Warum sind Jugendliche morgens weniger leistungsfähig, Alfred Wiater?
In Deutschland klingeln morgens um kurz vor sieben die Wecker und Millionen Jugendliche sitzen wenig später im Unterricht — oft müde, unkonzentriert und biologisch noch gar nicht bereit für Leistung. Die Wissenschaft ist sich seit Jahren einig: Der frühe Schulbeginn widerspricht dem natürlichen Biorhythmus junger Menschen. Während der Pubertät verschiebt sich die innere Uhr nach hinten, Jugendliche werden später müde und bräuchten morgens deutlich mehr Schlaf.
Da können wir noch so früh zu Bett gehen — man schläft erst später ein und braucht deshalb morgens mehr Schlaf, um auf die nötige Schlafzeit zu kommen.
Alfred Wiater, Kinder- und Jugendarzt sowie Schlafmediziner
Alfred Wiater ist Kinder- und Jugendarzt, Schlafmediziner und forscht zur Bedeutung gesunden Schlafs im Jugendalter.
Ein späterer Schulstart: einfach, wirksam — und überfällig
Die Folgen des frühen Schulbeginns wiegen schwer: 75 Prozent der Jugendlichen leben in einem Zustand chronischen Schlafmangels — ein „sozialer Jetlag“, der sich unmittelbar auf Konzentration, Stimmung und Lernfähigkeit auswirkt. Langfristig erhöht Schlafmangel das Risiko für Stoffwechselstörungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Probleme. Besonders kritisch ist der Verlust des REM-Schlafs, der für Kreativität und Gedächtnisprozesse essenziell ist. Nationale und internationale Studien belegen das seit Langem.
Die Schülerinnen und Schüler, die eine halbe Stunde länger schlafen konnten, hatten eine um 30 Prozent reduzierte Fehlerrate. Das sagt eigentlich alles.
Alfred Wiater
In einigen Ländern wie Dänemark, Finnland und Norwegen fangen die Schulen bereits später an. Warum tut sich Deutschland so schwer damit? Über diese Frage und warum ein späterer Schulbeginn nicht nur biologisch, sondern auch gesellschaftlich und wirtschaftlich sinnvoll sein kann, spricht Alfred Wiater in dieser Folge des „brand eins Podcasts“ mit detektor.fm-Moderator Christian Bollert.