Wegbereiterin für Frauen in der Wissenschaft: Emmy Noether
Emmy Noether kommt 1882 als erstes von vier Kindern in Erlangen zur Welt. Sie wächst in einer Akademiker-Familie auf: Ihr Vater ist Mathematiker und ihr Onkel Universitätsprofessor. Doch Emmy Noether darf nicht einmal aufs Gymnasium gehen, weil sie ein Mädchen ist. Stattdessen besucht sie die Höhere Töchterschule und legt im Jahr 1900 die Staatsprüfung zur Lehrerin für Englisch und Französisch ab — aus Mangel an Alternativen. Doch mit diesem Schicksal gibt sie sich nicht zufrieden. Emmy Noether holt an einem Gymnasium in Nürnberg als externer Prüfling ihr Abitur nach, sie entdeckt ihr mathematisches Talent, beginnt Mathematik zu studieren und promoviert im Jahr 1907 schließlich in Mathematik.
Das kommt den Mathematik-Koryphäen David Hilbert und Felix Klein zu Ohren. Die beiden berühmten Mathematiker holen die junge Doktorin der Mathematik zu sich ans mathematische Institut der Uni Göttingen, ans Zentrum des mathematischen Weltgeschehens der damaligen Zeit. Gegen Widerstände erreichen sie, dass Noether in Göttingen forschen und lehren darf. 1919 ist Noether sogar die erste Frau in Deutschland, die sich in Mathematik habilitiert, 1922 wird sie die erste Mathematik-Professorin in Deutschland. Obwohl sie als Frau in der Wissenschaft von vielen immer noch kritisch beäugt wird, eilt ihr ihr Ruf als exzellente Mathematikerin voraus.
Berufsverbot im Nationalsozialismus
Weil Emmy Noether Jüdin, Sozialdemokratin und Pazifistin ist, ist sie den Nationalsozialisten, die 1933 die Macht übernommen haben, ein Dorn im Auge. Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ werden Beamtinnen und Beamte, die jüdisch sind oder als politische Gegner der Nazis gelten, aus ihren Posten entfernt. Noether wird zunächst beurlaubt, später entlassen. Ändern können daran auch zahlreiche Gutachten nichts, um die ihr Freund und Kollege Helmut Hasse die mathematische Community bittet: Mathematiker aus aller Welt, die Noether kennen, schreiben Briefe an das Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, um das Berufsverbot Noethers zu verhindern — ohne Erfolg. Schließlich reist Noether Ende 1933 in die USA aus, um am Women’s College Bryn Mawr in Pennsylvania ihre Karriere fortzusetzen.
Emmy Noether lässt sich nicht unterkriegen. Weder vom nationalsozialistischen Regime, noch von Männern in der akademischen Community. Albert Einstein sagt über sie, sie sei „das bedeutendste schöpferische, mathematische Genie seit der Einführung der höheren Bildung für Frauen“. Nicht ohne Grund. Noether leistet mit ihrem Noether-Theorem einen bedeutenden Beitrag zur Relativitätstheorie.
Welche Auswirkungen hat Noethers Forschung auf die Mathematik und Physik? Wie haben ihre Wegbegleiter versucht, sich gegen die diskriminierende Anordnung des NS-Staates für ihren Verbleib in Göttingen einzusetzen? Und was können wir aus Emmy Noethers Geschichte lernen? Darüber sprechen detektor.fm-Moderatorin Karolin Breitschädel, Spektrum der Wissenschaft-Redakteurin Manon Bischoff und Mathematiker Demian Nahuel Goos in dieser Folge von „Geschichten aus der Mathematik“.
„Geschichten aus der Mathematik“ ist ein detektor.fm-Podcast in Kooperation mit Spektrum der Wissenschaft. Die Idee für diesen Podcast hat Demian Nahuel Goos am MIP.labor entwickelt, der Ideenwerkstatt für Wissenschaftsjournalismus zu Mathematik, Informatik und Physik an der Freien Universität Berlin, ermöglicht durch die Klaus Tschira Stiftung.