Zahlen, die kaum noch berühren?
Seit den 1970er-Jahren verschiebt sich der Earth Overshoot Day kontinuierlich nach vorn. 2025 liegt er auf dem 24. Juli, also fast eine Woche früher als noch 2021. Damals fiel er auf den 29. Juli. In unserer damaligen Folge haben wir die Hintergründe zum globalen Erdüberlastungstag schon ausführlich besprochen. Die Botschaft bleibt die gleiche: Wir leben über unsere Verhältnisse. Doch während der Tag ursprünglich als eindrückliches Symbol gedacht war, scheint sich ein Gewöhnungseffekt einzustellen.
Berechnet wird der Erdüberlastungstag vom Global Footprint Network. Grundlage ist der ökologische Fußabdruck: eine Methode, die den Ressourcenverbrauch in biologisch produktive Flächen umrechnet. Doch je technischer die Berechnung, desto schwerer nachvollziehbar ist sie. Und genau das macht es schwierig, damit dauerhaft Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Deswegen haben sich viele Organisationen ein bisschen von diesem Konzept des Erdüberlastungstags gelöst. Es ist eher nach wie vor ein Anlass, um darüber zu sprechen, was wir tun können, damit Ressourcennutzung reduziert wird und das vor allem im globalen Norden.
Anne Neumann, Referentin für Rohstoffpolitik, Wirtschaft und Menschenrechte bei INKOTA

Planetare Krise — alles hängt miteinander zusammen
Der Erdüberlastungstag bleibt dennoch ein wichtiger Anlass, um über die planetaren Grenzen zu sprechen. Denn die Übernutzung von Rohstoffen ist nicht nur eine ökologische Frage. Sie hat direkte Auswirkungen auf Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit — vor allem im globalen Süden.
Anne Neumann spricht von einer „planetaren Dreifachkrise“ und meint den Klimawandel, den Verlust der Biodiversität und die Umweltverschmutzung. Besonders kritisch sei der Abbau von Rohstoffen wie Gold oder Seltenen Erden, deren Gewinnung häufig mit massiven Eingriffen in Natur und Gesellschaft verbunden sei.
Kritik am Konzept: Zu individuell gedacht?
Das Konzept des ökologischen Fußabdrucks, auf dem die Berechnung des Earth Overshoot Days beruht, legt den Fokus auf den individuellen Verbrauch der Einzelnen. Doch genau das sehen viele Fachleute kritisch. Stefan Rostock von Germanwatch plädiert für ein Umdenken. In seiner Bildungsarbeit setzt er auf den sogenannten „Handabdruck“:
Eine gelungene Handabdrucksaktion ist eine Aktion, bei der es Menschen geschafft haben, in ihrem Umfeld Strukturen hin zu mehr Nachhaltigkeit zu verändern, so dass nachhaltiges Verhalten für alle einfacher, näher liegender, preiswerter oder selbstverständlicher geworden ist.
Stefan Rostock, Leiter des Bereichs „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ bei Germanwatch

Wie kann der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft — also einem Wirtschaftssystem, in dem Produkte langlebig, reparierbar und ressourcenschonend gestaltet werden — helfen, die Überlastung der natürlichen Ressourcen zu verringern? Darum geht es in dieser Folge von „Mission Energiewende“ mit detektor.fm-Moderatorin Ina Lebedjew. Ihre Kollegin Ronja Morgenthaler hat dafür mit Anne Neumann von Inkota und Stefan Rostock von Germanwatch gesprochen.