kosten Zeit und Nerven. Auch hier könnte die Plattform helfen: wenn Anbieter und Bedürftige direkt miteinander in Kontakt kommen und die Übergabe selbst organisieren, braucht es weder Lagerraum noch Sortierhelfer.

Mit Moritz, einem der vier Köpfe hinter „ankommen.eu“, haben wir über die Idee gesprochen. Im Interview erklärt er auch, wie „ankommen.eu“ bald schon in ganz Deutschland verfügbar sein soll und wie man dabei mithelfen kann.

Gute Nachrichten – Moritz stellt das Hilfsprojekt ankommen.eu vor 07:00

Programmieren lernen mit gespendeten Laptops: Refugees on rails

Auch beim zweiten Projekt, welches wir heute vorstellen, kommt der Laptop ins Spiel. Wenn der schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, oder der Weihnachtsmann einen Neuen bringt, kann der alte Laptop bald schon ganz konkret helfen.

refugees in rails logo screenshot

refugees on rails – Gebrauchte Laptops für Flüchtlinge.

„Refugees on Rails“ will Programmier-Kurse und Coding-Schulen für Flüchtlinge organisieren. Der Gedanke: sind die Grundlagen einmal gelegt, springt der Funke beim einen oder anderen vielleicht über und sie werden Programmierer.

Dafür aber brauchts Laptops – und die kann man dem Projekt spenden. Wenn man also einen übrig hat, kann man den PC dort hinschicken oder von „refugees on rails“ abholen lassen. Alle Infos dazu gibt’s hier.


Behörden UND Flüchtlingen helfen: eine IT-Lösung von SAP

Im dritten vorgestellten Projekt wird schon programmiert: von niemand geringerem als dem Softwareriesen SAP. Dort arbeitet man an einer IT-Lösung. Die soll helfen, die Erstregistrierung der Flüchtlinge einfacher und schneller zu machen – auch, indem sich die Flüchtlinge selbst registrieren können.

SAP_Logo

Eine IT-Lösung für Flüchtlinge UND Behörden – von SAP.

Das soll einerseits die Behörden entlasten, indem die Flüchtlinge Stammdaten selbst bereitstellen. Gibt es schon Kontakte oder Angehörige in Deutschland? Welchen Schul- oder Berufsabschluss bringt ein Flüchtling mit? Wie ist seine gesundheitliche Situation? All diese Informationen können von den Migranten selbst eingegeben werden und stehen Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zur Verfügung. SAP erklärte auf unsere Anfrage, man arbeite an einem Prototyp, erfahre aber bereits „großes Interesse, vor allem auf Seiten der Landes- und Kommunalbehörden“.

Andererseits soll die Lösung aber auch Flüchtlingen mit Informationen helfen. Wie läuft ein Asylverfahren hier ab? Wie werden die Menschen auf die Bundesländer verteilt – und wo gibt es welche Aufnahmekapazitäten? Welche Hilfsangebote gibt es, z.B. für Übersetzungen, Gesundheitsversorgung und zugehörige Öffnungszeiten? Aber auch praktische Hilfe wie Anleitungen für den Bau einer Notunterkunft könnten in der App bereitgestellt werden.

SAP schrieb uns, man sehe sich als Unternehmen in der Verantwortung, bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu helfen: finanziell, integrationsfördernd und mit der Bereitstellung von IT-Lösungen. Die Mitarbeiter des Konzerns hätten 170.000 Euro gespendet, der Konzern habe diese Summe auf 840.000 Euro aufgestockt: „Das Resultat der Spendenaktion für den SAP Solidarity Fund soll Integrationsprojekten in Deutschland zu Gute kommen.“, so eine Sprecherin. Außerdem wolle man durch Praktika für Flüchtlinge helfen: „Konkret werden wir in den kommenden 12 Monaten mindestens 100 Flüchtlingen, die über ein technisches Grundwissen verfügen, einen Praktikumsplatz in unserem Unternehmen vermitteln.“, erklärte die Sprecherin weiter.

Das alles mag man als PR abtun, oder auch nur als effektive Suche nach neuen Fachkräften – aber selbst wenn dem so sei: dass ein internationaler Konzern mit Mitarbeitern aus 80 Ländern auf diese Weise neue Talente und kulturelle Vielfalt ins Unternehmen holt, scheint nicht die dümmste Idee zu sein – für alle Beteiligten.


Akademiker wieder zur Wissenschaft bringen: chance for science

Das Finale in unserer Vorstellungsrunde macht eine Art soziales Netzwerk für Akademiker.

Als Wissenschaftler wühlt man sich mitunter jahrelang in ein Fachgebiet ein. Man wird Spezialist, vielleicht sogar zum Freak. Man trägt Spezialwissen in sich. Und man gibt dieses Wissen im akademischen Betrieb und in der Lehre auch an andere jüngere Kollegen und Studenten weiter.

chance for science logo screenshot

Chance for Science – für geflohene Akademiker und Studenten.

Für Wissenschaftler auf der Flucht ist es besonders schwierig, ihr Talent und ihr Wissen weiter anzuwenden. Einmal abgeschnitten von Hochschule, Wissenschaftseinrichtungen und Bibliotheken bleibt ihnen zunächst oft nur die Erinnerung – und eine quälend lange Zeit voller Langeweile in den Erstaufnahmeeinrichtungen.

„Chance for Science“ will hier helfen. Die Plattform will geflohenen Akademiker in Kontakt mit Akademikern hierzulande bringen, einfach mal wieder einen Besuch in der Bibliothek oder eine Vorlesung zu ermöglichen. Inzwischen ist das Projekt auch für Studierende geöffnet.

Wie man dort mithelfen kann und was die Idee bewirken soll, hat uns die Initiatorin des Projekts, Prof. Carmen Bachmann, erklärt.

Gute Nachrichten – Carmen Bachmann stellt das Hilfsprojekt chance for science vor 06:12

Redaktion: Marcus Engert


präsentiert die ‚Guten Nachrichten‘.

Gute Nachrichten“ werden präsentiert von der GLS Bank – der ersten sozial-ökologischen Universalbank der Welt.


„Gute Nachrichten“ – unter diesem Titel stellen wir jeden Mittwoch Projekte, Initiativen und Firmen vor, die etwas besser machen wollen. Arbeit verbessern, Wirtschaft und Moral in Einklang bringen, den Umweltschutz voranbringen, fair produzieren, nachhaltig wirtschaften oder kulturell bereichern.

Alle Folgen gibt es hier. Sie wollen die ‚Guten Nachrichten‘ jede Woche bekommen? Dann hier den Podcast abonnieren!

Volles Programm, (aber) null Banner-Werbung

Seit 2009 arbeiten wir bei detektor.fm an der digitalen Zukunft des Radios in Deutschland. Mit unserem Podcast-Radio wollen wir dir authentische Geschichten und hochwertige Inhalte bieten. Du möchtest unsere Themen ohne Banner entdecken? Dann melde dich einmalig an — eingeloggt bekommst du keine Banner-Werbung mehr angezeigt. Danke!

detektor.fm unterstützen

Weg mit der Banner-Werbung?

Als kostenlos zugängliches, unabhängiges Podcast-Radio brauchen wir eure Unterstützung! Die einfachste Form ist eine Anmeldung mit euer Mailadresse auf unserer Webseite. Eingeloggt blenden wir für euch die Bannerwerbung aus. Ihr helft uns schon mit der Anmeldung, das Podcast-Radio detektor.fm weiterzuentwickeln und noch besser zu werden.

Unterstützt uns, in dem ihr euch anmeldet!

Ja, ich will!

Ihr entscheidet!

Keine Lust auf Werbung und Tracking? Dann loggt euch einmalig mit eurer Mailadresse ein. Dann bekommt ihr unsere Inhalte ohne Bannerwerbung.

Einloggen